Tischbein Und Die Kunst Des "Goldenen Zeitalters"

Tischbein Und Die Kunst Des "Goldenen Zeitalters"

Tischbein Zeitalters‘ des ‚Goldenen und die Kunst Tischbein und die Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ Rezeptionsgeschichte(n) um 1800 Stefanie Rehm Tischbein und die Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ Stefanie Rehm Tischbein und die Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ Rezeptionsgeschichte(n) um 1800 Diese Publikation wurde als Dissertation mit dem Titel Bildwissen, Verbreitung und Rezeption der Kunst des Goldenen Zeitalters um 1800 am Beispiel der Niederlande-Reise von J. H. W. Tisch- bein von Stefanie Rehm an der Kunsthochschule Kassel der Universität Kassel zur Erlangung des akademischen Grades der Doktorin der Philosophie (Dr. phil.) eingereicht und am 04.07.2019 verteidigt. Der Text wurde für die Publikation leicht überarbeitet. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist durch das Urheberrecht und/oder verwandte Schutzrechte geschützt, aber kostenlos zugänglich. Die Nutzung, insbesondere die Vervielfältigung, ist nur innerhalb der gesetzlichen Schranken des Urheber­ rechts oder mit Zustimmung des Urhebers gestattet. Publiziert bei arthistoricum.net, Universitätsbibliothek Heidelberg 2020. Die Online­Version dieser Publikation ist auf https://www.arthistoricum.net dauerhaft frei verfügbar (Open Access). urn: urn:nbn:de:bsz:16­ahn­artbook­619­1 doi: https://doi.org/10.11588/arthistoricum.619 Text © 2020, Stefanie Rehm Korrektorat: Dörte Schneider Gestaltung (außer Umschlag): Bernhard Wollborn, atelier grotesk, Kassel Umschlagvorderseite: Christiaan Andriessen: Kunstbeschouwing bij den heer Goll, Amsterdam Museum Umschlagrückseite: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Zwei Kunstbetrachter, Landes­ museum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg Frontispiz: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Holländischer Raucher, Ausschnitt, Landes­ museum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg ISBN 978­3­948466­18­3 (Hardcover) ISBN 978­3­948466­17­6 (PDF) Inhalt 1 Einleitung 11 1.1 Mit Tischbein auf den Spuren der ‚Niederländer-Rezeption‘ 13 Forschungsvorhaben 13 Begriffe, Methoden und Forschungsstand 16 1.2 Das ‚Tischbein-Puzzle‘ – Notizen, Manuskripte und Veröffentlichungen der Lebenserinnerungen 22 Quellenkritische Aufarbeitung 22 Die Kunst der Erinnerung 27 Besondere Merkmale der Lebenserinnerungen Tischbeins 31 1.3 Tischbeins Begegnungen mit der niederländischen Kunst 37 1.4 Anmerkungen 43 2 Bildwissen – Aneignung von Wissen über niederländische Künstler 51 2.1 Eine Sammlung mit Seestücken von Willem van de Velde 52 Ausgangspunkt Tischbein­Archivalien 52 2.1.1 Die Sammlung eines ‚portugiesischen Juden‘ 54 Der Sammler im Kontext Amsterdams 55 Die Sammlung und das Vorkaufsrecht 58 Der Wettbewerb unter Sammlern 61 2.1.2 Seestücke von Willem van de Velde 64 Ausgewählte Gemälde der Sammlung 66 Tischbeins Blick auf die Sammlung 72 2.2 Die Beurteilung des Pferdemalers Philips Wouwerman 75 Ausgangspunkt Tischbein­Archivalien 76 2.2.1 Die Sammlung Lubbeling in Amsterdam 78 Über den Sammler, seine Sammlung und ausgewählte Gemälde 78 2.2.2 Die verschiedenen ‚Manieren‘ von Philips Wouwerman 83 Was thematisiert Tischbein mit den ‚Manieren‘ Wouwermans? 