Arkadien als Thema der Druckgraphik 1490-1830 ISBN 3-9808582-5-1 doch! Verweile Verweile doch! Arkadien als Thema der Druckgraphik 1490-1830 Verweile doch! Arkadien als Thema der Druckgraphik 1490-1830 1 Ioanna Babanikolou und Georgios Babanikolos (†) gewidmet 2 Verweile doch! Arkadien als Thema der Druckgraphik 1490-1830 3 Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung „Verweile doch! Arkadien als Thema der Druckgraphik 1490-1830“, die vom 19. September bis zum 31. Oktober 2010 in den Viehmarktthermen Trier gezeigt wird und die von einer studentischen Arbeitsgruppe im Fach Kunstgeschichte der Universität Trier unter der Leitung von Dr. Stephan Brakensiek erarbeitet worden ist. Mitglieder der Arbeitsgruppe und Autoren des Kataloges: Andrea Diederichs (AD) Andreas Geis Benno Jakobus Walde (BJW) Claudia Stefanie Klein (CSK) Cindy Bleser (CB) Daniela Tamm (DT) Eva Liedtjens (EL) Gulnara Mikitayeva (GM) Karin Bergtraum (KB) Miriam Müller (MM) Janina Modemann (JM) Julia Peters (JP) Raymond Keller (RK) Stephan Brakensiek (SB) Herausgegeben von Stephan Brakensiek Besitznachweis Graphische Sammlung des Fachs Kunstgeschichte der Universität Trier 1-9, 12, 13, 16, 18-48, 50-61, 63, 65, 66, 69, 70, 71, 73, 76-100 Privatsammlung Luxembourg 10, 11, 14, 15, 17, 49, 62, 64, 67, 68, 72, 74, 75 Fotos der Exponate: Andreas Thull Konservatorische Betreuung: Claudia Stefanie Klein, Janina Modemann, Stephan Brakensiek Redaktion: Benno Jakobus Walde, Claudia Stefanie Klein, Janina Modemann, Stephan Brakensiek Layout: Andrea Diederichs, Stephan Brakensiek Titelentwurf: Berit Schütte, Andrea Diederichs Herstellung: druckerei ensch, Trier © Herausgeber und Autoren Trier 2010 ISBN 3-9808582-5-1 4 5 6 INHALT GRUSSWORTE 07 ESSAYS 11 Andrea Diederichs / Claudia Stefanie Klein 13 Die Genese des Arkadienbegriffs und ihre Einbindung in die Thematik der Landschaftsdarstellung Janina Modemann / Benno Jakobus Walde 21 Arkadien – Exil der unglücklich Liebenden. Versuch einer Zusammenschau von Musik, Schauspiel und Oper im Gefolge des Schäferromans Gulnara Mikitayeva 37 Das wunderseltsam Wesen des schwermenden Schäfers oder Arkadien als Mittel und Ziel der Kritik Karin Bergtraum 51 Der Landschaftsgarten als Spiegel arkadischer Lebensfreude Raymond Keller 61 Claude Lorrain und die niederländischen Italianisaten KATALOG 79 LITERATURVERZEICHNIS 243 7 8 ZUM GELEIT Oktober 1999. Zwei Reisende aus Griechenland – ein Mann irdische Freude und Unbeschwertheit. Ergriffen von dieser Vision und eine Frau – schlendern durch eine kleine malerische Stadt Arkadiens hörte sie gar nicht mehr auf zu sprechen. Ihre Rede war in Deutschland. Voller Erstaunen treffen sie auf ein großes Pla- eine einzige Hymne an das ideale Arkadien. kat, das einen sich zurücklehnenden Satyr zeigt. Kurz darauf ein Die Reisenden erwarben den Ausstellungskatalog. Fasziniert und weiteres Plakat. Dann noch eins. Eine Stadt voller Träume von innerlich bewegt verließen sie die kleine Stadt. Sie träumten da- Arkadien! Die Plakate werben für eine Kunstausstellung im loka- von, diese Ausstellung nach Griechenland, ins historische Arka- len Museum. Am nächsten Morgen, pünktlich um 9.00 Uhr zur dien zu holen. Der Traum wurde zu einer