106-113 Eiszeitalter u. Gegenwart 44 Hannover 1994 2 Abb. Weser und Leine am Berglandrand zur Ober- und Mittelterrassen-Zeit PETER ROHDE*) Pleistocene, Upper TerraceA3berterras.se, Middle Terrace/Mittelterrasse, Weser River, Leine River, MAARLEVELD boundary, fluvial history, mapping, gravel provenance analyses. Upland border region Hannover - Osnabrück, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen. Kurzfassung: Bis zum Vereisungsbeginn der Elster-Kaltzeit Middle Terrace/Mittelterrasse period followed a course mark­ folgte die Weser ihrem "angestammten" pleistozänen Lauf: ed by the towns of Nordstemmen, Pattensen, Gehrden, Hameln - Springe - Nordstemmen -Hannover - Mellen­ Wunstorf and Rehburg. It is likely to have flowed into the dorf - ©Nienburg. Bei Nordstemmen nahm sie die Leine auf. Weser east of Uchte. Reste ihrer Oberterrassen -Kiese ermöglichen diese Re­ The above fluvial history of the Weser and Leine is mainly konstruktion. Erst seit der Mittelterrassen -Zeit (Älterer based on mapping by the Geological Survey of Niedersach­ Teil der Saale-Kaltzeit, evtl. von einem jüngeren Teil der El­ sen (Lower Saxony) and on gravel provenance analyses ster-Kaltzeit an) verläuft die Weser in dem Talabschnitt Ha­ (6.3-12.5 mm fraction). meln- Porta Westfalica. Von hier aus hat sie - in einer Breite bis 25 km - Sedimentstränge nördlich parallel zum Wiehengebirge aufgebaut. Etwa von Hunteburg Westlich des Stemmweder Berges verlief sie zumindest teilweise wei­ Kartierung von Ober- und Mittelterrasse ter in Richtung Damme - Vechta. durch die geologische Landesaufnahme Die Leine der Mittelterrassen -Zeit läßt sich von Nord­ stemmen über Pattensen, Gehrden, Wunstorf, Rehburg ver­ Bezüglich der Flußgeschichte der eiszeitliehen Weser folgen; sie mündete etwa im Gebiet von Uchte in die Weser. - und Leine ist der Rand bzw. das Vorland der Berg­ Die in einer Karte zusammengefaßte flußgeschichtliche Dar­ landregion Hannover - Osnabrück ein Schlüsselgebiet. stellung beruht weitgehend auf Geländearbeiten der Geo­ Die Geologische Landesaufnahme des Niedersächsi­ logischen Landesaufnahme des Niedersächsischen Landes­ amtes für Bodenforschung. schen Landesamtes für Bodenforschung, Hannover, hat hier in den letzten 20 Jahren großflächig gearbei­ tet und dabei die Verbreitung der älteren Flußabla­ [The Weser and Leine Rivers near the northern edge geningen auch im tieferen Untergrund erfaßt (GK 25). of the Niedersachsen Upland during Upper Terrace Daraus und aus zusätzlichen Angaben in der Litera­ and Middle Terrace periods] tur wird im folgenden eine Flußgeschichte der ober- und der mittelterrassen-zeitlichen Weser und Leine Abstract: Up to the beginning of the Elsterian glaciation, the entworfen (Abb.l) - als Beitrag zu einem Thema mit Weser River had quite a different course near the northern etwa SOjähriger Tradition (z. B. KURTZ 1915, 1928). edge of the Niedersachsen Upland, than it has today. Its pre­ vious course is marked by the towns of Hameln, Springe. Nordstemmen, Hannover, Mellendorf and (?) Nienburg. Near Der Begriff Oberterrasse gilt für die Flußablagerun­ Nordstemmen it was joined by the Leine River. The re- gen vor dem elster-zeitlichen Eisvorstoß; er umfaßt constntction