85 Zum Vergleich: Die Beurteilung Wouwermans vom 17. bis zum 19. Jahrhundert 89 2.2.3 Kennerschaft als Gesellschaftsspiel 92 Die Anekdote im Kontext 92 Kriterien für die Zuschreibung an Wouwerman oder Rembrandt 97 2.3 Anmerkungen 105 3 Verbreitung – Netzwerke der Kenner und Sammler niederländischer Kunst 116 3.1 Kunstbetrachtung unter Kennern in der Sammlung Goll 117 Ausgangspunkt Tischbein­Archivalien 117 3.1.1 Der Sammler Johann Goll van Frankenstein d. Ä. 120 Die Sammlung Goll in Amsterdam 124 Internationale Besucher der Sammlung 127 3.1.2 Über das Sammeln von Graphik 131 Die Zeichenkunst im 18. Jahrhundert und der Dilettantismus 132 Handzeichnungen vs. Reproduktionen 135 3.1.3 Kunstbetrachtung in Gesellschaft 141 Kunst und Konversation – jeden Dienstag zu Gast bei Golls 141 Rituale der Kunstbetrachtung – von Hand zu Hand 145 3.1.4 Unter Kennern 149 Kennerschaft im zeitgenössischen Diskurs 150 Über echte und vermeintliche Kenner 153 3.2 Charakteristika des Kunstmarktes und des Sammelns 158 Ausgangspunkt Tischbein­Archivalien 159 3.2.1 Auktionen in Amsterdam 160 Die Versteigerung der Gemälde­Sammlung von Gerret Braamcamp 161 Die Auktion der Sammlung von Jan Maurits Quinkhard 167 Die Versteigerung der Graphik­Sammlung von Dionys Muilman 171 3.2.2 International tätige Kunstagenten und ihre Auftraggeber 174 Die Kunstagenten Gerhard Morell und Johann Ernst Gotzkowsky 175 Die Auftraggeber Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen­Kassel und Markgräfin Karoline Luise von Baden 178 3.2.3 Negative Seiten des Kunsthandels 186 Zwielichtige Kunsthändler und unrühmliche Praktiken 187 Der internationale Aufkauf von Kunstschätzen 190 Der Kunstmarkt nach dem Siebenjährigen Krieg 195 3.2.4 Moden des Kunstsammelns 197 Persönliche Vorlieben des Sammlers Jan Jansz. Gildemeester 198 Das Sammeln berühmter Meister wie Jan van Huysum 205 Über die Macht der Mode und die ‚Namen­Käufer‘ 211 Die niederländische Mode und die deutschen ‚Hollandisten‘ 215 3.3 Anmerkungen 222 4 Rezeption – Wertschätzung der niederländischen Malerei in Deutschland 243 4.1 Kunstproduktion in den Niederlanden und in Italien im Vergleich 244 4.1.1 Besonderheiten der Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ 244 Über die Vortrefflichkeit der niederländischen Kunst 244 Über das Klima, den Zeitgeist und das holländische Wunder 249 4.1.2 Die Kunst des Nordens vs. die Kunst des Südens 253 Anekdoten über die Arbeitsweise der Künstler 253 Charakteristika der Kunstentwicklung 256 Niederlande vs. Italien in der Geschichte der Kunst von Johann Heinrich Meyer 261 Die Anerkennung der Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ im 19. Jahrhundert 266 4.2 Ein ideales Kabinett niederländischer Malerei 269 Ausgangspunkt Tischbein­Archivalien 269 4.2.1 Tischbeins Vorstellung eines ‚guten Kabinettes‘ 271 Die Künstler des Kabinettes – eine exemplarische Rekonstruktion 271 Über die Zusammensetzung des Kabinettes 285 4.2.2 Tischbeins fiktives Kabinett im Vergleich mit realen Kabinetten des 18. Jahrhunderts 290 Tischbeins eigene Gemäldesammlung und die Oldenburger Gemäldegalerie 292 Die Gemäldegalerie der Landgrafen von Hessen­Kassel 295 Wunschlisten, Lieblingswerke und das Vergnügen am