€ 2,– 21. April 2012 · 177. Jahrgang · Heft 8 A 4342 LÜ B E C K I S C H E B L Ä T T E R b Hanse trifft Humboldt in Moisling 113 b „Lübeck ist weltoffen“ 114 b Meldungen 116 b Aus der Gemeinnützigen 117 b Chronik März 2012 118 b Der stressfreie Übergang von der KITA zur Grundschule 119 b „Das Salz in der Suppe“ 120 b 1937: Das Ende des Lübecker Staats 121 b Die Brahms-Statue an der Obertrave 124 b Thomas-Mann-Preis für Jan Assmann 126 b Der Staatsfeind 127 b Die Exklave Behlendorf 128 ZEITSCHRIFT DER GESELLSCHAFT ZUR BEFÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER TÄTIGKEIT ##6812_US6812_US HL-BlaHL-Bläẗtterter 8-12.indd8-12.indd 1 117.04.127.04.12 13:5913:59 L Ü B E C K I S C H E B L Ä T T E R 21. April 2012 · Heft 8 · 177. Jahrgang · Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit „Hanse trifft Humboldt“ in Moisling Riesenwippe findet großen Anklang Von Burkhard Zarnack Die stählerne Wippe, die auf Veran- der Grundstücksgesellschaft Trave und, lassung des Wissenschaftsmanagements als besondere Entdeckung der Feier, des im Rahmen von „Hanse trifft Humboldt“ Rap-Paares Kallsen & Bassarth mit einem im Stadtteil Moisling installiert wurde, hat temperamentvoll vorgetragenen selbst wahrhaft ungewöhnliche Ausmaße und ist getexteten Lübeck-Song zum Wissen- ein Musterbeispiel für Stabilität, Solidität schaftsjahr der Hansestadt. und Größe. Trotzdem: Sie bewegt sich doch, träge in ihrer Auf- und Abbewe- Archimedes für Anwender gung, aber gut gelagert! Unermüdlich zeigten sich auch andere Ein Betonfundament von zwei Metern Einrichtungen, z. B. die OzD (wie auch Tiefe musste gegossen werden, damit die schon in St. Lorenz und in St. Gertrud), die zwölf Meter lange Wippe tragfest einge- mit Oberstufenschülern unter der Leitung baut werden konnte. Apropos tragfest: von Studiendirektor Andreas Matthiae Bis zu 100 Kinder können (theoretisch) kleine Versuche und mathematische Spie- Platz nehmen (Tragfähigkeit: 200 kg pro lereien auf der Basis des archimedischen Meter); auch eine Anzahl von gewichti- Hebelgesetzes anschaulich vorstellte. Prof. Dr. Hans Hellbrück (Fachhochschu- gen Erwachsenen bilden für die Statik der Ganz anders, aber auch mit dem Ziel, le Lübeck) bei der Demonstration seines Wippe also kein Problem. den mathematisch-naturwissenschaftlichen Rechengleichgewichtmodells Dank der unermüdlichen Initiative Hintergrund zu verdeutlichen (Abakus- (Fotos: B. Zarnack) des Ehepaars Stach-Ambrosius wurde Modell), versuchte Horst Hellbrück von die Einweihung zu einem kleinen Stadt- der Fachhochschule Lübeck das Prinzip des Auf diese Weise könne Wissenschaft, teilfest mit dem Auftritt der Spielmanns- Gleichgewichts auf analoge und anschauli- und das ist schließlich das zentrale Ziel züge von Rot-Weiß-Moisling, der Frei- che Weise zu zeigen. Zu diesem Zweck hat- von „Hanse trifft Humboldt“, als „Beglei- willigen Feuerwehr (Wasserspiele), der te er eine kleine Waage mit den Ziffern 1-4 tung des täglichen Lebens“ veranschau- Cheerleader, des Blasorchesters Lübeck, (jeweils rechts und links vom Drehpunkt) licht, verstanden und begriffen werden. des Klima- und Lärmschutzes Lübeck, auf seinem Rednerpult aufgebaut. Mit ein- „Wir sind Stadt der Wissenschaft“ erin- fachen