Vol. XV No. 5 May, 1960 INFORMATION ISSUED BY THE ASSOCIATION OF JEWISH REFUGEES IN GREAT BRITAIN 8 FAIRFAX MANSIONS, Office and Consulting Hours: FINCHLEY ROAD (Comer Fairfax Rosdl, LONDON. N.W.3 Mondaylo Thursday 10 a.m.—I p.m. 3—6 p.m. Telephone: MAIda Vale 9096'7 (General Officel Friday 10 a.m.—l p.m. MAIda Vale 4449 (Employinent Agency and Socia) Services Dept.) ^i"* G. Reichmann hatte. Das Wiedergutmachungswerk, das der Herr Bundeskanzler mit der Hilfe seiner Parteifreunde und -gegner ins Leben gerufen hat, wird von den Menschen meines Kreises nicht nur wegen des DER FEIND IST DIE LAUHEIT materiellen Ergebnisses, sondern als Symbol guten Willens und ausgleichender Tat anerkannt. Und doch : trotz vieler hoffnungsvoUer Anfange Zur deutschen Situation von heute sind wir heute nicht zusammengekommen, um uns an Erfolgen zu freuen. Wir stehen vielmehr unter Wie wir bereits in der vorigen Nuininer berichteten, fandeu im Rahmen der " Woche dem Eindruck schwerer Riickschlage auf dem der Bruederlichkeit " in zahlreichen Staedten der Bundesrepublik und in West-Berlin Kund- rniihsamen Weg zueinander. Seien wir ganz offen : getungen statt. Die Redner waren in den meisten FaeUen fuehrende nichtjuedische sie kamen nicht unerwartet. Unerwar.tet konnten Persoenlichkeiten des oeffentlichen Lebens in Deutschland. Das folgende, gekuerzt wieder­ sie eigentlich nur von dem empfunden werden, gegebene Referat. das Dr. Eva G. Reichmann (London) auf der Kundgebung in Bonn hielt, der mit den Verhaltnissen in Deutschland wenig duerfte fuer unsere Leser deshalb von besonderem Interesse sein, weil es das Problem in vertraut war. Wer wie meine Mitarbeiter von der einer Weise darstellt. in der es van vielen Menschen unseres Kreises empfunden wird. •' Wiener Library " in London mit priifenden und sorgenvoUen Augen den deutschen Schauplatz zu .Der Ruf, der an mich ergangen ist, zusammen Darum zirkeltcn ohne Unterlass auch die Gedan­ uberblicken gewohnt ist, konnte zu keiner Zeit ™it Mannern, in denen ich die besten Vertreter ken, die Befiirchtungen und Hoffnungen meiner wirklich beruhigt und zuversichtlich sein. Immer ^6S neuen Deutschlands verehre, auch mein Wort Freunde, die den Zusammenstoss mit dem Un- gab es neben Zeichen der Gesundung auch solche zur deutschen Situation von heute zu sprechen, geheuer des Abgrunds nicht so sehr aus gelehrten neuer Gefahr ; ja, es ist wohl kaum ungerecht fest- jKllt mich vor eine ebenso schwere wie ver- Abhandlungen wie aus der Qual eigenen ztistellen, dass die Gefahrenzeichen sich zu mehren 'ockende Aufgabe. Wer bin ich, so habe ich mich Erlebens kannten. Wir Ueberlebende der Kata­ schienen. Die Vorfalle des Weihnachtsabends und s^'fagt, dass ich die Verantwortung eines solchen strophe—und das soil weder pathetisch noch die sich anschliessende Schmier-Epidemie als einen Wortes auf mich nehmen durfte ? Eine Deutsche sentimental klingen—haben unseren eigenen Tod neuen Ausbruch von Antisemitismus in Deutsch­ 1.1 ich nicht mehr ; eine Englanderin werde ich uberdauert. Wir aUe gingen durch Zeiten einer land zu beschreiben, hiesse darum, sie nicht zutref­ "'Wnals sein, so wahr mir England das Reoht todlichen Lahmung, von denen wir nicht wussten, fend zu