B 4297 KORRESPONDEN zBLATT Herausgegeben vom Pfarrer- und Pfarrerinnenverein Nr. 7 Juli 2009 124. Jahrgang in der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern Ein spannendes Adiaphoron Inhalt ■ Artikel 2003 war ich Delegierte zur Vollver- Pfarrer in der Karikatur dargestellt, wird sammlung des Lutherischen Weltbun- er ganz gewiss mit Talar und Beffchen Dr. Margot Käßmann, des in Winnipeg/Kanada. Ich habe schon gezeichnet, jeder weiß dann, wer ge- Ein spannendes Adiaphoron 109 viel Buntes in der Ökumene gesehen. meint ist. Schwarzer Talar und Beffchen Armin Rudi Kitzmann, Aber mich hat doch nachhaltig beein- sind das Kennzeichen der Amtsträgerin- Der 20. Juli 1944: Gerstenmaier, druckt, dass es Kollarhemden in wahr- nen und Amtsträger der Kirche der Re- Wurm und Meiser 111 haftig allen Farben und Größen gibt. Für formation. Dr. Haringke Fugmann, Männer und für Frauen, mit langem und Von Martin Luther wird berichtet, dass Predigende und mit kurzem Arm, in Lila und Hellgrün, er zu Beerdigungen und Taufen auch Nichtkirchgänger 115 Grau und Weiß, Rosa und Schwarz. Du das alte Messgewand getragen hat, Predigthörende 116 lieber Him mel, was ist in die Lutheraner in »nor malen« Gottesdiensten aber gefahren, dachte ich! den Talar. Die Messgewänder wurden Martin Ost, erst 1811 durch die Einführung des Liebe Leserin, lieber Leser 122 Drei Argumente schwarzen Ta lars durch eine Kabinetts- Dr. Rainer Oechslen, order von König Friedrich Wilhelm III. Der christlich-muslimische höre ich immer wieder für Kollarhem- in Preußen für Pfar rer abgelegt. Von da Dialog 117 den, Stolen und Eckenkra gen: Farben- an entwickelte sich der Talar mit dem ■ freude, Ästhetik und Erkenn barkeit. Auf Beffchen zur regulären Amtstracht. Die Aussprache alle drei Argumente will ich im Folgen- Wiederentdeckung der Stola wird meist Dr. Ludwig Blendinger, den eingehen: als Auffrischung des als trist empfunde- Sollen wir nicht Gott Wie sagte mir ein Pastor kürzlich: »Es nen schwarzen Talars ge sehen. auch etwas zutrauen? 120 ist doch so trist in Schwarz. Bunt ist Der Talar ist die Bekleidung des Lehram- irgend wie schöner.« Und das erlebe ich tes, sicher. Für mich bedeutet er aber in Henkel/Fromm, Echt Paulus 120 auch in meiner Landeskirche. Stolen seiner Schlichtheit vor allem eines: sind »in«, nicht nur in der liturgischen Eckhard Reichelt, Farbe der Kirchenjahreszeit, sondern Der Talar steht für evangeli- Bücher, Bibel, Bibliothek 120 auch bunt ge mischt, gestickt und ge- sches Amtsverständnis. ■ Bücher näht von der Part nerkirche etwa. In- zwischen nenne ich fünf Stolen mein Unser Amt ist kein Weiheamt. Wir Martin Ost, eigen, die mir geschenkt wurden. Ich befin den uns nicht in einem anderen Öffner, habe aber nur ein einziges Mal eine Status als andere Gemeindemitglieder, Evangelisch ist auch katholisch 121 Stola getragen, Pfingsten 2000 auf der wir ha ben keinen character indelebilis, Martin Ost, EXPO Plaza beim Gottesdienst mit Erz- der uns mit der Weihe verliehen wird, Kandler, Das Wesen der Kirche 121 bischof Desmond Tutu. Danach habe ich sondern wir werden ordiniert auf Wort es immer abgelehnt, weil ich mich den und Sakrament und Treue zu unserer ■ Ankündigungen 123 ganzen Gottesdienst