Rechenbeispielen nerte Antje Peters-Hirt in ihrer kurzen demonstrierte er, unter engagierten Rede an den Beweggrund der Zuhilfenahme von kleinen Einweihungsfeier. Stahlkugeln als Gewichte, Ganz anders, aber durchaus themen- wie Rechnen auch nach bezogen, näherte sich Pastor Christian dem Prinzip des Gleichge- Gauer dem Thema Wippe. Er bezog seine wichts bildhaft dargestellt Beispiele aus der Lebenserfahrung, z. B. werden kann. Es gelang auf das Ziel, das eigene Leben in der Ba- ihm also, wie Bürger- lance zu halten. „Soll und Haben“ auszu- meister Saxe formulierte, gleichen, sei auch ein Gedanke, den man naturwissenschaftliche symbolisch auf den Stadtteil übertragen Zusammenhänge so zu könnte. veranschaulichen, dass Der Tag fand seinen Abschluss mit „selbst er (Saxe) es ver- einem Tanzvergnügen für Jedermann im Die stählerne Wippe wird begeistert angenommen stehen würde“. Vereinshaus von Moisling. Abbildung auf der Titelseite: Brahmsfigur des Bildhauers Claus Görtz im Endzustand auf dem Hof der Gießerei (Beitrag auf Seite 124) (Foto: Arndt Voß) Lübeckische Blätter 2012/8 113 Sozialstaatdiskussionen „Lübeck ist weltoffen“ Von Hagen Scheffler Der lübsche Doppeladler hat, so möch- te man meinen, seine Sache am 31. März 2012 gut gemacht. Unter seinem Banner haben sich die Bürger in der Abwehr als erfolgreich erwiesen: Stadtluft macht frei und bleibt frei – von ungebetenen Gästen. Anderseits haben sich Bürger in ihrer Ver- antwortung auf den Weg zu einer neuen Gedenkkultur gemacht, der viele ange- sprochen hat. Gemeinsame Andacht Um 9 Uhr ist St. Marien, die Bürgerkir- che, bis auf den letzten Platz besetzt. Das Angebot zu einer ökumenischen Andacht Lübecks Bürgermeister eröffnet die „historischen Spaziergänge“ am 31. März um unter Mitwirkung von Kirsten Fehrs, Bi- 13:00 Uhr auf dem Rathausmarkt schöfin für Hamburg und Lübeck, Erzbi- schof Werner Thissen aus Hamburg und Weg hat konsequent das neue Bündnis ziergängen“ zugrunde liegt: Versöhnung Canon David Porter, Leiter des Versöh- „Lübeck ist weltoffen“ eingeschlagen, in- ist ohne Erinnerung nicht möglich, die auf nungszentrums der Kathedrale von Co- dem es ein Forum von Bürgern für Bürger Wissen basiert. Für das Verständnis und ventry, ist für viele Besucher so etwas wie sein und mit neuen Ideen zur Gestaltung die erfolgreiche Gestaltung von Gegen- der Beginn für eine neue Gedenkkultur im der Erinnerungskultur beitragen möchte. wart und Zukunft sei das „Wissen um die Zusammenhang mit den Ereignissen um eigene Geschichte“ unverzichtbar. Vor al- Palmarum 1942. Deshalb spricht Erzbi- Neue Wege lem für die Jüngeren und Nachgeborenen schof Werner Thissen so vielen aus dem Der Auftakt dafür findet wieder auf dem seien die sechs „Historischen Spaziergän- Herzen, als er sagt: „Es ist gut, dass wir Rathaus-Markt statt, dieses Mal gegen ge“ durch die Altstadt Lübecks konzipiert zusammenhalten.