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44 Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 12 - 2l9ti Jüdisches Leben in Erlenbach bei Dahn von Bernhard Kukatzki 1) Eine ;tioische Gemeinde bestand Ahnen wohnten. Ein weiteres lndiz ne Mitgliederzahl, die kein eigenstän- schon vor dem Jahre 1760 für die lange Anwesenheitvon Juden in diges Gemeindeleben mehr erlaubte. Auf halber Strecke zwischen Bad Berg- Erlenbach ist auch der Flurname ,,Ju- Von daher auch einige Daten zu Vor- zabern und Dahn, einen Katzensprung denhalde", der ein Waldstück in Rich- derweidenthal: von derfranzösischen Grenze und dem tung Niederschlettenbach bezeichnet. elsässischen Städtchen Wissembou rg Eine interessante Fundgrube für Jah r J uden entfernt, liegt das gut vierhundert Ein- genealogische Daten des 18. Jahrhun- 1 808 35 wohner zählende DorJ Erlenbach (Land- deftswären sicherlich die im Verbands- 1 823 78 (= 12,1"/0 d.Ges.bev.) kreis Pirmasens/Rheinland-Pfalz). Ro- gemeindearchiv Dahn lagernden Ge- 1 875 22 mantisch am Fuß der Burg Berwart- burts-, Heirats- und Sterbeakten des 1 900 14 stein gelegen, beherbergte es minde- Standesamtes Erlenbach. Bei syste- 1914 2Fam. stens 200 Jahre lang eine israelitische matischer Durchsicht und etwas detek- Kultusgemeinde. Bis zu Beginn derf ran- tivischem Spürsinn ließen sich so die zösischen Besetzung Ende des 18. vor der Namensänderung 1808 ver- lhre höchste Mitgliederzahl erreich- Jahrhunderts, als Erlenbach wenig spä- wendeten Namen der jüdischen Fami- te die jüdische Bevölkerungsgruppe im '1848. ter ein Teil des Departements Bas- lien, deren Seelenzahl und deren Beru- Jahre Erlenbach ist insofern ty- Rhin wurde, herrschten die Freiherren fe rekonstruieren. pisch, als um die Mitte des letzten Jahr- Schenk von Waldenburg, die die Herr- hunderls in fast allen pfälzischen Ge- schaft Berwartstein seit der Mitte des Die Entwicklung der iüdischen meinden die jüdischen Gemeinden ih- 16. Jahrhunderts als Afterlehen der Bevölkerung in Erlenbach ren Höchststand erreichten. Die Anga- seit 1496 mit dem Hochstift SPeYer verbundenen Propstei Weißenburg Jah r J uden P rotestanten Katholiken Gesamibevöl keru ng besaßen, über das kleine Gemeinwe- sen. Wie auch in anderen Adelsdörfern 1 760 mehrere Fam. der Pfalz entstand hier eine relativ star- 1 BOB 34 (= 12,5Yo d.Ges.bev.) ke jüdische Gemeinde, die in der Regel 1825 47 (= 12,4o1" d.Ges.bev.) ein gutes Zehntel der Dorfbevölkerung 1829 9 Fam. ausmachte. 1 835 53 Leider sind die die Juden betreffen- 1 836 ca. 80 (12 Fam.) den Akten der Freiherren Schenk von 1 848 73 Waldenburg im Landesarchiv Speyer 1 851 57 17 416 490 (Best. C 53) so stark beschädigt, daß 1 857 51 22 342 415 sie nicht mehr benutzt werden können 1 863 63 (= 1 4,4Y" d.Ges.bev.) 356 437 und dürfen. So bleibt einem beim Blick 1871 54 368 447 in das Repertorium nur der Hinweis, 1 875 60 472 .t900 daß unter der Nr. 129 ,,Judenschule zu .J.) 17 367 420 (in.3 Ref.) Erlenbach 1760 - 1776" Akten vorhan- 1 905 46 14 317 387 den sind. Eine Judenschule, wie das 1910 25 16 350 391 jüdische Bethaus im Volksmund be- 1920 9 Fam. seit minde- zeichnet wird, bestand also 1932 25 1= 7,9'1" d.Ges. bev.) 320 stens 1760. Die Tatsache, daß eine 1 936 22 solche vorhanden war, läßt auf die 1 937 22 Anwesenheit meh