Schwabenbilder Zur Konstruktion eines Regionalcharakters Projektgruppe (von links nach rechts): Daniel Weber, Carsten Kohlmann, Ulrike Künstle, Katrin Wilkens, Andreas Vogt, Michael Hermann, Frank Rumpel, Sylvia Hartig, Jörg Schütz, Andrea Keller, Ruth Stützle, Hollister Mathis, Angelika Brieschke, Steffen Rompel, Utz Jeggle, Katrin Weber (es fehlt: Silke Strecker) Leitung der Ausstellung: Michael Hermann und Utz Jeggle Gestalterische und ausstellungstechnische Beratung: Marina von Jacobs Graphische Beratung: Petra Findeisen Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen, Projektgruppe Schwabenbilder Schwabenbilder Zur Konstruktion eines Regionalcharakters Begleitband zur Ausstellung Schwabenbilder im Haspelturm des Tübinger Schlosses, 18. April bis 1. Juni 1997 ISBN 3-925340-97-1 Redaktion: Angelika Brieschke, Utz Jeggle, Steffen Rompel, Frank Rumpel, Andreas Vogt Endkorrektur: Andreas Vogt Satz und Gestaltung: Steffen Rompel Fotoarbeiten und Umschlagvorlage: Bernd Bauknecht Druck: Gulde-Druck Tübingen Tübingen 1997 Tübinger Vereinigung für Volkskunde e. V., Schloß, 72070 Tübingen Inhalt Utz Jeggle Vorwort 7 Utz Jeggle Ulrike Künstle, Sylvia Hartig und Katrin Weber Wie echt 9 Gibt es ein schwäbisches Gesicht? Zur Rolle der Physiognomik für die Katrin Weber Schwabenbilder 53 Interviews: Methode 13 Andrea Keller, Ruth Stützle Angelika Brieschke Schwabenbilder. Und Schwäbinnenbilder? 61 Macht schwäbisch krank? Über den Schwaben als typus melancholicus 17 Andreas Vogt Der schmale Weg, der zum Leben führt... Utz Jeggle Über die kulturprägende Wirkung des Pietismus Der sparsame Schwabe 25 in Württemberg 71 Frank Rumpel Werner Unseld Kehren und Bekehrtes 31 Schaffensparenputzen Die württembergische Verbesserung der Utz Jeggle Sünder und die schwäbischen Produktivkräfte 79 Der tapfere Schwabe 35 Silke Strecker Arno Ruoff Der schwäbische Volkscharakter Der Schwabe und sein Schwäbisch 39 wird konstruiert Württembergische Oberamts- und Daniel Weber Landesbeschreibungen des 19. Jahrhunderts 89 Sprache als Identifikationsmittel Warum die ehemalige badisch-württem- Utz Jeggle bergische Landesgrenze mehr und mehr zur So isch no au wieder Sprachgrenze wird 43 Zur Phylogenese des Schwaben 95 Steffen Rompel Sylvia Hartig, Ulrike Künstle Schwobe schaffe, Badener denke! Wie Schwaben Schwaben sehen Zur Funktion und Entstehung bestimmter Die Konstruktion von Schwabenbildern in Schwabenbilder in Baden 45 der Genremalerei des 19. Jahrhunderts 103 5 Andreas Vogt Steffen Rompel Zwischen Schwäbisch Arkadien Em Schwobaland, und Musterländle em Schwobaland so schee! Bilder eines Landes in Landschaftsmalerei Alte und neue schwäbische Identitäten und Fotografie 109 in der populären Musik 171 Carsten Kohlmann Frank Rumpel Postkarten und Reiseandenken Duifer äckra, it so oberflächlich aus dem Schwabenland 119 omanander scherra! Betrachtungen zeitgenössischer Michael Hermann Mundartdichtung 183 Die Kunst des Spagats Der Schwäbische Sängerbund zwischen Katrin Wilkens Vaterland und Heimatland im 19. Jahrhundert 125 Schwabentum als Perfomance Dr. Ulrich Keuler Ein Portrait 193 Andreas Vogt Die anderen Schwaben Ralph Winkle Einblicke in die Geschichte Tatort Württemberg