Michael Bode Archäometallurgische Untersuchungen zur Blei-/Silbergewinnung im Germanien der frühen Römischen Kaiserzeit 2008 Mineralogie Archäometallurgische Untersuchungen zur Blei-/Silbergewinnung im Germanien der frühen Römischen Kaiserzeit Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften im Fachbereich Geowissenschaften der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vorgelegt von Michael Bode aus Lübbecke –2008 – ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Dekan: Prof. Dr. Hans Kerp Erster Gutachter: Prof. Klaus Mezger, Ph.D. Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Andreas Hauptmann Tag der mündlichen Prüfung: ............................................ Tag der Promotion: ............................................ Inhalt Inhalt 1. Einleitung 1.1 Einführung 1 1.2 Blei/Bleiglanz und ihre Eigenschaften 4 1.3 Blei in römischer Zeit 10 1.4 Das Potenzial des Bleis für die Archäometallurgie 16 1.5 Aufgabenstellung dieser Arbeit 24 1.6 Analytische Methoden 27 2. Zur Archäologie der Germania Magna 2.1 Die Außenpolitik der Römer im Rheingebiet von Caesar bis Domitian 30 2.2 Die Römerlager an Rhein, Lippe und Werra und das Schlachtfeld Kalkriese 38 2.3 Die Siedlungen der älteren Römischen Kaiserzeit in Westfalen 51 3. Die römische Blei-/Silbergewinnung in Europa 3.1 Einführung 58 3.2 Deutschland 59 3.2a Nordwesteifel 62 3.2b Sauerland 69 3.2c Bergisches Land 74 3.2d weitere Lokalitäten 80 3.3 Frankreich 83 3.4 Britannien 87 3.5 Spanien 92 3.6 Italien 99 3.7 Griechenland 102 3.8 Schweiz/Österreich 105 3.9 Balkangebiet 106 4. Das Fundmaterial 4.1 Zu den römischen Bleifunden 108 4.2 Zu den Bleifunden der Siedlungen der älteren Römischen Kaiserzeit 112 5. Zur Herkunft der römischen und „germanischen“ Bleiobjekte 5.1 Bleiisotope und Spurenelemente in der Archäometallurgie 115 5.2a Bleiisotopenvergleiche 119 5.2b Spurenelementdiagramme 143 6. Römische Blei-/Silbergewinnung am Lüderich (Bergisches Land) 6.1 Allgemeine Verfahrenstechniken zur Bleierzverhüttung und Kupellation 155 6.2a Untersuchung der Bleischlacken vom Lüderich 170 6.2b Untersuchung der Bleiglätte vom Lüderich 189 I Inhalt 7. Zusammenfassung/Summary 199 8. Literaturverzeichnis 204 9. Anhang 9.1 Bleiisotopendaten 9.1a Bleiglanz 236 9.1b Bleimetall 245 9.1c Bleischlacke 251 9.1d Bleiglätte 251 9.2 Haupt- und Spurenelemente 9.2a Bleiglanz 252 9.2b Bleimetall 255 9.2c Bleischlacke 258 9.2d Bleiglätte 259 9.3 Fundliste 260 9.4 Liste der Abbildungen, Tabellen und Fotos 268 II 1. Kapitel Einleitung 1.1 Einführung Diese Arbeit konzentriert sich auf das Metall Blei und die Abfallprodukte, die bei der Blei-/Silbergewinnung anfallen. Es werden in den folgenden Kapiteln verschiedene Bleifunde, Bleibarren, Bleischlacken und Bleiglätte aus der Germania Magna der frühen Römischen Kaiserzeit vorgestellt und untersucht. Die Germania Magna war für rund drei Jahrzehnte Besatzungsgebiet der Römer, danach wieder freies Barbaricum. Sie stand jedoch weiterhin sowohl kulturell als auch ökonomisch im Einfluss der für die Stämme des rechtsrheinischen Germaniens attraktiven römischen Zivilisation (Wiegels, 1977b, Kühlborn & Künzl, 1988, Günther, 1983, Kaiser, 2001, Becker, 2002, Bérenger, 