“ Und: Wenn Kirche 13 Uhr: Als Vertreter der Stadt, der Kir- mit Schwerpunkten wie „Gedenken: Orte in den 30er Jahren „politischer“ und der che und der ehemaligen Kriegsgegner der Mahnung“, „Verfolgung“, „Kunst und Staat „kirchlicher“ gewesen wäre, dann sprechen Bürgermeister Bernd Saxe, Bi- Erinnerung“, „Vertreibung und Ermor- hätte man die „braune Flut“ damals ein- schöfin Kirsten Fehrs und Canon David dung“, „Bauen und Zerstörung“ und „In- dämmen können. Daher überrascht seine Porter als Leiter des Versöhnungszen- formieren und Aufklärung“. Botschaft für Kirche und Gemeinde nicht: trums der Kathedrale von Coventry kur- Diese Spaziergänge, die um 14 Uhr „Kirche muss politisch sein, weil das ze Grußworte. Antje Peters-Hirt, stellv. beginnen und um 16 Uhr wiederholt Evangelium politisch ist.“ Direktorin der Gemeinnützigen und eine Diese Haltung muss nicht notgedrun- der Initiatorinnen von „Lübeck ist weltof- gen nur in einem „Gegen“ münden, son- fen“, erläutert so dann den Sinn, der den dern hat auch Chancen im „Für“. Diesen vorbereiteten sechs „Historischen Spa- Lesemarathon auf dem Marklatz: Johan- Spaziergang VI: Ausstellung von Schülern über Juden im Dritten Reich, Hanse-Schule, na Wildenauer liest eigene Texte zu Ras- Klaus Senkbeil erzählt sismus und Verfolgung 114 Lübeckische Blätter 2012/8 Erinnerungstag Palmarum Spaziergang II: Propst Franz Mecklenfeld berichtet vor dem Ver- Spaziergang VI : Ausstellung Rathaus, Von Liebe und Tod. Jung sorgungsamt (Volksgerichtshof) über die Prozesse in der Nazi-Zeit Sein in der Diktatur, im Bild Knut Winkmann werden, finden großen Zuspruch. Durch- schnittlich 20 bis 50 Teilnehmer nehmen pro Spaziergang teil, erfahren an den vor- gesehenen Stationen fachkundige Infor- mation und werden so zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Vergangen- heit angeregt. Ein in großer Anzahl ver- teiltes farbiges Faltblatt bietet eine sehr gute Übersicht über die einzelnen Routen, Schwerpunkte und Pausenorte, wo man bei Tee/Kaffee zu dem gerade Erlebten ins Gespräch kommen kann. Gespräche im Hoghehus Das Hoghehus am Koberg, Veranstal- tungszentrum der IHK zu Lübeck, erweist sich so z. B. als erholsamer Treffpunkt, wo Hauptgeschäftsführer der IHK, Matthias Schulz-Kleinfeldt, seine Gäste begrüßt und bewirtet. Er nutzt dabei die Gelegen- Spaziergang VI: Zwei Schülerinnen der Hanse-Schule vor einer Ausstellungsvitrine heit, nicht nur an die Gleichschaltung der Kammern 1937 zu erinnern, sondern auch auf die aktuelle Situation der Industrie- und Handelskammer Lübeck hinzuweisen, der bereits fünf Prozent aller angeschlossener Betriebe angehören, die von Menschen mit Migrationshintergrund geführt würden. Anwesend sind drei junge Deutsche, die im Ausland, z. B. als Kurden im Nordirak, geboren, als Kleinkinder mit ihren Famili- en nach Deutschland Eltern geflohen sind. Die junge Frau Kebat Ibrahim, die gerade ihre Ausbildung als Erzieherin abgeschlos- sen hat und ihrer ersten Beschäftigung bei „Sprungtuch e. V.“ entgegensieht, spricht in perfektem Deutsch über ihre persönlichen Schwierigkeiten in den ersten Jahren, aber auch über die große Hilfe, die sie von ein- zelnen Deutschen bei ihrer Integration er- fahren hat. Ein beredtes und beeindrucken- des Beispiel für das heutige Deutschland Kebat Ibrahim berichtet im Hoghehus über ihre Aufnahme in Deutschland und ihre und für „Lübeck ist weltoffen“! bisherige berufliche Karriere (Foto: Liane Dommermuth) Lübeckische Blätter 2012/8 115 Meldungen Geschichtsverein Lübecker Tanz- und
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