Titel „Das Fußballstadion als Stätte inklusiver Kultur – Eine Untersuchung der Interaktionen von Fans des 1. FSV Mainz 05 zur Teilhabe der Fans mit Behinderungen“ Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) eingereicht am gemeinsamen Promotionszentrum Soziale Arbeit der Hochschule RheinMain, der Hochschule Fulda, der Frankfurt University of Applied Sciences und der Hochschule Darmstadt Kerstin Steinfurth Dienheim Geb. 28.06.1963 in Nierstein Erstbetreuer: Prof. Dr. Petra Gromann Hochschule Fulda Zweitbetreuerin: Prof. Dr. Henning Daßler Hochschule Fulda Eingereicht im Juli 2020 Prüfungstermin 28. Oktober 2020 Erscheinungsort: Fulda im November 2020 Zusammenfassung ‚Inklusiv leben‘ heißt, selbstverständlich Teil einer Gesellschaft sein und bedeutet, sich einbringen und gut aufgehoben fühlen in einem Netzwerk von gewünschten Beziehungen. Danach strebt der Mensch, das ist Teil seines persönlichen Glücks. Menschen mit Behinderungen erfahren auch heute noch trotz grundsätzlicher rechtlicher Gleichstellung Stigmatisierungen und strukturelle Diskriminierung. Ziel der Studie ist es Gelin- gensbedingungen von inklusiven Lebensräumen zu untersuchen. Es wird davon ausgegangen, dass sich Men- schen durch die direkte Begegnung mit anderen als Teil der Gemeinschaft fühlen. Das Stadion des Fußballver- eins 1. FSV Mainz 05 erfüllt die strukturellen Voraussetzungen der barrierefreien Zugänglichkeit und bietet damit Fans mit und ohne Behinderungen die Möglichkeit zur Begegnung. Ob diese Begegnungen auch den qualitativen Anforderungen des persönlichen Wohlbefindens gerecht werden, wurde mittels der Grounded Theory Methode überprüft. Im Ergebnis bestätigen sich im Stadion des 1. FSV Mainz 05 die barrierefreie und sozialräumliche Ausgestaltung des Umfelds sowie der wertegetragene Umgang in den Begegnungen der Fans untereinander und des Vereins. Die Studie zeigt auf, dass Menschen mit und ohne Behinderungen die gleichen Interessen hinsichtlich des eigenen guten Lebens verfolgen. Wesentlich sind, auf Moral und Anstand gegrün- dete Anerkennungsbeziehungen. Dort, wo solche Anerkennungsbeziehungen nicht stattfinden, erfolgt Aus- grenzung. Das Zusammensein mit anderen, die Erfahrung der Anerkennung und das daraus resultierende Selbstbewusstsein sind Auslöser für persönliches Glücksempfinden. Für die Gesellschaft, die Soziale Arbeit und die Politik bedeutet dies, dass inklusive Lebensverhältnisse dann erreicht werden, wenn die Umfeldbedin- gungen für Begegnungen auf Augenhöhe geschaffen werden und der Austausch mittels geteilter kultureller Werte in reziproken Anerkennungsbeziehungen stattfindet. Inklusion lässt sich durch wertschätzendes persön- liches Handeln der Akteure in alle gesellschaftliche Teilbereiche hineintragen. Summary 'Living inclusive' means, being accustomed part of a society. It means further getting involved and feeling good in a network of desired relationships. This is part of personal happiness. Even today, people with disabi- lities experience basic stigmatization and structural discrimination despite fundamental legal equality. The aim of the study is to investigate the conditions of success for inclusive habitats. It is assumed that people feel part of the community by encounter with others directly. The stadium of the football club 1. FSV Mainz 05 has the structural requirements of barrier-free accessibility . Thus offers fans with and without disabilities the oppor- tunity for interacting. The grounded theory method was used to check whether these encounters also have the qualitative requirements of personal well-being. The result of the study is: in the stadium of the club 1. FSV Mainz 05 confirms the barrier-free and socio-spatial design of the environment as well as the value-based in- teraction in the encounters between fans among themselves and the representatives of the club. The study shows that people with and without disabilities share the same interests for their own good lives. Recognition relationships, which based on morality and decency are essential. Exclusion occurs where such recognition relationships do not take place. Being together with others, the experience of recognition and the resulting self- confidence are triggers for personal happiness. For society, social work and politics, this means that inclusive living conditions are achieved if the conditions for encounters are created at ‚equal eye level‘ and the exchange takes place through shared cultural values in reciprocal recognition relationships. Inclusion can be brought into all areas of society through appreciative, personal action on the part of the actors. Quellen: ©Bernd Eßling https://i.pinimg.com/originals/67/72/73/677273ad322a369b6e1720f6252dbbd3.jpg - 2 - Vorbemerkung “Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, keine Tatsache. Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht die Wahrheit.” Marcus Aurelius, römischer Kaiser1 Mit dieser Grundeinstellung erhalten Forscherin und Leser gleichermaßen die Chancen des Hörens, Sehens und Wahrnehmens: offen, kritisch aber auch angreifbar und verletzlich. Beim Zitieren von Textstellen werden Deutungen unterlegt, gleichzeitig lässt die Forscherin dem Leser die Möglichkeit der eigenen Interpretation entsprechend dem sola scriptora-Prinzip, das man im lutherischen Sinn auch als selbstredend und dem Wort die alleinige Autorität einräumend versteht. Dies vorwegge- schickt, werden nachvollziehbare Schlussfolgerungen präsentiert mit der Möglichkeit andere, eigene Ideen zu entwickeln. Eine beabsichtigte Fokussierung auf gelingende Faktoren gepaart mit der Kunst der subjektiven Auslegung ermöglicht erst den Mut zur Zukunft, nicht leichtgläubig und naiv, sondern sorgfältig und mit Bedacht. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und einem besseren Verständnis wird auf eine chronologische Darstellung des Erkenntnisgewinns durch die unterschiedlichen Forschungsmethoden (mixed me- thods design) verzichtet. Dies bedeutet, dass beispielsweise Erkenntnisse, die im Laufe der Studie erst entstanden sind, bereits bei der Einbettung des Forschungsgegenstands epistemisch abgehandelt wer- den, um in der Aufbaulogik der Darstellung zu bleiben. Begriffe mit grundsätzlichem Auslegungscharakter werden im Zusammenhang mit der wissenschaft- lichen Einbettung der Studie erläutert. Ich erwarte nicht, dass die verwendeten Begriffe in der vorge- schlagenen Weise geteilt werden, gleichwohl hoffe ich auf das Verständnis, dass sich die Auslegun- gen auf mein Verständnis und meine Interpretation beziehen. Ohne entsprechende Festlegungen ist das Interpretationserfordernis zu hoch und zu beliebig. Dabei gilt, dass die beiden Begriffe „Men- schen mit Behinderungen“ oder „behinderte Menschen“ synonym verwendet werden, auch wenn un- terschiedliche Auslegungen damit verbunden sind. Im Rahmen der Studie spielt die Bewertung keine Rolle, ob der Fokus mehr auf den Menschen und die Behinderung als untergeordnetes Merkmal ver- standen wird (Menschen mit Behinderungen) oder ob durch die Verwendung des Begriffes „behinder- te Menschen“ deutlicher zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die Behinderung durch eine ge- sellschaftliche Zuschreibung und entsprechende Umweltfaktoren bedingt ist. Mit der Verwendung der beiden Begriffe wird lediglich ausgedrückt, dass beide dahinterliegenden Intentionen gleich wichtig sind und insofern keine sprachliche Ab- bzw. Ausgrenzung durch die Reduzierung auf einen Begriff erfolgt. 1 https://expertum.de/blog/2016/05/25/meinungen-tatsachen-perspektiven-wahrheit/ - 3 - Inhaltsverzeichnis: Das Fußballstadion als Stätte inklusiver Kultur - Eine Untersuchung der Interaktionen von Fans des 1. FSV Mainz 05 zur Teilhabe der Fans mit Behinderungen Einleitung 6 Kapitel 1 Situationsanalyse und Forschungsstand 11 1.1. Die Entwicklung des Fußballs in Deutschland 11 1.2. Der 1. FSV Manz 05 16 1.3. Ein Gesellschaftsverständnis unter kultursoziologischen Aspekten 19 1.4. Die Situation der Menschen mit Behinderungen in Deutschland 22 Kapitel 2 Methode und Vorgehensweise 28 2.1. Vorüberlegungen 28 2.2. Die Grounded Theorie Methode 30 2.3. Die einzelnen Forschungsschritte 33 2.3.1. Teilstandardisierte Erhebungen mittels Umfrage 33 2.3.2. Die teilnehmenden Beobachtungen 35 2.3.3. Die Leitfadeninterviews 36 2.3.4. Zusätzliche Informationen 39 2.4. Gütekriterien und Grenzen der Untersuchungsmethode 40 2.5. Der Beirat 43 Kapitel 3 Ergebnisse der verschiedenen Analysen 44 3.1. Ergebnisse zur Felderschließung 44 3.1.1. Ergebnisse der teilstandardisierten Erhebungen per Umfrage 44 3.1.2. Ergebnisse der teilnehmenden Beobachtungen 57 3.2 Ergebnisse der Interviews 63 3.2.1. Die Interviews der Fans mit Behinderungen 63 3.2.2 Die Interviews der Fans ohne Behinderungen 88 3.3. Zusätzliche Erkenntnisse „All is data“ 101 3.3.1 Informationen zur Barrierefreiheit 101 3.3.2 Informationen zur Stimmung, zur Kultur und zum Umgang 102 3.3.3. Der Einfluss von Fastnacht 103 3.3.4. Die Bedeutung von Musik und Ironie 105 3.3.5 Die vereinsinterne Fanumfrage 107 3.3.6 Informationen zum „Mainzgefühl“ 110 3.4. Die Interviews mit den Vereinsvertretern 111 Kapitel 4 Zusammenfassung der Ergebnisse und theoretische Einordnung 119 4.1. Die Bedeutung des Fußballsports 124 4.2. Die Bedeutung der Umwelt 126 4.3. Die Bedeutung von Vertrautheit und Geborgenheit durch Heimat und Familie 128 4.4 Die Bedeutung von Humor und Fastnacht 130 - 4 - 4.5 Die Bedeutung von moralischem und wertebasiertem Handeln 131 4.6 Erfolgsfaktoren auf der Mikroebene 133 4.7 Erfolgsfaktoren auf der Mesoebene 135 4.8. Erfolgsfaktoren auf der Makroebene
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