2007, Melzer & Pfeffer, 2007). Wie im Kolloquium zum Thema „Bleibergbau und Bleiverarbeitung während der römischen Kaiserzeit im freien Germanien“ am 9. und 10. März 2006 in Soest nochmals verdeutlicht wurde, ist es kaum möglich, die antike Bevölkerung des westfälisch-sauerländischen Raumes definitiv als „germanisch“ zu bezeichnen. Daher wird in den folgenden Kapiteln dem Kompromissvorschlag Grünewalds (2007) gefolgt, dass mit der Verwendung des Begriffes der Germanen, zumindest für den Besiedlungsraum Westfalen, keine ethnische Zuweisung gemeint ist, sondern lediglich die dort lebenden Menschen der ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt. Zur Geschichte von Blei und Silber Das Metall Blei spielt in der Kunst- und Kulturgeschichte nicht die tragende Rolle wie Gold, Silber, Bronze und Eisen. Attribute wie eine schöne Farbe, ein hoher Glanz oder eine große Härte können diesem Metall nicht zugeschrieben werden. Als Sulfid hat Blei aber durchaus ein attraktives Aussehen, so dass die frühen Menschen auch von diesem Erz angezogen wurden. Offensichtlich fand Bleiglanz deshalb schon früh Verwendung als Schmuckstein (Pernicka, 1990). Aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. besitzen wir den ersten Beleg für die Verarbeitung von Bleiglanz zu Schmuckperlen (Sperl, 1990, die Schmuckperlen wurden von Gale & Stos-Gale (1981a) noch als Bleiperlen beschrieben!). Da Blei nur selten gediegen in der Natur vorkommt, ist das erste Auftauchen von metallischem Blei in der Kulturgeschichte des Menschen wahrscheinlich ein Indikator 1 1. Kapitel Einleitung für den Beginn metallurgischer Prozesse. Bleiglanz, das häufigste Bleimineral, tritt dagegen teilweise massenhaft auf und wird nicht nur aufgrund seines Glanzes (s.o.), sondern auch wegen seines hohen spezifischen Gewichtes den Menschen schon früh aufgefallen sein. Es ist ferner leicht zu schmelzen und kann in einem Lagerfeuer ohne großen Aufwand in Blei umgewandelt werden. Zu den ältesten Bleiartefakten gehören ein Bleiarmband aus Yarim Tepe in Nordmesopotamien, heutiges Irak, eine Perle von Ğarmo im Zagros-Gebirge (Iran-Irak) und weitere Bleifunde im Tell Arpachiyah und im Tell Judeideh im Irak und im Norden Syriens (Mallowan & Rose, 1935, Merpert et al., 1977, Gale & Stos-Gale, 1981a, Braidwood & Braidwood, 1960, 1983). Sie wurden in das 6. Jahrtausend v. Chr. datiert. Neuere Untersuchungen stellen allerdings das Alter der Perle von Ğarmo in Frage (Kohlmeyer, 1994). Wertime (1973) nimmt an, dass der Anfang der Bleierzverhüttung weiter zurückreicht, als es die ältesten Bleifunde vermuten lassen. Fest steht zumindest, dass die Verarbeitung von Bleierzen für die erste überregionale Atmosphärenverschmutzung verantwortlich ist (Boutron, 1995). Der Verbrauch von Bleierz stieg in der Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit kontinuierlich an. In dieser Zeit verbreitete sich die Erkenntnis, dass man aus dem geschmolzenen Blei das begehrte Edelmetall Silber gewinnen kann. Besonders seit der Einführung von Silbermünzen in der klassischen Antike ist ein hoher Konsum des Silberträgers zu verzeichnen (z.B. Wagner & Pernicka, 1988, Boutron, 1995). Ab da (ca. 550 v. Chr.) steigt die Bleibelastung