Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text

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10.06.2015 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 10.06.2015 Geschäftszahl W201 1436242-1 Spruch W201 1436242-1/10E IM NAMEN der republik! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, afghanischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 20.06.2013, XXXX, beschlossen/erkannt: A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. III. Gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 01. Juli 2016 erteilt. B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: 1. Am 07.06.2012 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren. Er gab dazu im Rahmen der in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari in der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, als afghanischer Staatsangehöriger am XXXX in der Provinz Tachar, in Afghanistan, geboren zu sein und als Moslem der schiitischen Glaubensrichtung der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Er habe in Afghanistan in der Provinz Tachar, in XXXX, gewohnt. Er habe von 2001 bis 2003 eine Grundschule besucht, sonst habe er keine Ausbildung und habe nie gearbeitet. Sein Vater sei vor ca. 2 Jahren verstorben, seine Mutter sei ca. 40 Jahre alt, er habe auch eine Schwester und einen Bruder. Die Familie besitze 1 oder 2 Jirib Grund. Sein Bruder sei Soldat und versorge die Mutter. Die Schwester sei verheiratet und werde von ihrem Ehemann versorgt. Die finanzielle Situation der Familie in Afghanistan sei schlecht. Er habe Afghanistan vor ca. 3 Monaten aus Tachar verlassen, und sei mithilfe eines Schleppers bis nach Iran gefahren und habe hier ca. 2 Monate verbracht. Anschließend sei er weiter zur iranisch-türkischen Grenze gebracht und sei diese zu Fuß überquert worden. Die Grenze zu Griechenland wurde in einem Schlauchboot überquert, wo er und die anderen Flüchtlinge von der Polizei aufgegriffen worden seien. Sodann hätten sie einen Landesverweis bekommen. Vor ca. 2 Tagen habe sich der www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 22 Bundesverwaltungsgericht 10.06.2015 Beschwerdeführer auf der Ladefläche eines Lkw mit weiteren vier Personen versteckt und seien sie in diesem Lkw bis nach Österreich gefahren. Der Beschwerdeführer habe in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er sei wegen der Taliban in Lebensgefahr gewesen, da er Schiite sei. Die Taliban wollen die Schiiten töten. Sein einziger Ausweg sei die Flucht gewesen. 2. In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 12.06.2013 gab der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari an, er besuche zurzeit einen Deutschkurs, er sei Mitglied in keinem Verein und besuche, dort wo er lebe, die Moschee. Er habe einen Freund aus Afghanistan, der in Graz lebe. Er sei in der Provinz Tachar, im Distrikt XXXX geboren und sei 18 Jahre alt, dies habe ihm seine Mutter gesagt. Sein Geburtsdatum in afghanischer Zeitrechnung wisse er nicht. Der Beschwerdeführer habe keine Identitätsdokumente, er habe aber Beweismittel, dass er in Afghanistan religiöse Probleme gehabt habe. Zur Frage, welcher Volksgruppe und Religionsgemeinschaft er angehöre, sagte der Beschwerdeführer, er sei Tadschike und sei "Sunni", nein er sei Schiite/Ismaeli. Er sei nicht in eine Schule gegangen, sondern zu einem Mullah. Er könne weder schreiben noch lesen. Nach längerem Nachdenken gab der Beschwerdeführer weiter an, dass seine Mutter XXXX heiße und ca. 48 Jahre alt sei. Er habe nur eine Schwester, woher solle er den Namen finden. Nach weiterem Nachfragen gibt der Beschwerdeführer an, sie heiße XXXX. Sie sei 24 Jahre alt. Die Mutter lebe nach wie vor an der angegebenen Adresse, sie lebe alleine in dem Haus, welches ihnen gehöre. Die Schwester sei verheiratet und lebe in einem anderen Dorf. Die Mutter lebe von der Landwirtschaft. Den einzigen Verwandten, den der Beschwerdeführer noch habe, sei der Cousin - der Sohn seiner Tante väterlicherseits. Dieser lebe in Kunduz und besuche ab und zu seine Mutter. Er könne sich nicht erinnern, wann und woran der Vater gestorben sei, der BF sei noch sehr jung gewesen. Er könne nicht erklären, wieso seine Angaben in der Erstbefragung von diesen abweichen, er vergesse alles schnell. Der Beschwerdeführer glaube nicht, dass er einen Bruder habe. Er sei so