Fußball Global

Fußball Global

3 Euro März 2006 135 ZEITSCHRIFT ZUM NORD-SÜD-KONFLIKT UND ZUR KONZILIAREN BEWEGUNG Fußball global – Faszination und Kommerz Die zweite Globalisierung des Fußballs Rassismus und Antirassismus auf und neben dem Rasen Kicken gegen Gewalt Gott ist rund – Religion und Fußball Gar nicht fair: Sportartikel- und Fußballproduktion Eduardo Galeano: „Ich bin in den Fußball vernarrt“ Afghanistan: Fußball mit Hindernissen Weltladen-Brief 57 FUSSBALL GLOBAL ÖKUMENE 5 • Die zweite Globalisierung des Fußballs 32 • Schwierige Verständigung in Porto Alegre Der weltweite Siegeszug des Fußballsports und des Nord-Süd-Differenzen in der ökumenischen Diskussion Fußballbusiness • Gerald Hödl zur Globalisierung • Konrad Raiser 8 • Affenlaute und Aktionswochen 34 • Geborgenheit in erschöpften Oasen Rassismus und Antirassismus im europäischen Fußball Eine ökumenische Besuchsreise zum Thema Wasser • Michael Fanizadeh • Annette Berger 9 • „Ich bin in den Fußball vernarrt“ Ein Gespräch mit Eduardo Galeano über Fußball und Politik, Maradona und die Arroganz der Intellektuellen GERECHTIGKEIT JETZT 38 • Nord-Süd-Poker in Hongkong 11 • King George und die Hand Gottes Die WTO-Ministerkonferenz bringt keine Kehrtwende Populäre Fußballer mit politischen Ambitionen für eine Entwicklungsrunde • Arndt von Massenbach • Martin Ling 13 • Gott ist rund Über Fußball und Religion in Brasilien • Daniela Chiaretti 4 • KOMMENTARE 15 • Kicken gegen die Gewalt Ein Straßenfußballprojekt in Medellín und sein 30 • BLICKWECHSEL internationaler Erfolg • Armin Massing Gefangen im Transit 17 • Gewinnen statt hassen 36 • LITERATUR PUR Fußball als Beitrag zu Gewaltprävention und Versöhnung Tomás González: Am Anfang war das Meer • Uli Jäger 39 • REZENSIONEN Andreas Zumach: Die kommenden Kriege. 19 • Aktionen und Veranstaltungen von INKOTA zur WM Ressourcen, Menschenrechte, Machtgewinnn – Präventivkrieg als Dauerzustand? 20 • Goldgrube Fußball-WM Kirchlicher Herausgeberkreis Jahrbuch Gerechtigkeit: Globale Unternehmensverantwortung als Armes reiches Deutschland. Jahrbuch Gerechtigkeit I Marketinginstrument • Ingeborg Wick Karin Gabbert u.a. (Hg.): Jahrbuch Lateinamerika 29. Neue Optionen lateinamerikanischer Politik. 22 • „Teamgeist“ macht nur Adidas reich Analysen und Berichte FußballnäherInnen in Pakistan können von ihren Löhnen Rita Schäfer: Im Schatten der Apartheid. nicht leben – so müssen auch die Kinder arbeiten Frauen-Rechtsorganisationen und • Jörg Zimmermann geschlechtsspezifische Gewalt in Südafrika Abdalhakim Kassem: Die sieben Tage des Menschen 24 • Von Altona nach Kabul Fußball mit Hindernissen im Afghanistan nach den Taleban • Thomas Ruttig 43 • NETZWERK 46 • IMPRESSUM 25 • Die Ware Frau 48 • NACHRUF Zur Fußball-WM machen Frauenorganisationen gegen Abschied von Jon Cortina Zwangsprostitution mobil • Sigrid Haller 26 • Mario, Marimacho, Marigol Ein Portrait der mexikanischen Weltklassespielerin Maribel Domínguez Castelán • Anna Schulte 28 • Futbolistas Ein Sammelband präsentiert den Fußball in Lateinamerika WELTLADEN-BRIEF • Andreas Rosen Choreografie von unsichtbarer Hand Ein „Radioballett“ soll zum Start der Fußball-WM für 29 • Das Spiel um die Aufmerksamkeit entwicklungspolitische Aufmerksamkeit