Neuendettelsauer Chronik

Neuendettelsauer Chronik

B 5225 Neuendettelsauer Nr. 3 – Oktober 2018 Chronik Mit Spender- und Stifter-Journal Reise in die Welt der Phantasie Erzähloma in der Kita Bunte Oase Special Olympics Neuendettelsauer Sportler fliegen nach Abu Dhabi Arbeiten mit Behinderung Es muss nicht immer die Werkstatt sein Brautkleid aus Rosen Kunst aus der Diakonie-Gärtnerei VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, die Landtagswahl in Bayern beschäftigt in bestellt ist. Manchmal wird die Tragweite einer diesen Tagen viele Menschen. Das Wahlrecht solchen Bestellung nicht bedacht. Immerhin ist in der repräsentativen Demokratie das zen- wird die Entscheidung, Menschen das Wahl- trale Mittel der Mitwirkung für die Bürger. recht abzusprechen, regelmäßig von Rich- Auch erwachsene Menschen mit Behinderung tern überprüft. An den Infoveranstaltungen haben im Grundsatz das Recht, an Wahlen in Himmelkron dürfen aber unabhängig vom teilzunehmen. Damit sie selbst eine gut infor- Wahlrecht alle Menschen teilnehmen. „Es ist mierte Entscheidung treffen können, orga- schön zu wissen, wer einen in der Politik ver- nisierten die Offenen Hilfen in Himmelkron tritt“, meint dazu Johannes Wiebauer, der mit unter anderem eine Informationsreise nach dem Down-Syndrom geboren wurde. „Noch München, wo die Oberfranken mit Politikern schöner ist es, selbst mitentscheiden zu kön- im Landtag ins Gespräch kamen. 19.000 Men- nen. Deswegen sollte jeder, der kann, auch schen mit Behinderung sind allerdings von der wählen gehen“. Genauso sehe ich das auch. Landtagswahl ausgeschlossen. In dieser Aus- gabe der Chronik erfahren Sie, wie kompliziert und manchmal umstritten die Hintergründe solcher Einschränkungen sind. Entscheidend Ihr ist, ob für jemanden auf Dauer ein Betreuer Rektor Dr. Mathias Hartmann zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten Vorstandsvorsitzender Buchtipp: Mathias Hartmann und Peter Schwarz (Hg.) Neuendettelsauer Psalter ISBN 978-3-947552-00-9 Preis 24,90 Euro (ab 10 Stück je 19,90 Euro) Mit der Herausgabe dieses neuen Psal- ters führt die Diakonie Neuendettelsau eine Arbeit fort, die ihr Gründer, Pfarrer Wilhelm Löhe, begonnen hat. Für die im Entstehen begriffene Gemeinschaft der Diakonissen suchte er nach Modellen für das gemeinsame Gebet und fand sie in der Tradition der Tagzeitengottesdienste Matutin, Vesper und Komplet, bei denen der Psalmengesang in Form des Grego- rianischen Chorals eine zentrale Stellung Inhalt einnimmt. Das Wort der Heiligen Schrift soll so zum Klingen gebracht werden. Auf diesem Gebiet hat seit der Herausgabe des Vorgängerbuchs vor fast einem hal- Rund um die Diakonie Neuendettelsau 3-16, 21-28 ben Jahrhundert eine bedeutsame Wei- terentwicklung stattgefunden. Mit Prof. Dr. Stefan Klöckner konnte für die Erar- Spender- und Stifterjournal 17-20 beitung des neuen Psalters ein ausgewie- sener Fachmann gewonnen werden. Der Psalter ist eine Hilfe für Gemeinschaften Freundeskreis-Nachrichten 29-31 und Gemeinden, die die Liturgie berei- chern und spirituelles Leben gestalten möchten. Der Psalter ist im Buchhandel erhältlich, telefonisch unter der Nummer 09874 86289 oder per Mail an bibliothek@dia- konieneuendettelsau.de . RUND UM DIE DIAKONIE NEUENDETTELSAU Kinder tauchen mit Schwester Irmgard in die Welt der Phantasie ein Diakonisse besucht als Erzähloma die Integrative Kindertagesstätte Bunte Oase Die Kinder und Eltern der Integrativen Kindertagesstätte „Bunte Oase“ in Neuendettelsau freuen sich, wenn Diakonisse Irmgard Weber als „Erzähloma“ zu Besuch kommt. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es bei ihnen unter dem liebevollen Titel der oder Buchhandel. Auch außerhalb der in Neuendettelsau Diakonissen, die Erzähloma allgemein bekannt. Zweimal Einrichtung zaubert sie den Kindern ein ausgebildet wurden zum christli- pro Woche lädt sie die Kinder aus allen Lächeln ins Gesicht und hat immer Zeit chen Dienst am Nächsten. Anfangs Gruppen ein, mit ihr gemeinsam in die für ein kurzes Gespräch. waren sie hauptsächlich Kranken- phantasievolle Welt der Geschichten, Die Erzähloma unterstützt mit ihren schwestern, doch über die Jahr- Sagen, Legenden, Märchen und Erzäh- Besuchen die Zusammenarbeit von zehnte wandelte sich das Berufs- lungen zu reisen. Das Angebot ist ein Diakonie und Einrichtung, sie ist mit feld der Diakonissen in ein breites Höhepunkt für viele Kinder, die sich vollem Elan präsent und ein prägendes Spektrum an Sozialer Arbeit, die in dann um ihre Erzähloma versammeln Bild für die Kinder. Sie vermittelt den den zahlreichen und unterschied- und gespannt ihren Ausführungen lau- Auftrag ihrer Liebestätigkeit mit ihrer lichsten Einrichtungen der Dia- schen. Mit ihren 81 Jahren ist Schwester ganzen Person und bringt den Kindern konie Neuendettelsau bis heute Irmgard Weber nicht nur eine der bes- die Vielfalt der Diakonie ganz selbstver- ihre Spuren hinterlassen haben. ten Erzählerinnen, sondern auch eine ständlich nahe. Im Laufe ihrer Tätigkeit Auch wenn gegenwärtig nur noch begabte Bastlerin. Viele ihrer Geschich- hat sie dabei eine Vielzahl von Mädchen gelegentlich Diakonissen selbst in den ten werden durch selbst gestaltete Bas- und Jungen während ihrer Kindergar- Einrichtungen arbeiten, so bleibt ihre telwerke sowie originelle Ideen unter- tenzeit erleben und begleiten können. Präsenz doch bestehen. Ein erfolgrei- stützt und von Kindern voller Stolz „Wir bedanken uns für ihr jahrelanges ches Beispiel dafür ist Schwester Irm- nach Hause getragen. Bei der Auswahl Engagement und ihren Einsatz und gard Weber, die Erzähloma der integ- ihrer Geschichten bleibt sie stets ein- hoffen, dass Schwester Irmgard diese rativen Kindertagesstätte Bunte Oase fallsreich, keine Geschichte haben die Tradition noch lange fortführen kann“, Neuendettelsau. Kinder je doppelt gehört. Auf der Suche meint Patricia Müller vom Elternbei- Schwester Irmgard Weber besucht seit nach neuen Abenteuern trifft man sie rat der Integrativen Kindertagesstätte 15 Jahren regelmäßig die Kinder und ist daher häufig in der örtlichen Bücherei Bunte Oase. 3 RUND UM DIE DIAKONIE NEUENDETTELSAU Neues Zuhause für Menschen, die sonst keiner will In Himmelkron entsteht eine Gruppe für Menschen mit besonders heraus- forderndem Verhalten „Wir wollen ein Angebot für Men- schen schaffen, die kaum eine andere Chance haben“, meint Armin Wissel, der im Raum Himmelkron für die Wohnangebote der Diako- nie Neuendettelsau für Menschen mit Behinderung verantwortlich ist. In eine neue Gruppe