vergesslich. Er habe weder Onkel väterlicherseits noch mütterlicherseits. Der Beschwerdeführer habe sein ganzes Leben bis zur Ausreise in dem Dorf XXXX verbracht, dieses Dorf umfasse ca. 100-150 Häuser. Es gebe auch eine große Moschee. Er habe dort im Elternhaus mit seiner Mutter gelebt. Den Lebensunterhalt hätten sie von der Landwirtschaft bestritten, diese sei 4 oder 5 Jirib groß. Sie hätten Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln und Weizen angebaut. Die Käufer seien vom Distrikt gekommen. Er habe noch Kontakt ins Heimatland, vorgestern habe er mit seiner Mutter und seinem Cousin telefoniert. Zu den Gründen seiner Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er habe ein paar sunnitische Freunde gehabt, als diese von seiner Religion, dass er Schiite und Ismaeli sei, erfahren hätten, hätten sie ihn für 3 oder 4 Tage in einem Zimmer eingesperrt. Von dort sei ihm dann die Flucht gelungen und sei er direkt nachhause gegangen. Er habe es seiner Mutter erzählt. Diese habe dann Geld von einem Nachbarn geborgt, dem Beschwerdeführer gegeben und habe ihm gesagt, er solle Afghanistan verlassen. Über Nachfragen der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer weiter an, in seinem Dorf gebe es keine Sunniten, es lebten dort ausschließlich Schiiten, ismaelische Schiiten. Er könne nicht angeben, seit wann er die Freunde gekannt habe, sie seien nicht lange miteinander befreundet gewesen. Sie hätten im selben Dorf gelebt. Auf Vorhalt gab der Beschwerdeführer an, es lebten doch auch Sunniten dort, er glaube, diese seien die Mehrheit. Einer der Freunde, XXXX, habe den Beschwerdeführer in ein Haus gelockt und ihn in einem Zimmer eingesperrt. Er habe 2 oder 3 Tage weder getrunken noch gegessen. Danach habe er dann das Fenster aufgemacht. Er habe das Fenster einfach öffnen können. Er sei dort weggelaufen und zu seiner Mutter nachhause gegangen. Seine Mutter habe gemeint, dass er vielleicht wegen seiner Religionsrichtung eingesperrt worden sei. Es sei die Vermutung seiner Mutter gewesen. Er sei in dem Zimmer gesessen und habe nichts gemacht. Er habe darauf gewartet, dass man ihm die Tür öffne. Er habe die Freunde nicht mehr wieder gesehen, wenn er sie gesehen hätte, dann hätten sie ihn umgebracht. Dann wäre er jetzt nicht hier. Auf Vorhalt der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, er habe das Fenster erst nach drei Tagen geöffnet, da er nicht gewusst habe, dass dies möglich sei. 3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2013, 12 06.925-BAT, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III). Das Bundesasylamt traf im angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe der oa Einvernahme Feststellungen zur Lage in Afghanistan unter besonderer Berücksichtigung der Sicherheitslage und der Lage in der Hauptstadt Kabul. Die Lage der Minderheiten, Religionsfreiheit innerstaatliche Fluchtalternative sowie Rückkehrfragen werden in diesen Länderfeststellungen ebenfalls dargestellt. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 22 Bundesverwaltungsgericht 10.06.2015 Die belangte Behörde stellte weiters fest, die vom Beschwerdeführer behauptete Furcht vor Verfolgung in Afghanistan sei nicht glaubhaft. Gesamt betrachtet habe der Beschwerdeführer nicht vermocht der Behörde ein nachvollziehbares, gehaltvolles und glaubhaftes Fluchtvorbringen darzulegen. Insbesondere aufgrund der vagen, oberflächlichen und widersprüchlichen, sowie teils überhaupt nicht plausiblen Angaben sei der BF nicht glaubwürdig und scheine die Fluchtgeschichte vielmehr ein ausgedachtes Konstrukt zu sein. Es sei dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, das Vorbringen glaubhaft zu machen und habe die von ihm behauptete Verfolgungs- bzw. Bedrohungssituation nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden können. Es seien keine Umstände amtsbekannt, dass in Afghanistan eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne des Artikels 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer verfüge in seiner Heimatprovinz über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte, er sei in seinem Heimatort aufgewachsen und habe dort mit seiner Mutter in einem familieneigenen Haus mit angeschlossener Landwirtschaft gelebt. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr

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