Landinfo 4/2004 Ländlicher Raum, Landschaft Dr. Elmar Schlecker, ALLB Sigmaringen LISA - Landschafts-Informationssystem Seefelder Aach Ergebnisse des Pilotprojektes zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Nährstoffe gelangen durch Eingriffe des Menschen in den Stoffhaushalt und durch natürliche Vorgän- ge in die Gewässer. Dabei sind diffuse und punktuelle Einträge zu unterscheiden. Die Landwirtschaft trägt überwiegend über diffuse Eintragspfade zur Nährstoffbelastung der Gewässer bei. Im Einzugs- gebiet der Seefelder Aach wurde vom Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg unter Federführung des Regierungspräsidiums Tübingen bereits 1998 vor der Verabschiedung der WRRL ein Pilotprojekt zur Umsetzung dieser Richtlinie auf der lokalen Ebene ins Leben gerufen. Im Rahmen des Aktionsprogrammes „Integrierter Gewässerschutz im Einzugsgebiet der Seefelder Aach“ bestand unter anderem eine wichtige Aufgabe darin, die diffusen Nährstoffeinträge aus der Landschaft zu re- duzieren, um einen „guten Zustand“ der Seefelder Aach zu erreichen, wie er von der WRRL gefordert wird. Einleitung Nitratauswaschung austragsge- der Bodenerosion und der Nitrat- fährdet sind, wurde beispielhaft für auswaschung im Einzugsgebiet Die Stickstoffeinträge aus der das Einzugsgebiet der Seefelder der Seefelder Aach ermöglichen. Landwirtschaft resultieren größten- Aach ein Landschafts- Informati- Um das LISA als Instrument der teils aus der Nitratauswaschung in onssystem entwickelt. Gewässerschutzberatung einset- das Grundwasser. Der Bodenab- zen zu können, war ein weiteres trag von landwirtschaftlich genutz- Ziel des Landschafts- Informati- Ziel, flächendetaillierte Aussagen ten Flächen ist die Hauptursache onssystems Seefelder Aach (LI- zu den diffusen Gewässerbelas- für Phosphoreinträge in Oberflä- SA) war es, austragsgefährdete tungen aus der Landwirtschaft zu chengewässer (FREDE & DABBERT Flächen (sog. „hot spots“) zu loka- gewinnen. 1998, BMU 2001a). lisieren. Das LISA wurde im Hin- blick auf eine landesweite Über- Durch die Vorgaben der europäi- tragbarkeit in andere Gewässer- Aufbau des Landschafts- schen Wasserrahmenrichtlinie einzugsgebiete aufgebaut. Dies (WRRL) zum Flussgebietsmana- setzte die Verwendung allgemein Informationssystems gement wird erstmals im Gewäs- und landesweit verfügbarer Daten Seefelder Aach serschutz der Schritt von einer voraus. In der vorliegenden Arbeit Aus Abbildung 1 ist die Struktur sektoralen zu einer ganzheitlichen wurden Modelle in ein Geographi- Betrachtungsweise vollzogen (EU des Landschafts- Informationssys- sches Informationssystem (GIS) tems Seefelder Aach (LISA) er- 2000). Als neuen Aspekt berück- integriert, die eine Abschätzung sichtigt die WRRL die integrierte Betrachtung der Gewässer und ih- rer Einzugsgebiete sowie die Diffe- renzierung der Gewässerbelas- Landschafts-Informationssystem Seefelder Aach tung nach Punkt- und diffusen Quellen (BARTH 1997, FUHRMANN Allgemein Geographisches Austragsgefährdete 2001). Der ganzheitliche Bewirt- verfügbare Daten Informationssystem Flächen schaftungsansatz ist mit einer er- heblichen Umorientierung verbun- den und stellt die Verwaltung vor Klima große Herausforderungen. Diese werden nicht nur