in Torf-, See-, Marsch- und Eisablagerungen der Nordhemisphäre deutlich an (Hong et al., 1994, Renberg et al., 1994, Boutron, 1995, Brännvall et al., 1997, Martínez-Cortizas et al., 1997, Rosman et al., 1997, Shotyk et al., 1998, Boutron, 1999, Dunlap et al., 1999, Alfonso et al., 2001, Martínez-Cortizas et al., 2002). Verantwortlich für die Bleiverschmutzung in der Antike sind im Wesentlichen die Bergwerke in Spanien, Zentraleuropa, Britannien, im Balkanraum, in Griechenland und in Kleinasien (z.B. Alfonso et al., 2001). Da gediegenes Silber selten ist, kann man seine Geschichte eng mit derjenigen des Bleis verknüpfen. Nach Gowland (1920), Gale & Stos-Gale (1981a) und Pernicka (1990) fällt es auf, dass in der Ägäis und in Vorderasien Silber praktisch zeitgleich mit dem vermehrten Auftreten von Bleimetall auftaucht. Schon die frühesten Silberobjekte scheinen aus Blei abgetriebenem Silber zu bestehen (Krysko, 1979). 2 1. Kapitel Einleitung Belegt ist die breite Anwendung der Kupellation für das 1. Jahrtausend v. Chr. in der Ägäis und kann in dieser Region durch Analysen an Silber- und Bleiobjekten und durch Feldforschungen bis in das 3. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgt werden (Wagner et al., 1979, 1980, Gale & Stos-Gale, 1981a, b, Pernicka & Wagner, 1985, Pernicka, 1987). In Vorderasien galt Silber aber schon zu dieser Zeit als Hauptzahlungsmittel (Wertime, 1973). Die Evidenzen für die Silbergewinnung reichen hier bei Fatmali-Kalecik, Arslantepe (Ostanatolien) und Habuba Kabira (Syrien) am oberen Euphrat, aber auch in Ägypten weit ins 4. Jahrtausend v. Chr. hinein (z.B. Gowland, 1902, Gale & Stos-Gale, 1981a, b, Pernicka, 1990, Frangipane, 1998, Hess et al., 1998, Palmieri et al., 1998, Pernicka et al., 1998). Die Bleiglätte von Fatmali-Kalecik, Arslantepe und Habuba Kabira gelten als älteste direkte Belege für die Anwendung der Treibearbeit (Hess et al., 1998, Pernicka et al., 1998). Die Beweisführung für das Schmelzen von Erz in neolithischer und chalkolithischer Zeit ist mit dem Problem verbunden, dass in dieser Zeit die Verhüttung oxidischer Erze wie Cerussit oder Malachit bzw. sehr reichhaltigen Erzen i.allg. in den Vordergrund stand. Solche Erze produzieren nur geringe Mengen an Schlacke. Craddock (1990, zitiert in Hess et al., 1998) bezeichnet diese Phase früher Metallgewinnung als „slagless metallurgy“. Erst ab der frühen Bronzezeit genügte der technische Wissenstand den Herausforderungen zum Schmelzen weniger reichhaltiger Erze (Hauptmann, 2000). Die frühesten Bleischlackenfunde stammen wie die Bleiglätte aus Fatmali-Kalecik und Arslantepe und von Sifnos in der Ägäis (Pernicka et al., 1985, Pernicka & Wagner, 1985, Hess et al., 1998). In dem Geschichtsabschnitt, den die Römer prägten, veränderte sich die ökonomische Bedeutung des Bleimetalls: war Blei vor dem Aufstieg Roms eher ein Abfallprodukt der Silbergewinnung, setzte nun ein regelrechter Bleiboom ein. Zurückzuführen ist der Produktionsanstieg im Wesentlichen durch den immensen Bedarf des Metalls für den Städtebau, allem voran den Ausbau Roms mit seinen sanitären Anlagen und Monumentalbauten, aber auch für die
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