Nr. 150: An Golo Mann, 22. Juni 1962 Ihnen und der Frau Professor einen guten Gruß. Hoffentlich haben Sie bei dem Cotta-Archiv mit der Nachfolgerin von Frau Jünger einen guten Griff ge- macht. 13 Ihr Theodor Heuss Nr. 150 An Prof. Dr. Golo Mann, Holzgerlingen, Kreis Böblingen An Golo Mann 22. Juni 1962; [Stuttgart-Nord, Feuerbacher Weg 46] BArch, N 1221, 248: ms. Schreiben, Durchschlag Hinweis auf falsches Zitat in Beitrag von Golo Mann für Sammelband Verehrter, lieber Professor Mann, Bertelsmann hat mich kürzlich aufgefordert, an einem von ihm geplanten Sam- melwerk mich zu beteiligen, und er hat mir zur Ermunterung Durchschläge von Beiträgen von Ihnen, Albert Schweitzer und Viktor Frankl gesandt. Ich habe denn auch kürzlich etwas niedergeschrieben.1 Nun hat ein Gast, der zur Zeit bei mir auf Besuch ist,2 diese Manuskripte auch gelesen und ein paar kleine Fehler entdeckt, die vielleicht bei der Korrektur so- wieso aufgehellt worden wären: bei Albert Schweitzer ist von einem Internisten- lager die Rede statt Interniertenlager. Bei Ihnen aber ist auf Seite 2 ein Eichen- dorff-Zitat3 falsch: es heißt „O Täler weit, o Höhen, o schöner, grüner Wald“ (nicht, wie Sie schreiben, „frischer“, grüner W[ald]).4 Sie werden diese Notiz gewiß nicht für eine rechthaberische Pedanterie halten, zumal ich ja selber gar nicht der Entdecker bin. Mir selber sind solche Geschichten auch schon passiert, 13 Als Nachfolgerin von Liselotte Jünger, die im März 1962 Ernst Jünger geheiratet hatte, hatte Dorothea Kuhn die Leitung des Cotta-Archivs im Deutschen Literaturarchiv in Marbach über- nommen; vgl. B. ZELLER, Memorabilien, S. 42. 1 Der Bertelsmann-Verlag hatte bei Heuss angefragt, ob er bereit sei, für einen Sammelband eine Antwort auf die Frage zu geben: „Woher holen Sie persönlich, woher holt die Gemeinschaft oder eine Wissenschaft ihre Kraft, um Problemen und Anforderungen des Lebens gerecht zu werden?“ Johannes Rüger an Heuss, 28. 5. 1962, in: BArch, N 1221, 441. Die Manuskripte der Beiträge von Schweitzer über „Kraftquellen des Daseins“, von Mann über „Warum lebt man?“ und von Frankl über „Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens“ liegen dem Schreiben noch bei. – Der Band erschien im nächsten Jahr; vgl. DIE KRAFT ZU LEBEN. Bekenntnisse unserer Zeit, Gütersloh 1963; der Beitrag von Heuss in: ebd., S. 91–101. 2 Stolper, die vom 7. 6. bis zum 3. 9. 1962 Heuss besuchte. 3 In der Vorlage: „Eichdorff-Zitat“. 4 Vgl. J. V. EICHENDORFF, Gedichte, S. 14f, hier S. 14. 409 Nr. 151: An Ernst Hohner, 29. Juni 1962 und ich bin eigentlich ganz dankbar gewesen, wenn ich rechtzeitig darauf hin- gewiesen wurde.5 Einen Durchschlag dieser Zeilen schicke ich gleich mit nach Gütersloh, damit die Sache vor der Drucklegung in Ordnung gebracht werden kann. 6 Mit bestem Gruß! Ihr [Theodor Heuss] Nr. 151 An Ernst Hohner, Trossingen/Württemberg 29. Juni 1962; Stuttgart-Nord, Feuerbacher Weg 46 BArch, N 1221, 239: ms. Schreiben, Durchschlag, mit Unterschriftenstempel gez.1 Plan des Germanischen Nationalmuseums, historische Instrumentensammlung zu erwerben; Bitte an Ernst Hohner um persönlichen Ratschlag sowie um Unter- stützung, um Interesse des Verbands der Musikinstrumentenhersteller zu wecken Verehrter Herr Dr. Hohner,2 