Chemisches Zentralblatt

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1725 Chemisches Zentralblatt. 1933 Band I. Nr. 11. 15. März. A. Allgemeine und physikalische Chemie. Robert S. Mulliken, Bindungskraft von Elektronen und Valenztheorie. (Vgl. C. 1 9 3 2. ü . 1582.) Am Beispiel der Reihe CH, CH2, CH3, CH.,, CH6, CHc wird gezeigt, daß die 4-Wertigkeit des C-Atoms sowohl die physikal. Stabilität des Mol. (CH5, CH0 sind vermutlich instabil wie He2) bedeutet als auch die Fähigkeit, durch einen Potential- Wall andere Atome vom Mol. fernzuhalten (was in CH, CH, u. CH3 nicht eintritt). In der Theorie von L e w is war für nichtpolare Moll, die Existenz von bindenden, paar­ weise auftretenden Elektronen u. völlig unbeteiligten Elektronen angenommen worden. Die Quantentheorie zeigt, daß außerdem noch „lockernde“ Elektronen (meistens paarweise) auftreten. Wird ein H+-Ion einem H-Atom genähert, so ist zweierlei „Reaktion“ möglich: entweder wird das 1 s-Elektron zu einem ( 1 5 o)-Elektron des H2+; dann ist bei seinem Umlauf das Elektron im Zeitmittel länger auf der Seite des ursprünglichen H-Atoms, die dem H+-Ion zugewendet ist u. es springt zu diesem hinüber u. wieder zurück, bis schließlich bei kleinem r die Umlaufsfrequenz gleich der Sprungfrequenz (gemeinsame Umlaufsbahn) wird; oder das Elektron 1 s wird zu 2 p o, dann ist es im Zeitmittel länger auf der dem genäherten H+-Ion abgewendeten Seite, zur Näherung der Kerne ist Energie notwendig, es entsteht eine „Abstoßungskurve“ H J+ (2 p o, 22 u+ ) im Gegensatz zur Potentialkurve (1 s o )2 2 a+, die ein Minimum besitzt. — Für 2 neutrale H-Atome ist auch zweierlei Verh. möglich: H (1 s) + H (1 s): 1. — >- H 2 (1 s ö2, 1Zg+) oder 2. — y H 2 (1 s o 2 p o 32^ +) ; 1. liefert stabilen H„, nach 2. muß ein Elektron in eine 2 p-Bahn gehoben werden, dies erfordert höhere Energie als durch die festere Bindung des anderen 1 s (im Feld von 2 Atomen an Stelle von 1 Atom) gewonnen wird, daraus folgt eine Abstoßungskurve. Die Bindungswärme des stabilen H2+ beträgt 61 kcal, die des H2: 103 kcal, also ca. das doppelte. Daraus wird gefolgert, daß die Austauschkräfte (Platzwechsel-Integrale) das wesentliche an der ehem. Bindung sind; die Tatsache der symm. Verknüpfung zweier Elektronen der Einzelatome bei der Mol.-Bldg. spiele nur eine untergeordnete Rolle (also die Spinab­ sättigung sei fast bedeutungslos), denn in H2+ sei die Energie ca. 1/2 von H2 u. nur ein Elektron ist vorhanden. Gegen Einzelheiten der HElTLER-LciNDONschen u. S la ter- PAULiNGschen Theorie wird Stellung genommen. — Die Vorschläge des Vf. für eine Valenztheorie sind auf den Spektren der Atome u. Moll, basiert. Bei der Näherung eines H- an ein C-Atom wird formuliert: C (1 s2 2 ä2 2 p2, 3P) + H (1 s, ZS) — CH (1 s o - 2 s o2 2 pn * 2 p n , -TI), das 1 «-Elektron des H-Atoms wird also emporgehoben zu 2 p im Felde des C-Atoms. Die Bindungsenergie (ca. 90 kcal) kommt dadurch zustande, daß sämtliche