DISSERTATION Titel der Dissertation Die Hörspiele von Wolfgang Ambros, Josef Prokopetz und M.O. Tauchen. Popularkulturelle Sozialsatiren in der Tradition des Wiener Volkstheaters. Verfasser Mag. Herbert Eigner angestrebter akademischer Grad Doktor der Philosophie Wien, 2009 Studienkennzahl laut Studienblatt: A 092 317 Dissertationsgebiet laut Studienblatt: Theater-, Film- und Medienwissenschaft Betreuerin: Univ.-Prof. Dr. Hilde Haider Meiner Familie. In memoriam Georg Danzer. Besonderem Dank bin ich Frau Univ.-Prof. Dr Hilde Haider für die Betreuung, Frau Univ.- Prof. Dr. Brigitte Marschall für die Begutachtung und Frau Johanna Ulm für das Lektorat der vorliegenden Arbeit verpflichtet. Meinen Eltern danke ich für ihre große Unterstützung. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 1.1. Österreichische Popularmusik als Träger von Literatur 1 1.2. Sozialkritischer Austropop 9 1.3. These und Zugang 10 1.4. Hörspiel – Theater 12 1.5. Zielsetzung 13 1.6. Aufbau 15 2. Fäustling , Der Watzmann ruft , Schaffnerlos , Augustin : Konzeptalben oder Hörspiele? 17 2.1. Definitionsmoloch 17 2.2. Mehr als Konzeptalben 22 3. Austropop 31 3.1. Einführung 31 3.2. Austropop – Definition und Entstehungsbedingungen 32 3.3. Geschichtliches und Zeitumstände 51 3.4. Gegenbewegung 53 3.4.1. Proletarisierung der Popularkultur 58 3.4.1.2. „Weil mir so fad is …“ im „Espresso“ 58 3.4.1.3. Die ausklingende Revolution 66 3.5. Alles andre zählt net mehr … 68 3.5.1. „Franz Pokorny, 60, Hausbesorger“ („A Hausmasta is a Respektsperson!“) 69 3.5.1.2. Wien-Kitsch 73 3.5.1.3. Vergangenheitsaufarbeitung 78 3.5.1.3.1. Nationalsozialismus 79 3.5.1.3.2. Generationenkonflikt 80 3.5.1.3.3. Ausbruch und Flucht 82 3.5.1.3.4. Alles andre zählt net mehr als … 87 3.5.1.3.5. Grundlegende Revolte(n) 90 3.5.1.3.5.1. Exkurs: Die Wiener Gruppe – Sprache 98 4. Der Volkskünstler Wolfgang Ambros 107 4.1. Der Volksbegriff 116 4.1.2. „Der Ambros singt ein Moserlied“ 117 4.1.2.1. Volk als soziologischer Begriff 117 4.1.2.2. Ambros – einer aus dem Volk 119 5. Die Hörspiele von Wolfgang Ambros, Josef Prokopetz und M.O. Tauchen. Popularkulturelle Sozialsatiren in der Tradition des Wiener Volkstheaters 125 5.1. Einführung 125 5.2. Volkstheater und Volksstück 128 5.3. Fäustling . Rebellion als Travestie 132 5.3.1. Entstehung 132 5.3.2. Künstlerisches Umfeld 133 5.3.3. Experiment, Fragment, Singspiel 141 5.3.4. Rebellion als Travestie 147 5.3.4.1. Literarische Travestie 147 5.3.5. Mensch und Menschlichsein 150 5.3.6. Auf der Suche nach dem Individuum 180 5.4. Der Watzmann ruft . Besserungsstück ohne Besserung 182 5.4.1. Der Mythos Watzmann 182 5.4.2. Kritische Heimatbetrachtung 184 5.4.3. Ein Besserungsstück ohne Besserung als Hörfilm 189 5.4.4. Watzmann . Die alpine Rocky-Horror-(Picture-)Show 221 5.5. Exkurs: Karli und der Sinn des Lebens 226 5.6. Schaffnerlos . Die Tragödie eines Individuums 230 5.6.1. Die letzte Fahrt des Schaffners Fritz Knottek 230 5.6.2. Fritz Knottek – ein verhinderter Hanswurst 234 5.6.2.1. Exkurs: Hanswurst 240 5.6.2.1.1. Der Wienerische Hanswurst 241 5.6.2.1.2. Hanswurst – nur ein Lustigmacher? 