dieser Brief mag Sie überraschen; er erbittet Ihren Rat in einer etwas umständlich groß zu fragenden Sache. Seit dem Jahre 1948 bin ich Vorsitzender des Verwaltungsrates des Germani- schen National-Museums in Nürnberg. Ich habe dieses „Amt“ auch in den Bon- ner Jahren beibehalten und führe es jetzt noch weiter. Ich habe, wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, das Gefühl, hier einer schönen Sache hilfreich gewesen zu sein, denn das Museum war weithin zerstört, seine Schätze aber hatten zu 95 % Schutzunterkunft gefunden. Der Bund, die Länder, die Stadt Nürnberg, ein Förderkreis aus den Reihen der Industrie, der bei dem 100–Jahrjubiläum 1952 gegründet wurde, waren und sind die Träger des Wiederaufbaus und auch der 3 möglichen Neuerwerbungen, die sich anbieten. 5 Eine Antwort von Mann ließ sich nicht ermitteln. Im Beitrag von Mann sollte das Eichendorff- Zitat denn auch nicht korrigiert werden, hingegen war im Beitrag von Schweitzer von „Inter- niertenlager“ die Rede; vgl. DIE KRAFT ZU LEBEN, S. 127, 222. 6 Vgl. das Anschreiben an den Bertelsmann-Verlag: Heuss an Johannes Rüger, 22. 6. 1962, in: BArch, N 1221, 441. 1 Auf Briefkopf, unterhalb des Datums Stempel mit Anschrift von Heuss. 2 Als Direktor der Mundharmonikafabrik Matth. Hohner AG in Trossingen hatte Hohner 1956 von der Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde erhalten. 3 Zur Geschichte des Germanischen Nationalmuseums nach 1945 vgl. G. U. GROSSMANN, National- museum, S. 8–11; G. SCHIEDLAUSKY, Zeit. 410 Nr. 151: An Ernst Hohner, 29. Juni 1962 Nun hatten wir am Mittwoch eine solche Verwaltungsratssitzung, bei der das Schicksal einer großen privaten Musikinstrumentensammlung die Hauptrolle spielte.4 Ob Ihnen selber diese Sammlung eines heute 79 Jahre alten Herrn Dr. Rück bekannt ist, weiß ich nicht. Sein Vater hatte sie schon vor vielen Jahren systematisch begonnen, und soweit in dem Kreise des Verwaltungsrates Kenner der Sammlung zu Worte kamen, haben sie sehr unterstrichen, wie wichtig es ist, dieses Sammlung für die Bundesrepublik zu „retten“, da gegenwärtig, wenn ich die Sache richtig erfaßt habe, nur in Leipzig und Berlin vergleichbare Schätze vorhanden sind.5 Herr Dr. Rück ist selber geborener Nürnberger und möchte die Sammlung geschlossen in seiner Vaterstadt erhalten wissen. Er hat darüber auch mit der Stadt Nürnberg seit Jahren verhandelt. Die Stadt selber will, höchst ver- ständlich, kein Sondermuseum einrichten, sondern hat sich für die Verbindung mit dem Germanischen National-Museum ausgesprochen. Dort ist im Weiter- gang der Bauarbeiten ein geeigneter und genügender Raum zur Verfügung. Dr. Rück, der selber kinderlos ist, will die eventuelle Übereignung als Stiftung betrachten, hat aber doch jetzt noch bestimmte Wünsche wegen einer Art von Leibrente für sich selber und für die Dame, die ihm das Haus besorgt. Der General- direktor des Germanischen National-Museums6 ist vom Verwaltungsrat beauftragt worden, die Verhandlungen weiterzuführen, bei denen es sich vermutlich auch noch um die Abgeltung einiger beträchtlicher finanzieller Verpflichtungen handelt, die Herr Dr. Rück gegenüber einem Geschäftspartner eingegangen ist. Bei den Beratungen kam mir nun die Idee, den Verband der