1968-Die Freien Walser Im Churer Rheintal

1968-Die Freien Walser Im Churer Rheintal

Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1968 Die freien Walser im Churer Rheintal Email: [email protected] . Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini . - 2 - 1968 Die freien Walser im Churer Rheintal Johann Ulrich Meng Jahresbericht der Walservereinigung Graubünden. Chur 1968. Seite 09-32. - 3 - Die Freien Walser in Hintervalzeina und an den Hängen des Churer Rheintales S. 09: Einwanderung und Landnahme Über die Freien Walser in Graubünden, im Vorarlberg, Liechtenstein und Tirol ist schon viel geschrieben und gesprochen worden. Trotzdem ist das Thema noch lange nicht erschöpft. In den Archiven unserer deutschen Bündnergemeinden kommen immer wieder neue Quellen zum Vorschein, Dokumente und Aufzeichnungen, denen man bislang keine Bedeutung beimass, die aber manchmal wertvolle Ergänzungen zu Bestehendem sein können. In diesem Sinne soll das bezügliche Quellenmaterial des Trimmiser Gemeindearchivs dazu dienen, den Schleier über das Walsergebiet Hintervalzeina und am Sayser Berg etwas zu lüften. Soweit wir über die Ansiedlung der Walser und deren Kolonisationswerk orientiert sind, haben sich «Die herkommen Lüth» durchwegs in den obern Talstufen der Flusstäler oder auf Hochterrassen der Berghänge, die von der romanischen Bevölkerung nicht bewohnt und kaum für Alpung benutzt wurden, niedergelassen. In solchen Wildenen mussten sie sich mit den ansässigen Welschen nicht teilen oder gar streiten. Das dichtbestockte Waldgebiet von Hintervalzeina auf einer Meereshöhe von 1300-1600 m bot den fremden Landsuchern grosse Vorteile. Das 12 km lange Valzeinertal war im Mittelalter nur im vorderen Teil und auch dort jedenfalls nur sehr locker von Romanen besiedelt. Im ganzen Tal sind nur wenige fremdsprachige Flur- und Bergnamen anzutreffen. Das Bündner Namenbuch und die Siegfriedkarte führen bloss: Castelun, Clavadätsch, Walplan, Schlinigross, Schlinipitschna, Zenutsch, Falsch und Fadeuer an. Anderseits sind die deutschen, ausgesprochen walserischen Flurnamen sehr zahlreich, wie wir noch hören werden. Über die Landnahme der Walser im Valzeinertal bestehen einige Urkunden, die Gewissheit schaffen. Als eine solche Quelle ist das Domkapitelurbar aus der Zeit von 1367/75 anzusprechen. Darin heisst es: S. 10: «Item pratum dictum Talauadatsch, situm in Vallzeinas cum pertinantis quot habet Johannes dictum Jung Walliser in feodum a capitulo pro X libr. metz.» - 4 - Dieser junge Walliser hatte also vom Domkapitel Chur ein Erblehen inne, das Talauadatsch hiess. Wenige Jahre früher, nämlich anno 1367, hatte Egen von Strada zu Gunsten des Domkapitels Chur auf «alles das recht vordnung und ansprach, das er je gehatt oder je gehaben mocht ze dem gut haisset Talauadatsch gelegen vff Vallzenas» verzichtet. In dem Namen Talauadatsch erkennt man unschwer die spätere Benennung Clavadätsch. Dieser Name ist wohl auf Clavau-Stall, dätsch-schadhafter Bau, zurückzuführen. Nach einem Zinsrodel von 1450 ist Peter «Glafendetzer» Besitzer des Gutes Glafendetsch. Es ist nun kaum anzunehmen, dass der erwähnte Johannes, genannt Jung- Walliser, ganz allein als Eremit in die Einsamkeit von Hintervalzeina eingewandert ist, um dort ein Erblehen zu übernehmen. Bei den Walsern war es allgemein üblich, dass sie in kleinen Gruppen von einer Wildnis Besitz nahmen, um darin zu roden, reuten und zu schwenden. Offenbar siedelten zu gleicher Zeit auch taleinwärts und vor allem am sonnigen Berghang, der noch heute Churberg he isst, und ohne Zweifel auch dem Churer Domkapitel zu eigen war, einige Walser sich an. Denn um die Mitte des 15. Jahrhunderts lebten am Churberg, der vom Talbach hinauf bis an den Bergkamm gerodet und in Kulturland verwandelt worden war, eine Anzahl Hofbauern mit ihren Familien, wie wir noch sehen werden. Einer Urkunde aus dem Plantaarchiv zu Malans vom Jahr 1455 ist zu entnehmen, dass auch im Talgrund und auf der rechten Flusseite Walser sich angesiedelt hatten. Dieses alte Schriftstück erscheint uns inhaltlich und formell gesehen dermassen interessant, dass wir es wenigstens auszugsweise folgen lassen, es lautet: «Wir die Nachgeburen allgemeinlieh Arm und Rich zu trymus und vff Saygus vergebend und tuond kund allermenniglichen mit diesem brif, das wir mit gueter zeitiger vorbetrachtung und mit Einwelligem Rat durch unser aller nutz und besserung willen, Recht und redlich gelyhen hand und verlyhen wissentlich in kraft dis brifs für uns und unser erben und nachkumen, den erbern (ehrbaren) lüthen mattlin. Im Boden und frena, synem Ehewyb und allen Ihren erben und nachkumen ze einem Rechten Erblehen nach Erblehensrecht unser, aller gemeinschen waid in Walplan.» - 5 - S. 11: Flugaufnahme. Hintervalzeina: 1) Die Bodengüter, alte Walsersiedlungen. 