FEB.18 Platten.18 EINSCHLAUFEN Betrifft: Dieses Haus ist kein Zuhause mehr Nun also auch das noch: Wir müssen weg. schlägt derbe aufs Gemüt. Mitte Februar Und bevor die Tinte auf den Umzugskartons ziehen wir aus und hinterlassen besenreine Impressum Nº 01.18 getrocknet ist, verfertigen sich Klangspuren Räume, in denen einst gearbeitet, geraucht, DER MUSIKZEITUNG LOOP 21. JAHRGANG und Bildsequenzen. Johnny Cash und Merle geflucht, geflunkert und aber auch gejubelt Haggard, wie sie für «American III: Solitary wurde. Das komplette Spektrum, bisweilen P.S./LOOP Verlag Man» gemeinsam vor dem Studiomikrofon sogar rund um die Uhr. Langstrasse 64, 8004 Zürich stehen und «I‘m Leaving Now» einsingen. Unsere Zeit hier läuft ab, die – durchaus pre- Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 Cash ist bereits schwer von seiner Krankheit käre – Magie verzieht sich. Also nehmen wir www.loopzeitung.ch gezeichnet, Haggard hingegen hat seinen die allmählich vergilbenden Plakate von den Tourbus draussen in der Einfahrt stehen und Wänden, verpacken die kaum noch konsul- Verlag, Layout: Thierry Frochaux wird damit später am Abend noch zu einem tierten Nachschlagewerke in Transportkis- [email protected] Auftritt nach Chattanooga gefahren. ten, fahren die Rechner runter und hoffen Da sind weitere Lieder. Glen Campbells darauf, im neuen Domizil wieder so etwas Administration, Inserate: Manfred Müller «Gentle On My Mind», wenngleich ohne wie Inspiration zu finden. [email protected] den notfallmässig einsetzbaren Schlafsack, Aufbruch ist Abschied, und der fällt schwer. der zusammengerollt hinter dem Sofa liegt. Denn wir verlassen nicht nur unsere Vergan- Redaktion: Philippe Amrein (amp), Fred Neil, der davon singt, nun endlich dort- genheit, sondern auch eine liebgewonnene Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe hin zu gehen, wo die Sonne scheint. Oder Nachbarschaft, die nun entrückt. Xenix, Ja- natürlich Nick Lowes traurige Kapitulati- marico, RecRec-Laden, 16 Tons, Buchhand- Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden onshymne «House For Sale». lung im Volkshaus, Gartmann, Coop-Ro- (ash), Thomas Bohnet (tb), Christian Gasser (cg), Aber die Musik ist Ernüchterung gewichen. man, der nachtaktive Ingenieur, Wurstgrill Michael Gasser (mig), Hanspeter Künzler (hpk), Wo es einst um Gesang ging, geht es nun und Spätbierholkiosk – alles weg. Tony Lauber (tl), Philipp Niederberger um Geschäftsimmobilien, wir verschieben Wir ziehen raus ins Niemandsland, das un- uns «from love to loss». Bei nüchterner Be- gefähr so aussieht wie unsere angestammte Titelbild: Courtney Barnett & Kurt Vile trachtung ist es natürlich bloss ein Standort- Ecke der Stadt, als wir um die Jahrtausend- wechsel, wie ihn Firmen oder amerikanische wende herum hier eingezogen sind. Dröge, Druck: Tagblatt Print, St. Gallen Football-Teams deutlich drastischer vorge- unwirtlich und weltabgewandt. Das könnte Das nächste LOOP erscheint am 23.2.2018 nommen haben. Dass wir nun allerdings, sich ändern. Aber dann müssten wir schon nach knapp zwei Jahrzehnten, unsere Büro- wieder wegziehen. Oder einfach aufgeben. räumlichkeiten an der Langstrasse aufgeben Letzteres ist keine Option. und Richtung Westen dislozieren müssen, Guido Goodbye Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] DIE NEUEN PLATTEN Various Artists Monochrome Tune-Yards Colleen Glen Hansard Deutsche Set I Can Feel You Creep A Flame My Love, Between Two Shores Elektronische Musik 3 Maisieworld Into My Private Life a Frequency (Anti/Phonag) (Soul Jazz Records) (Tapete Records) (4AD/MV) (Thrill Jockey) Dass er 1991 in Alan Par- Der Untertitel «Experimen- In den frühen 80ern sorgte Jetzt ist schon wieder was Zur Jahreswende war wie- kers «The Committments» tal German Rock and Elec- die Gruppe um Sänger Bid passiert, und zwar ein der einmal genügend Zeit, aufgetreten ist, soll Glen tronic Musik 1971-1981» für einige famose Singles «Heart-Attack». Genauer: um liegengebliebene Alben Hansard längst bereuen. macht klar, was unter dem und Alben, voller verschro- ein «heart attack-ack-ack». nachzuhören und sie schät- Dies, weil ihn die Filmrolle Begriff «Deutsche Elektro- benem, lustigem Brit-Pop, Zumindest singt das Mer- zen, wenn nicht lieben zu vorübergehend von seinem nische Musik» verstanden arty und ironisch, der in den rill Garbus mit exaltierter lernen. Beispielsweise die Pfad als Musiker abge- wird: Das, was gemeinhin 60s wurzelte, Vaudeville Stimme gleich zu Beginn aktuelle Platte von Cécile bracht habe. Was ihn aller- als «Krautrock» bezeichnet und Cabaret umschloss, ihres neuen Albums «I Schott alias Colleen, die dings nicht davon abhielt, wird, ergänzt um ein paar dabei Punk und New Wave Can Feel You Creep Into früher ihre ambientartigen 2007 in «Once» einen iri- (wenige) Prisen