is based on remains of the Upper Terrace/Ober- hauptsächlich einen ersten Abschnitt der Elster-Kalt­ terrasse gravel deposits, which contain pebbles of Thürin­ zeit und vielleicht auch einen späteren Abschnitt der ger Wald volcanics. Only since the Middle Terrace/Mittel­ vorhergehenden Kaltzeit unter Einschluß der Warm­ terrasse period (older phase of the Saalian age and perhaps zeit zwischen beiden (?Rhume-Warmzeit); ältere Ab­ including younger phase of the Elsterian age) has the We­ lagerungen sind mit dem Begriff im engeren Sinne ser flowed along the stretch between Hameln and Porta West­ nicht gemeint. Der Begriff Mittelterrasse gilt entspre­ falica. Downstream of the Porta gap, the river laid down al­ luvial deposits with a maximum lateral spread of 25 km; these chend für einen ersten Abschnitt der Saale-Kaltzeit deposits border the Wiehengebirge on the north, extending vor dem drenthe-stadialen Eisvorstoß; nach gängigen westwards for about 50 km, and then at least part of them Vorstellungen schließt er einen späteren Abschnitt der turn north-northeastwards near Hunteburg towards Vechta. Elster-Kaltzeit und die Holstein-Warmzeit ein. The Leine River, today a tributary of the Aller River, in the Die Kartierung der "Terrassen" - gemeint sind die Se­ dimentkörper - beruht i. a. auf Bohrungen, die das *) Anschrift des Verfassers: Dr. P. ROHDE, Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Postfach 510153, D-30631 Festgestein erreicht haben und es erlauben, die Lage Hannover. der Terrassen-Basis zu NN zu ermitteln. Niveau und Weser und Leine am Berglandrand zur Ober- und Mittelterrassen-Zeit 107 Gefalle einer Basisfläche müssen den fluviatilen Be­ das heutige Hamel-Tal auf Bad Münder und die Dei­ dingungen entsprechen - mit diesen Kriterien, die in ster-Pforte (GK 25, Bl. 3723). Dort wendete sie sich Subrosionsgebieten und glaziären Stauchzonen selbst­ nach Osten, gab dem weiten alten Prallhang nördlich verständlich nicht gelten, lassen sich Kartierergeb­ Springe "letzten Schliff und floß im heutigen Haller- nisse überprüfen. Tal in Ostsüdost-Richtung nach Nordstemmen (GK 25, Bl. 3824), wo sie die Leine mit ihren vielen Geröllanalysen nach Ausgangsgesteinen Pläner- und Flammenmergel-Geröllen aufnahm. Ihr folgender Abschnitt war durch das heutige Leine-Tal Eine wesentliche Kartierhilfe ist die Geröllanalyse nach über Pattensen, Rethen (beide GK 25, Bl. 3724) und Ausgangsgesteinen (i. a. 300-400 Stück der Fraktion Hannover-Bemerode (GK 25, Bl. 3624) nach Norden 6,3-12,5 mm). Weser-Kies hat hohe Anteile an Bunt­ gerichtet und verlief weiter durch das auffällig breite sandstein und an Thüringer-Wald-Vulkaniten, dazu heutige Wietze-Tal nach Mellendorf (GK 25, Bl. 3424) Kieselschiefer, Grauwacke, Gangquarz, und erscheint und zum Brelinger Berg (ROHDE 1983, 1986, RÖHM deshalb rotbraun-bunt. Leine-Kies enthält dem­ 1990). Spätestens hier war das Flachland mit tiefer lie­ gegenüber Flammenmergel, weniger Buntsandstein, gender Festgesteinsoberfläche erreicht. Die Richtung faktisch keine Vulkanite, aber viel Kieselschiefer und der Weser war von hier an wohl durch eine Senke in Grauwacke und etwas Gangquarz; er erscheint eher Westnordwest-Richtung etwa auf Nienburg zu