Platten.17 EINSCHLAUFEN Betrifft: Fantasieuniformen Und Wasser in Würfelform

Platten.17 EINSCHLAUFEN Betrifft: Fantasieuniformen Und Wasser in Würfelform

FEB.17 Platten.17 EINSCHLAUFEN Betrifft: Fantasieuniformen und Wasser in Würfelform Was macht der Teppich im Hotelkorridor? Ge- Getränke ausgeschenkt, Zigaretten geraucht oder Impressum Nº 01.17 nau: Er schluckt Schrittgeräusche. Dämpft den Schallplatten verkauft wurden. Bevölkert von DER MUSIKZEITUNG LOOP 20. JAHRGANG Trittschall, der von mannigfaltiger Fussbeklei- jungen Menschen, deren Gesichter wie struktur- dung stammt, ob das nun meersalzgegerbte schwache Gegenden wirkten, die Körper wie auf- P.S./LOOP Verlag Segeltuchturnschuhe oder aus Ameisenbärleder wendig oder behelfsmässig dekorierte Daseinsge- Langstrasse 64, 8004 Zürich sorgsam zusammengeschusterte Cowboystiefel rippe. Abends gingen sie tanzen, und wer es sich Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 sind. Deren Träger scheinen lautlos dahinzuglei- leisten konnte, konsumierte zu Selbstveredelungs- www.loopzeitung.ch ten, obschon sie in Wahrheit stöckelnd, schlur- zwecken weisses Pulver aus Peru und versuchte, fend, stepptanzend oder shuffelnd den Flur be- unter dem Einfluss der Genussgifte eine etwas Verlag, Layout: Thierry Frochaux schreiten. Man sieht sie vorbeiziehen, während kompliziertere Leidenschaft auszuleben. [email protected] man gerade mit dem kleinen Plastikeimer vor Man benötigt natürlich nicht zwingend einen der Eismaschine steht, um sich ein wenig gewür- teppichverkleideten Hotelkorridor und die Pal- Administration, Inserate: Manfred Müller feltes Wasser für den Zimmergebrauch zu be- mer-Girls, um sich auf die Zeitreise zu begeben. [email protected] sorgen. Manche gehen selbstvergessen und still Als Tickets taugen auch die frühen Romane von ihres Weges, andere zotteln ekstatisch johlend Jay McInerney. Oder eben dieses Album, das Redaktion: Philippe Amrein (amp), und umgeben von einer Entourage, die Fanta- vor knapp drei Jahrzehnten veröffentlicht wur- Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe sieuniformen trägt, an den nummerierten Türen de und nun im Hintergrund läuft, während die- vorbei. Ganz selten nur kommt einer strengen se Zeilen entstehen. «Pleased to Meet Me» von Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden, Schrittes daher, mit locker gebundener Krawat- den Replacements. Das Werk enthält mit «Alex Thomas Bohnet (tb), Christian Gasser, te und inmitten einer Crew, die mit knapp ge- Chilton» gleich zu Beginn eine wahre Hymne, Michael Gasser (mig), Hanspeter Künzler (hpk), schnittenen Klamotten, eiskaltem Make-up und und weiter hinten – bei «Can’t Hardly Wait» Tony Lauber (tl), Philipp Niederberger, Musikinstrumenten ausgestattet ist. Ein klassi- – hört man den eingangs Besungenen an der Martin Söhnlein (söh) scher Robert-Palmer-Moment, der einen in eine Gastgitarre in die Saiten greifen. Eine Sammlung Zeit zurückwirft, als beim Begriff «Bluetooth» von Liedern, geschrieben und eingespielt von Druck: Tagblatt Print, St. Gallen die meisten wohl auf den Namen eines Nacht- Musikern, die durchaus geselligkeitsgestählt wa- clubs getippt hätten. ren, zugleich aber auch sensibel und wachsam. Das nächste LOOP erscheint