deutscher streifte. Das kleine deutsche My Private Life» so. Die Songs mit einer Viola da schen Strassenmusiker zu Postpunk- und Neue-Deut- Label Tapete darf sich nun Gründe für den Kollaps Gamba und auch allerlei verkörpern – und für sei- sche-Welle-Elektronika wie den Orden ans Revers hef- und ihre Sorgen bleiben Loopgeräten einspielte. So nen Song «Falling Slowly» dem Pyrolator. Krautrock- ten, Monochrome Set wie- kryptisch. Was sicher ist: entstand etwa das Album einen Oscar einzuheimsen. Compilations gibt es viele, der aus dem Untergrund Die Hörer tanzen da bereits «Captain of None», auf Good for him. Auf seinem die meisten wirken aber ausgegraben zu haben. auf dem Dancefloor einer dem die Französin einen dritten Soloalbum «Bet- konzeptlos zusammen- Nach den Comeback-Al- Grossraumdisco, die gegen eigenartigen Unterwasser- ween Two Shores» lässt gestoppelt – «Deutsche ben «Cosmonaut» (2016) Schluss dieses Himmel- dub erfand. Für «A Flame der Frontmann der Indie- Elektronische Musik 3» und «Spaces Everywhere» Hölle-Tracks voller Geigen My Love, a Frequency» Pop-Truppe The Frames hingegen wurde wie seine (2017) ist Monochrome Set hängt. Und Garbus sagt: hat Schott das klassische jetzt seiner Wertschätzung beiden Vorgänger sorgfäl- mit «Maisieworld» wieder «I’m only human.» Ich Saiteninstrument in die für Van Morrison frei- tig und, wie nicht zuletzt ein neues Werk voller wun- bin nur ein Mensch also, Ecke gestellt und expe- en Lauf. Hansard, dessen die fundierten Linernotes derlicher kleiner Indie-Pop- auch wenn dieser spekta- rimentiert nun mit raren Songs vor Ernsthaftigkeit unterstreichen, mit grossem Perlen gelungen. Ob «Give kuläre Eröffnungstrack fast Synthesizern. Das Resultat nur so strotzen, singt mit Sachverstand kuratiert. Es Me Your Youth», «Stage übermenschlich anmutet. ist noch immer berückend, kratziger Stimme und frönt geht um diesen Strang deut- Fright» oder der kleine Hit Garbus knüpft mit diesem weil sie nicht in Hektik dem R’n’B mit keltischem scher Rockmusik, die sich «Mrs Robot»: In einer ge- Lied wieder an ihr Durch- ausbricht und ihren Syn- Flair. Gleich mehrere der im Zug der Studentenunru- rechten Welt würde das – bruchsalbum «Who Kill» thiefiguren viel Raum und Midtempo-Lieder nehmen hen sowohl vom Schlager und noch ein paar andere an, auf dem sie mit ihren Ruhe lässt. So blubbert es sich einer gescheiterten Lie- als auch vom angelsächsi- Songs der Band – im Radio schlecht zusammengekleb- in «Another World», als be an: Sowohl mit «Why schen Rock’n’Roll eman- auf- und abdudeln! ten und grellen Do-It-Your- hätte sie die Soundspuren Woman» (ein klanglicher zipierte und eine eigene Parallel dazu veröffentlicht self-Rabaukensongs einen unter der Meeresoberflä- Cousin von «Wild Horses» Sprache und Identität ent- das Hamburger Label eine Nerv des rebellischen Zeit- che aufgenommen. Und der Stones) als auch mit wickelte. Natürlich finden 6-CD-Box mit dem kom- geistes getroffen hat. In der wenn die Tauchpartie vor- «Your Heart’s Not In It», sich hier die üblichen Ver- pletten Werk der Band von Folge kontern Garbus und bei ist, besingt Schott mit einem Rocker im Springs- dächtigen: Neu! (mit dem 1979 bis 1985. Also mit ihr Gefährte Nate Brenner verhallter Stimme den wei- teen-Groove, rechnet der grossartigen «Neuschnee»), allen vier Alben, dem tollen den Vorwurf der «cultu- ten Kosmos. Ein perfektes 47-Jährige mit der besagten La Düsseldorf (mit dem Debüt «Strange Boutique» ral appropriation», der sie Album für die Ruhe nach Ex ab. Das wirkt nicht nur proto-postpunkigen «White (1980), «Love Zombies», seit ihrem Karrierebeginn den Stürmen. verbittert, sondern auch Overall»), Cluster, Brösel- «Eligible Bachelors» und verfolgt – indem sie ihr Da- ein klein wenig kleinkariert. maschine oder Popol Vuh. dem verkannten Spätwerk sein als weisse Musiker, die bs. Dennoch: Wer darüber hin- Dazwischen tummeln sich «The Lost Weekend» Elemente aus afrikanischen wegzuhören vermag, wird auch eher obskure Com- (1985), das damals tatsäch- Musiken in ihre Songs ein- mit einer Platte belohnt, bos, die die Eigenständig- lich auf einem Major Label bauen, problematisieren. die sich mal melancholisch, keit und die Exzesse dieser erschienen war. Dazu auf Einfache Antworten gibts mal selbstbewusst zeigt und Szene dokumentieren – bis zwei CDs alle 13 Singles aber nicht. Eher ist da ein es versteht, Aufrichtigkeit hin zu Abstürzen ins prä- mit B-seiten - und ausführ- Unbehagen, das sich auch mit immer wieder aufkei- tentiös pathetische Grauen: lichen Linernotes. beim Hörer einschleicht. mender Wärme zu paaren. Aber auch das gehörte zum Und natürlich auch den Krautrock. tb. Tanz beeinflusst. mig. cg. bs. SZENE Lieblingsgötis schenken KindergeschichtenAbos
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