Saint-Imier, Eine Stadt Um Laufe Der Zeit

Saint-Imier, Eine Stadt Um Laufe Der Zeit

Das Bernbiet ehemals und heute : Saint-Imier, eine Stadt um Laufe der Zeit Objekttyp: Group Zeitschrift: Historischer Kalender, oder, Der hinkende Bot Band (Jahr): 289 (2016) PDF erstellt am: 11.10.2021 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Es selber bleibt jedoch echte Bedeutung: Dank der Uhrmacherei erlebt oft noch unbekannt: Abseits des Mittellandes die Stadt im Berner Jura im 19. Jahrhundert und seiner Verbindungswege liegt es zwischen einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Biel und La Chaux-de-Fonds, am Fuss des Aufschwung, der ein ländliches Dorf in ein Chasserai und des Mont-Soleil. Vor dem Hin- Uhrenzentrum verwandelt. Longines, Breitling, tergrund seiner langen und reichen Vergangen- Leonidas, Heuer..., zahlreiche hochwertige heit wendet es sich mit Vertrauen seiner Zu- Uhrenmarken sind in Saint-lmier entstanden kunft zu. 70 Am Anfang war eine Legende die Römer keinen Ort auf dieser schmalen Achse bewohnt hatten. Saint-Imier und seine Die Geschichte von Saint-Imier fängt mit einer Umgebung liegen deutlich ausserhalb der Glas- Legende an: Ein Adliger, der auf seine Reich- und der Eisenerzzone. Seine Lage - es liegt auf tümer verzichtet hatte, kam aus dem Eisgau ins 820 m ü. M. — war einer frühen Besiedlung Schüsstal. Dort fand er nur Wildnis und Brach- nicht förderlich. Das Tal wird nicht erwähnt in land. Als die Sonne unterging, hielt der from- den strategischen Machtspielen um den Pass me Mann neben einer Quelle Rast. Die ganze Pierre Pertuis südlich von Tavannes, wo sich Nacht blieb er wach und lobte Gott. Als der zwei römische Militärstrassen verbanden Hahn krähte, hörte er dreimal das leise Klin- (Avenches—Solothurn-Augst und Besançon- geln eines Glöckchens. Von Gott geführt sah er Mandeure-Kembs). einen Haselstrauch, an dem das Glöckchen Die langsame Kolonisierung der Umgebung hing. Nachdem er noch eine Wildsau mit ihren belegen Ausdrücke, welche die Ansiedlung be- drei Frischlingen zu beruhigen vermochte und zeichnen. An der Wende zum 7. Jahrhundert eine Quelle entdeckte, wusste er, dass er als Hess sich vermutlich der eingangs erwähnte hei- Eremit an diesem Ort bleiben sollte. lige Mann namens Himerius im Erguel nieder. Eine mittelalterliche Handschrift fügt eine Das Dorf Saint-Imier soll sich um sein Grab zusätzliche Episode hinzu: Imier machte eine Pilgerreise nach Jerusalem. Während seines Aufenthalts ging er auf eine Insel, die ein Greif (mythisches, aus Tierkörpern, z.B. Löwe/Raub- vogel, bestehendes Mischwesen) verwüstet hatte. Die ganze Bevölkerung war entsetzt ob des grausamen Tiers. Der heilige Mann aber blieb standfest, als das furchtbare Wesen ihn mit schrecklichem Getöse angriff. Er machte ein Kreuzeszeichen und verlangte von ihm, dass es sich seine kleinste Klaue mit seinem eigenen Schnabel abschneide und sie ihm zur Erinnerung gebe. Das Tier gehorchte! So nahm der Heilige eine aussergewöhnliche Greifenklaue in seinem Gepäck mit - aber auch die Kenntnis mehrerer Fremdsprachen. Schon in seiner Grundlegende erweist sich Saint-Imier als weltoffen! Religiöse Spuren tragen zu seiner Geschichte bei Die Legende, deren Authentizität umstritten ist, ist reich! Die historische Wirklichkeit ist aber weniger klar... Als der Eremit in die Ge- gend kam, muss er wohl ein wildes Gebiet vor- gefunden haben! des Im Erguel, dem oberen Teil Schüsstales, In der reformierten Kirche des etwas talabwärts gelegenen wurden keine Spuren von antiken Verbindungs- Courtelary sieht man den Heiligen Imier mit dem Greif. wegen gefunden; man nimmt daher an, dass (Mdl, Fonds Jean Chausse) 71 verehrte Himerius seine letzte Ruhe findet. In ihr residiert ein zwölfköpfiges Kapitel von Stiftsherren. Das Bistum Lausanne übt die geistliche Macht über Saint-Imier aus, jenes von Basel die weltliche. Reformation Der Streit zwischen Basel und Lausanne um die Herrschaft über die Gegend geht mit der Reformation zu Ende. 1530, zwei Jahre nach der Stadt Bern, setzt sich die neue Konfession in Biel durch - und damit auch in Saint-Imier. Die Reliquien des Heiligen werden verbrannt, der Altar zerbrochen, die Reichtümer der Stiftskirche beschlagnahmt, die Messe abge- schafft. Die Chorherren fliehen nach Solo- thurn. Der Vorkämpfer der reformatorischen Bewegung, Guillaume Farel, verbringt zehn Tage im Schüsstal, während deren er den neuen Glauben erläutert und verbreitet. Obwohl Saint-Imier die reformierte Konfes- sion gewählt hat, bleiben die Stadt und das Schüsstal unter der weltlichen Macht des Fürst- bistums Basel. Dieses versucht, Biel seine Rechte über die Gegend zu verkaufen: Im Fe- bruar 1552 nimmt das Basler Domkapitel in La Tour Saint-Martin, ursprünglicher Standort Biel eine wichtige Geldanleihe auf und bietet des Himeriusgrabes (Foto: Daniel Bigler) der Stadt als Gegenleistung die Verwaltung des herum entwickelt haben, und der Ort wurde Erguels an. Die Einwohner sträuben sich dage- nach ihm benannt. Die erste schriftliche Erwäh- gen und erhalten die Unterstützung Solothurns. nung — c/i'e ce//« ,s«;ict; Himerii c«m «<:/- 1556 gesteht der Fürstbischof die ersten Frei- jacen?« wird 884 der Abtei Moutier-Grandval heiten zu. Biel bleibt das Bannerrecht erhalten, unterstellt - bezeichnet wahrscheinlich ein reli- d.h. die Stadt hat das Recht, Männer für ihre giöses Bauwerk oder ein Bauerngut mit seinen Truppen einzuziehen. Nebengebäuden. Im Jahre 968 bestätigt man die Zugehörigkeit zu Moutier-Grandval mit der c«- pc//a Sa/rcfr Fmer/i, womit der Beweis für das Bestehen einer heiligen Stätte fc«/te//«J und WETTBEWERB eines Ortes (Sawct/ kmeräj erbracht ist. 999 Rudolf überträgt Burgunderkönig III. Der Berner Jura ist ein ideales Wandergebiet dem Bistum Basel die weltliche Oberhoheit mit tiefen markanten über die Abtei Moutier-Grandval und ihre Ne- Tälern, Erhebungen und Hochebenen. höchste Punkt befin- bengüter, d. h. auch über Saint-Imier. Acht Der Jahrhunderte lang wird Saint-Imier unter dem det sich auf dem Chasserai, und zwar auf Fürstbistum leben! Im II. Jahrhundert wird 1607 m ü. M. eine prächtige Stiftskirche gebaut, in der der 5/e/ie l/Ve7Tbewe/t>sfragen aufSe/Ye 707 72 Das Leben Schüler nach ihren Prüfungen oder der Bürger, der der Gemeinde seinen Ziegenbock zur Ver- Das dörfliche Leben während dieser stillen fügung gestellt hat. Arme Leute, Flüchtlinge, Jahrhunderte lässt sich schwer erfassen. Man Brandopfer werden ebenfalls unterstützt. kann es anhand einiger Archivanmerkungen erahnen: 1557 wird erstmals eine Schule im Dorf erwähnt. 1630 lebten zwei Hebammen in André Jaquet Saint-Imier. Während des Dreissigjährigen Krieges wurde der Ort von kaiserlichen Trup- Im 18. Jahrhundert strebt der Basler Fürstbi- pen verwüstet (1635-1639). Periodisch suchte schof Johann Konrad von Reinach-Hirzbach die Pest die Gegend heim: 1611 bringt ein Bote nach einer Modernisierung der Staatsverwal- aus Biel die Seuche nach Saint-Imier; 1638 tung im Geiste des aufgeklärten Absolutismus wurde ein Teil des Dorfes unter Quarantäne und versucht, die Regierung zu zentralisieren. gestellt. In den Eintragungsbüchern vermitteln Die Bevölkerung reagiert heftig. Der Wider- kleine Beträge Hinweise auf das alltägliche stand äussert sich 1726 zuerst im Erguel und in Leben: Während der Fastnacht bezahlt man den Freibergen, dann in Delsberg, im Laufental den Jungen den Wein; der Mann, der am 1. Mai und besonders im Eisgau. Die sog. «Landes- die Trommel schlägt, bekommt Geld sowie die troublen» weiten sich aus. Während 14 Jahren La Collégiale aus dem 11. Jh. (Foto: Daniel Bigler) 73 versuchen die von den Stadtbürgern ermutigten Landgemeinden, die Aufrechthaltung der alten Privilegien, eine Steuersenkung und u. a. die Einschränkung des Jagdrechts zu erreichen. Schliesslich wendet sich der Fürstbischof an König Ludwig XV., was zur Folge hat, dass die französischen Truppen die Ordnung wieder- herstellen. Mehrere Aufrührer werden ge- fangen genommen und zum Tode oder zu Galeerenstrafen verurteilt. Am Anfang dieser berühmten Episode der jurassischen Geschieh- te scharten sich

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