am 24.2.2017 Die Achtzigerjahre – eine Dekade, in der man sein Davon zeugt nicht zuletzt die diskrete Balladen- Weltwissen aus dicken Büchern und Tageszeitun- miniatur «Skyway». Die man täglich rotieren Titelbild: Chuck Prophet gen bezog, wahlweise auch aus dem Teletext oder lassen sollte – um nicht durchzudrehen. vom Hörensagen. Soziale Netzwerke bestanden aus ein paar wenigen Knotenpunkten, an denen Guido Westerberg Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] DIE NEUEN PLATTEN Fishbach Tim & Apples In Austra Keren Ann À ta merci Puma Mimi Space Future Politics You’re Gonna (Disques Enterprise/Sony) Der Die Das The Shame Song (Domino/Irascible) Get Love (Mouthwatering Records) (Nick & Nora) (Polydor/Universal Music) Es kündet sich etwas Gros- Politik und Zukunft. In die- ses an, denn Frankreich Es ist ein vollkommen stim- Erstmals habe ich das aus- sen Tagen ein wenig erbau- Die knackige Bassfigur ist in heller Aufregung. miges und würdiges «Hut gesprochen sympathische licher Themenkomplex. und die verhallte Gitarre «Future star de la pop ab!» an die Musikgeschich- Berliner Duo vor drei Jah- Verzagen hilft nicht, also des Titelstücks lassen an française» schreibt «Les In- te, dass beim letzten Stück ren gehört, als Sven Rege- schreiten Austra voran. Lee Hazlewoods Alben rockuptibles» auf der Titel- auf dem mächtig Vergnü- ner die beiden als Support Entschlossen und treibend mit Nancy Sinatra denken. seite, und für «Le Figaro» gen bereitenden neuen Tim für seine Element of Crime die Rhythmen, eingängig Das Streicher-Arrangement ist sie «le coup de cœur de & Puma-Mimi-Album un- mitgeschleppt hat. Zwei und zwingend die Melodie steuerte kein Geringerer als l’année». Flora Fischbach ser aller Boris Blank mit- junge Menschen, die auf – so gibt das Titelstück die Eumir Deodato bei. Was alias Fishbach heisst die wirkt. Mit den pionierhaf- der Bühne einen netten, et- Gangart vor, der die ande- die Singer/Songwriterin junge Dame, die La Gran- ten Yello haben die Mimis was verhuschten Eindruck ren Songs in Varianten fol- Keren Ann Zeidel auf ih- de Nation aufwühlt. Und nicht nur die elektronischen hinterliessen, dabei herzige gen. Die Band um Sängerin rem neusten Album bietet, dort gleich Vergleiche mit Herstellungsmittel ihrer Folk-Pop-Songs zum besten Katie Stelmanis verändert überzeugt. Ob sie die Trau- anderen Frauen der Musik- Musik gemeinsam, sondern gaben. Phil Haussmann, ihr Rezept auf dem dritten er einer Mutter schildert, geschichte auslöst: Desire- auch die Freude am Spiel der Sohn des Berliner Thea- Album nur in Nuancen. Sie deren Sohn nicht mehr aus less, Françoise Hardy oder mit Klängen und die rare termachers und Regisseurs bleibt beim Synthie-Pop, dem Krieg zurückkehrt Catherine Ringer (Les Rita Fähigkeit, Musik mit Witz Leander Haussmann (der manchmal altmodisch mit («Bring Back»), oder mit Mitsouko). Einflüsse aus zu machen, die nicht im gelegentlich bei Element Sequenzer-Sounds wie aus «The Separated Twin» ei- den Achtzigern sind auf entferntesten das grausige Of Crime in die Mundhar- den 80ern, dann wieder mit nen Song kreiert, der sich ihrem Debütalbum «À ta Wort «Gimmick» herauf- monika bläst), und seine allen Schikanen der zeitge- wie eine Hommage an