2019 · Zeitgeschichte in HamburgZeitgeschichte · 2019 Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) in Hamburg für Zeitgeschichte in HamburgForschungsstelle Zeitgeschichte ZEITGESCHICHTE IN HAMBURG NACHRICHTEN AUS DER FORSCHUNGSSTELLE FÜR ZEITGESCHICHTE IN HAMBURG (FZH) 2019 ZEITGESCHICHTE IN HAMBURG 2019 Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) Wissenschaftliche Einrichtung an der Universität Hamburg Beim Schlump 83 20144 Hamburg Tel. +49 40 43 13 97 0 Fax +49 40 43 13 97 40 www.zeitgeschichte-hamburg.de Die FZH ist seit 1997 eine Stiftung bürgerlichen Rechts, die von der Freien und Hansestadt Hamburg getragen wird. »Zeitgeschichte in Hamburg 2019« wird kostenlos von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) abgegeben und steht auf www.zeitgeschichte-hamburg.de als Download zur Verfügung. ISSN Print 2366-6412 ISSN Web 2366-6420 Herausgeber: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) Hamburg 2020 Umschlagabbildung Vorderseite: Maike Raap Umschlagabbildung Rückseite: Siegerentwurf der Klasse 10d des Gymnasiums Klosterschule im Plakatwettbewerb »100 Jahre Frauenwahlrecht«. Der Wettbewerb wurde von der Landeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit der FZH und der BWFG ausgeschrieben und richtete sich an Hamburger Schülerinnen und Schüler ab Klasse 9. Redaktion: Kirsten Heinsohn, Stefan Mörchen, Maike Raap Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg 1. Auflage 2020 INHALT KIRSTEN HEINSOHN Vorwort 7 KIRSTEN HEINSOHN Der etwas andere Intellektuelle 14 Axel Schildt (1951 – 2019) ■ AUS DER FORSCHUNG CHRISTOPH STRUPP Im Bann des Authentischen? 18 Historische Schiffe und maritime Museen in Hamburg WOLFGANG KOPITZSCH Hamburger Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg 40 Der »auswärtige Einsatz« und seine Nachgeschichte ERIKA HIRSCH »Never teach history without telling a story« 60 Zeitzeugenschaft in der Gedenk- und Bildungsstätte Israelitische Töchterschule JESSICA ERDELMANN »Praktisch kein Vermögen besessen« 79 Der Umgang mit den Vermögenswerten NS-belasteter Funktionseliten am Beispiel des ehemaligen Hamburger NSDAP-Gauleiters Karl Kaufmann KIRSTEN HEINSOHN 1919 – Aufbruch in die Demokratie 98 Das Wahlrecht für Frauen ■ TAGUNGSBERICHTE LINDE APEL Oral History im Wissenschaftstransfer 114 Ein Workshop in Indien ZEITGESCHICHTE IN 2019 HAMBURG · ZEITGESCHICHTE ANDREA ALTHAUS / JANINE SCHEMMER Netzwerktreffen Oral History 127 SEBASTIAN HAUMANN Anders Wohnen 134 Großsiedlungen und die Konstruktion von Differenz seit den 1970er Jahren SOPHIE STRITZELBERGER Aufbrüche 142 Geschichte der Frauenbewegungen im 20. Jahrhundert ■ TÄTIGKEITSBERICHT 2019 149 Abbildungsnachweise 212 VORWORT ieder liegt ein Jahresbericht der Forschungsstelle für Zeitgeschich- W te in Hamburg (FZH) vor, gefüllt mit Nachrichten und Texten aus dem Jahr 2019. Im Rückblick wird erkennbar, wie sehr dieses Jahr von der Diskussion um den Klimawandel geprägt war und damit ein Thema auf der Tagesordnung stand, in dem Gegenwart und Zukunft verhandelt werden. Wie in allen Städten Europas gab es auch in Hamburg große Demonstra- tionen der »fridays for future«-Bewegung. Die Aktivistinnen und Aktivis- ten erinnern mit neuen Medien und neuen Slogans an eine Erkenntnis, die schon vor über dreißig Jahren zu einem Motto der Umweltbewegung avancierte: »Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt«, hieß es beispielsweise auf Plakaten der Grünen in den 1980er Jahren.1 Aus zeit- historischer Sicht lassen sich die politischen und ökonomischen Entwick- lungen der Jahre seit 1972, als mit dem Bericht des Club of Rome erstmals eine drastische Warnung vorlag, bis zu der heutigen umweltpolitischen Lage sehr gut nachvollziehen. Lernen, wie es zukünftig besser zu machen ist, kann man daraus wohl nicht. Aber verstehen, warum es so gekommen ist – dazu kann die zeithistorische Forschung beitragen. Zwei Beiträge in diesem Jahresbericht zielen auf genau diese Aufgabe der Zeitgeschichte – die Aufklärung –, und zwar mit Blick auf die Geschichte und die Folgen des Nationalsozialismus in Hamburg. Eine wichtige öffent- liche Diskussion im letzten Jahr kreiste um die Gestaltung des Stadthau- ses und den Umgang mit seiner Historie. Dieser Gebäudekomplex war seit 1814 Sitz der Polizei in Hamburg und zwischen 1933 und 1943 zugleich Zentrale der nationalsozialistischen Verfolgungsorganisationen, wie etwa der Geheimen Staatspolizei. Hier wurden die Maßnahmen zur Verfolgung von Gegnern des Nationalsozialismus koordiniert, Gefangene misshandelt und Transporte in Konzentrations- und Vernichtungslager vorbereitet, hier wurde der »auswärtige Einsatz« der Hamburger Ordnungspolizei, u. a. im besetzten Polen, geplant. Das »Zentrum von Terror und Unterdrückung«2 lag mitten in der Stadt. Nach Krieg und Wiederaufbau wurde es von ver- schiedenen Behörden