III Vorwort auch den bei Carl Friedrich Meser in zig 1895, S. 179), jedoch kam es aus un- Dresden veröffentlichten, eigenhändig bekannten Gründen nicht dazu. Eine angefertigten Klavierauszug. Rolle könnte der enorme technische Nach der erfolgreichen Premiere in Anspruch gespielt haben, den Liszt be- Weimar, die Wagner nicht besuchen reits im zitierten Brief an Wagner an- Im Rückblick betonte Franz Liszt (1811 – konnte, berichtete Liszt seinem Freund sprach. 86) gegenüber dem Verlag Breitkopf & erstmals von seinen beiden Tannhäuser- Ein Jahr später schenkte Liszt das Härtel, seine „Wagner-Transcriptionen“ Bearbeitungen: „Wissen Sie, was mir ein- mit einer Widmung an Bülow versehene hätten „Anfangs der 50er Jahre, wo gefallen ist? Nicht mehr und nicht weni- Autograph der Ouvertüren-Bearbeitung allein das Weimarer Theater die Ehre ger als mir auf meine Art und für das diesem beim Zusammentreffen in Wei- hatte, ,Tannhäuser‘, ,Lohengrin‘ und Klavier die Tannhäuser-Ouvertüre und mar, und zwar, wie Bülow sich später den ,fliegenden Holländer‘ aufzufüh- die ganze Szene: ,O du mein holder erinnerte, „nach der ersten Aufführung ren, […] nur als bescheidene Propagan- Abendstern‘ aus dem dritten Akt anzu- des Lohengrin“ am 28. August 1850 da am dürftigen Clavier für den hehren eignen. – Was die erstere angeht, glaube (zitiert nach Nikolaus Oesterlein, Kata- Genius Wagner’s“ gedient (Brief vom ich, daß sich wenige Spieler finden wer- log einer Richard Wagner-Bibliothek, 23. November 1876, in: Franz Liszt’s den, welche ihre technische Schwierig- Bd. 2, Leipzig 1886, S. 33). Als Ersatz Briefe, hrsg. von La Mara, Bd. 2, Leip- keit meistern, aber die Szene des ,Abend- für das Autograph erstellte Bülow eigen- zig 1893, S. 247). Zweifellos trugen stern‘ würde leicht den Pianisten zwei- händig im Herbst dieses Jahres während Liszts Bearbeitungen dazu bei, die Mu- ten Ranges zugänglich sein. Wenn Sie seines Aufenthalts bei Wagner in Zürich sik der genannten Opern von Richard einverstanden sind, sie Meser zum Druck eine (heute verschollene) Abschrift. Im Wagner (1813 – 83), die sich in den anzubieten, oder wenn Sie mir erlauben, Brief Wagners an Liszt vom 25. Novem- 1850er-Jahren auf der Bühne durchset- darüber für Härtel oder Schlesinger zu ber 1850 heißt es: „Bülow schickt Dir zen konnten, zu verbreiten und populär verfügen, so würde es mich freuen, die- hierbei auch die Abschrift Deiner Pa- zu machen. Aus früheren Briefen des se Stücke bald veröffentlicht zu sehen“ raphrase der Tannhäuser-Ouvertüre Komponisten geht allerdings hervor, (Brief an Wagner vom 26. Februar 1849, zu. Er ist leider jetzt noch nicht dazu dass zwei weitere Aspekte keine unwe- Original auf Französisch, Franz Liszt – gekommen, sie sich einzuüben und mir sentliche Rolle für diese Transkriptio- Richard Wagner. Briefwechsel, hrsg. von vorzuspielen: somit kann ich dieses nen spielten: die persönliche Aneignung Hanjo Kesting, Frankfurt/Main 1988, merkwürdige Klavierstück immer nur der Originalmusik für Liszts ureigenes S. 64; deutsche Übersetzung S. 678). noch mit dem Auge mir vorführen!