Instrumentenfabri- kanten mit daran zu interessieren, daß diese Verhandlungen nicht scheitern, sondern eventuell von diesem Verband mitgetragen und erleichtert werden. Deshalb dieser Brief an Sie, da ich selber sonst keinerlei persönliche Beziehungen zu dieser Branche habe. Ich weiß gar nicht, ob um einen Verband es sich handelt oder ob etwa die Klavierfabrikanten, die Hersteller7 von Geigen oder Blasinstrumenten etc. ihre eigenen Verbände besitzen.8 Aber da in Trossingen ja auch das Musikhistorische und Musikpädagogische systematisch gepflegt wird, besitzen Sie gewiß die Über- 4 Vgl. Niederschrift über die Sitzung des Verwaltungsrates des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, 27. 6. 1962, in: BArch, N 1221, 437. Es handelte sich um die Sammlung Rück mit mehr als 1.100 historischen Musikinstrumenten, die damals einen Gesamtwert von etwa 2.400.000 DM besaß; vgl. hierzu auch J. H. V. D. MEER, Musikinstrumente, S. 824–829. 5 Im Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig und im Musikinstrumenten-Museum des Staatlichen Instituts für Musikforschung in West-Berlin. 6 Ludwig Grote. 7 In der Vorlage: „Herstellung“. 8 Erst im September 1962 wurde der Bundesverband der Deutschen Musikinstrumentenhersteller auf Anregung von Hohner gegründet. Schon zuvor gab es beispielsweise einen Fachverband Musikinstrumentenindustrie oder einen Fachverband Deutsche Klavierindustrie; vgl. H. LINK, Verbände, S. 101–114. 411 Nr. 151: An Ernst Hohner, 29. Juni 1962 sicht, an wen man sich in dieser Sache noch wenden kann oder soll. Aber es wäre mir eine große Erleichterung, da ich völliger Laie bin, Ihre Meinung zu hören und eventuell Ihren Rat zu erhalten. Professor Berner, der als erster Fachmann auf dem Gebiet der Musikinstru- mentengeschichte gilt, hat dem Germanischen National-Museum über die Samm- lung Rück ein großes Gutachten erstattet, das ich mir erlaube, Ihnen mitzusenden. Dort wird ja der Umfang und der Charakter der Sammlung verdeutlicht.9 Es sind am Dienstag abend auf fünf Klavierinstrumenten aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert durch einen Erlanger Musikhistoriker kleine Musikstücke vorgetragen und erläutert worden, was auch auf mich, der ich ein musikalischer Laie bin, starken Eindruck machte, weil sich ergab, wie der Klang und die Klang- fülle der Komponisten sich mit der Ausweitung der technischen Möglichkeiten geändert hat.10 An den Musikabenden, die das Germanische National-Museum in gewissen Abständen veranstaltet, wird jetzt alte Musik auf den Instrumenten vorgetragen, die der Zeit des Komponisten selber angehören.11 Das ist ein höchst eindrucks- volles und auch lehrreiches Verfahren. Ich wollte Ihnen diese Sache einmal vorgeschlagen haben. Ich weiß, daß es eine gewisse Zumutung für Sie ist, sich über diesen Komplex Gedanken zu machen. Gewiß wird, soweit ich weiß, auch im Deutschen Museum in München die Sammlung neuer Instrumente gepflegt;12 aber hier handelt es sich ja um eine Sammlung, die bereits in der Mitte des alten Jahrhunderts, soweit ich mich ent- sinne, begonnen wurde, und es müßte verhindert werden, daß durch Einzelverkauf diese Sache in alle Welt verstreut wird. Deshalb diese meine Bitte, daß Sie
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