sollen Männer und Frauen mit sehr hohem Hilfebe- darf einziehen, die an anderen Stel- len nicht zurechtgekommen sind. Die Himmelkroner Dienste für Men- schen mit Behinderung haben viel Erfahrung in der Betreuung von Men- schen, die sich herausfordernd verhal- ten. Dennoch stoßen die Mitarbeiterin- Sabrina Appelius, Simone Nürnberger und Alexander Roder sind ein eingespieltes Team bei der Betreu- nen und Mitarbeiter in manchen Fällen ung von Menschen mit herausforderndem Verhalten. Jetzt wollen die Himmelkroner Dienste für Men- schen mit Behinderung den nächsten Schritt gehen und eine Gruppe für Männer und Frauen aufbauen, an ihre Grenzen. Jetzt will das Team „an denen andere gescheitert sind“. den nächsten Schritt tun und in einem Wohnprojekt eine neue Herangehens- Projekt voraussichtlich im kommenden in der neuen Gruppe aber auch Berufs- weise an solche Verhaltensweisen ver- Jahr starten wird. anfänger mit Potenzial vorstellen, denn wirklichen. Dafür brauchen die Himmelkroner aber Flexibilität und Mitdenken sind eben- Der Bezirk Oberfranken hat sich bereit noch Mitstreiter, die sich dieser Her- falls gefragt. Ob um 6 Uhr oder um 7 erklärt, die nötigen Voraussetzungen zu ausforderung stellen. Gesucht werden Uhr geweckt wird, ist in diesem Kontext schaffen. Geplant ist eine kleine Gruppe starke Persönlichkeiten mit Selbstbe- nicht so wichtig – aber ein Gefühl für für sechs Männer und Frauen in einem wusstsein und Durchsetzungskraft, die die aktuelle Grundstimmung unver- geschützten und geschlossenen Rah- bereit zum Lernen und auch in kriti- zichtbar. men. Da diese Menschen in der Gemein- schen Situationen handlungsfähig sind. Das Team in Himmelkron hält die neue schaft nicht zurechtkommen und kaum Sabrina Appelius, Simone Nürnberger, Gruppe für sehr wichtig, weil es „Men- Kompromisse schließen können, Alexander Roder und Sandra Müller schen in Deutschland gibt, die nicht bekommt jeder ein Einzelzimmer und arbeiten in Himmelkron mit Menschen, versorgt sind, aber trotz all ihrer Prob- eine intensive Betreuung. die sich herausfordernd verhalten. Ihr leme eine Heimat brauchen, um sich Zwei Fachkräfte werden tagsüber in der Team ist es, das sie auch noch nach entwickeln zu können“. Die Beziehun- Gruppe sein. Jede Fachkraft hat einen Jahren bei dieser schwierigen Aufgabe gen zu ihren Betreuern sind oft die ein- Assistenten, der für ihre Sicherheit hält. Sie können sich voll aufeinander zige Konstante im Leben dieser Men- garantiert, denn es kann vorkommen, verlassen. Viele Kompetenzen, die sie schen. Gelingen diese Beziehungen, dass die Bewohner sich und andere bei der Arbeit erworben haben, nehmen können Selbstbewusstsein und Kom- gefährden. Das Team wird von einem sie für’s Leben mit. „Wir gehen viel in promissfähigkeit wachsen – aber Hintergrunddienst unterstützt, der sich die Tiefe“, meint Alexander Roder. Die „wenn’s kracht, krachts“, da gebe es um Organisatorisches kümmert. Die Arbeit in einer „Routine-Gruppe“ wäre nichts zu beschönigen. „Es geht darum, Räume, die für die Gruppe vorgesehen auf Dauer nichts für ihn. In dem über Lebenswege in eine andere Richtung zu sind, werden in den nächsten Monaten Jahre gewachsenen Team versteht man lenken“,

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