Obsession. Um ihn zu Öffnung, stehen die beiden als erste Besucher des Tages vor dem verwirklichen kontaktierten sie verschiedene Institutionen, doch Museums und betreten so voller Erwartung die Ausstellung, dass ohne Erfolg. Bedauerlicherweise ging der Mann bereits früh auf sie vergaßen, vorher an der Kasse zu bezahlen. Erstaunt standen die "Reise" ins Traumland Arkadien, ohne die Realisierung der sie sodann in den Räumen: Druckgraphische Blätter! Dutzende neuen Ausstellung zuvor noch erleben zu können. von schönen Originalstichen und -radierungen, alle mit nur ei- Die Frau aber, nun allein, hörte nicht auf zu versuchen, den Traum nem Thema: Arkadien – inspiriert von den Oden des Vergil: Nym- Wirklichkeit werden zu lassen. Sie hielt aus. Sie versuchte es weiter. phen, Schäfer, Eichen, lichte Wälder, Flüsse, antike Monumente Bald wird der Traum Wirklichkeit werden und diese vollständig oder Satyrn. Aber auch Stadtpläne und die Zeichnungen eines neue, nun in Trier eröffnete Ausstellung geht nach Griechenland! mit Blattwerk getarnten Panzers sowie Gedichte waren zu sehen. Die Stadt in Deutschland war Trier. Sie ist die antike Stadt Augus- Die beiden Reisenden waren fasziniert. Wer denn der Kurator der ta Treverorum, gegründet 16 v. Chr. durch den römischen Kaiser Ausstellung sei, fragten sie einen Angestellten. Es sei die Direkto- Augustus. Später wurde sie die Hauptstadt der westlichen Präfek- rin des Hauses, war die Antwort. Ob man sie vielleicht sprechen tur des Reiches, deren erster Regent Constantius I. Chlorus war, wolle? Er würde sie sofort herbeirufen. Vorher sollten die beiden der Vater Konstantins des Großen, der selbst auch später dort als Reisenden aber bitteschön erst einmal ihren Eintritt entrichten! Vize-Kaiser regierte. Organisiert worden war die Ausstellung von Lächelnd kam die Direktorin in die Ausstellung. Sie war selbst der Graphischen Sammlung des Fachs Kunstgeschichte der Uni- noch nie in Griechenland gewesen. Über das dortige, historische versität Trier und dem Städtischen Museum Simeonsstift. Arkadien, gestand sie, wisse sie nichts. Aber das Thema der Aus- Der Reisende mit der Vision war der Arkadier Georgios Babani- stellung sei ja auch das mythische Arkadien, inspiriert von den kolos. Ohne ihn wäre diese neue Ausstellung zum Thema nie zu- bukolischen Oden Vergils, den Idyllen Theokrits und den Gedich- stande gekommen. ten Stissichoros. Arkadien sei das Land der Glückseeligkeit, des Lebens in der Natur, das Land der Freiheit und ein Symbol für Ioanna Babanikolou (Athen) 9 10 GRUSSWORT Arkadien ist bis heute ein Topos. Fast jeder verbindet mit diesem Be- bild verschmelzen hier miteinander und inspirieren gemeinsam zu griff die Vorstellung einer Welt voller Harmonie, in der alle negativen neuen Einsichten. Elemente, die heute allzu oft unseren Alltag beherrschen, unbekannt Doch bemerkenswert an dieser Ausstellung und dem sie beglei- sind. Verweile doch! – so möchte man dem Besucher dieses imagi- tenden Katalog ist noch etwas anderes. Beide sind das Resultat nären Landstriches zurufen, doch ist Arkadien nur eine Utopie – die des mehr als zweijährigen Engagements einer studentischen Ar- historische Provinz gleichen Namens auf dem Peloponnes in