auf die Wasser- Topographie Bodenabtrag wirtschaftsverwaltung beschränkt bleiben, sondern weit in andere Modelle Politikbereiche wie die landwirt- Boden Nitratauswaschung schaftliche Praxis hineinreichen (KEITZ & SCHMALHOLZ 2002). Landnutzung Um die Umsetzung einer gewäs- serschonenden Landbewirtschaf- tung auf Flächen zu konzentrieren, Abbildung 1: Aufbau des Landschafts-Informationssystems Seefelder die hinsichtlich Bodenabtrag und Aach (LISA) 61 Ländlicher Raum, Landschaft Landinfo 4/2004 Tabelle 1: Eingangsdaten des Landschafts-Informationssystems Seefelder Aach (LISA) zur Berechnung des Bodenabtrags und der Nitratkonzentration im Sickerwasser Eingangsdaten: Format: Bezugsquelle: Verwendung Einzugsgebiet der Seefelder digital Gewässerdirektion Do- - Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Aach nau/Bodensee – Bereich Ravensburg Amtliches Liegenschaftskataster digital Landesanstalt für Umwelt- - Abgrenzung der Flurstücke (ALK) schutz Tageswerte Niederschlagsstati- digital Deutscher Wetterdienst - R-Faktor onen - Winter- und Sommerniederschläge Tageswerte Klimastationen digital Deutscher Wetterdienst - Evapotranspirationskoeffizient nach Haude Bodenschätzung des Amtlichen digital Landesvermessungsamt - K-Faktor Liegenschaftsbuches (ALB) Grablochbeschreibungen der analog Finanzämter in Überlingen - Feldkapazität Schätzungsbücher für Ackerland und Sigmaringen - nutzbare Feldkapazität und Grünland - Pflanzenverfügbares Wasser im Wurzel- raum Höhenlinien der Deutschen analog Landesvermessungsamt - LS-Faktor Grundkarte 1:5 000 (DGK 5) Integriertes Verwaltungs- und digital EBZI1) - Landnutzung Kostrollsystem (InVeKoS) - C-Faktor Expertenwissen - P-Faktor - N-Düngebilanz 1 )Entwicklungs- und Betreuungszentrum für Informations- und Kommunikationstechnik (EBZI) des Ministeriums für Ernährung und Länd- lichen Raum beim Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung sichtlich. In das LISA wurden ver- Hilfe einer empirischen Schätz- Maß für die regionale Erosi- schiedene Daten zu Klima, Topo- gleichung hinreichend genau onskraft der Niederschläge ei- graphie, Boden und Landnutzung bestimmen. Dies ist die Universal nes Jahres integriert, um anschließend eine Soil Loss Equation (USLE) nach Landschafts- und Belastungsana- WISCHMEIER & SMITH (1978) bzw. K: Bodenerodierbarkeitsfaktor lyse hinsichtlich Nitratauswa- deren an deutsche Verhältnisse [(t/(ha • a))/(Newton/(ha • a))] schung und Bodenabtrag durchzu- angepasste Form, die Allgemeine Abtrag eines bestimmtem Bo- führen. Die austragsgefährdeten Bodenabtragsgleichung (ABAG) dens je R-Einheit auf einem Flächen werden über Modelle lo- nach SCHWERTMANN ET AL. (1990). Standardhang kalisiert, da Messungen vor Ort zu Sie beschreibt in mathematischer (22 m Länge, 9 % Gefälle, arbeits- und kostenaufwändig sind. Form den Zusammenhang zwi- Schwarzbrache) schen sechs erosionsbestimmen- Tabelle 1 zeigt die Eingangsdaten, den Faktoren und dem Bodenab- L: Hanglängenfaktor [dimensions- die zur Berechnung des mittleren trag. In dieser Gleichung werden los] jährlichen Bodenabtrages und der die erosionssteuernden Faktoren Verhältnis zwischen dem Ab- potenziellen Nitratkonzentration multiplikativ miteinander verknüpft. trag auf einem