Goethe-Universität Frankfurt – FB 03 Politikwissenschaft Veranstaltung: Der Arabisch-Israelische Konflikt, WiSe 2017/18 Israel, West Bank und Gaza „West Bank First“ – inwiefern hat die Fatah orientierte Verhandlungsposition Israels und der internationalen Gemeinschaft während und nach der zweiten Intifada (2000-2005) zu einer politischen Spaltung und Eskalation zwischen West Bank und Gaza geführt? LUKE BLIEDTNER 19.4.18 ISRAEL, WEST BANK UND GAZA Inhalt 1. Einführung Seite 3 2. Historischer Kontext Seite 4 2.1 Die al-Aqsa Intifada Seite 5 2.2 Der 11. September 2001 Seite 6 2.3 Umsetzung der „Roadmap“ Seite 7 2.4 Unilateraler Rückzug aus Gaza Seite 8 2.5 Arafats Tod und das Ende der al-Aqsa Intifada Seite 9 2.6 Sharons Rücktritt und palästinensische Wahlen 2006 Seite 11 2.7 Die Folgen der palästinensischen Wahlen Seite 11 3. Methode und Herangehensweise Seite 12 4. Analyse Seite 13 4.1 Die Diplomatie der USA unter George W. Bush jr. Seite 13 4.2 Das Quartett Seite 14 4.3 Die israelische Regierung Seite 15 5. Vergleich und historische Einordnung Seite 17 6. Fazit Seite 18 Literaturverzeichnis Seite 21 S e i t e 2 | 23 LUKE BLIEDTNER 19.4.18 ISRAEL, WEST BANK UND GAZA 1. Einführung Im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es diverse politische sowie gesellschaft- liche Akteure, die versucht haben, den arabisch-israelische Konflikt im Sinne aller Beteiligten Konfliktparteien zu schlichten. Dabei wurde immer wieder das Existenzrecht Israels sowie die Rückkehr zu den Grenzen von 1967 als essentieller Part der Verhandlungen betont und als Grundbedingung für jedwede Schlichtung der internationalen Gemeinschaft (z. B. Oslo 1991). sowie des sogenannten „Nahost-Quartetts“ (USA, EU, Russland und UN) manifestiert. Nach- dem jedoch der Oslo Prozess von 1995 im Jahre 2000 scheiterte und die zweite Intifada aus- brach (al-Aqsa Intifada) änderte sich das politische Machtverhältnis zwischen Israel und der palästinensischen Regierungsorganisation PA (Palästinensische Autonomiebehörde) und somit die Verhandlungsmasse erneut. Hierbei kam es sowohl innerhalb der israelischen und palästi- nensischen Bevölkerung zu politischen Verschiebungen sowie in der Verhandlungsweise der US-Amerikanischen Regierung, der EU, der russischen Regierung und der UN (United Nations Security Council 2003: 1). Wegweisend war dabei die Entscheidung der israelischen Regierung unter Ariel Sharon eines unilateralen Rückzugs aus Gaza und dem Norden der West Bank, welcher positiv von der israelischen Bevölkerung aufgefasst und 2005 umgesetzt wurde (Filiu 2014: 282-287). Im Umkehrschluss führte die andauernde innerpolitische Auseinandersetzung in der palästinensischen Bevölkerung zu einer weitreichenden gesellschaftlichen Spaltung, die sich in den Wahlen 2006 offenbarte (Middle East Briefing N°42 2014: 1). Die in Gaza stark verwurzelte, islamistische Hamas gewann den Machtkampf mit der Fatah, um die Regierung der PA, was 2007 zu blutigen Auseinandersetzungen und einem palästinensischen Bürgerkrieg „kulminierte“ (Sterzing 2011: 134). Seit Juni 2007 regiert daher die Hamas den Gaza Streifen sowie auf der anderen Seite die Fatah Regierung unter Ministerpräsident Abbas die West Bank. Somit resultierte der palästinensische Bürgerkrieg in einer faktischen, politischen Spaltung Pa- lästinas und führte zur sogenannten „West Bank First“ Strategie der israelischen Regierung und den westlichen Staaten (ebd. 134-135/ Samhouri 2007: 4). Das Ziel dieser Hausarbeit ist daher die analytische Untersuchung, ob es eine einseitige Fokus- sierung der internationalen Gemeinschaft auf die Fatah geführte Regierung der PA in den Ver- handlungen mit Israel und den Palästinensern gab und ob dies zu einer innerpolitischen Spal- tung der Palästinenser-Gebiete beigetragen haben könnte (Gliederungspunkt 5&6). Dabei soll vor allem die Zeit der al-Aqsa Intifada von 2000 bis 2005 untersucht werden und die anschlie- ßenden Wahlen von 2006 sowie deren inhärente Folgen. S e i t e 3 | 23 LUKE BLIEDTNER 19.4.18 ISRAEL, WEST BANK UND GAZA Daraus ergibt sich die zugrunde liegende Forschungsfrage: „West Bank First“ – inwiefern hat die Fatah orientierte Verhandlungsposition Israels und der internationalen Gemeinschaft während und nach der zweiten Intifada (2000-2005) zu einer po- litischen Spaltung und Eskalation zwischen West Bank und Gaza geführt? Die zentralen Fragen dieser Auseinandersetzung sind bis heute aktuell und relevant, da die in- ternationale Gemeinschaft noch immer keine gemeinsame Lösung im Umgang mit der radikal- islamistischen Hamas Regierung in Gaza gefunden hat. Die Folgen einer politischen Anerken- nung der Hamas für die EU und die USA kämen einer Grundsatzentscheidung gleich, hinsicht- lich der Verhandlungsstrategie gegenüber politisch radikalen Gruppierungen (Asseburg 2011: 119-128). Zudem fanden seit 