Grie- beitsgruppe im Fach Kunstgeschichte unserer Universität, die ge- chenland hat nichts damit zu tun. Sie ist bloß ein Teil unserer Realität. meinsam mit dem Kustos der Graphischen Sammlung des Faches, Arkadien ist so fern – und doch gleichzeitig so nah. Daher freut Dr. Stephan Brakensiek, aus den dort verwahrten Beständen von es mich besonders, dass im vielfältigen Programm zum vierzig- den ersten Konzeptüberlegungen bis hin zur tatsächlichen Reali- jährigen Jubiläum der Universität Trier eine Ausstellung gezeigt sierung von Präsentation und Buch alles gemeinsam geplant und werden kann, die sich diesem Kapitel der europäischen Geistes- erarbeitet hat. Selten ist die von der Bologna-Reform geforderte geschichte im Bereich der Kunst auf Papier nähert. Gut gewählt Praxisnähe der universitären Ausbildung so umfassend umgesetzt ist auch der Ort, an dem die Ausstellung stattfindet. Mit den worden, wie bei diesem Projekt. Ich hoffe, es mögen noch viele Thermen am Viehmarkt ist dank der Generaldirektion Kulturelles solch ambitionierten Projekte folgen, und wünsche Ausstellung Erbe des Landes Rheinland-Pfalz ein Ort gefunden, an dem die und Katalog den Erfolg, der beiden gebührt. Bild gewordene Rezeption antiker Motive und Vorstellungen in der Frühen Neuzeit auf Monumente trifft, die direkt aus der Zeit Prof. Dr. Peter Schwenkmezger ihres Ursprungs stammen. Quelle und Rezeption, Vorbild und Ab- Präsident der Universität Trier 11 12 Essays 13 14 ANDREA DIEDERICHS / CLAUDIA STEFANIE KLEIN DIE GENESE DES ARKADIENBEGRIFFS UND IHRE EINBINDUNG IN DIE THEMATIK DER LANDSCHAFTSDARSTELLUNG Der schon aus der Antike bekannte Begriff Arkadien verspricht Schilderungen solcher Orte finden sich jedoch schon vorher. Curti- ein Leben voller Harmonie, Einfachheit und Muße in dem Mu- us nennt in diesem Zusammenhang Homer, in dessen Dichtung er sik, Liebe, Tanz und Gesang aufgehen. Neben dem Krieg sind den Ausgangspunkt des locus amoenus-Bildes sieht: „Aus der ho- Krankheit und Arbeit in keinster Weise dem Terminus inhärente merischen Landschaft haben die späteren einige Motive übernom- Qualitäten. Auch heute noch ist Arkadien in den Köpfen der Men- men, die fester Bestandteil einer langen Traditionskette wurden: schen präsent und steht synonym für ein Traumland, ein Paradies, … den lieblichen Naturausschnitt, der Baum, Quell, Rasen vereint; in das man sich bereitwillig begeben möchte und von dem man den Wald mit verschiedenen Baumarten; den Blumenteppich.“2 den Freifahrtschein zur Sorglosigkeit erwartet. Dass die Örtlich- Der locus amoenus bildet als Wunschraum eine wichtige Basis keit des geographisch verortbaren Arkadiens auf dem Peleponnes für die vom Menschen betriebene sehnsuchtsvolle Suche nach ei- mit dieser Vorstellung nichts gemein hat, eher durch Kärglichkeit ner Örtlichkeit friedlicher und glücklicher Koexistenz – kurzum: und Ödnis besticht, soll an dieser Stelle nur bemerkt werden, hat dem Streben nach einer besseren Welt. Diese geographisch nur in sich der geographische Bezug schließlich von der Begrifflichkeit den Köpfen verortbare, gewünschte Welt wird sodann auf die real gelöst. Interessant bleibt dennoch zu erörtern, woher
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