gefragt habe, wa- Kirche. Wir sind berufen von der Ge- rum musst du dich jetzt mit roter Farbe meinde, einen besonderen Dienst zu »aufhübschen«, der Talar ist doch das tun, wir werden beauftragt, nachdem zentrale Zeichen der Verkündigung in wir Theologie studiert haben, besondere unserer Tradition. Verantwortung für Ver kündigung, Lehre Und in der Tat: Wird ein evangelischer und Treue zum Bekenntnis zu überneh- KORRESPONDENZ BLATT S. 109 Nr. 6 Jul. 2009 men. Wir sind Teil der Gemeinschaft des ich einen Kollegen mit Albe und grü- zudrücken. Violett als Christusfarbe, die Priestertums aller Getauften. ner Stola sehe, darunter aber braune Himmel und Erde verbindet, steht in den Das gilt auch für das Bischofsamt. Letz- Cordhose und Birkenstocksandalen, ist fünf Amethyststeinen auch in meinem tes Jahr war ich bei unserer Partnerkir- mein ästhetisches Empfinden durchaus Bi schofskreuz im Mittelpunkt, das mir che in Tranquebar, Südindien. Das war angefragt. in meinem Einführungsgottesdienst am ein großes Fest: 300 Jahre lutherische 4. September 1999 als Zeichen meines Kirche in Indien, heute eine Partner- Inzwischen entwickelt sich Dienstes umgelegt wurde. Es wurde für kirche des Hermannsburger Missions- typisch protes tantisch ein den ersten hannoverschen Landesbi- werks mit einem Bewusstsein für die fröhliches Durcheinander. schof Marahrens entworfen in einer gemeinsame Geschichte. Es kamen viele großen Version für den Talar und einer Kirchenver treter mit Mitra und großar- Das habe ich zum ersten Mal registriert, kleinen für Empfänge etc. Dazu korre- tigen Gewän dern, ich nur im schwar- als ich im Kloster in Helmstedt, wo li– spondiert, dass in das Dienstsiegel des zen Talar mit Beff chen und Kreuz. Der turgi sche Gewänder hergestellt werden, hannoverschen Landesbischofs bzw. der schwedische Bischof sagte: »Wo ist die Liste sah mit den Regelungen der Landesbischöfin eingeprägt ist: »1. Kor deine Mitra?« Ich sagte: »Brauche ich Lan deskirchen: Die einen erlauben Al- 2,2«. Die entsprechende Bibelstelle im nicht.« »Aber doch!«, sagte er, »wirst ben, die anderen nicht, wieder andere zweiten Korintherbrief lautet: »Denn ich schon sehen.« unter bestimmten Bedingungen. Dassel- hielt es für richtig, unter euch nichts zu Doch die indischen Christinnen und be gilt für Stolen. Die einen befürworten wissen als allein Jesus Christus, den Ge- Chris ten kamen fröhlich auf mich zu, das Tragen einer Stola mit Beffchen, an- kreuzigten.« Das ist für meinen Glauben weil sie genau diese Kleidung von den dere sind strikt dagegen, wieder andere entscheidend, durch das Kreuz werden überall plakatierten historischen Bildern können Stolen nur in Verbindung mit wir erkennbar als Christen. des ersten Missionars Bartholomäus Alben sehen. Viele sagen, Stolen müs- Nun sagt die Konkordienformel (Sola Ziegenbalg kannten: »You are from Zie- sten farb lich zum Kirchenjahr passen, Declaration, X), dass die Kleidung im genbalg coun try!«, sagten sie. »O yes!