württembergischer Judendörfer 133 Schwabenbilder im zeitgenössischen Kriminalroman 197 Carsten Kohlmann Der Volkskundler August Lämmle Silke Strecker und die Heimatschutzbewegung Wie Schwabenbilder betrachtet in Württemberg 143 werden können Ein Literaturbericht 205 Friedemann Schmoll Iß langsam und kaue tüchtig Hollister Mathis Die Geschichte von Luise Haarers John Cranko und das Stuttgarter schwäbischem Nationalkochbuch, das Ballettwunder 211 eigentlich nie ein solches werden sollte 149 Kaspar Maase Hermann Bausinger Eines nur? Oder: Macht schwäbisch Schwabenspiegel 155 gesund? Kollegiale Kritik als Epilog 219 Angelika Brieschke Schwäbischer Minderwert 157 Ich will mich nicht einrichten mein Leben lang als Schwabe! Ein Gespräch mit Bernhard Hurm und Uwe Anhang Zellmer vom Theater Lindenhof, Melchingen 163 Literatur und Nachweise 223 6 Vorwort Utz Jeggle Vorwort Schwabenbilder sind Konstruktionen, das ist evident. der schwäbischen Heimatperformance überlebt; da- Aber das Material und die Baupläne können lehren, für ist die Region und der Regionalismus zu einem wie solche Bilder des Typischen zustandekommen. zentralen Thema in der Europäischen Gemeinschaft Was man über die Schwaben denkt und was die Schwa- geworden. Es geht dabei nicht um stammestümelnde ben über sich denken und was sie denken, was die Mentalität, sondern um räumliche Bezüge, die Orien- Nichtschwaben über sie denken, eine solche mehrfa- tierungshilfe leisten, aber unter Umständen auch zur che Spiegelung ist für eine Ethno-Graphie des regio- Gefahr werden können. Deshalb sind die realitäts- nalen Bewußtseins und Selbstbewußtseins von gro- prägenden Kräfte solcher Bilder nicht zu unterschät- ßem Interesse. Ethno weist jedoch in die falsche zen. Der Schwabe ist nicht nur eine Erfindung des Richtung, das traditionelle Denkmuster vom Ethni- Albvereins, er ist ein Stereotyp, das einschließt und schen geht von einem geschlossenen Stamm aus ausschließt, ordnet und aussondert, entzweit und ver- mit bestimmten fixierten Eigenschaften. Eine solche eint und das deshalb einen Blick aus höchst unter- fest umrissene Gruppe, die sich von anderen absetzt, schiedlichen Perspektiven erfordert. sind die Schwaben nicht und sind sie nie gewesen. Es Es geht in diesem Band nur am Rand um eine Be- gibt noch nicht einmal eine allseits anerkannte Gren- standsaufnahme der Klischees vom tüfteligen Geiz- ze, die Schwaben von Nicht-Schwaben trennt. Im baye- kragen, der Häusle baut und Spätzle ißt; wir versu- rischen Augsburg leben Schwaben, in Straßburg und chen herauszubekommen, wann und mit welchen In- in der Schweiz werden alle Deutschen in Schwaben teressen der Schwabe in heutiger Gestalt montiert verwandelt nicht aus Zuneigung, wie sich versteht. wurde, wie er sich äußert, in welchen Schutzgebieten Diese Offenheit und Unklarheitheit der Fragestel- er überlebt, welche Metamorphosen er durchmacht lung treibt den Sozialforscher leicht in den Nerven- und wie seine Karten neu gemischt werden Stich- zusammenbruch, Empirische Kulturwissenschaftler- wort Spätzle-Connection und Kreolisierung. Je näher Innen werden durch solche Vagheiten eher motiviert, wir der Gegenwart rücken, desto brüchiger wird das denn methodisch sind sie