beschreiben. ob wir sie uberwinden wiirden. Aber man sagt, ^^' leben gegeben hat, als meine Heimat es mir Was wirklich geschah, konnte hochstens mit der ersagte. Ich bin eine ehemals deutsche JUdin wir Juden seien Optimisten. Un^ so fingen wir tatsachlich an, Schritt fur Schritt miihsam uns vor­ Symptomentwicklung latent immer vorhandener ntischer Staatsangehorigkeit—eine etwas kom- Krankheitskeime verglichen werden. Entziindungen jj ^'STte Erscheinung. vor deren vielfaltigen. warts tastend, den Weg ins Leben wieder zu gehen. Und das hiess fiir uns, die wir die Halfte unseres brachen aus, weil die krankhafte Aniage niemals j^^ gegenseitig iiberlagernden und um einen Lebens in Deutschland gelebt hatten, zugleich, ausgeheilt war. Es braucht kaum betont zu ^sgleich ringenden Loyalitaten mir manchmal wieder eine Haltung zu Deutschland zu finden. werden, dass diese Diagnose einer chronischen 'bst fast bange werden mochte. Es war sehr schwer, vielen war es unmoglich. Disposition ernster ist als die eines nur akuten Anfalls. Aber der Anfall kann zur besseren Aus der Sicht der Emigration Aber wer noch einigen Mut in sich fiihlte, bemiihte sich, an die vielen ungenannten und unbekannten Behandlung des latenten Zustands Anlass geben, wir ^^ Deutsche und das Judische in mir. das, was Heifer zu denken, die den ungliicklichen Gejagten Es will mir scheinen, als habe die fast einhellige, nat "\,8lucklicheren Zeiten unsere " geeinte Zwie- ihr Schicksal erleichtenen und manchmai das emporte Reaktion der deutschen Oeffentlichkeit, Igj*"".' nannten, ist friiher einmal ein seiner Prob- Leben retteten ; und wir dachten an die Manner wenn man sie auf einen Generalnenner zu bringen natik kaum noch bewusstes doppeltes Besitztum und Frauen des Widerstandes, an den Kampf der versucht, gerade dieser Auff^ssung Ausdruck Ze^f"*'*" ^^ wird, nachdem es zerstiickt und Kirchen und an die Treue derer, die niemals in gegeben. Als habe sie begriisst, dass etwas Unter- das grosse Scheinwerferlicht der Geschichte traten. schwelliges, ins Unbewusste Abgedrangtes wieder 2u^ wurde, niemals wieder aus den Tr.iimmern ins allgemeine Bewusstsein getreten sei und dass j^3'"inenwachsen. Aber vielleicht ist es dem (Fortsetzung auf Seite 2) j^JJp 'T>latz auf der britischen Insel zu danken, Enttauschte Erwartungen lich °^"^° Horizont, der sich unter den freund- auft*"' ^"sufdringlichen Menschen dort driiben Dann kam das Kriegsende mit seinen grauen- sich '^^^ '^^^' *^^ friiher Teil ©ines Ganzen war, haften Enthiillungen, mit der Gewissheit, dass wir The Association of Jewish Refugees in jf^r^^lbst nach ihrer ungewollten Trennung noch so viele unserer liebsten Menschen niemals wieder­ Great Britain jfjV?*', aufeinander bezogen fiihlt : dass das sehen wiirden. Wir hatten es bis dahin nioht nori t ^ am starksten bewusst ist in seiner Zuge- glauben wollen, nicht glauben konnen. Auch eheri ^^^ deutsch-jiidischen Geschichte, das damals wehrte sich noch immer ein Rest invites members to its bei d^ Deutsche in seiner Bewaltigung der schuld- unglaubiger Auflehnung in uns gegen die lichtlose y-i'^^Den Beziehung zum judischen Mitmenschen, Endgultigkeit. Aber sie blieb unerbittlich. Damals habe beide eine neue Dimension