genutzt, aber erst seit 1981 gibt es eine Gedenktafel. Vor mehr als zehn Jahren verkaufte die Stadt Hamburg den Komplex an 7 KIRSTEN HEINSOHN private Investoren, mit der Auflage, im Gebäude auch VORWORT einen Lern- und Erinnerungsort zu schaffen.3 Die Art und Weise, wie dieser Auftrag umgesetzt wurde und wird, ist höchst umstritten, insbesondere Vertreter von NS-Opferverbänden und zahlreiche Fachleute kritisie- ren den Umgang mit diesem besonderen historischen Ort von Täterschaft und Widerstand. Inzwischen gab und gibt es zahlreiche Informationsveranstaltun- gen zur Geschichte des Hauses. Aus diesem Kontext stammt ein Vortrag von Wolfgang Kopitzsch, Histo- riker und ehemaliger Polizeipräsident von Hamburg, über die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus, den wir hier dokumentieren. Der Autor beschreibt den Aufbau und die Aufgaben der Polizei nach 1933 und im Krieg, insbesondere die Beteiligung von Hambur- ger Polizeieinheiten an den Verbrechen in den besetz- ten Gebieten. In einem weiteren Beitrag steht die Auseinander- setzung mit der Erinnerung an vertriebene oder er­­ mordete Hamburger und Hamburgerinnen nach 1945 im Vordergrund. Die Historikerin Erika Hirsch stellt 1 Vgl. Lebendiges Museum Online: https://www.hdg.de/lemo/bestand/ ehemalige Schülerinnen und Schüler der Israelitischen objekt/plakat-wir-haben-die-erde- Töchterschule vor, die sie als Leiterin der gleichnami- von-unseren-kindern-nur-geborgt. html [22.1.2020]. gen Gedenk- und Bildungsstätte kennenlernte. Die 2 Das Stadthaus in Hamburg. Erzählungen dieser Frauen und Männer und vor allem Zentrum von Terror und Unter- die Begegnungen mit ihnen in der alten Schule prägten drückung 1933 bis 1945. Das in besonderer Weise die päda gogische Arbeit der Ringen um einen würdigen Gedenk- und Lernort, hg. von der Gedenkstätte. Mit großer Empathie würdigt Erika Initiative Gedenkort Stadthaus, Hirsch die Initiative dieser Personen, die trotz ihrer Hamburg 2019. Verfolgungserfahrungen und der Ermordung von Fa­­ 3 Online-Portal: Stätten der Er innerung in Hamburg, hg. von milienangehörigen in ihre Geburtsstadt zurückkehrten der KZ-Gedenkstätte Neuengam- und sich für die Erinnerung an das jüdische Schul- me und der Landeszentrale für politische Bildung. Zum Stadt- wesen und an jüdische Persönlichkeiten in Hamburg haus: https://www.gedenkstaetten- einsetzten. Diese Aktivitäten, in denen sich Wechsel- in-hamburg.de/gedenkstaetten/ gedenkort/geschichtsort-stadt- beziehungen zwischen Zeitzeugen, Fachleuten und haus/ [17.3.2020]. interessierten Laien ergaben, gehören zur städtischen 8 Erinnerungskultur der 1980er und 1990er Jahre, deren Genese und Akteu- re noch weiter erforscht werden müssen. Runde Jahrestage bieten eine andere Herangehensweise an Erinnerun- gen, Historisierungen und Aufklärung. Auch im letzten Jahr haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FZH wieder mit ihrer Expertise an manchen Jubiläen und Jahrestagen beteiligt. So fand etwa zum Themen- jahr »Hamburg 1918.1919 – Aufbruch in die Demokratie« in der Patrioti- schen Gesellschaft eine große Veranstaltung zum 100. Jahrestag der ersten demokratischen Wahl in Deutschland statt, gemeinsam organisiert von der FZH, der Landeszentrale für politische Bildung und der Behörde für Wis- senschaft, Forschung und Gleichstellung. An dem Festvortrag zur Einfüh- rung des Frauenwahlrechtes in Deutschland 1918 / 1919, der im vorliegen- den Jahresbericht dokumentiert wird, sowie der Preisverleihung für einen Schülerinnen- und Schülerwettbewerb nahmen knapp 300 Personen teil. Weitere Beiträge aus der FZH kamen zur Hundertjahrfeier der Universität Hamburg (»Sommer des Wissens«) sowie zur Geschichte des Bauhauses 1919. Schließlich nimmt Christoph Strupp nicht einen Jahrestag, sondern bestimmte Objekte in den Blick, um spezifische Probleme der Hafenge- schichtsschreibung zu diskutieren. Sein Beitrag beschäftigt sich am Beispiel von Museen und historischen Schiffen mit der Frage, ob und wie der wirt- schaftliche Strukturwandel in der Musealisierung und Präsentation von Hafengeschichte eine Rolle spielt. Welche Leerstellen die heute intensiv betriebene Pflege des maritimen Erbes entstehen lässt, beschreibt Chris- toph Strupp ebenso wie die Pfadabhängigkeiten, die sich aus der Auswahl von historischen Objekten ergibt. Im letzten Jahr, am 5. April 2019, verstarb der langjährige Direktor der FZH, Prof. Dr. Axel Schildt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FZH haben sich nach seiner Verabschiedung aus dem Amt weiter eng mit ihm verbunden gefühlt; eine tiefe Trauer prägte daher die Tage und Wochen nach seinem Tod. Die vielen Nachrufe zeigten, dass Axel Schildt geschätzt, gelesen und geliebt worden war und dass er eine große Lücke hinterlässt. Bis wenige Tage vor seinem
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