«, andere fin den eine »Regenbogenstola« Gottesdienst zu den Adiaphora gehört. habe ich ge sagt. So wurde eine kleine passend zur Fröhlichkeit des Evangeli- Und das ist auch gut und richtig so. Im Bischöfin in Indien gleich als lutherisch ums. In Hannover haben wir zur Amts- Kirchengesetz der VELKD (§ 49) heißt erkannt: ohne Mitra und buntes Ge– kleidung von Pastorinnen und Pastoren es in der Regelung zum Verhalten des wand, einfach durch den schwarzen in einer Rundverfügung klar gessagt: Pfarrers und der Pfarrerin, sie sollten die Talar, um nicht abzulen ken vom Wort »Zu beson deren Anlässen, nicht aber als Würde des Amtes wahren (1). »Bei Got- allein. Regel, ist auch die Stola zum schwarzen tesdiensten und Amtshandlungen tra- Talar möglich. Sie soll dem Kirchenjahr gen sie die vorgeschriebene Amtsklei- Hinter dem schwarzen Talar gemä ße Farben haben und bei mehre- dung. Das Gleiche gilt bei besonderen mit Beffchen tritt die Per- ren Ta lartragenden möglichst einheit- Anlässen, soweit es dem Herkommen son zurück. lich sein.« Manche empfinden das als ent spricht oder angeordnet wird.« »Ukas aus Hannover«, wie mir ein Su- Wie ist das nun mit den besonderen An- Es ist nicht der Pastor oder die Pastorin, perintendent sagte, aber es ist für mich lässen? Das Kollarhemd jedenfalls ent- die auf der Kan zel der Gemeinde gegen- ein Versuch, eine gewisse Ordnung und stand im römisch-katholischen Bereich übertreten, es ist das Wort Gottes, das Wiederer kennbarkeit zu gewährleisten. im 19. Jahrhundert, gestärkt wurde verkündigt werden will. Und dahinter Und schließlich die Erkennbarkeit au- seine Verbreitung durch die konziliaren hat die verkündi gende Person zurückzu- ßerhalb des Gottesdienstes. »Auf dem Be schlüsse über die Erkennbarkeit der treten. Beim Predigen soll die Gemeinde Emp fang erkennt mich ja niemand als Weltgeistlichen. Dann sind mir doch der nicht dadurch abgelenkt werden, ob die Geistli chen, wenn ich kein Kollarhemd Lutherrock oder die Lutherweste lieber, Stola »hübsch« ist oder nicht, der Rock trage.« »In Deutschland trage ich es ja die sich zur selben Zeit entwickelten, kurz oder lang, der Mensch dick oder nicht, aber in der Ökumene ist das wich- auch wenn sie mit Martin Luther wohl dünn, sondern ums Hören geht es. Aus tig für die Anerkennung.« nichts zu tun haben. Jedenfalls wäre es diesem Grund befürworte ich auch ei- eine eigene Prägung, die unser Amtsver- nen eigenen schlichten schwarzen Talar Als was wollen wir er kennbar ständnis unterstreichen könnte. Und für Prädikan tinnen und Prädikanten. sein, viel leicht wäre dafür ja auch eine Form Wenn mit Ästhetik argumentiert wird, zu finden, die Männer und Frauen be- denke ich, der schwarze Talar hat eine das ist meine Frage. Als Erstes doch als kleiden kann. Auch das wäre Zeichen besondere Ästhetik. Nicht umsonst gilt Christinnen und Chris ten. Da werden evangeli schen Amtsverständnisses. Schwarz als »edle Farbe«, für festliche wir erkennbar nicht durch Farben und Ich bleibe aber beim schwarzen Talar Gelegenheiten heißt es in der Einla- Kleidung, sindern durch un ser Reden mit Beffchen im Gottesdienst, und ein dung manches Mal, schwarzer Anzug und Handeln. Thema, mit dem die Kirche steht oder bzw. für Damen das »kleine Schwarze« Dann gibt es das Bedürfnis, die Gemein- fällt, ist die Kleidung der Geistlichen sei er wünscht. schaft der Ordinierten zu stärken. Das gewiss auch nicht. Es bleibt ein Adia-
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