“ Instrument, das Klavier, sowie – einge- Nimmt man Liszts Begründung der (Liszt – Wagner. Briefwechsel, S. 153). schränkt auf die virtuos gehaltenen persönlichen Aneignung der fremden Erstmals öffentlich zu Gehör brachte Arrangements – die Komposition bril- Musik ernst, so sind beide Stücke aus Bülow die Bearbeitung am 25. Februar lanter Vortragsstücke für seine Schüler. Tannhäuser sicherlich vor den entspre- 1851 in einem von Wagner geleiteten Den Anlass für die Tannhäuser-Be- chenden Aufführungen entstanden, das Konzert der Allgemeinen Musikgesell- arbeitungen der Ouvertüre und des heißt die Bearbeitung der Ouvertüre schaft in Zürich (vgl. Max Fehr, Richard „Lieds an den Abendstern“ – die bei- wohl im November 1848, diejenige zum Wagners Schweizer Zeit, Bd. 1, Aarau/ den frühesten von insgesamt 19 über- „Abendstern“ vor oder während der Pro- Leipzig 1934, S. 84). Möglicherweise lieferten Wagner-Arrangements – bo- ben im Januar/Februar 1849. Im Druck aus Rücksicht auf Bülow, der 1851 – 53 ten Aufführungen dieser Ouvertüre am erschien allerdings zunächst nur das seine pianistische Ausbildung in Weimar 12. November 1848 sowie der ganzen „Abendstern“-Arrangement (Ende 1849 abschloss, unterließ Liszt danach zu- Oper am 16. Februar 1849 unter Liszts im Leipziger Verlag von Friedrich Kist- nächst alle Schritte für eine Veröffent- Leitung in Weimar. Wagner hatte seine ner). Die in der Liszt-Literatur mit „1849 lichung. Bülow hatte damit ein exklusi- „große romantische Oper in 3 Akten“ bei C. F. Meser in Dresden“ angegebene ves Bravourstück, das er auf seinen Kon- Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Datierung der Erstausgabe des Ouver- zertreisen unter anderem in München, Wartburg zwar in Dresden im Herbst türen-Arrangements geht auf einen Feh- Paris, Prag und Wien, namentlich aber 1845 mit wachsendem Erfolg aufführen ler von Lina Ramann zurück (Franz in Berlin mit Erfolg aufführte. können, jedoch waren alle Bemühungen Liszt, Bd. II/2, Leipzig 1894, S. 71, 503), Erst Ende 1860 kam Liszt in einem gescheitert, andere Theater dafür zu in- der seither ungeprüft in zahlreiche Werk- Brief an Bülow im Zusammenhang mit teressieren. Insofern griff er gerne auf ver zeich nisse übernommen wurde. Zwar zwei weiteren, kurz zuvor entstandenen das Angebot von Liszt zurück, mit dem erwog Liszt dem Zeugnis seines späteren Wagner-Transkriptionen – dem „Spin- ihn seit 1848 eine immer enger werden- Schülers Hans von Bülow (1830 – 94) nerlied“ aus Der Fliegende Holländer de Freundschaft verband. Bereits 1846 zufolge noch im Sommer 1849 die Ver- (1860) und „Santo Spirito Cavaliere“ hatte Wagner ihm seine im Selbstverlag öffentlichung des Arrangements (vgl. aus Rienzi (1859) – auf sein Arrange- erschienene Partitur des Tannhäuser Hans von Bülow. Briefe und Schriften, ment zurück: „Seien Sie so freundlich zugesandt, spätestens 1848 vermutlich hrsg. von Marie von Bülow, Bd. 1, Leip- und lassen mir sogleich das ,Spinnerlied‘ HN_1066_Vorwort_SRZ.indd 3 06.06.2017 16:17:27 IV zukommen, Herr Müller […] verlangt es helm Siegel wegen der Publikation der Tannhäuser von drei auf zwei mit Auf- und möchte es noch vor Weihnachten Bearbeitung der Tannhäuser-Ouvertüre lösung in virtuose Läufe und Repetitio- veröffentlichen. Außerdem hat er die nachzufragen (vgl. Briefwechsel Liszt – nen (T. 193 f.) sowie für den