Leo- merci» tatsächlich überall beschwört. Als Beispiel sei norwegische Partnerin Julie nössischen Tontechnik. nard Cohen anhört. Zeidel zu hören, doch die 25-Jäh- hier Lied Nummer zehn Mehlum haben sich 2010 Die Kanadier vermeiden kann auch anders: «Again rige fügt den Verve und zitiert. Es heisst «Kumo» in Berlin kennen- und lie- das allzu einfach Gestrick- and Again» und «The Ri- das Selbstbewusstsein einer und besteht vornehmlich bengelernt und das Duo te, das bei artverwandten ver That Swallows All the neuen Generation dazu. aus elektronischen Fiepern Apples In Space gegründet. Bands zuweilen Langewei- Rivers», zwei Pop-Perlen, Aufgewachsen ist Fishbach und Piepsern, dazu einem Am Set von Leander Haus- le auslöst. Austra gelingen erinnern an den klassi- in Rimbauds Heimatstadt Hauch Marimba, einer smanns und Sven Rege- pumpende («I Love You schen Sixties-Pop einer Charleville-Mézières in den Prise Shakuhachi-Flöte, ners Film «Hai-Alarm am More Than You Love Dusty Springfield. Auch Ardennen, und ihr Gesang dem Bass von Gast James Müggelsee», wo beide als Yourself») und schweben- «Where Did You Go?» ist durchaus geprägt von Varghese und natürlich Praktikanten arbeiteten, de («Angel In Your Eye») besitzt diesen melancholi- einem herben und rauhen Puma Mimis federleich- hat sie Regener sozusagen Ohrwürmer, doch sie be- schen Sixties-Touch – mit Klima. Angefangen hat sie tem Gesang. Die herrliche entdeckt und ihre zweite lassen es keineswegs beim beschwingten Streichern in einer Punk-Band und Vignette schafft es, gleich- EP produziert. 2014 folg- Vordergründigen. Hinter und Flöte. Der pulsierende kann mit der E-Gitarre ei- zeitig fernwehhaft, munter, te ihr Debüt. Inzwischen den Hooks stecken mehr- Groove von «Easy Money» niges bewerkstelligen. Mit versöhnlich und mysteriös zu viert, haben Apples In schichtige Soundflächen, könnte auch von Can stam- elektronischen Geräten zu wirken. Ein Lied samt Space nicht nur die Band, die einigen Tiefgang bieten. men, die kantige Melodie mischt sie Beats und New Zulu-Gesang von Ngoma sondern auch die Sounds «Future Politics» funkti- dagegen verweist auf den Wave dazu und kennt auch Makhosi ist in Johannes- erweitert. Der minimalis- oniert darum als Klang- Pop der frühen Achtziger. den ruhigeren Chanson. burg entstanden, fehlen tut tische Folk wechselt auch teppich wie auch bei auf- «My Man Is Wanted But Das bewegt, und Songs auch die bereits bekannte, mal in den Sixties-inspi- merksamem Zuhören. Und I Ain’t Gonna Turn Him wie «Y crois-tu» oder «In- herrliche japanische Adap- rierten Rock mit Orgel und verbreitet trotz viel Moll ei- In», ein vielschichtiger, visible désintégration de tion von Mani Matters «Ds Co. oder neigt zu kleinen nige Zuversicht. Ein Stück sinnlicher Bluestrack, zählt l’univers» ist zu wünschen, Lotti schilet» nicht. Smart Ausbrüchen. Die Stücke trägt nicht zufällig den Ti- zum Besten auf diesem Al- dass sie den Sprung über und charmant – rundum kreisen nicht nur um eige- tel «Utopia» – die Zukunft bum. Die vielen Einflüsse, die Grenzen schaffen. Denn ein superfeines Album. ne Lebenserfahrungen wie darf nicht als wahr gewor- die Keren Ann verarbeitet, nicht nur Frankreich ist be- das

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