THEMA, Das Magazin Der Heinrich-Böll-Stiftung Ausgabe 2

THEMA, Das Magazin Der Heinrich-Böll-Stiftung Ausgabe 2

Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung THEMA Ausgabe 2, 2008 böll Mit wem geht die neue Zeit? 2 Inhalt Stimmen Impressum 4 Was heißt heute links? Kleine Umfrage in der grünen Heimat. Von Michaela Wunderle Herausgeber Heinrich-Böll-Stiftung Schumannstraße 8 Geschichte eines Begriffs 10117 Berlin 6 Links Mitte Rechts Fon 030 – 2 85 34 – 0 Kleine Geschichte der politischen Geographie Europas. Von Joscha Schmierer Fax 030 – 2 85 34 – 109 E-Mail: [email protected] 9 Was den linken Diskurs mit der Ozonschicht verbindet. www.boell.de/thema 45 Jahre lang die Frage: «What’s left?» Eine Relektüre. Von Ulrike Baureithel Redaktionsleitung Elisabeth Kiderlen Lebenswelten Redaktionsassistenz 12 Der Container mit der Aufschrift «links»: Susanne Dittrich Gebetsraum für unsortierte Glaubensbekenntnisse. Von Christian Schneider Mitarbeit 14 Freiheit, Gleichheit, Schönheit Ralf Fücks Annette Maennel (V.i.S.d.P.) Frauenemanzipation gehört in keine Schublade. Von Waltraud Schwab Peter Siller 16 «Inszenieren heißt kritisieren» Der Dramaturg und Wegbereiter des neuen Regietheaters Bernd Stegemann Artconcept im Gespräch mit Henrike Thomsen Büro Hamburg Jürgen Kaffer, Sandra Klostermeyer Gestaltung Zahlen verstehen blotto design, Lydia Sperber 19 Links ist da, wo die Regierung rechts ist. Druck Zwischen einem gesellschaftlichen Linkstrend und einer Politik der Mitte agit-Druck, Berlin besteht kein Widerspruch. Von Dieter Rulff Papier Inhalt: Envirotop, matt Positionen: Was können wir wissen? Was können wir tun? Was können wir hoffen? hochweiß, Recyclingpapier 22 Mut zum Wandel aus 100 % Altpapier Plädoyer für eine Agenda 2020 Von Ralf Fücks Umschlag: Enzocoat Bezugsbedingungen 26 Yes, they could! zu bestellen bei oben genannter Adresse Warum eine intakte Sozialdemokratie in Deutschland heute nicht bloß gebraucht wird, sondern sogar erfolgreich wäre. Von Tobias Dürr Hinweis In Partnerschaft mit der Firma 28 «Wir sollten nicht zimperlich sein.» Grammer Solar wurde Soziale Umverteilung in den privaten Konsum oder Investitionen in auf dem Dach des Neubaus der öffentliche Güter? Von Sibyll Klotz Heinrich-Böll-Stiftung eine Photovoltaikanlage installiert. 30 Links Mitte Rechts ist gestern. Bitte beachten Sie die Anzeige auf Seite 34. Die grünen Themen sind im Zentrum angekommen. Von Kai Klose Aus: «1968 am Rhein». 31 Dem Wandel eine Richtung geben. Grün als Orientierungsfarbe einer Politik, die Gerechtigkeitsanspruch mit Das Kölner SDS-Zentrum nach der «Macht- Veränder ungswillen verbindet. Von Peter Siller Heinrich-Böll-Stiftung 35 Hinweise, Projekte, Publikationen bild und S. 2: Reiner Dieckhoff. bild und S. nahme» durch die antiautoritäre Fraktion. Hrsg. von Kurt Holl und Claudia Glunz, Emons Verlag, Köln 2008 über Titel Editorial 3 What’s left? 1990 ergab eine Meinungsumfrage, dass dreißig Prozent der Deutschen glaubten, der Sozialismus sei «eine gute Idee, die nur schlecht ausgeführt wurde». Das war schon damals, noch mitten in den Freiheitsrevolutionen in Mittel-Osteuropa, eine erstaunlich hohe Zahl. Heute sind es 45 Prozent. Zu ihnen gehört offenbar auch Franziska Augstein, die diese Umfrage in einem Text für das Magazin der