sorgen Die Nord-Süd-Szene und die WM in Deutschland Weltladentag 2006: Fußbälle und Kinderrechte Fairer Handel zeigt ausbeuterischer Kinderarbeit die Rote Karte Kicken fürs Patenland Im Juni findet das Finale des Wettbewerbs der WM-Schulen in Potsdam statt Großer Erfolg für „fair plus regional“ Schon über 4.000 Liter Apfel-Mango-Saft in Mecklenburg- Vorpommern verkauft Titelfoto: Hacky Hagemeyer / Transparent Nichts ist so beständig wie die Veränderung Auch in Mali wird gekickt Trotz personeller Veränderungen geht die Fair-Handels- Gruppenberatung kontinuierlich weiter Der INKOTA-Brief erscheint mit freundlicher Unterstützung von BMZ, EED, MISEREOR und STIFTUNG NORD-SÜD-BRÜCKEN Aktionen, Events, Weiterbildungen 2006 2 INKOTA-Brief 135 • März 2006 BLICKWECHSEL / EDITORIAL „Die Welthandelsorganisation (WTO) melkt Entwicklungsländer.“ Im Vorfeld der WTO-Konferenz in Hongkong demonstrierte die Welthandels- kampagne Gerechtigkeit Jetzt! am 9. Dezember 2005 gegen die ungerechten Handelsbedingungen der WTO für die Entwicklungsländer. Die Milchkühe vor dem Kanzleramt haben zu mehr Öffentlichkeit beigetragen. Nicht verhindern konnten sie allerdings die schlechten Ergebnisse vor allem für die ärmsten Entwicklungsländer. Dafür haben vor allem auch die Europäische Union und damit auch die Bundesregierung gesorgt (siehe auch die Analyse auf Seite 38). Foto: Peter Steudtner Liebe Leserin, lieber Leser, Doch mit den Umsätzen und Gewinnen Real Madrid auf Spanisch, Englisch und steigen nur die Dividenden der Aktienbe- Japanisch zu lesen ist (der Rivale FC Barce- die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in sitzerInnen. Hunderttausende ArbeiterInnen lona hat neben Katalanisch zusätzlich noch Deutschland kann sich großer öffentlicher in den Zulieferbetrieben rund um den Glo- Chinesisch im Angebot). Anteilnahme sicher sein. Jeder (Fehl-)Pass bus warten vergeblich auf höhere Löhne Der uruguayische Schriftsteller Eduar- der bundesdeutschen Spieler wird analy- und bessere Arbeitsbedingungen. INKOTA do Galeano meint, es helfe, „sich in die siert, jede Äußerung des Bundestrainers wird in den nächsten Monaten verstärkt auf Fußballwelt zu vertiefen, um zu verstehen, kommentiert werden. Was für Deutschland diesen Skandal aufmerksam machen. wie die Welt funktioniert“. Bei genauerer gilt, wird ähnlich auch in den anderen 31 Der Profifußball ist ein riesiges Geschäft Betrachtung offenbart sich, wie sehr die Teilnehmerländern ablaufen. Die Fußball- geworden. Die großen europäischen Klubs Welt inzwischen warenförmig organisiert WM ist das mediale Ereignis des Jahres, haben sich zu profitorientierten Fußballun- ist. Aber auch, wie sehr Fußball, wenn das bereits im Vorfeld häufen sich die Fern- ternehmen entwickelt und erwirtschaften Spielerische im Vordergrund steht, faszinie- sehshows, Radioberichte und Buchveröf- Jahr für Jahr Beträge im dreistelligen Millio- ren und zum Abbau von Konfliktpotenzia- fentlichungen über das runde Leder. nenbereich. Das Spiel auf dem Rasen ist da len beitragen kann. Dies zeigt das Projekt Auch der INKOTA-Brief wird sich nicht nur mehr ein kleiner Teil des Geschäfts. „Fútbol por la Paz“ in der kolumbianischen ins publizistische Abseits stellen. Aber Millionenstadt