Schluss, Absicht, meine Bearbeitung der Ouver- Bülow, S. 344), was aber offenbar eben- wo die 16 Originaltakte auf 9 Takte türe zu Tannhäuser herauszugeben (die falls ergebnislos verlief. Letztlich griff (T. 432 – 440) zusammengedrängt wer- ich mit Ihrer Erlaubnis Ihnen widmen Liszt danach wieder auf Müllers frühe- den. Liszts Bearbeitung schloss insofern will […]) und auch die Fantasie über res Angebot von 1860 zurück, denn das zwar Eingriffe in den Notentext ein, je- Themen aus Rienzi“ (Brief vom 30. No- Werk kam im Oktober 1867 in dessen doch nur punktuell und weit geringer, vember 1860, Original auf Französisch, Verlag „C. F. Meser (Herm. Müller)“ als der Begriff der „Paraphrase“ es ver- Briefwechsel zwischen Franz Liszt und heraus, allerdings aus unbekannten muten ließe. Seine Art der Aneignung Hans von Bülow, hrsg. von La Mara, Gründen ohne Widmung an Bülow. Be- bedeutete hauptsächlich eine Übertra- Leipzig 1898, S. 296). Zu einem Ver- reits zwei Jahre später erschien im Pa- gung des Orchestersatzes auf die Gege- tragsabschluss mit dem erwähnten Her- riser Verlag G. Flaxland ein Neustich, benheiten des Klaviers mit zahlreichen mann Müller, der nach Mesers Tod im der zahlreiche Versehen und Druckfeh- Figurationen, Läufen und Kaskaden Jahr 1856 dessen Geschäft übernom- ler der deutschen Erstausgabe korrigiert, über den gesamten Tonumfang des Kla- men hatte, kam es zu diesem Zeitpunkt darüber hinaus auch kleine Änderungen viers, idealerweise so, „dass das Fehlen allerdings nicht. Den Ausschlag könnte aufweist, die entweder auf Liszt selbst des Orchesters gar nicht bemerkt wur- Bülow gegeben haben, der damals selbst oder eine vom Komponisten beauftrag- de, vielmehr der Eindruck entstand, es verschiedene Arrangements bei Müller te Person zurückgehen müssen. Daher handele sich um ein originales Klavier- vorbereitete und Liszt vor diesem Ver- wurde diese französische Erstausgabe werk“ (Voss, Bearbeitungen, S. 43 f.). leger nachdrücklich warnte (vgl. Brief- als Hauptquelle unserer Edition zugrun- wechsel Liszt – Bülow, S. 298 f.). Daher de gelegt. Den in den Bemerkungen am Ende der wandte sich Liszt am 17. Juli 1861 an Zu Recht wurde in der Literatur dar- vorliegenden Edition genannten Biblio- Breitkopf & Härtel: „Seit längerer Zeit auf hingewiesen, dass „Liszt (oder sein theken sei herzlich für die zur Verfügung liegen in meinem Schreib Pult, 2 Tran- jeweiliger Verleger)“ für solche Übertra- gestellten Quellenkopien gedankt. scriptionen (zum Concert Gebrauch) gungen fremder Opernmusik auf das von Wagner’schen Motiven A) Spinner Klavier eine „Vielfalt von Bezeichnun- München, Frühjahr 2017 Lied (aus dem fliegenden Holländer) gen“ verwendeten, von „Phantasiestück“ Peter Jost B) ,Santo Spirito Cavaliere‘ (Gebet über „Transkription“ und „Concertpara- und Schlachtruf aus Rienzi) und auch phrase“ bis zu „für das Pianoforte über- ein fast unspielbares Arrangement der tragen/bearbeitet/componirt“, ohne dass Tann häuser Ouverture, für H. von Bü- ein System für die Benennung erkennbar low geschrieben und von demselben wäre (Egon Voss, „approprier à ma fa- mehrmals öffentlich vorgetragen“ (die- çon“. Liszts Bearbeitungen Wagner’scher
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