Süddeutschen Zeitung zitiert, in dem sie die Realgeschichte des Sozialismus von 1917 bis 1989 als bloße Abirrung abtut, die man ad acta legen kann, um seinen guten, wahren Kern wieder freizule- gen: das Streben nach sozialer Gerechtigkeit. Die Autorin gehört mitnichten zur intellektuellen Bo- heme des «radical chic» vom Schlage eines Slavoj Zizek, der sich schon mal an der Rehabilitation Lenins versucht, bevor er den Apostel Paulus als Prototyp eines aufrührerischen Messianismus entdeckt. Die bürgerlichen Freunde des Sozialismus sind vielmehr beredte Zeugen dafür, dass der Zeitgeist in Deutschland die Windrichtung gewechselt hat. Neoliberalismus ist out, und mit ihm alles, was in diese Schublade gepackt wird: von der Privatisierung öffentlicher Unternehmen bis zu den Steuer- und Sozialreformen der rot-grünen Koalition, die für die wachsende Schere zwischen Arm und Reich verantwortlich gemacht werden. Dass es darum ging, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, die galoppierenden Lohnzusatzkosten einzudämmen, die Rentenversicherung demographiefest zu ma- chen und die Last einer aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung für die nächsten Generatio- nen zu erleichtern: aus den Augen, aus dem Sinn. Dass zugleich der Eintritt von zwei Milliarden Menschen in den Weltmarkt, die bereit sind, hart für die Verbesserung ihrer Lage zu arbeiten und großen Bildungshunger an den Tag legen, den Kosten- und Innovationsdruck am «Standort Deutsch- land» verschärft hat, erscheint nur noch als Ausrede für Billiglöhne auf der einen, schamlose Berei- cherung auf der anderen Seite. Selbstverständlich reden weder die Edel-Sozialisten des Feuilletons noch der Trommler Oskar La- fontaine einer sozialistischen Revolution das Wort. Ihr Utopia liegt nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit, im Wohlfahrtsstaat der achtziger Jahre – in der Ära von Helmut Schmidt und Hel- mut Kohl. Es geht um staatsverbürgte soziale Sicherheit und um größtmögliche Stabilität der Le- bensverhältnisse. Das ist nachvollziehbar. Der Fehler ist nur, zu glauben, es könne Sicherheit ohne Veränderung geben, Wohlstand ohne Risiko, Umverteilung ohne Wettbewerbsfähigkeit, Solidarität ohne Selbstverantwortung. Eine Linke, die sich auf die Umverteilung durch den Staat zurückzieht, hat keine Zukunft. Die Debatte um den «Dritten Weg» und «New Labour», die in den 90ern mit dem Anspruch einer Selbst- erneuerung geführt wurde, bevor sie im Regierungspragmatismus Blairs und Schröders versandete, hat immerhin drei grundlegende Ideen aufgenommen: Die moderne Linke braucht ein emphati- sches Verhältnis zur Freiheit; sie braucht eine ökonomische Politik, die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft sichert; und sie muss eine kosmopolitische, weltoffene Haltung einnehmen, statt sich hinter Protektionismus und nationaler Engstirnigkeit zu verschanzen. Nimmt man noch als zentrales Element die ökologische Frage hinzu, dann könnte das die Blaupause für die Grünen sein. Wir wollen mit diesem Heft erkunden, was «links» heute noch oder wieder bedeutet, was anachro- nistisch scheint und was aktuell. So wenig es die eine Linke gibt, so vielfältig fallen die Antworten darauf aus. Eine anregende Lektüre wünscht Foto: Ludwig Rauch Ralf