Sammeln niederländischer Kunst 299 4.3 Anmerkungen 308 5 Resümee 326 Anhang 331 Transkriptionen zur Niederlande­Reise Tischbeins 332 Autobiographie. Originalmanuskript (1811) 332 Alte Transkription der Lebensgeschichte (1824) 340 Archivalienverzeichnis 351 Literaturverzeichnis 352 Abbildungsverzeichnis und Nachweis 371 Personenverzeichnis und Register 379 Dank 386 Solche vortrefflichen Maler waren die Holländer 1 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Goethe in der römischen Campagna, 1787, Städel Museum Frankfurt am Main 1 Einleitung Es war einmal … ein junger deutscher Maler, der, fasziniert von der niederländischen Kunst, zu einer Reise in die Niederlande aufbrach. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein – ein Name, der fast ausschließlich im gleichen Atemzug mit dem von Johann Wolfgang von Goethe genannt wird. Und geht es um Reisen und Tischbein, so liegt nichts näher als der Gedanke an Goethes italienische Reise, auf der sich beide Persönlichkeiten kennen und schätzen lernten. Vor allem seinem bekanntesten Gemälde, das Goethe in der römischen Campagna zeigt, verdankt der hessische Maler seinen Beinamen ‚Goethe­Tischbein‘ (Abb. 1). Diese Bekanntschaft ist für die Rezeption und Erforschung Tischbeins jedoch zum Verhängnis geworden, lenkte sie doch seit jeher den Blick auf den Künstler sowie die wissenschaftliche Beschäfti­ gung mit seinen künstlerischen wie literarischen Werken. In dieser Publikation wird es um Tischbein und Reisen gehen, aber weder um Goethe noch um Italien, sondern um die Niederlande. Sie möchte zeigen, wie erkenntnisreich es sein kann, Goethe einmal aus der Tischbein­ Forschung auszuklammern oder gar hinauszuwerfen, dabei neue Blickwinkel zu entdecken und ungeahnte Entdeckungen zu machen. Lässt man sich auf dieses Wagnis ein, so wird schnell klar, dass Tischbein ein scharfer Beobachter, ein versierter Kenner der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts und zugleich ein hervorragender Geschichtenerzähler ist. So könnte alles mit den Worten beginnen: Es war einmal … ein junger deutscher Maler, der, fasziniert von der niederländischen Kunst, zu einer Reise in die Niederlande aufbrach. Tischbein 12 Einleitung selbst hat dies folgendermaßen formuliert: „Ich hatte ein unwiedersteliges Verlangen Holland zu sehen. Das land wo die grosen Mahler gelebt haben, und zum theil noch ihre bewunderswürtige Wercke sind.“1 Dieses Zitat stammt aus Tischbeins Lebenserinnerungen. In ihnen schildert er detailreich seine niederländische Reise und dokumentiert seine besondere Wertschätzung der niederländischen Kunst. Dies bietet den Anlass für eine Auseinandersetzung mit beispielhaften Rezeptionsgeschichten der Kunst des ‚Goldenen Zeitalters‘ in Deutschland in der Zeit um 1800. Der Begriff ‚Goldenes Zeitalter‘ war jüngst in aller Munde, ausgelöst von einer Stellungnahme des Amsterdam Museum zu dessen problematischer inflationärer Verwendung, verbunden mit einem Plädoyer für eine kritische Reflexion der Begriffsverwendung.2 Kritisiert werden bspw. die Ausblendung der negativen Begleiterscheinungen des enormen wirtschaftlichen Aufschwun­ ges sowie die implizierte Exklusivität und damit einhergehende Ausgrenzung,

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