vor­ grau-bunt. Oberterrassen-Kies enthält kein nordi­ gezeichnet. sches Material, Mittelterrassen-Kies bis zu 5 %, selten Auf diesem Abschnitt war bei Rodenbostel (GK 25, 8% nordisches Material. Höhere Werte weisen auf flu- Bl. 3423 Otternhagen, s. auch GENIFSFR 1970) reiner viatil-glazifluviatile Mischsedimente oder auf glazi- Elbe-Kies glaziär verschuppt in einer Kiesgrube er­ fluviatile Umlagerung. Stark abweichend von den ge­ schlossen; bei Hagen (GK 25, Bl. 3422 Neustadt a. R.) nannten Geröllspekü'en ist ein dritter Typ durch einen erbohrter Kies ist m. E. reiner Weser-Kies: Weser und sehr hohen Anteil an Gang-/Milchquarz von max. 30 Elbe mtissen also auf beträchtliche Erstreckung ge­ bis 55 % gekennzeichnet; die meist gebleichten me­ trennt geflossen sein, sofern die Ablagerungen der sozoischen Sandsteine verlieren sich zwischen älte­ Elbe nicht zu einer kaum unterscheidbaren älteren ren, z. B. paläozoischen Sandsteinen sowie Quarzit, Terrasse gehören. Erst westlich von Nienburg haben Grauwacke, Kieselschiefer und Kristallin. Der Kies er­ sich die beiden Flüsse wahrscheinlich vereinigt. Die scheint we iß-bunt. Seltene Granulit-Gerölle weisen ab hier folgenden, bislang seltenen Beobachtungs­ ihn als sächsisch aus. Wo er frei von nordischem Ma­ punkte deuten auf einen südwestlichen Flußverlauf. terial vorkommt, kann er einem oberterrassen-zeit- Nach WOLF & SCHUBERT (1992) wäre der im Gebiet lichen oder älteren Elbe-Lauf zugeordnet werden Celle - Nienburg zu vermutende Elbe-Lauf allerdings (L.EISSMANN 2.4.90, L.WOLF 11.7.91. jeweils pers. Mitt.: nicht oberterrassen-zeitlich, sondern älter und damit dagegen bezog GENIESER 1970 solchen Kies seines keine Fortsetzung ihres "Streumener" Elbe-Laufs. Typs "Dudenbostel-Rodenbostel" auf das Flußsystem Nördlich des generell ost-west-gerichteten Abschnit­ der Saale und Mulde). tes der Oberterrassen-Weser und -Elbe sind im gla­ ziär geprägten Bereich, d. h. außerhalb der Nieder­ Die Weser zur Oberterrassen-Zeit terrassen-Körper, Gerolle aus dem Einzugsgebiet der von Süden bzw. Osten kommenden Flüsse bisher In der Flußgeschichte des hannoverschen Berglandes nicht beobachtet worden. Der Sachverhalt wird seit bewirkt der erste, d. h. elster-zeitliche Vorstoß des längerem durch den Begriff der "MAARLEVF.i.n'schen skandinavischen Eises eine tiefgreifende Verände­ Linie" beschrieben (z.B. Linne 1961 bezügl. MAARLE- rung. Bis zu dieser Zeit trat die Weser, größter Fluß VELD 1954, LÜTTIG & MEYER 1980, GÜK 500 Q); ein stra­ zwischen Elbe und Rhein, bei Hannover aus dem tigraphischer Bezug ist darin nur insofern enthalten, Bergland. Mit geologischen Augen gesehen ist das als Ober- und Mittelterrasse erörtert worden sind. nicht allzu verblüffend, sondern eher einleuchtend, öffnet sich doch das Bergland bereits südlich von Han­ nover trichterförmig in einer bis zu 10 km breiten flu­ Die Höhenlage der Oberterrasse der Weser viatilen Verebnung. Auch wenn die Saale-Kaltzeit deutlich Anteil an der Gestaltung hat, sind für eine Über das Basis-Niveau der Oberterrassen-Sedimente solche Landschaftsformung mehr als eine Kaltzeit, al­ lassen sich nur für den Abschnitt Hameln - Hannover so mehr
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