Jahresgabe 2008/2009 Goslar/Harz E.V

Jahresgabe 2008/2009 Goslar/Harz E.V

Tagesanlagen des Rammelsberges Tagesanlagen Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar/Harz e.V. - Jahresgabe 2008/2009 Titelbild: Haspelkaue, Pferdegöpel, Dampfmaschinen in der Energiezentrale und Fördergerüst Rammels- bergschacht (Foto und Bearbeitung: Stefanie Kammer, 2008) Diese Jahresgabe wurde herausgegeben im Eigenverlag der Fördervereins. Goslar, November 2008 Druck: Papierflieger Clausthal-Zellerfeld Layout: Ulrich Kammer Verfasser: Peter Eichhorn Tagesanlagen des Rammelsbergs Jahresgabe des Fördervereins Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar/Harz e.V. Inhaltsverzeichnis Einleitung 1. Räumlich-geschichtliche Entwicklung im Überblick 1.1. Bereiche mit Tagesanlagen 1.2. Fortschritt und Nachhaltigkeit – Lebensdauer der Tagesanlagen 1.3. Aufgaben, Funktionen, Standortbezüge 1.3.1. Tagesanlagen von Schächten 1.3.2. Stollenvorhaus 1.3.3. Aufbereitungsgebäude 1.3.4. Wasserhebung, Wasserbehandlung, Absetzteiche 1.3.5. Sonstige übertägige Infrastruktur 2. Entwicklungsstände im Einzelnen 2.1. Ausgangssituation vor der menschlichen Besiedelung 2.2. Beginn des regelmäßigen Erzabbaus Jahresstände 1000 n.Chr. bis 2000 1 2 Einleitung Öffentlichkeit präsentiert werden. Das sind naturgemäß Aufgaben unseres Zum ehemaligen Erzbergwerk Ram- Museums. Es bietet seinen Besuchern melsberg gehörte in seiner außeror- Ausstellungen und Führungen an, ver- dentlich langen Betriebsgeschichte mittelt aber auch weitergehende Infor- eine große Zahl von Tagesanlagen. Sie mationen in Form von Veranstaltungen hatten untereinander technisch-organi- und Veröffentlichungen. satorische Verbindungen und bildeten Ensembles, die von Zeitabschnitt zu Unser Museumsförderverein trägt auf Zeitabschnitt sehr unterschiedlich aus- vielfältige Weise zur Erfüllung dieser sahen. Das vorliegende Heft soll einen Aufgaben bei, beispielsweise indem er Überblick geben über dieses bislang das Museum bei der Restaurierung von noch nicht in Form einer eigenständigen historischen Fahrzeugen und bei der Monographie behandelte Thema. Sanierung von unter- und übertägigen Bauwerken unterstützt. Daneben wid- Das Besondere der Rammelsberger men sich einige Vereinsmitglieder der Tagesanlagen ist, dass sie von heraus- Erforschung der Geschichte des Ram- ragender architektonischer Gestaltung melsbergs. Ein Teil der Forschungser- und Geschlossenheit sind und dass sie gebnisse wird publiziert, zum Beispiel in ihrem letzten Betriebszustand voll- in Form von Jahresgaben an die Mit- ständig erhalten bleiben Das waren für glieder. Themen der Jahresgaben waren die UNESCO zwei der ausschlagge- 2004 die unter- und übertage einge- benden Gründe, den Rammelsberg mit setzten Loks und dabei besonders die der zugehörigen Altstadt Goslar in die vereinseigene Diesellok, 2005 die gleis- Liste des Welterbes aufzunehmen. losen Fahrzeuge, 2006 die Schächte und 2007 die Stollen des Rammelsbergs. Mit diesem Prädikat sind allerdings Dieses Jahr sollen es die Tagesanlagen einige Auflagen verbunden. Unter ande- sein. rem sollen die Denkmale erhalten und in angemessener Form einer breiten Danken möchte der Verfasser allen, die bei der Arbeit an diesem Heft mit- gewirkt haben, besonders aber dem ehemaligen Grubenbetriebsführer des Rammelsbergs, Herrn Heinrich Stö- cker, der auch dieses Mal wieder viele Abbildungen und wertvolle Hinweise zum Gelingen des Heftes beigesteuert hat. Sein jahrzehntelanges Bemühen, sowohl untertägige Denkmale zu erhal- ten als auch schriftliche und bildliche Abb. 1: Blick von der Rammelsberger Sachzeugen zu sammeln und zu bewah- Straße zum Rammelsbergschacht. Foto ren, ist für unser Museum und unseren von Stefanie Kammer. 