das besondere E-Magazin für Düsseldorf 3/2020 KEIN BLATT VOR DEN MUND Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Freunde von ZOO:M, noch vor ein paar Monaten wäre es uns undenk- bar erschienen, dass wir unseren Alltag mit einer Maske vor Mund und Nase verbringen. Umso wichtiger ist es, dass wir in diesen schwierigen Zeiten im übertragenen Sinne kein Blatt vor den Mund nehmen. Während allerorten, zuletzt in Leipzig, die „Co- Wir leben in einem Land, in dem MEINUNGS- rona-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“ und FREIHEIT nach wie vor großgeschrieben wird und „Aluhüte“ auf die Barrikaden gehen und sich zu einer, der das immer wieder unter Beweis stellt, ungeschützten Protestaktionen mit hohem An- ist der Kabarettist Dieter Nuhr. Obwohl er sich steckungspotenzial zusammenrotten, denken wir, durch seine spitze Zunge in diesem Jahr einem man kann seine Meinung auch sagen, ohne sich großen Shitstorm ausgesetzt sah, gibt er nie und andere unnötig in Gefahr zu bringen. Nicht klein bei und nimmt kein Blatt vor den Mund, umsonst schreitet die Digitalisierung mit großen auch nicht in unserem Interview, das Sie ab S. 6 Schritten voran und eröffnet uns neue Formen lesen können. der Kommunikation sowie neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Möglichkeiten. Nehmen auch Sie kein Blatt vor den Mund und Das spiegelt sich auch in der verstärkt digital schreiben Sie uns, was Ihnen auf dem Herzen ausgerichteten Start-up-Szene in Düsseldorf und liegt. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerun- der Region Rheinland wider, die hier auch mitt- gen an [email protected]. lerweile die dringend benötigten Fördermöglich- keiten vorfindet. Wie das im Einzelnen aussieht, Herzlichst Ihre lesen Sie in unserem Wirtschaftsteil ab S. 32, der sich besonders mit Start-ups und dem Innova- tionsstandort NRW auseinandersetzt. 2 Inhalt Hybridurlaub auf Mallorca Der Deutschen liebstes Urlaubsziel ist Mallorca. Mit seinem Projekt Mallorca17 bietet der Düsseldorfer Unternehmer Mario Danielsky jetzt eine neue Möglichkeit die Sonneninsel zu bereisen. 16 Run aufs Rennrad In Corona-Zeiten entdecken die Menschen die Freiheit, die ihnen das Rennrad bietet. Rennrad-Enthusiast Richard Pratt gibt Einblicke in die Dieter Nuhr Szene. 99 Er ist einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten, der vor allem in letzter Zeit mit seinen Aussagen stark polarisiert hat. Wir sprachen mit ihm u.a. darüber, wie er mit Shitstorms auf Facebook und Co. umgeht und was ihn sonst gerade umtreibt. 6 Ein Ort, an dem Zukunft geschieht Der EUREF Campus am Düssel- dorfer Flughafen: Innovations- ort und Reallabor 31 3 People & Unternehmen Wirtschaft Wir haben die gleiche DNA Treibstoff für Innovationen Patric Fedlmeier im Interview zur Fusion der neoteq ventures Fonds zur Provinzial Rheinland mit der Provinzial Nordwest 61 Förderung von Start-ups aus dem Rheinland 40 Work-Life Balance im weißen Kittel Carsten Padrok von der apoBank über den Gigantische Wirtschafts- Gesundheitsmarkt als Wachstumsmarkt 67 potenziale nutzen Uwe Baust, Stadtsparkassen- Wohlfahrt, dein Antlitz Ist weiblich Vorstand und Leiter des 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf, Firmenkundendezernates, zu wir zeigen die