Fücks Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung Der besondere Tipp Studie: ERENE. Eine Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien. Michaele Schreyer und Lutz Mez analysieren die Möglichkeiten,— die Nutzung erneuerbarer Energiequellen im europäischen Verbund zu erhöhen, und skizzieren den Weg in ein Europa ohne fossile und nukleare Stromversorgung. Zu bestellen unter [email protected], Download unter www.boell.de Ist da wer? Kongress zur Zukunft der Demokratie am 2. und 3. Oktober 2008, Hochschule für Künste, Bremen. Mit Work- shops— zu Demokratie in Wirtschaft, Ökologie, Medien und Kommunen Info: www.boell.de, [email protected] Tourwebsite www.sonnewindundwir.de – die Seite zur Klimatour 2008 der Heinrich-Böll-Stiftung. Mit Tourdaten, Musik, Infos— und Tipps für individuelles Handeln in Sachen Klimaschutz 4 Stimmen Was heißt heute links? Kleine Umfrage in der grünen Heimat Gesammelt und aufgeschrieben von Michaela Wunderle Links? Das ist eine sich ständig erneuernde «Linkspartei» verdient, so eine Frankfurter te und Grundfreiheiten im Sinne einer Demokratie, eine zur Selbstkritik fähige Sonntagszeitung, «zéro points» westlichen Verfassung effektiv zustehen Gesellschaft, die den Einzelnen ermuntert, Peter Zollinger, Redakteur sowie (und das unterscheidet die «Linken» seine sozialen und geistigen Fähigkeiten von den Liberalen) die materielle Verfasst- zu entfalten. Es ist eine Weltanschauung, Links bedeutet für mich: Einsatz für eine heit der Gesellschaft so gestaltet ist, dass die stets nach neuen Erkenntnissen sucht, humane, solidarische, gerechte und re- diese Grundrechte und -freiheiten für alle die nichts so verabscheut wie das Erstarren pressionsfreie Zivilgesellschaft und das auch den gleichen Wert haben. in einmal gültigen Formen. Beharren auf Utopien. Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler Renate Wiggershaus, Schriftstellerin Ernst Szebedits, Filmproduzent Auch wenn «Die Linke» samt wachsendem Lichtung Mit Blick auf Italien kann ich nur sagen: Anhang in die Gegenrichtung marschiert: manche meinen Links, das bedeutet Lähmung, Orientie- Links sein heißt, für die Freiheit zu sein – lechts und rinks rungslosigkeit, Depression, Zerfall, auch nie zu akzeptieren, dass ein Mehr an kann man nicht velwechsern viel Opportunismus. Als Hoffnung bedeu- Gleichheit und Gerechtigkeit gegen einen werch ein illtum. tet es für mich Gerechtigkeit, Solidarität, Verlust an Freiheit aufgerechnet wird. ernst jandl Partizipation und Pluralismus. Harald Lüders, Journalist Frank Wolff, Cellist Sandra D’Oliv, Konsulatsangestellte Was ist heute links? Gegen Grenzen und na- «Vorwärts, und nicht vergessen, worin eure Links bedeutet für mich: eine Lebenshal- tionale Abschottung – «kosmopolitische Stärke besteht. Beim Hungern und beim tung, Utopie, Orientierung. Die Vorstellung Produktion und Konsumtion durch den Essen, vorwärts, und nicht vergessen: die einer Gesellschaft, geprägt von Gleichbe- Weltmarkt» (Komm. Manifest); gegen Anti- Solidarität!» rechtigung, Verteilungsgerechtigkeit, Res- semitismus, Rassismus, Antifeminismus – Ede Fischer, Unternehmerin pekt, Solidarität und Kritik- und «die Internationale erkämpft das Men- Veränderungsbereitschaft. schenrecht»! Für universale transnationale

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