Elektronen nunmehr im Felde der 2 Atome sind. Bei weiterer Anlagerung von H-Atomen wird Jedesmal ein neues Elektron in 2 p gehoben, es entstehen Elektronengebäude, die den 0-, F-, u. Nc-Atomen ähneln; die Unterscheidung in n- u. o-Elektronen verliert die Bedeutung (lediglich in linearen Moll, anwendbar). In CH4 ist 1 s2 2 s- 2 p a erreicht, ein weiteres Elektron aus H-Anlagerung müßte nach 3 s gehoben werden, wozu die Energie der Bindung nicht ausreiche. Aus der Stabilität von N2, 0 2 u. F 2 folgt die von C2H 2, C2H 4 u . C2H 0 (s. unten). — In der Reihe der Borhydride BH, BH2, BH 3 . ist BH spektroskop. bekannt; stabile Moll, sind nicht zu erwarten, da der Elektronen­ aufbau den Atomen C, N, 0 ... ähnelt. (BH 3)2 ist wie 0 2 zu verstehen. Ein BH 5 (analog zu Ne oder CH,) zerfalle vermutlich in BH 3 + H 2 wegen der geringen Kern­ ladung des B-Atoms. Die Betrachtung des Elektronenbaus des fertigen Mol. macht die Unterscheidung in Ionen- u. Atommoll, gegenstandslos; ob HF aus H + F oder H+ + F~ entstanden ist, wird nicht gefragt, da im fertigen Mol. eine „Mischung“ aus diesen beiden Zerlegungsarten vorliegt. Auch für H20 gilt dies; Aufbau aus H + H + 0 oder 0“ + H+ + H oder 0= + H+ + H+ ist gleichgültig (ebenso für CH4), da das Verständnis des fertigen Moll, nicht von der Art der Bldg.-Weise abhängt. Bei den Hydriden u. anderen aus leichten Atomen aufgebauten Moll, ist es deshalb X V . 1. 113 1726 A . A l l g e m e in e u n d physikalische C h e m i e . 1933. I. überflüssig, besondere Valenzbindungen zu konstruieren, die nur bei Moll, aus schweren Atomen eine Bedeutung besitzen. — Aufbau schwerer Moleküle: In Li2 bleiben die beiden Z'-Schalen der Li-Atome erhalten: sie enthalten „nicht bindende“ (unbeteiligte) Elektronen; die beiden 2 s-Elektronen sind „bindend“- 2 Li (1 s2 2 s, 2S) — ->- Li2[(l 6‘)“ (1 s)2 (o 2 s)\ 1Z g+]. Der Kernabstand beträgt im Gleichgewicht 2,67 • 10-8 cm, der Radius der unbeeinflußten ÜT-Schalen nur 0,2-IO-8 cm; deshalb bleiben die Aus- tauschkräfte zwischen diesen gering. Ein weiteres Paar 2 s-Elektronen (in Be2) tritt im Mol. als „lockernde“ Elektronen o* auf: 2 Be (1 s2 2 s2, 18) — y Be2 [(1 s2) ( 1 s)~ (a 2 s)2 (a* 2 .s)2]. — In N 2 (ähnlich in CO u. CN) sind Je 5 äußere Elektronen an der Mol.-Bldg. beteüigt. Von den 2 x (2 s)2-Elektronen werden zwei zu (a 2 ä)2, zwei zu „lockernden“ (ö* 2 s)2-Elektronen, wie in Be2; die Gruppe (o 2 s)2 (o* 2 s)2 hat ver­ mutlich insgesamt eine schwach lockernde Wrkg. Die sechs 2 p-Elektronen werden zu (ti 2 p)1 u. (o 2 p)2, die ungefähr gleich fest gebunden sind (in CO u. CN sind die ( t i 2 p)-Elektronen fester als die (o 2 p) im Mol. gebunden, wie aus den Ionisierungs- Potentialen zu ersehen ist). Bei größerem Kernabstand ist die Bindung der a 2 p-Elck- tronen größer als die der n 2 p-Elektronen. Besonders tritt dies ein, wenn die 2 p-Balm infolge höherer Kernladung schon im Atom kleiner ist, also in den Moll. NO, 0 2 u. E2. In diesen