starken Frauen hinter der AWO 74 den aktuellen unternehmeri- schen Herausforderungen 48 Hier kommen die Sushi im Taxi Seit 20 Jahren bietet ManThei First Class Sushi Wir bringen die richtigen „auf Rädern“ – ein Portrait des Ausnahme-Gastronomen Leute zusammen Gerd Röpke 93 digihub Düsseldorf - Match- maker zwischen Start-ups, Wirt- schaft und Wissenschaft 54 Kunst & Kultur 10 Fragen an die Düsseldorfer Künstlerin Meral Alma 80 Was bleibt, ist die Musik Ein Düsseldorfer Musikprojekt 23 Sie teilen Tisch, Bett und Piano Liebespaar und Klavierduo 104 Düsseldorf und sein Image Düsseldorf aus Sicht der Welt 112 #Cute Niedlich oder verkitscht? „Cuteness Overload“ im NRW-Forum Düsseldorf 118 Impressum 126 4 People ICH WÜTE NICHT. ICH STELLE NUR AB UND ZU WAHRHEITEN IN FRAGE Dieter Nuhr gehört als einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten zum Urgestein der Szene. Angefangen hat der Künstler, der in Düsseldorf aufwuchs, vor über 30 Jahren mit einer Handvoll Zuschauern. Seine Ehe- frau riss die Eintrittskarten ab. Heute sehen Millionen Fernsehzuschauer die Sendung „Nuhr im Ersten“, seine Veranstaltungen sind ausverkauft. Wer bei ihm auftreten darf, steigt auf den Satireolymp. Mit allen Vor- und Nach- teilen. Wer den Bogen des Erlaubten satirisch überspannt, dem drohen Shit-Storm und/oder „Cancel Culture“. 5 zurück zum Inhalt People Was man vielleicht nicht unbedingt weiß: Kommen wir gleich zu einem Dieter Nuhr (Jahrgang 1960) war Grün- der letzten Eklats. Die Deutsche dungsmitglied der Grünen, heute ist er Forschungsgemeinschaft, die parteilos. 2013 war er einer der Erstunter- DFG, hatte Sie anlässlich ihres zeichner des Appells der Zeitschrift Emma 100-jährigen Jubiläums um ein Statement #fürdaswisssen ge- gegen die Zwangsprostitution. Er setzte beten. Ihre Bemerkungen zum sich 2017 für die Freilassung des deutsch- Stellenwert von Wissenschaft türkischen Journalisten Deniz Yücel ein. lösten auf Twitter eine Welle 17 Preise wurden ihm im Laufe seiner der Empörung aus. Die DFG Karriere verliehen. Nuhr schrieb 14 Bücher knickte ein, entfernte den Bei- und brachte 8 CDs auf den Markt. trag, ruderte dann zurück und entschuldigte sich öffentlich. Wie erklären Sie sich diese Auf- regung? Ich habe lediglich gesagt, dass Wissen immer begrenzt und Wis- Als Sie die Klima-Ikone Greta in einer Ihrer Sendungen ins Spiel senschaft keine Religion sei. Wis- brachten, war der Ofen bei vielen ganz aus … senschaft ist aber auch zu jeder Ich wurde als Klimaleugner bezeichnet. Was natürlich völliger Zeit ein Spiegel der Gesellschaft Quatsch ist. Ich habe nicht den Klimawandel, sondern nur die eher gewesen. Und da gab und gibt es simplen Forderungen der Bewegung infrage gestellt. Die haben ja immer auch so etwas wie Moden quasi den Stopp des globalen Handels gefordert. Davon abgesehen, oder Glaubenssätze, z. B. im Mit- dass das Gott sei Dank gar nicht durchsetzbar ist, würde so etwas telalter, dass die Erde eine Schei- Milliarden Menschen in die Armut stürzen, die Folgen wären Hun- be sei. Grundprinzip der Wissen- ger und Kriege. Dies muss man bei den Handlungsperspektiven, schaft ist: Jede Wahrheit ist nur die wir haben, berücksichtigen. Das war ein gutes Argument, und so lange wahr, bis sie widerlegt gute