nicht gegen, sondern für Eis, auf dem wir uns bewegen. Von daher ist ein ge- Überraschungen gerüstet. Das wird der Leser dieses wisser historischer Überhang einzugestehen, wenn wir Begleitbands zur Ausstellung Schwabenbilder spü- uns auch bemüht haben, beide Beine der Empirischen ren, mancher Text wird ihn ärgern und provozieren, Kulturwissenschaft gleichmäßig zu belasten: das hi- andere werden ihn vielleicht anregen, weiter zu re- storische und das ethnographische. flektieren und zu assoziieren. Das tradierte Schwaben- Der Band sowie die Ausstellung, in die er hinein- bild mit Tracht und täglichen Teigwaren ist ein Aus- führt, ist das Ergebnis einer dreisemestrigen Projekt- laufmodell, das im Museum und auf der Bühne bei arbeit. Die intensive Zusammenarbeit von 15 Studie- 7 Vorwort renden und einem Lehrenden erzeugt kollektive En- chael Schödel aus Betzingen, Heidi Staib vom Lan- ergien, gelegentlich auch Spannungen, jedenfalls ver- desmuseum in Stuttgart, Werner Unseld vom Landes- mittelt sie weit mehr als ein normales Seminar Theo- kirchlichen Museum in Ludwigsburg) liehen großzü- rie, Methode und Praxis der Empirischen Kultur- gig Objekte aus ihren Schatzkammern, Herr Weißen- wissenschaft. Solche Projekte passen schlecht in die bühler aus Neuweiler im Schönbuch hätte uns sein aktuelle hochschulpolitische Diskussion, die von ei- ganzes Haus zur Verfügung gestellt, die Landesstelle ner Studienzeitverkürzung um jeden Preis ausgeht, und für Volkskunde unterstützte Recherchen, als Leihge- die vor allem Lehrformen fordert und fördert, die ber danken wir außerdem der Volksbank Horb sowie quicke Studienabschlüße garantieren. Das kann ein all unseren InterviewpartnerInnen und dem Mann und Projekt nicht; denn da ist die ganze Palette von Er- der Frau auf der Straße, die uns mehr oder minder fahrungen der wissenschaftlichen Arbeit zugelassen bereitwillig über ihr ganz persönliches Schwabenbild und möglich: das Scheitern wie das Meistern, der Irr- Auskunft gaben. tum wie das Glück durch allerhand Gefahren und Die Kollegen im LUI strukturierten durch Diskus- geistige Abenteuer doch noch ans Ziel zu kommen. sionen, eine ganze Reihe schrieben sogar Artikel für Zeit ist ein Faktor, Langsamkeit keine Primärtugend, diesen Band: Hermann Bausinger, Arno Ruoff und aber eine gewisse Bedächtigkeit und eine Bereitschaft Kaspar Maase, der uns so heimleuchtete, daß wir sei- nicht auf dem nächsten Weg zum Ziel zu kommen, nen kritischen Beitrag als Fragezeichen ans Ende die- ist für ein Studium, das mehr sein will, als eine bloße ses Bandes gestellt haben. Berufsausbildung zumindest bedenkenswert. Marina von Jacobs half uns für n Appel und n Ei Ein solches Unternehmen, das Berge nicht versetzt, beim Aufbau der Ausstellung. aber immerhin Höhen und Tiefen durchschreitet, ist Schließlich bleiben die Kosten. Unter dem Druck auf innere Kooperationsbereitschaft angewiesen, aber der Finanzmisere war eine Unterstützung durch das auch auf Hilfe von außen. Dankbarkeit zu erfahren Institut und die Universität nur sehr beschränkt mög- und zu erlernen ist gleichfalls ein Ziel, das nicht mit lich. Umso dankbarer sind wir der Stiftung
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