2008 Förderverein von unschätzbarem Wert. 3 1. Räumlich-geschichtliche Entwicklung im Überblick Unter Tagesanlagen werden gemein- hin alle übertägigen Betriebsteile von Bergwerken verstanden. Die Museums- besucher des Rammelsbergs nehmen vor allem den Gebäudekomplex der Verwaltungs-, Kauen- und Magazin- gebäude wahr, in dem sich der Muse- Abb. 1.2: Besucher auf der Werksstra- umseingang und die Ausstellungen ße. Blick nach Norden. Foto vom Ver- befinden. Außerdem blickt man auf die fasser. 2008 am Hang liegenden Erzaufbereitungs- gebäude mit dem Fördergerüst an ihrer punkte. Im vorliegenden Heft sollen höchsten Stelle (s. Abb. 1.1). trotzdem manche der Steinbrüche kurz beschrieben werden, soweit das zum besseren Verständnis der Geschichte der Tagesanlagen beiträgt. Aus diesem Grunde sind auch eini- ge Halden und Teile der wasserwirt- schaftlichen Anlagen, zum Beispiel der Herzberger Teich und die wichtigsten Abb. 1.1: Tagesanlagen. Blick von der Wassergräben, in kurzer Form in die Rammelsberger Straße. Foto von Peter Beschreibung aufgenommen worden. Mühr. 2008 Nicht enthalten sind dagegen die inner- halb der Bergwerksgrenzen liegenden Besucher, die die Energiezentrale Waldanpflanzungen, Straßen, Wege, besichtigen, können von dort den Werk- Parkplätze und Gleisanlagen. stattkomplex entlang der Werksstraße sehen (s. Abb. 1.2). Dieser Eindruck ist bereits ziemlich umfassend. 1.1. Bereiche mit Tagesanlagen Bei genauerer Betrachtung der Das übertägige Betriebsgeschehen Tagesoberfläche des Rammelsbergs hat sich konzentriert auf: fallen neben dem Gebäudekomplex an der Werksstraße noch einige Gebäude • heutige Werksstraße beziehungswei- am Maltermeister Turm auf, aber auch se Gebiet, das sich vom Herzberger Steinbrüche, zum Beispiel der Commu- Teich etwa 500 m nach Norden nion Steinbruch und die Schiefermüh- erstreckt, le. Steinbrüche gelten landläufig nicht • Fläche am Maltermeister Turm als Bestandteile von Tagesanlagen, unterhalb der Halde des Communi- sondern als bergbauliche Gewinnungs- on Steinbruchs und 4 Abb. 1.1.1: Bereiche von Tagesanlagen. Ausschnitt aus einer Landkarte von 1954. Links oben Standort Rammelsberghaus (Rbg.Hs.). Die Ellipsen zeigen links unten den Bereich der heutigen Werksstraße, rechts daneben den Bereich Maltermeister Turm und Communion Steinbruch und rechts oben den Standort der Aufbereitung Bollrich. • Bollrich (vgl. Kap. 1950, s. Abb. Aufbereitungsstandort genutzt wurde 1.3.4.4 und 1.3.4.5). (vgl. Kap. 1950). Der Bollrich spielt eine gewisse Son- Auch das letzte für das Erzbergwerk derrolle, weil er sich etwas abseits Rammelsberg erbaute Verwaltungsge- der sonst fast ausschließlich am West- bäude – das Rammelsberghaus – befin- und Nordwesthang des Rammelsbergs det sich nicht im Bereich der anderen liegenden