Argumente werden heute gern mit Diffamierung beantwortet. wird. Schon auf die Relativität Dann wird das, was ich sage, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, um der Wahrheit hinzuweisen, ist für es diskreditieren zu können. So war es auch in der Stickoxiddis- viele heute Gotteslästerung. Mit kussion. Ich hatte einen Scherz darüber gemacht, dass eine Kerze Social Media ist in den letzten so viel Stickoxid erzeugt wie der zugelassene Grenzwert. Man hat Jahren auch die Diskursfähigkeit mir daraufhin vorgeworfen, dass ich die Raumgröße nicht mit ein- der Menschen zurückgegangen. berechnet hätte. Wie lächerlich kann es noch werden? Dann hät- Die Menschen halten ihre Welt- te ich auch noch Dochtdicke und Luftfeuchtigkeit berücksichtigen sicht oft für unantastbar, dabei müssen. Jeder irrt ab und zu und ich habe überhaupt kein Problem ist jedes auch noch so gut be- damit zuzugeben, wenn ich mich einmal geirrt habe. Aber ich ent- gründete Wissen immer nur eine schuldige mich nicht für Blödsinn, den ich nicht gesagt habe. Ich Interpretation von Daten. Andere habe das Gefühl, es gibt heute keine öffentliche Diskussion mehr, Interpretationen werden dann sondern nur noch Kindergartenstreit. Es werden nicht Standpunkte als Ketzerei bekämpft. ausgetauscht, stattdessen wird mit dem Schippchen gehauen. 7 zurück zum Inhalt People „Mein Markenzeichen ist, Alexander Vejnovic, das-fotostudio-duesseldorf.de Vejnovic, Alexander © dass ich keines habe.“ 8 zurück zum Inhalt People Erster Aufreger war Ihre Islamkritik im Jahr 2014. Tube abgeschafft. Meine Homepage, mein You Haben Sie seitdem eine Schere im Kopf bei man- Tubekanal, meine Social Media-Accounts, das chen Themen oder halten Sie es eher wie die sind alles Orte, an denen ich mich äußere. Ande- Redaktion von Charlie Hebdo? re können das auf ihrer Seite ebenso machen. Da Ich versuche, mich davon nicht beeinflussen zu können sie tun und lassen, was sie wollen. Wenn lassen. Es ist ja das Ziel der Cancel Culture, Mei- ich aber auf meiner eigenen Seite bedroht, be- nungsabweichler durch Diffamierung mundtot zu schimpft und diffamiert werde, unterbinde ich machen. Da muss man gegenhalten. Aber natür- das. Viele riefen „Zensur!“, weil ihnen der Pöbel- lich hat man das immer im Kopf. Wenn ich mich raum genommen wurde. Die haben ein seltsa- zu den klassischen Wutthemen äußere, also Gen- mes Freiheitsverständnis. Wenn jemand bei mir der, Religion, Klima, Corona etc., denke ich schon zu Hause pöbelt, schmeiße ich ihn raus. Er kann beim Schreiben unwillkürlich darüber nach, was dann draußen weiterpöbeln, das ist keine Zensur. kommen könnte. Ich will natürlich auch den Ap- Ich muss nicht alles, was ich tue, den Trollen zur plaus von der falschen Seite vermeiden. Da muss Begutachtung vorlegen. Es ist ohnehin schon er- man aufpassen, dass nicht die Leichtigkeit ver- müdend genug: Mache ich einen Witz über Grüne, loren geht. Bei Corona habe ich - wie alle - den bin ich Klimaleugner. Mache ich einen Witz über Ernst der Lage am Anfang unterschätzt, genau die AfD, bin ich Volksverräter. Und bei Witzen über wie Christian Drosten oder das RKI, also da bin Linke bin ich Nazi. ich nicht allein. Wenn einem dann aber im Au-
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