2) Stallgüter Kalchofen. 3) Rüti. 4) Bort, das alte Walplan. 5) Schindelboden. 6) Hänslischboda. 7) Büdemji. 8) Der Churberg. 9) Stams mit der Maiensässiedlung. - 6 - S. 12: Hier folgt eine eingehende Lage- und Grenzbeschreibung. Dieser ist zu entnehmen, dass das Lehensgut gegen Osten an den bestehenden Grundbesitz des Mattli im Boden und gegen Mittag an die Alp Hertenegg oder Laubenzug der Gemeinde Trimmis stösst. Zum Erblehensgut gehört auch ein Wassergraben, «Item ein Wassergraben von der Alp herteneck, als sie den dam gemacht haben.» Diese offene Wasserzuleitung verlief aus dem Salzgebitobel quer über den Alpsäss und versah Walplan mit dem notwendigen Tränkewasser. Der Verlauf dieses ehemaligen Grabens über das Weidegelände ist heute noch leicht erkennbar. Er spielte übrigens in einer spätern Urkunde nochmals eine bedeutsame Rolle. Der Erblehensvertrag mit Mattli im Boden enthält ferner die einschlägigen Bestimmungen über den «Ehrschatz», das ist ein Einstandsgeld des Lehennehmers, dann die Höhe des Jahreszinses und dessen Verfall. Der «Ehrschatz» betrug fünf Pfund Schilling» gueter genehmer Churer Währschaft nuhinanhin (für alle Zukunft), ein jettliches jahr vff St. Martinstag (11. November) verfallen. Welches Jahhr derselbe Zins uff unserer lieben frowen liechtmess nit vollwerot wäre, so ist der Zins glich morndes zwyf alt verfallen, ohne alle wider Red. Und liessen Sie den zwyfalten zins deheins (dann) unvergolten anstan, so ist und sollensyn obgenannt heimsche waid samt dem vorgenamt wassergraben uns und unsern nachkumen und unser gmeind und der zwyfalt Zins ledig und los verfallen seyn ohn alle wider Red und geferd (ohne böse Hintergedanken).» Im Jahr 1479 gewährte Trimmis-Says dem Walser Mattlin Strub ein Erblehen am «Saranggabach» gegen einen Ehrschatz von fünf rheinisch Gulden. Es dürfte sich dabei um eines der beiden Güter Schindelboden oder Hänslischboden gehandelt haben. Wie oben erwähnt wurde das ausgedehnte Waldgebiet Churberg in der Zeit von 1370-1460 vollständig abgeholzt und in Weid und Wiesboden verwandelt. Die Kolonisten errichteten auf der grossen Hangfläche eine beträchtliche Zahl Stallgüter und Heimstätten, alle in offener Streusiedlung verteilt. Die Namen derselben sind bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Es sind dies: Kämpfi (jedenfalls nach einem Besitzer Kämpfen benannt, dieser Walliser Geschlechtsname trat um 1550 auch in Zizers auf), Gallisch Hus, Zürsi nach einer Besitzerin Ursi benannt, Schitterberg, weiter oben am Hang Obergada, - 7 - Fluhgada, Josagada, Chrättligada, Furkla, Höfji, Hüschi, Aegerta, Wasseregga. Im Talgrund linksufrig des Baches liegen Schindelboden, Hänslischboda, die beiden Büdemji und der Rütigada. Die als Gada bezeichneten Liegenschaften waren Stallgüter, während die Heimstätten auch ein Wohnhaus aufwiesen. Ähnlich verhielt es sich mit den Siedlungen auf der rechten Flusseite auf dem Bort und in der Nachbarschaft S. 13: Däschersboden. Dort verteilen sich auf einer Siedlungsfläche von 1½ - 2 km 2 die Heimstätten: Rüti, Kalkofen, Däschershus, Hanschhus, Stäfischhus, Michischhus, Heimetli. Am Ort und Schluocht, letztere bis vor wenigen Jahren noch dauernd bewohnt. Jede dieser angeführten Liegenschaften umfasst Haus, Stall, Wies- und Streueland mit eigener oder zugeleiteter Tränke. Die Gebäulichkeiten stehen getrennt in der zugehörenden Liegenschaft. Aus einigen Urkunden geht hervor, welche Familiennamen in den drei verschiedenen Siedlungsräumen ansässig waren. So werden als Bevollmächtigte der Bauern am Churberg in einem Wegrechtstreit dieser Nachbarschaft mit der Muttergemeinde Trimmis-Says in der Zeit von 1583- 1597 genannt: Bartli Rupp, Casper Rupp, Gallus Strub und Casper Däscher «abem Bort». Ferner lebten in diesem Siedlungsbereich Furkler, Joos, Schröfer war wohl der Besitzer der Liegenschaft Schröfi. Nach dem Bauer Zippert (Ableitung von Siegbert) erhielten Zipperweid, Zipperspitz und Zipperhus ihre Namen. Den «Däscherbodenbrief» als Erblehensvertrag der Gemeinde Trimmis-Says vom Jahr 1592 mit der Nachbarschaft im Boden unterzeichneten Casper Däscher und Christen Bärtsch. An anderer Stelle werden als dortige Güterbesitzer Thöny Hartmann, Christen Mathis, Peter Roffler und J. Patt genannt, sowie der vorerwähnte Mattli im Boden. Auf dem Bort, dem frühem Walplon, wirtschafteten die Brüder Wittwen und deren Mutter «Vonwaldin». Es ist selbstverständlich, dass ausser den genannten Geschlechtern auch noch andere in den Siedlungen Hintervalzeina gelebt haben, ohne dass man deren Namen anführte. Es ist ausser Zweifel, dass auch die im Taufregister von Valzeina in der Zeit zwischen 1674 und 1720 eingetragenen Familiennamen ausser den oben genannten,

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