244 5.6.2.1.3. Cosroes 245 5.6.2.1.4. Hanswurst – der berechnende Lustigmacher 247 5.6.3. Das Hanswurstrelikt Knottek 253 5.7. Augustin . Der Popstar als Volkssänger 274 5.7.1. Die Geschichte des Wiener Volkssängers Augustin und seiner Freunde 274 6. Schlussbemerkung 296 7. Bibliographie 299 7.1. Primärliteratur 299 7.2. Sekundärliteratur 302 7.3. Zeitschriften 308 7.4. Zeitungen 308 8. Diskographie 309 9. Filmographie 311 10. Internet 312 11. Konzerte 312 12. Abstract 313 12.1. Abstract in deutscher Sprache 313 12.2. Abstract in englischer Sprache 314 13. Vita 315 1 1. Einleitung 1.1. Österreichische Popularmusik als Träger von Literatur „Was, der Ambros hat Hörspiele geschrieben?“ Diese ungläubige Replik erhielt ich fast jedes Mal, wenn ich auf die Frage nach meinem Dissertationsthema geantwortet habe, wobei die Fragesteller aus den unterschiedlichsten sozialen und beruflichen Umfeldern kamen. Erst bei der Aufzählung der Werke Fäustling , Der Watzmann ruft , Schaffnerlos und Augustin wurden einige bei Watzmann und Schaffnerlos hellhörig, wobei das eher auf die 2004/2005 und 2008 wiederaufgenommene Bühnenversion von Der Watzmann ruft und auf den Bekanntheitsgrad des Liedes „Schaffnerlos“ zurückzuführen ist. Heide Pfeilers Meinung, dass einzelne Songs aus den genannten Alben „in Österreich und auch im südbayrischen Raum [...] nie isoliert als solche rezipiert, sondern immer im Bewußtsein des jeweiligen Kontext(s) der Handlung des Musicals oder des Hörspiels gehört und bewertet [wurden]“ 1, ist also mit Vorsicht zu genießen. Umso erstaunlicher mutet die Unkenntnis der Hörspiele von Wolfgang Ambros an, wenn man bedenkt, dass Ambros, wie er selbst sagt, bereits „fünfunddreißig Jahre im Dienste der österreichischen Populärmusik“ 2 steht und einen nicht gerade geringen Bekanntheitsgrad in Österreich hat. Das Faktum des Nichtwissens um die Existenz dieser Hörspiele mag zum großen Teil auch daran liegen, dass diese Werke nicht explizit als Hörspiele definiert und tituliert im Plattenregal stehen. Und das „Spiel in G“ Fäustling ist überhaupt nur mehr antiquarisch als Schallplatte erhältlich. Die vermeintliche Unbekanntheit von Fäustling , Der Watzmann ruft , Schaffnerlos und Augustin als Hörspiele war deshalb mit ein Grund, sich mit diesen Werken auf wissenschaftlicher Ebene auseinander zu setzen, denn auch von der Wissenschaft wurden sie eher stiefmütterlich bis überhaupt nicht behandelt. Eine Ausnahme ist Heide Pfeiler, die in ihrer Untersuchung Austropop. Die Entwicklung der Rock- und Popmusik in Österreich in den 60er und 70er Jahren. Dargestellt und musikimmanent untersucht an ausgewählten Beispielen ins Detail gehenden Analysen der Hörspiele von Wolfgang Ambros, Josef Prokopetz und M.O. Tauchen ansatzweise Platz gewährt. Eine grundlegende Auseinandersetzung mit diesen Monolithen der österreichischen Popularmusik ist allerdings 1 Heide Pfeiler: Austropop. Die Entwicklung der Rock- und Popmusik in Österreich in den 60er und 70er Jahren. Dargestellt und musikimmanent untersucht an ausgewählten Beispielen. Dissertation. Graz 1995, S. 189. 2 Gipfeltreffen. Regie: Werner Schmidbauer. Bayrischer Rundfunk 2006. 