Medellín genauso wie das seien Sie gewiss: Die Frage, ob sich nun FUSSBALL GLOBAL – gemeinsame Kicken von israelischen und Jürgen Klinsmann bislang zu viel in der palästinensischen Jugendlichen. Fußball FASZINATION UND KOMMERZ kalifornischen Sonne getummelt hat statt im kann ein Beitrag zur Gewaltprävention und deutschen Schnee, interessiert uns herzlich zur Versöhnung sein. Grenzen überwinden wenig. Auch einzelne Mannschaftsaufstel- Auch die Länder des Südens sind in helfen, auch die der Geschlechter, und „die lungen werden wir nicht kommentieren die neue Fußball-Ökonomie eingebunden. Anderen“ nicht mehr als Feinde wahrzu- und ebenso wenig, ob der brasilianische Während Afrika und Lateinamerika als nehmen – schönere Aufgaben kann man Trainer zu sehr auf Ergebnisfußball setzt Spielerreservoir genutzt werden, sind die dem gemeinsamen Spiel kaum zumessen. statt auf Ballzauber. asiatischen Länder zu wichtigen Absatz- Die Welt ist im Fußballfieber. Wir hof- Faszination und Kommerz sind die bei- märkten geworden. Real Madrid und ande- fen, dass diese Ausgabe des INKOTA- den Pole unseres Blicks auf den globalen re touren nicht etwa aus sportlichem Interes- Briefs interessante Einblicke in den glo- Fußball. Die großen Sportartikelkonzerne se regelmäßig durch Japan und Südkorea. balen Fußball zwischen Faszination und erwirtschaften Milliarden mit dem weltwei- Es geht um Fernsehrechte und den Verkauf Kommerz bietet. Eine kurzweilige Lektüre ten Sport Nummer 1, und die Fußball-WM der Merchandisingpalette rund um den dabei wünscht Ihnen lässt die Kasse bei Adidas, Nike, Puma Hauptwerbeträger David Beckham. Und so und anderen noch lauter klingen als sonst. verwundert es nicht, dass die Website von Michael Krämer INKOTA-Brief 135 • März 2006 3 KOMMENTARE DIE FAO WACHT AUF – DIE BUNDESREGIERUNG NICHT In Brasilien ist Wahljahr. Mit Wirtschaftswachstum, Schulden- Die Empfehlungen der Konferenz bleiben noch recht vage. Die abbau, geringen Inflationsraten und außenpolitischen Erfolgen Konkretisierung soll in Rom erfolgen, bei der erwähnten Halbzeit- konnte Präsident Lula in den vergangenen drei Jahren durchaus bilanz im September und beim FAO-Rat im November. Immerhin, punkten. Ganz anders in den wichtigen sozialpolitischen Themen, ein Anfang ist gemacht. allen voran der Agrarreform, die er im Wahlkampf versprochen Und die Bundesregierung? Sie hatte für das ganze Schauspiel hatte. Nun muss Lula fürchten, dass die Landlosen ihm bei der weder Geld noch Zeit. Weder Entwicklungsministerin Heidemarie Wahl einen Denkzettel verpassen. Wieczorek-Zeul noch Landwirtschaftsminister Horst Seehofer ha- Wahltaktik ist sicher ein Motiv dafür, dass Brasilien zusammen ben eigene VertreterInnen nach Porto Alegre entsandt. Auch eine mit der Welternährungsorganisation FAO im März in Porto Alegre finanzielle Unterstützung hatten sie ICARRD wie auch der Parallel- eine „Internationale Konferenz für Agrarreformen und Ländliche konferenz der sozialen Bewegungen versagt. Entwicklung“ (ICARRD) veranstaltete. Dennoch: Die Initiative ist Es ist nur ein Spiegel für die niedrige Priorität von Agrarre- zu begrüßen, und sie war bitter nötig. Im September wird die formen

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