sind Je zweimal drei 2 p-Elektronen wie in N 2 gebunden, die weiteren 2 p-Elek­ tronen aus den Atomen gehen in lockernde (t i * 2 p) Elektronen des. Mol. über. Dies zeigt sich am NO deutlich, aus dem bereits bei 9,4 V ein Elektron abgelöst werden kann (gegenüber 14,5 V aus dem N-Atom, 13,6 V aus O-Atom, dagegen 16 V aus dem N2). Parallel mit der Erniedrigung der Ionisierungsspannung läuft die der Dissoziations­ wärme (NO: 142 kcal gegen N2: 210 kcal) bei der Zufügung von (t z * 2 p)-Elektronen, was sieh beim Übergang zu 0 2 u. F„ fortsetzt. Gleichzeitig wird der Kernabstand größer (N„: 1,1; 0 2: 1,2; F2: 1,5-10~8 cm), aber der Radius der 2 p-Bahnen in den ungestörten Atomen (infolge höherer Kernladung) geringer. Infolgedessen ist schon im E2 die Rolle der beiden 2 s-Paare geändert: sie bilden nicht mehr bindende (2 so )2 u. lockernde (2 s o*)2, sondern an der Bindung unbeteiligte Elektronenschalen (2 s)2 (2 s)2. Dies ist der Mechanismus, wie mit steigender Ordnungszahl innere Elektronen von der Be­ teiligung an der Mol.-Bindung ausscheiden: die Elektronen gehören dann ausgesprochen zum Gebäude eines der beiden Kerne. In E 2 ist auch die Gruppe (n 2 p )4 nicht mehr viel fester als (ji* 2 p )1 gebunden, so daß wesentlich nur (o 2 p)2 als bindendes Elektronen­ paar übrig bleibt. — In Ne, tritt noch ein weiteres Paar lockernde Elektronen auf [(o* 2 p)2], wodurch wie in He2 die Zahl bindender u. lockernder Elektronen gleich wird: dann sind alle Elektronen unbeteiligt, d. h. 2 abgeschlossene Schalen üben keine Valenz­ kraft aufeinander aus. — Für schwerere Atome sind diese Prinzipien über die Bldg. von Moll, einfach zu erweitern: Na2 hat intakte K- u. i-Schalen um Jedes Atom, u. (a 3 s)2 als bindendes Elektronenpaar (zu 12-’a+) ; in Si2 u. P 2 bleiben auch die K- u. L-Schalen intakt, erst die äußeren Elektronen ordnen sich wie in C2 u. N2. Für C1J ist die Formu­ lierung: J [ K L M N (5 s)2 (5 p )5, 2P ] + CI [IC L (3 s)2 (3 p )5, 2P] — y JC1 [K L M N K L (3 s)2 (5 s)2 (a 3 p, a 5 p) (n 3 p )4 (n* 5 p)4, 12 ,+ ]; zwischen den 3 p-Elektronen des Cl u. den 5 p- des J findet Austausch statt, d. h. diese bilden gemeinsame Bahnen a bzw. n des Mol. — In mehratomigen Hydriden mit zwei schweren Atomen werden die Analogien zu den 2-atomigen Moll, betont; so kann bei linearen Moll., wie C2H2, die gleiche Beschreibung nach ?t- u. o-Elektronen gebraucht worden. Dagegen ist für nicht gestreckte Moll. (CüHj) zu beachten, daß die Symmetrie­ bedingungen eingeschränkt werden: s-Elektronen gehen dann in a-Elektronen über; p-Elektronen der Atome können nicht nur in 2 Arten (o u. ti), sondern in 3 (b, c u. d) des Mol. übergehen; in Jeder dieser „Schalen“ sind nur 2 Elektronen unterbringbar (dagegen waren in o- 2, in rr-Schalen 4 solche möglich), bis zur Absättigung zum 12T entsprechenden Grundterm (dagegen geben 2 ^-Elektronen in einer Schale z2 ~ , 4 solche erst 1S +).

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