beliebig langen des Sickerwassers im LISA ver- In Tabelle 2 ist aus Sicht des Ge- Hang zum Abtrag auf einem wendet wurden. wässerschutzes die Bewertung Standardhang mit 22 m Länge flächenhafter Bodenabträge nach FREDE & DABBERT (1998) darge- S: Hangneigungsfaktor [dimensi- Berechnung des stellt. onslos] Bodenabtrages 1) 2) 2) 1) 3) 3) Verhältnis zwischen dem Ab- A = R • K • L • S • C • P trag auf einem beliebig steilen Es existieren verschiedene [t/ha • a] Hang zum Abtrag auf einem Schätzverfahren, mit denen sich Standardhang mit 9 % Gefälle das Erosionsrisiko bestimmen A: langjähriger mittlerer Bodenab- lässt. Deren Ergebnisse dienen als trag [t/ha • a] C: Bedeckungs- und Bearbei- Indikatoren, mit denen die poten- tungsfaktor [dimensionslos] R: Regen- und Oberflächenab- zielle Gewässergefährdung abge- Verhältnis zwischen dem Ab- flussfaktor [Newton/ha • a] schätzt werden kann. Die flächen- trag auf einem Hang mit belie- hafte Bodenerosion lässt sich mit biger Bewirtschaftung zum Ab- 62 Landinfo 4/2004 Ländlicher Raum, Landschaft trag auf einem Hang unter Schwarzbrache N i t r a t i m S i c k e r w a s s e r N0 = [(N-Überschuss x AF)/SW] x 4,43 x 100 P: Erosionsschutzfaktor [dimensi- 3 onslos] Verhältnis zwischen dem Ab- N-Überschuss Auswaschungsfaktor AF Differenz zwischen Düngung nach trag auf einem Hang mit spe- „guter fachlicher Praxis“ und ziellen Erosionsschutzmaß- tatsächlicher Düngung nahmen zum Abtrag auf einem Austauschhäufigkeit AH AH = (SW/FK WE ) x 100 Hang, der in Gefällerichtung bearbeitet wird. Feldkapazität FK WE Sickerwassermenge SW im durchwurzelten Boden Methode nach Renger et al. 1): vom Landwirt nicht beeinfluss- E Sj bare Faktoren = standortbe- HAUDE dingte Erosionsgefahr Wj Pflanzenverfügbares Wasser Nutzbare Feldkapazität nFK 2): vom Landwirt nur begrenzt be- WE Wpfl = nFK + kapillarer im durchwurzelten Boden WE einflussbare Faktoren Aufstieg 3): vom Landwirt beeinflussbare Art der Bewirtschaftung Standortbedingungen Faktoren = bewirtschaftungs- abhängige Erosionsgefahr Abbildung 2: Faktoren zur Berechnung der potenziellen Nitratkonzent- ration im Sickerwasser Berechnung der Nitrat- auswaschung pazität bzw. des pflanzenverfügba- Grünlandflächen: Das Risiko, dass Nitrat aus einem ren Wassers V = 0,90 •·Wj + 0,52 • Sj – 286 log Boden ausgewaschen wird, lässt Wpfl – 0,10·• E + 330 sich näherungsweise über die re- Haude 3. Schritt: lative Austauschhäufigkeit des Ermittlung der Sickerwassermen- Bodenwassers quantifizieren (AG ge V: Sickerwassermenge BODENNUTZUNG IN WASSER- [mm/a] SCHUTZGEBIETEN 1992, DVWK 4. Schritt: 1996). Zur Abschätzung der Aus- Berechnung der Austauschhäufig- Wj: Winterniederschlag waschungsgefahr müssen das keit des Bodenwassers (01.10. – 31.03.) [mm] Wasserspeichervermögen des Bodens bzw. das pflanzenverfüg- Die Sickerwassermenge wurde Sj: Sommerniederschlag bare Bodenwasser und die Si- nach einem Verfahren von Renger (01.04. – 30.09.) [mm] ckerwassermenge ermittelt wer- et al. (1990) nach folgenden Be- rechnungsformeln getrennt für Wpfl: pflanzenverfügbares den. Die Austauschhäufigkeit des Wasser [mm] Bodenwassers gibt an, wie oft das Acker- und Grünlandflächen be- rechnet.
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