rerer Familien schlie- 1 938 1B ßen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, 1 940 2 daß Juden schon lange vor 1760 in Erlenbach gesiedelt haben. Prof. Dr. Eugen Kullmann, ein heute in Ohio Die früher eigenständige israeliti- be von 1836 stammt aus einem Schrei- lebender ehemaliger Erlenbacher, be- sche Kultusgemeinde Vorderweiden- ben des Synagogenvorstands Erlen- 2)Vielleicht richtet, daß Leopold Samuel (1777- thal schloß sich spätestens 1914 der bach. hat man, da man sich 1864), der Vater seiner Urgroßmutter, israelitischen Kultusgemeinde Erlen- in dieser Zeil um einen Neubau der von Erlenbach war, wo schon dessen bach an. Grund war wohl die gesunke- Synagoge bemühte, die Zahl etwas Heft Nr. 12 - 2/96 Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz 45 nach oben korrigierl. lm gleichen Brief als man die gesamte Dorfbevölkerung ment vor. Aus dem Jahr 1829 wissen war man der Meinung, daß sich die im Grenzgebiet zu Frankreich evaku- wir über die soziale Situation der Erlen- ZahlderJuden bald auf 15 Familien mit ierte, zusammenhängt, läßt sich nicht bacher Juden lediglich, daß von neun ,,wohl einhundert Seelen" erhöhen wür- mit Sicherheit belegen. Familien zweigänzlich arm sind. Auch de. Der höchste prozentuale Anteil an für Nachbarorte liegen uns Zahlen vor der Gesamtbevölkerung wurde 1863 Die Erwerbsstruktur der Erlenbacher (in Klammern die Anzahl der gänzlich o/" mit 14,4 verzeichnet - ein knappes Juden - 1848 sind die Hälfte von armen Familien): Busenberg 21 (8), Sechstel der Einwohnerschaft. lm 19. ihnen Bauern Dahn 16 (3), Herschberg 31 (7), Höhein- Jahrhundeft blieb die Anzahl der jüdi- ln einem Verzeichnis der 1809/10 öd I (2), Pirmasens 30 (6), Rodatben schen Erlenbacher relativ stabil, nur und 1810 zur Kultusumlage veranlag- 1 1 (2), Saalstadt 1 , Thaleischweiter 16, wenige scheinen ausgewandeft zu sein. ten jüdischen Haushaltsvorstände des Wallhalben 7 (5).4) ln der Statistik von 1848 wird erwähnt, Deparlements Donnersberg werden f ür Im Urkataster von 1843 sind bei daß nur ein Jude in den letzten fünf den Nachbarorl Vordenrveidenthal neun den Eigentümern auch die Berufsbe- Jahren das Land verlassen hat. Trotz Personen samt ihren Berufen aufge- zeichnungen angegeben. Aus dieser eines beständigen Rückgangs ab 1 905 führt: Moses Blum (Viehhändter), Ra- Quelle erfährt man, daß von zehn auf- stellte man zu Beginn der Nazi-Zeit mit hel Cahn Wwe., Jacques Jung (Vieh- gelisteten Grundbesitzern acht als Han- 25 Köpfen immer noch knapp ein Zwölf- händler), Baruch Levy, lssac Levy delsmänner und zwei als Metzger be- tel der Gesamtbevölkerung 5) des klei- (Viehhändler), Moses Lorch (Wein- zeichnet werden. lm Jahre 1 848 weist nen Dorfes. Erst die Emigration und die händler), Jacob Maas, Moses Maas eine Erhebung darauf hin, daß von 15 Vertreibung sr ab 1933 fühften nochmals und Aron Mack (beide Viehhändler). Familienoberhäuptern zwei ein Gewer- zu einem starken Rückgang, beson- Für Erlenbach, das in der französi- be, sechs den Handel und sieben den ders zwischen 1938 und 1940. Ob dies schen Zeit de r Pfalzv erw altungsmäßig Ackerbau betreiben. 