Tagesanlagen befindet und Tagesanlagen. Es steht an repräsenta- außerdem erst nach dem Zweiten Welt- tiver Stelle an der Kreuzung der Ram- krieg erbaut und dann auch fast nur als melsberger und Clausthaler Straße (s. Abb. 1.1.1 und 1.1.2). Die zeitliche Entwicklung der Tages- anlagen im Bereich der heutigen Werks- straße und unterhalb der Halde vom Communion Steinbruch ist sehr viel- fältig. An beiden Standorten befanden sich während der gesamten Betriebs- geschichte Tagesanlagen. Allerdings haben sich die beiden Standorte recht Abb. 1.1.2: Rammelsberghaus. Sitz diskontinuierlich entwickelt. Sie waren der Bergwerksverwaltung von 1961 bis zeitweise dominant und dann wieder 1990. Foto vom Verfasser. 2008 von untergeordneter Bedeutung. 5 Und es gab Phasen außerordentlich Später kamen Haspelhäuser auf den drangvoller Entwicklungen mit abrup- Schächten hinzu. Nach und nach wird ten Veränderungen, die sich mit Phasen die Umgebung des Erzausbisses mit langer Konstanz abwechselten. verstreut liegenden kleinen Schuppen bebaut worden sein. Das übertägige Betriebsgesche- hen konzentrierte sich wahrscheinlich Im 16. Jahrhundert wandelte sich anfangs auf den Bereich am heutigen das Bild grundlegend. Nun bestimmten Museumsparkplatz unterhalb des Herz- Pferdegöpel für etwa drei Jahrhunderte berger Teichdamms. Dort lag das unte- das Bild. Sie standen bis auf eine mit re Ende des ehemaligen Erzausbisses. Ausnahme des Rathstiefsten Göpels Tagesanlagen waren zu dieser Zeit vor auf dem Höheniveau des Maltermeister allem aus Holz gebaute Schutzhütten Turms. Der Schwerpunkt des über- und Schuppen für Erz und Gezähe. tägigen Betriebsgeschehens wanderte damit dort hinauf, um dann ab dem Ein Erzabbau kann erfahrungsge- späten 18. Jahrhundert schrittweise mäß nicht genau in dem Augenblick wieder hinunter zur heutigen Werks- die Erzmenge liefern, die von den straße verlegt zu werden. Verhüttungsbetrieben beziehungswei- se Erzaufkäufern angefordert wird. Ende des 18. Jahrhunderts setzte am Es muss also Vorratsmöglichkeiten Rammelsberg eine Phase großer tech- gegeben haben. Erz konnte zwar ohne nischer Modernisierungen ein. Insbe- Qualitätseinbußen mehrere Monate sondere sollte die Wirtschaftlichkeit den Witterungseinflüssen ausgesetzt verbessert werden. werden. Es bestand aber die Gefahr eines Diebstahls, wie aus dem Goslarer Wichtig waren für die Entwicklung Bergrecht aus dem 14. Jahrhundert her- der Tagesanlagen vor allem der Bau vorgeht. In beziehungsweise vor diesen der Brandstaubwäsche mit Brandstaub- Schuppen wurde das Erz auch ver- schuppen und Bremsberg (vgl. Kap. messen, bewertet und für den Verkauf 1.3.3.) sowie die Auffahrung der Tages- aufbereitet. Wahrscheinlich haben sie förderstrecke. Sie wurde einschließlich auch schon früher in ähnlicher Form zweier kehrradgetriebener untertägiger existiert. Förderanlagen in den letzen Gleichzeitig könnten diese Schup- Jahren des 18. Jahrhunderts fertig pen zum Unterbringen von schwerem gestellt und ging kurz nach der Jahr- Gezähe gedient haben, das nicht täglich hundertwende in Betrieb. Das Erz zum Bergdorf und zurück getragen musste nun nicht mehr zum Höhenni- werden sollte, und von Feuerholz. Aus veau des Maltermeister

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