2 bis heute ausgeblieben. Die Formulierung „Monolithe“ ist so pathetisch nicht, wie sie vielleicht auf den ersten Blick anmutet. Fäustling , Der Watzmann ruft , Schaffnerlos und Augustin sind meines Erachtens nach einzigartige Erscheinungen in der österreichischen Popularkultur. Weit über den Begriff des Konzeptalbums hinausreichend sind sie thematische, dramaturgische, literarische Gattungsgrenzen überschreitende und künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten sprengende Konglomerate, die nahezu nach einer wissenschaftlichen Analyse und Interpretation schreien. Die populäre Kultur und somit auch der Austropop haben längst Einzug in die Forschung der verschiedensten Studienrichtungen gehalten. Zu Recht. Eine fundamentale Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Austropop respektive der österreichischen Pop- und Rockmusik seit Anfang der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts ist allerdings bis heute ausgeblieben. Es gibt zwar schon einige Arbeiten über Austropop und Kritische Liedermacher; die Debatte um den Austropop aber erschöpft sich an der (im Prinzip zu nichts führenden) Diskussion um den Terminus Austropop, dessen Entstehungsbedingungen, die diversen Einschnitte und Phasen dieser „Musikrichtung“. Auch die vorliegende Arbeit kann und will keinen gesamtgeschichtlichen Überblick über diese musikalische Bewegung geben, sondern sich vor allem auf die Entstehungsbedingungen konzentrieren – vor allem aus Sicht der Texte und Inhalte, weniger aus Sicht der Musik. In diesem Kontext hat bereits Hilde Pfeiler eine fundierte Aufarbeitung geleistet. Anhand genauer textlicher und thematisch-inhaltlicher Analysen einzelner Songs, Alben und der genannten Hörspiele sollen nicht nur werkimmanente und gesellschaftlich relevante Untersuchungen durchgeführt werden, sondern es soll auch eine kleine Geschichte des Austropop in den 1970ern geschrieben werden. Das künstlerische Wirken von Wolfgang Ambros als vermeintliche Galionsfigur des Austropop soll dabei bis in die Gegenwart verfolgt werden um seine artifizielle Weiterentwicklung darzustellen und nebenbei auch zu zeigen, wie sich der Austropop beziehungsweise die österreichische Popularmusik vor allem inhaltlich verändert hat. Gerade die literarische Qualität der Texte 3 eines Georg Danzer, Joesi Prokopetz oder Wolfgang Ambros rechtfertigen eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Nukleus der österreichischen popularen Kultur. 3 Alle Zitate aus Liedtexten wurden transkribiert. Die Texte in Wiener Mundart beziehungsweise Dialekt wurden nach einem vom Verfasser willkürlich festgelegten System phonetisch wiedergegeben. Dabei wurden auch etwaige grammatikalische Fehler berücksichtigt. Bei den Herkunftsverweisen der Liedtexte werden sowohl Texter als auch Komponist angeführt. 3 Auch wenn beispielsweise die Entstehungsgeschichte von Der Watzmann ruft genauso wie mancher Nonsensreim 4 eine seriöse wissenschaftliche Analyse infrage stellen mag, so sei darauf verwiesen, dass ein Künstler die Dimensionen seines Werkes oft selbst nicht einschätzen oder erst Jahre später erfassen kann und dass derartige Nonsenssätze, wie sich zeigen wird, beinahe dadaistische Qualität aufweisen und sehr wohl ihren Sinn haben. Die Literarizität der Texte scheint erst mit den Wortkaskaden eines Rainhard Fendrich erkannt worden zu sein. Dass ein Georg Danzer und
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