6) Zumindest die mit den Geschehnissen der Reichspo- zum Departement Bas-Rhin (Nieder- letzte Angabe ist für die Pfalz sehr gromnacht oder der Evakuierung der rhein) gehörte, liegt dem Verfasser lei- untypisch. Jahrhundertelang blieben ,,Roten Zone" nach Kriegsbeginn 1939, der kein ähnlich ausführliches Doku- den Juden der Grunderwerb, das zünf- tige Handwerk und die Landwirlschaft verschlossen. So ist es nicht verwun- 4t derlich, daß sich die Juden auf wenlge ihnen zugedachte Erwerbsmöglichkei- /W'"d{"4}, rW^ lt t*-,f,u-;a ten konzentrierten - der Kleinhandel *Km/t gehörte dazu. Auch nach der Liberali- sierung dieser Praxis des Wirtschafts- lebens verharften die meisten dennoch /hwtu fqMA. /ft,,tu in ihren traditionellen 4.5t e.^"r&n Erwerbszweigen. Welche Gründe in Erlenbach dazu ge- t- /r""L, /.*a;* l.*- führt haben, daß so viele jüdische Fa- : /.l-,^; e-,/"..+o I milien im Gegensatz zu anderen pfälzi- la-/*- schen Dörfern auch in der Landwirl- t lrini.oithao! !, lssl ilt ,17 tt*^ 7 trVl A,,% schaft tätig waren, ist zur Zeit noch t. {^^--e ,/,!/*. ,'. l00aoft, SA"*, f - i unbekannt und wäre eine nähere Un- ,//lm4 Joar,tlt.l - i tersuchung weft. Tatsache ist, daß auch L, *?* Loor61:ri-; im Nachbardorf Busenberg überdurch- ),,ftre$t?r,tt^^,fy"-*l to ottr fl,{,.0i, schnittlich viele Juden in der Landwirt- ''ll schaft tätig waren. t. .:: 7fu,"'1 . l,l o to ,/t i lü, -t I In einem Gewerbe- und Handels- 4ftfu ,1,; /,:4. t , oot rlti, 5l adreßbuch der bayerischen Pfalz aus lt'," ru lf, o o tt ll;lti - dem Jahre 1877 ist detailliert aufgeli- fu. JA"l l,tt-. ooo stet, welche Berufe und Handelsunter- ' "-/ (t It il[,1f,,_ t lo ott,il :tr,i- nehmungen in Erlenbach veftreten sind: Leopold Pfeiffer (Eisenhändler), Abra- , fLutt,a ttfu ham Kullmann (Krämer, Specialagent), ,1* *-*-lr"^^;aU S>^ 1i lryf*Yttr,4 Bened. Kullmann (Krämer), Simon i;i Schwarz (Krämer und Weinwirth), Marx rll Levy (Makler), Jeremias Samuel (Mak- ler und Viehhändler), Benjamin Kull- jG*.r,,,ß..n ß i$-1,,,. &o mann, Leopold Louis und Johannes Pfeiffer (Viehhändler).') Aus dem Jah- Su" t,i ii i gci-rr rc ibir re 1907 existierl ebenfalls eine genaue Auflistung. ln einem Adreßbuch für die Rheinpfalz findet man: Jeanette Kahn (Büglerin, Kleidermacherin), Lazarus Kullmann (Kolonial- und Spezereiwa- Mitgliederuerzeichnis der Kultusgemeinde von 1 91 6. ren, Manufakturwaren, Viehhändler), Landesarchiv Speyer, Best. H 42, Nr. 381. Elias SamuelWwe. (Kolonial- und Spe- 46 Beiträge zur Judischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 12 - 2 :: 0lo !.tlillo.r ltrnal.nt. i gen auf 80.000 Mark (.I.tr6r4._ tntrgllt Setr. ta- sen Metier, die Art des Grundbesitzes. xiert. Das ärmste Erlen- dessen Größe sowie die Ankaufdaten Sad.r. g.$.tr16trttnnt. lkhr gt.l.!. go$!d 8a.rott, bacher Gemeindemit- zu entnehmen. Das Kataster ist alpha- ---10rl4. lrilnüt O& - tt.lltu4 Ollt th. e6rln6tt.t, glied, die Büglerin und betisch geordnet und registriert neben Eltl.rhn.B. 8!(tx'ßt Sdot - S.t&nö §.loß Kleidermacherin juristische 8r.uuil Dut{ulm ,nh n.üdt. Johan- natürlichen auch Personen. Gh6.. l,or$t.t!.. - - 36rib..!tiarui. D{Ur l.h, na Kahn, verfügte ledig- Das im Verzeichnis auftauchende O!.f r{ru14ir.n6.I{.t. Orü!0.röt 3.1.0. lt.r[6r]!r0t.0.rt.r. , lich über 500 Mark Ver- (bayerische) Flächenmaß Tagwerk ent- tnil 3!0r,. ei.o! !. ß!k5rl6 tri-' 8xlr.!l.rr.tq.r. O!rr[.r! - ataö.&Enr sd;t.- mögen.

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