Thomas Vordermayer Bildungsbürgertum Und Völkische Ideologie Quellen Und Darstellungen Zur Zeitgeschichte

Thomas Vordermayer Bildungsbürgertum Und Völkische Ideologie Quellen Und Darstellungen Zur Zeitgeschichte

Thomas Vordermayer Bildungsbürgertum und völkische Ideologie Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte Band 109 Thomas Vordermayer Bildungsbürgertum und völkische Ideologie Konstitution und gesellschaftliche Tiefenwirkung eines Netzwerks völkischer Autoren (1919–1959) ISBN 978-3-11-041475-2 E-ISBN (PDF) 978-3-11-041553-7 E-ISBN (EPUB) 978-3-11-041569-8 ISSN 0481-3545 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio- grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH Berlin/Boston Titelbild: Von links nach rechts: Hans Grimm, Erwin Guido Kolbenheyer und Wilhelm Stapel, abgedruckt in: Wegbereiter und Vorkämpfer für das neue Deutschland, hrsg. v. Wilhelm Freiherr von Müffling, München 1933 Einbandgestaltung: hauser lacour Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com Meinen Eltern, Anneliese und Sebastian Inhalt 1. Einleitung 1.1 Thema und Fragestellungen ................................ 3 1.2 Zum Begriff des „Völkischen“ ............................... 8 1.3 Netzwerktheorie und Geschichtswissenschaft . 14 1.4 Forschungslage zu Leben und Werk Hans Grimms, Erwin Guido Kolbenheyers und Wilhelm Stapels .......................... 20 1.5 Verwendete Quellen und Quellenlage ......................... 26 2. Die Hauptfiguren: Hans Grimm, Erwin Guido Kolbenheyer und Wilhelm Stapel 2.1 Lebenswege bis zum Ende des Ersten Weltkriegs ............... 33 2.2 Kriegsmentalität und Weltanschauung nach 1918 . 45 2.2.1 Radikalisierungsmoment Weltkriegsniederlage: Zur Verengung des politischen Denkens bei Grimm, Kolbenheyer und Stapel .............................. 45 Exkurs: Hans Grimms „Volk ohne Raum“................ 60 2.2.2 Völkische Ideologie und bildungsbürgerliches Anspruchs- denken ............................................. 68 2.3 Formen und Grenzen symbiotischer Kooperation............... 79 2.3.1 Die Freundschaft zwischen Kolbenheyer und Stapel ....... 79 2.3.2 Kooperation und Konflikt: Das Verhältnis zwischen Grimm und Stapel .......................................... 90 3. Ebenen gesellschaftlicher Tiefenwirkung 3.1 Die Hofierung der „Totgeschwiegenen“: Grimm und Kolbenheyer im Spiegel der rechtsgerichteten Presse nach 1918 .............. 105 3.1.1 Selektive Wahrnehmung und Larmoyanz: Totschweigen und totgeschwiegen werden im Buchmarkt der Weimarer Republik ........................................... 105 3.1.2 Das Verhältnis Kolbenheyers zur Weimarer Presse ......... 115 3.1.3 Grimms Beziehungen zur Deutschen Allgemeinen Zeitung . 130 3.1.4 Hans Grimm als „Auslandsexperte“ ..................... 138 3.15 Beflissene Auftragsrezensenten: Conrad Wandrey und Helmut Wocke… .................................... 144 3.2 Wilhelm Stapel als Referenz eines „sachlichen“ Antisemitismus ... 150 3.2.1 Kernelemente der von Stapel vertretenen Haltung zur „Judenfrage“ ........................................ 150 VIII Inhalt 3.2.2 Rezeption der Schriften Stapels im Lager der Gleich- gesinnten und der politischen Gegner ................... 160 3.3 Kolbenheyers biologistisches Weltbild und seine Rezeption 1925–1945 ............................................... 170 3.3.1 Grundzüge der Philosophie der „Bauhütte“ .............. 170 3.3.2 Öffentliche und private Rezeption der „Bauhütte“ ......... 180 3.4 Zum Stellenwert Grimms und Kolbenheyers an den Universitäten Göttingen und Tübingen ................................... 192 3.5 Kolbenheyers „Aufruf der Universitäten“ und seine Resonanz . 202 3.5.1 Kerninhalte des Aufrufs und Motive Kolbenheyers ........ 202 3.5.2 Vervielfältigung und Rezeption des Aufrufs .............. 207 3.5.3 Der Amtsweg als Sackgasse: Zum universitätsinternen Umgang mit Kolbenheyers Aufruf ...................... 217 4. Völkisches Denken in Publikationen ideologisch wahlverwandter Professoren. Drei Fallbeispiele 4.1 Felix Krueger und die „Selbstbesinnung in deutscher Not“ ....... 225 4.2 Andreas Thomsen und „Der Völker Vergehen und Werden“ ...... 237 4.3 „Rassegedanke“ und „völkischer Gedanke“ bei Adalbert Wahl .... 247 5. Große Erwartungen und bittere Enttäuschung: Grimm, Kolbenheyer und Stapel in ihrem Verhältnis zur NSDAP 5.1 Frühe Unterstützung und erste Fühlungnahme 1923–1930/31..... 261 5.2 Verhinderte Mentoren: Versuche zur Lenkung der NS-Bewegung und ihre Zurückweisung ................................... 273 5.2.1 Versuche der Einflussnahme auf die NS-Bewegung 1932/33............................................. 273 5.2.2 Vorbehalte gegen Grimm, Kolbenheyer und Stapel im „Dritten Reich“ ...................................... 