gewonnen gab ich mich einer wahrscheinlich vollig unwirk- GENERAL MEETING W^t" '^urch die Beriihrung mit der englischen lichen Erwartung hin : ich glaubte, es wtirde ein Aufschrei durch Deutschland tonen, ein Aufschrei on Tuesday, May 17, at 8 p.m. aus H- ^° tnochte ich gleich mit einem Beispiel der Qual und Erlosung zugleich. Noch niemals at 51 Belsize Square, N.WJ Ausff *"^ beginnen. Es war im Jahre 1942. Der nach dem Erwachen der Mensohheit zu einem fand "^ des Krieges war vollig ungewiss. Da wie auch immer gearteten politischen Selbst- (between Swiss Cottage and Belsize Park (jQ^.*'' sich in London auf Anregung meines bewusstsein, zu Freiheit und Menschenrecht war Underground Stations) '^ie x?^"^^" L^'^f^''^' '^^5 Professors der Sozio- ja im Namen eines Volkes, das zu diesem Erwachen akad' ^""""'^ Ginsberg, eines Juden, eine Anzahl hingebungsvoll und begeistert beigetragen hatte, AGENDA dat MI^'^*^^ Forscher zusammen. um sich iiber so Unsagliches veriibt worden. Ich glaubte an die grosse Erschiitterung der grieohischen Tragodie, diese„ r "^en Deutschlands klarzuwerden. Die in an die Reinigung, die Neugeburt. Seither haben Report on AJR Activities •^^ Arbeitsgemeinschaft gehaltenen Vortrage mich sachverstandige Politiker und Sozialpsycho- Minarded i ^P^''^'' '" einem Band "The German Restitution and Compensation— Mit|nad Iw*i.. ^ Outlook" zusammengefasst. Einer der logen belehrt, dass ein verstiirtes, hungerndes Volk ^larbeiter.larbeiter.. Professor WilloughbyWilloughbv, beendet seinen inmitten von Fliichtlingsziigen und Triimmem zu Latest Developments niit 5P "ber "Goethe in der modernen Welt" einem solchen Aufschwung der Herzen nicht die daj °'«sen Worten : "Wir durfen nicht dulden, Kraft hatte. Election of Management Committee dejj ^^'^ .Gedanke an das. was Deutschland (durch Es folgten Aufbau. Staatsgriindung und Nor- (Executive) du^.ir'^^'''.onaIsozialiMnus) heute geworden i&t, uns malisierung. Es folgte ein fast schwindelerregender blind '° "°^ aufgewiihlten Leidenschaften wirtschaftlicher Aufstieg. Es folgten auch—^und keine davon soil vergessen oder verkleinert werden Election of Board *ied<> "^^^bt fiir das. was Deutschland war und (List of Candidates and further particulars are published Wie r -^^'^ ""'td. Goethe selbst hat uns gelehrt, —grossartige Manifestationen der Umkehr von ein­ on page ij) Zeit P*^bt ubereilte Urteile sind. als er zu einer zelnen wie von berufenen Vertretem des Volkes. Weig. ^ Napoleons Stern im Zenit stand, sich Die in immer wieder neue Worte warmer mensch­ No further notice will be given D ;. ^'f Franzosen zu hassen." licher Verbundenheit gekleideten Anrufe des ersten den '^' o" ^iedergesundung Deutschlands " nach Bundesprasidenten. Professor Theodor Heuss, Non-members are not entitled to vole but will ''arum ^ r^''e° und Leiden" der Gegenwart— durchstiessen nach und nach auch die harteste be welcome as guests at the Meeting ""• kreisten alle Beitrage dieses Forscherkreises. Verkrustung, die sich um trauemde Seelen gelegl Hai;e : AJR INFORMATION May, I960 und sagten ; " Ich habe damals auch mitgemacht. DER FEIND IST DIE LAUHEIT Vieles daran sah gut und richtig aus. Ich
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