2006 keine palästinensischen Wahlen statt, was die politisch fest- gefahrene Lage in der Region wiederspiegelt. Um einen möglichen thematischen Rahmen für diese Hausarbeit abstecken zu können, wurde die oben genannte Zeitperiode gewählt, um die Genesis dieses komplexen Konflikts der 2000er aufzeigen zu können und gleichzeitig eine wis- senschaftliche Analyse darzulegen. Daher bedarf die Konzeption der Forschungsfrage zunächst eines historischen Überblicks, um die palästinensischen Wahlen von 2006 in einen historischen Kontext einordnen zu können (Gliederungspunkt 2). Die Herangehensweise und der methodi- sche Ansatz sollen anschließend dargelegt werden (Gliederungspunkt 3). Daraufhin soll eine vergleichende Analyse den Hauptteil dieser Arbeit ausmachen, welcher verschiedene internati- onaler Akteure (USA, Quartett und Israel) anhand des Vergleichs der policies in den histori- schen Kontext einordnet (Gliederungspunkt 4). Der inhaltliche Vergleich soll zudem Gegens- ätze und Gemeinsamkeiten der aufgezeigten Verhandlungsansätze diskutieren (Gliederungs- punkt 4). Das anschließende Fazit soll die aufgezeigten Punkte rekapitulieren und zusammen- fassen, sowie einen kurzen Ausblick für weitere Forschungsansätze bieten (Gliederungspunkt 5). 2. Historischer Kontext Von der al-Aqsa Intifada, über die Flugzeuganschläge des 11. September, der sogenannten Roadmap bis hin zum Tod Yasser Arafats und der Beendigung der 2. Intifada gibt es komplexe Thematiken, die für ein Verständnis der Ergebnisse der palästinensischen Wahlen von 2006 beleuchtet werden müssen. Die nachfolgenden Abschnitte geben einen wichtigen Überblick der Geschehnisse und Akteure, sowie der politischen Initiativen sowohl nationaler wie S e i t e 4 | 23 LUKE BLIEDTNER 19.4.18 ISRAEL, WEST BANK UND GAZA internationaler Interessensvertreter. Hierbei besteht der Fokus auf zentralen politischen Einwir- kungen und policy Wechseln, welche im Anschluss in die Analyse einfließen sollen. 2.1 Die al-Aqsa Intifada (2000-2005) Als zentrale Handlung, welche die al-Aqsa Intifada ausgelöst haben soll, wird in den meisten Quellen auf Ariel Sharons Besuch des Tempelberges vom 28. September 2000 verwiesen (Le- sch 2008: 382/Meital 2006: 95). Dieser symbolische Akt des Likud Offiziellen und israelischem Kriegshelden unter dem Schutz von 1000 israelischen Polizisten führte zu extremen Reaktionen in der palästinensischen Bevölkerung, welche in den nachfolgenden zwei Tagen in blutige Aus- einandersetzungen und Straßenkämpfen umschlugen, mit 18 getöteten Palästinensern. Neben der Handlung Sharons sind jedoch diverse weitere Gründe anzuführen, als Ursache für diese Gewaltspirale. Zum einen Ariel Sharons geschichtlicher Hintergrund. Dieser wurde von der palästinensischen Bevölkerung stark verachtet, da er in der Vergangenheit als israelischer General direkt an An- griffen gegen Palästinenser beteiligt gewesen war (1950 Qibya und Qalqiyya; 1982 Libanon). Zum anderen stand jedoch Ariel Sharon auch symbolisch für die gescheiterten Friedensprozesse von Oslo II und Camp David (Lesch 2008: 382-383). Dabei spiegelte das Ende des von Bill Clinton erneut initiierten Friedensprozesses von 2000 vor allem die Ereignisse der vorangegan- genen Jahre wieder. Die innenpolitischen Zerwürfnisse der israelischen Bevölkerung, welche von einer extrem Rechten Regierung unter Netanyahu (1996-99) zu einer links gerichteten Re- gierung unter Barak (1999-2001) wechselten, haben extreme Handlungen, wie die Ariel Sharons, gefördert (Handelman 2011: 33). Auf der palästinensischen Seite gelang es Yasser Arafat hingegen nicht, eine stabile Regierung mit Hilfe der 1994 gegründeten PA zu leiten. Das gegenseitig fehlende Vertrauen sowie die schwierigen Verhandlungen und die Frustration in der palästinensischen Bevölkerung über schwierigere Lebensbedingungen, lassen die Gewalt- ausbrüche des 28. September 2000 eher als Ventil dieser Frustration erscheinen, nicht jedoch als alleinigen Auslöser der al-Aqsa Intifada (Lesch 2008: 383-385). Die Fatah als regierende, politische Partei der PA wurde größtenteils durch oppositionelle Gruppierungen, wie der Hamas, dem Islamischen Jihad und der „Volksfront zur Befreiung Pa- lästinas“, geschwächt. Die islamistische Hamas bekannte sich zudem zu einem Busanschlag am 20. November 2000, welcher in einer extremen Reaktion der israelischen Regierung gegen die S e i t e 5 | 23 LUKE BLIEDTNER 19.4.18 ISRAEL, WEST BANK UND GAZA PA führte und die Regierung Arafats als militärisches Ziel Israels einstufte (Meital 2006: 97). Somit wurde der Idee eines repräsentativen Gesprächspartners auf der palästinensischen Seite eine klare Absage erteilt, was zu der prägenden Ansicht des „no one to talk to“ (Gelvin 2014: 248) auf israelischer Seite im eingefrorenen Friedensprozess
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