290 5.2.3 Verschleppter Generationenkonflikt: Zum Verhältnis Hans Grimms zur „Kriegsjugendgeneration“ .................. 306 5.2.4 Von Freundschaft zu Feindschaft: Hans Grimm und Joseph Goebbels ........................................... 320 5.3 Gefühlte Alternativlosigkeit: Publizistik und Emotion im „Dritten Reich“ ........................................... 328 5.3.1 „Treue ohne jede Hoffnung“? Enttäuschungserfahrungen nach 1933........................................... 328 5.3.2 Bereitschaft zur Propaganda . 337 Inhalt IX 6. Restöffentlichkeit und gesellschaftliche Ausgrenzung: Grimm, Kolbenheyer und Stapel nach 1945 6.1 Trotziges Aufbäumen oder Selbstaufgabe? Psychologische Befindlichkeiten und Kommunikation unter dem Vorzeichen gefühlter Schicksalsgemeinschaft ............................. 353 6.2 Die Versuche zu einer Ehrenrettung des Nationalsozialismus durch Grimm und Kolbenheyer.............................. 364 6.3 Kooperationswillige Zeitschriften in den 1950er Jahren .......... 380 6.4 Schleichende Dekanonisierung: Zum Stellenwert Grimms und Kolbenheyers in literaturhistorischen Standardwerken der frühen Bundesrepublik ........................................... 394 Zusammenfassung ................................................ 409 Dank ........................................................... 423 Abkürzungsverzeichnis ............................................ 425 Ungedruckte Quellen.............................................. 427 Gedruckte Quellen und Literatur.................................... 429 Personenregister .................................................. 465 Nicht bloß die Vielen, die andere für sich den- ken lassen, auch Menschen ganz selbstständigen Geistes und Charakters sind den Behexungen der Zeit untertan. Golo Mann 1. Einleitung 1.1 Thema und Fragestellungen Im Jahr 2004 sorgte ein wissenschaftlicher Aufsatz für Aufsehen. Thema war die Korrespondenz zwischen Houston Stewart Chamberlain, einem der „wichtigsten Wegbereiter der völkischen Weltanschauung“1, und Prinz Max von Baden, dem letzten Reichskanzler des deutschen Kaiserreichs.2 Überraschend, ja völlig unbe- kannt war der hohe Grad an ideologischer Übereinstimmung zwischen Cham- berlain und Max von Baden, der bis dahin in dieser Hinsicht als unbelastet gegol- ten hatte. Zwischen den beiden bestanden nicht nur antisemitische Grundüber- zeugungen, sie stimmten auch in der Ablehnung der „westliche[n] Zivilisation“ und in der „Verdammung“ des Materialismus und Parlamentarismus überein. Charakteristisch für beide war zudem eine profunde „Skepsis gegenüber der Industrialisierung“, einhergehend mit einer agrarromantischen „Idealisierung des Landlebens“. Insgesamt, so bilanzierten die Autoren Karina Urbach und Bernd Buchner, sei Max von Baden der „Melange aus modernen und antimodernisti- schen Zügen“ in Chamberlains Werk und Persönlichkeit mit einer an Verehrung grenzenden Bewunderung begegnet.3 Der Aufsatz hat in zweierlei Hinsicht Schlaglichter auf Desiderate der histori- schen Forschung geworfen: Erstens wies er auf die Frage nach dem Verhältnis prominenter völkischer Schriftsteller zu gesellschaftlichen Eliten hin, die bis heute nur wenig thematisiert worden ist. Zweitens erweiterte er die in den bisherigen Studien zur Geschichte der völkischen Bewegung herangezogene Quellenbasis, indem er sich auf Nachlassmaterialien, konkret: Privatkorrespondenzen, stützte.4 Durch die systematische Erschließung von Nachlässen wird auch eine (qualitativ) neue Fragestellung nach der privaten Interaktion und Zusammenarbeit völki- scher Schriftsteller möglich, die sich als drittes Forschungsdesiderat aus den beiden vorherigen ergibt: Während ideologisches Kompetenzgerangel und gegen- 1 Puschner, Bewegung, S. 280. Zur Person und Ideologie Chamberlains (1855–1927) vgl. Field, Evangelist; Lobenstein-Reichmann, Chamberlain [2008]; Dies., Chamberlain [2009]. 2 Vgl. Urbach/Buchner, Prinz Max von Baden. Zur öffentlichen Reaktion auf den Aufsatz vgl. Claus Donath, Junge Historiker kratzen am Image von Prinz Max von Baden. Briefwechsel mit Rasseideologen Chamberlain entdeckt: War der liberale Reichskanzler eine „gespaltene Persönlichkeit“?, in: Badische Neueste Nachrichten, 15. März 2004. 3 Urbach/Buchner, Prinz Max von Baden, S. 130. 4 Die Forschung zur völkischen Bewegung war bis dahin – und ist es bis heute – weitgehend auf die Auswertung publizierter Quellen konzentriert. Zwar erlaubt die Überlieferungslage längst nicht bei allen maßgeblichen Vertretern der völkischen Bewegung des wilhelminischen Kaiserreichs eine Arbeit mit Nachlässen (vgl. Puschner, Bewegung, S. 22), von einem syste- matischen

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