Multiagentensysteme Als Integrative Methode Zur Simulation Von Räumlichem Konsumentenverhalten

Multiagentensysteme Als Integrative Methode Zur Simulation Von Räumlichem Konsumentenverhalten

MULTIAGENTENSYSTEME ALS INTEGRATIVE METHODE ZUR SIMULATION VON RÄUMLICHEM KONSUMENTENVERHALTEN UNTERSUCHUNG INDIVIDUENBASIERTER SIMULATIONSSZENARIEN ZUR STRATEGISCHEN STANDORTPLANUNG IM EINZELHANDEL INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE DER FAKULTÄT FÜR PHILOSOPHIE, KUNST-, GESCHICHTS- UND GESELLSCHAFTSWISSENSCHAFTEN DER UNIVERSITÄT REGENSBURG VORGELEGT VON MARKUS STEIGER GEBOREN IN LANDAU A. D. ISAR 2015 AN DER FAKULTÄT FÜR PHILOSOPHIE, KUNST-, GESCHICHTS- UND GESELLSCHAFTS- WISSENSCHAFTEN DER UNIVERSITÄT REGENSBURG REGENSBURG 2015 Erstgutachter (Betreuer): Prof. Dr. Kurt E. Klein (Universität Regensburg) Zweitgutachter: Prof. Dr. Jürgen Schmude (Ludwig-Maximilians-Universität München) Termin der Disputation: 03.02.2016 “The phenomenon of emergence takes place at critical points of instability that arise from fluctuations in the environment, amplified by feedback loops. Emergence (…) is often qualitatively different from the phenomenon out of which it emerged.” (Capra, 2002) “Human beings, viewed as behaving systems, are quite simple. The apparent com- plexity of our behavior over time is largely a reflection of the complexity of the envi- ronment in which we find ourselves.” (Simon, 1996) “Everything should be made as simple as possible, but not simpler.” (Sessions, 1950) Danksagung I DANKSAGUNG Ich möchte mich an bei allen bedanken, die mich in den vergangenen Jahren auf unterschiedliche Art und Weise bei der Erstellung dieser Dissertation unterstützt haben: Ich danke meinem Doktorvater, Prof. Dr. Kurt E. Klein, für die Möglichkeit und das Vertrauen, dieses interessante Thema unter seiner Betreuung zu bearbeiten. Ohne seine hilfreichen, fachlichen Anregungen in Kombination mit dem umfassenden Freiraum, den er mir zugestand, wäre es nicht möglich gewesen, diese Arbeit in der vorliegenden Form zu schreiben. Mein Dank gilt zudem Prof. Dr. Jürgen Schmude für die Übernahme des Zweitgutachtens. Des Weiteren möchte ich mich bei meinen beruflichen Vorgesetzten Jörg Brenner, Michael Zeller und Michael Reiner bedanken. Durch ihre Offenheit und Unterstüt- zung war es mir möglich, neben meiner beruflichen Tätigkeit an diesem For- schungsprojekt zu arbeiten. Vor allem die Möglichkeit zur Durchführung der Pri- märerhebung sei an dieser Stelle besonders genannt. Ich bedanke mich auch bei Denis Maiboroda, der im Rahmen seines Praktikums im Bereich Marktforschung & Analyse der MSH die Programmierung des Anwendungs- beispiels übernommen hat. Außerdem richte ich meinen Dank an alle Kollegen und Fachleute, mit denen ich im Lauf der letzten Jahre aufschlussreiche und inspirierende Diskussionen zu mei- nem Thema führen konnte. Ein herzliches Dankeschön möchte ich auch Kristina Geigl und Petra Steiger für das Korrekturlesen der vorliegenden Arbeit aussprechen. Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken, die mir in schwierigen Phasen der Arbeit moralischen Halt und Unterstützung ge- geben haben. Vor allem mein Sohn Felix hat mir mit seiner fröhlichen Art, die Welt täglich neu zu entdecken, immer ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert. Das hat mir oftmals wieder neue Kraft gegeben. Danke! Manching im September 2015 Markus Steiger Kurzfassung III KURZFASSUNG Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Überprüfung und Weiterentwick- lung der Methode der Multiagentensysteme für die Prognosezwecke im Einzelhan- del. Die konkrete Zielsetzung der Arbeit ist der Entwurf eines integrativen Systems zur Simulation möglicher Zukunftsszenarien des (räumlichen) Konsumentenverhal- tens. Basierend auf einer heterogenen Informationslandschaft und unterschiedli- chen Theorieansätzen soll am Beispiel des Großraums Ingolstadt ein Multiagenten- system im Bereich Elektroeinzelhandel entwickelt werden. Um das Elektro-Einzelhandelssystem mit seinen Marktteilnehmern zu verstehen, ist es zunächst notwendig, die einzelnen Akteure und die grundsätzlichen Struktu- ren und Zusammenhänge sowie deren historische und aktuellen Entwicklungspfa- de aufzuzeigen. Das Marktgeschehen wird im Wesentlichen durch Anbieter und Konsumenten, beeinflusst durch die herrschenden gesellschaftlichen, technologi- schen und politisch/administrativen Rahmenbedingungen, bestimmt. Betrachtet man den Elektroeinzelhandel, so kommt es auf Warengruppenebene zu innovationsgetriebenen Bedeutungsverschiebungen. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2013 kann im Bereich TV-Geräte, welche Gegenstand des modellierten Kon- sumentenverhaltens innerhalb von TESI (TV-Einkauf Simulation Ingolstadt) sind, ein massiver Absatzrückgang verzeichnet werden. Dies ist mit einem Rückgang der hohen Anschaffungsneigung im Rahmen der Markteinführung der Flachbildschirme in diesem Segment zu begründen. Neben einem veränderten produktspezifischen Nachfrageverhalten hat ein Wandel in der Einkaufsstättenwahl der Konsumenten einen starken Rückgang der kleinflächigen Anbieter in den letzten Jahrzehnten zur Folge. Die aktuelle E-Commerce-Dynamik der vergangenen Jahre gibt Anlass zur Annahme eines weiteren strukturellen Wandels in den nächsten Jahrzehnten. Neben diesen allgemeinen Marktgeschehnissen ist es notwendig, einen Überblick über den Status quo der Methoden der Standortplanung im Einzelhandel zu geben. Hier trifft man im Wesentlichen auf vergleichsweise tradierte, statische Methoden, welche grundlegende Veränderungen im Konsumentenverhalten nur bedingt be- rücksichtigen und somit Ansatzpunkte für neue dynamische Vorgehensweisen ge- ben. IV Kurzfassung Vor diesem Hintergrund stellt die agentenbasierte Simulation einen interessanten Ansatzpunkt dar, da eine Reihe der Defizite hier Berücksichtigung findet und sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die Analyse der Wechselwirkungen zwischen Konsumentenverhalten und räumlichen Einzelhandelsstrukturen ergeben. Zu be- rücksichtigen ist allerdings die Tatsache, dass den umfassenden Möglichkeiten eine Reihe von Herausforderungen, wie z. B. der hohe Aufwand bei der Erstellung einer geeigneten Datengrundlage, komplexe, vielfältige Validierungsansätze und fehlende Standards für die Nutzung derartiger Simulationen entgegen stehen. Diese Aspekte führen zu einer vergleichsweise geringen Benutzerfreundlichkeit und damit verbun- den zu einer bislang geringen Verbreitung in der Praxis. Basierend auf dem gewählten Forschungsdesign werden die so bislang gewonnenen abstrakten, grundlegenden Erkenntnisse auf die konkrete Situation innerhalb des Untersuchungsgebiets angewendet. Zu diesem Zweck werden zunächst eine telefo- nische Haushaltsbefragung zum Konsumentenverhalten im Elektroeinzelhandel und eine Kartierung der Angebotsstandorte für die Sortimente in der Region In- golstadt durchgeführt. Diese beiden Quellen geben Aufschluss über Prozesse und Strukturen und zeigen grundlegende Zusammenhänge auf, welche für die Modellie- rung und anschließende Simulation innerhalb eines Multiagentensystems eine wichtige Basis darstellen. Aus dieser Untersuchung ergibt sich bspw. ein relevanter Zusammenhang zwischen dem Alter und diversen Verhaltensweisen innerhalb des Kaufprozesses, wie z. B. der E-Commerce-Affinität oder der Bereitschaft Distanzen für einen stationären Einkauf zurückzulegen. Hieraus wird am Beispiel des individuellen Einkaufsverhaltens bei Fernsehgeräten die „TV-Einkaufs-Simulation-Ingolstadt“ TESI konzipiert und in der generischen Entwicklungsumgebung SeSAm umgesetzt. Innerhalb des Grundmodells werden die wesentlichen Bausteine der Agenten, die Wahrnehmung als Kombination aus Sen- sorik und internem Zustand sowie die daraus resultierende Effektorik im definier- ten Einkaufsprozess dargestellt (siehe Abb. 1). Aufgrund der besseren Verständ- lichkeit wird das gesamte Modell in einzelne Partialmodelle aufgeteilt. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um ein Demographie-Modul, welches die wichtigsten Ent- wicklungen der Haushalts-Agenten während der Simulation aufzeigt und somit ein repräsentatives Abbild der Bevölkerungsstruktur als Basis für das Konsumverhal- ten zur Verfügung stellt. Des Weiteren wird der Kaufentscheidungsprozess in ein Modell der Bedarfsentstehung für Fernsehgeräte und darauf aufbauend eine Kanal- entscheidung zwischen Online- und Offline und im Fall der Entscheidung für eine stationäre Einkaufsstätte ein Baustein, in welchem die Auswahl eines konkreten Kurzfassung V Geschäfts modelliert wird, aufgeteilt. Als Aktivität der Geschäftsagenten wird eine optionale Schließungsreaktion integriert. Diese Bausteine werden zu „TESI“ kombi- niert und können über eine Bedienoberfläche parametrisiert und definiert werden, um unterschiedliche Szenarien zu simulieren und im Anschluss auszuwerten. Agent Agent Konsument Kanal/Geschäft Wahrnehmung Sensorik Effektorik Optionale Aktions- Zustand Aktion wahrschein- Wissen / Gedächtnis Geschäftsschließung lichkeit Dauer seit Letztkauf Bedarfs- Bewertung Vertriebskanal wahrschein- Wahrgenommene Geschäfte lichkeit Attraktivitätseinschätzung Zustand E-Commerce- wahrschein- Dauer seit lichkeit Eigenschaften Umwelt Letztverkauf Typ (Alter, HH-Größe …) Wahrschein- Anzahl TV- Anzahl TV-Geräte lichkeit für Geräte ver- Wohnort Einkaufsstät- kauft tenwahl Standort Aktionsauswahl und - Wahrnehmung durchführung Kanalwahl/Geschäftswahl TV-Einkauf Effektorik Sensorik Kausale Abhängigkeiten Attribute Sequentielle Abfolge Aktionen Informationsfluss Werkzeuge Optionaler Graph Optionale Aktion Abbildung 1: Strukturmodell des TV-Einkaufsverhaltens TESI (Eigener Entwurf in Anlehnung an Hesse & Rauh 2003, S.78, Kulke 2005, S.10, Urban 2004, S.78 und Schmitz & Kölzer 1996) Rauh 2003, S.78, Kulke 2005,

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