Der Sammelband Österreich in der Zweiten Republik gibt einen Philipp Strobl (Hrsg.) Einblick in die vielseitige, wechselhafte und nicht immer einfache Entwicklung eines Staates, der in seinem Selbstverständnis erst seit etwa 70 Jahren in seiner heutigen Form existiert. Die kritische Aufarbeitung der Herausbildung der Zweiten Republik (1945 – Österreich in der Zweiten Republik heute) durch Experten aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen ermöglicht einen Einblick in die vielfältigen Entwicklungen, die Österreich bis heute prägen. Großer Wert wurde auf eine umfas- sende Darstellung gelegt. So findet man neben Beschreibungen Ein Land im Wandel der historischen auch Darstellungen der politischen, der sozialen, der rechtlichen sowie der sprachlichen Entwicklungen Österreichs innerhalb der letzten sieben Jahrzehnte. Österreich in der Zweiten Republik Österreich in der Zweiten ISBN 978-3-8300-7724-4 Verlag Dr. Kovač Strobl (Hrsg.) Schriftenreihe Studien zur Zeitgeschichte Band 94 ISSN 1435-6635 Verlag Dr. Kovač Philipp Strobl (Hrsg.) Österreich in der Zweiten Republik Ein Land im Wandel Mit einem Vorwort von Dr. Erhard Busek Verlag Dr. Kovač Hamburg 2014 VERLAG DR. KOVAČ GMBH F ACHVERLAG FÜR WISSENSCHAFTLICHE L ITERATUR Leverkusenstr. 13 · 22761 Hamburg · Tel. 040 - 39 88 80-0 · Fax 040 - 39 88 80-55 E-Mail [email protected] · Internet www.verlagdrkovac.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN: 1435-6635 ISBN: 978-3-8300-7724-4 © VERLAG DR. KOVAČ GmbH, Hamburg 2014 Satz: Daniel Holzer Umschlagillustration: Natalie Holzer Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, fotomechanische Wiedergabe, Aufnahme in Online- Dienste und Internet sowie Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-ROM etc. nur nach schriftlicher Zustimmung des Verlages. Gedruckt auf holz-, chlor- und säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Archivbeständig nach ANSI 3948 und ISO 9706. Vorwort Österreich in der Zweiten Republik Dr. Erhard Busek Zunächst muss festgehalten werden, dass Österreich nach 1945 von einer sehr guten Entwicklung und viel Glück begleitet war. Das war nach den Geschehnis- sen, nach dem Zerfall der Donaumonarchie nicht selbstverständlich und hat sich auch deutlich darin dokumentiert, dass es zum Bürgerkrieg, der Abschaffung der Demokratie und dem Verlust der Eigenstaatlichkeit geführt hat. Wir zweifeln immer daran, ob aus der Geschichte gelernt wurde - im Falle Österreich, oder besser der handelnden Personen, kann man das ruhig behaupten. Niemand stellt heute mehr Österreich selbst in Frage, die wirtschaftliche und soziale Situation ist stabil und hat im Vergleich mit anderen Ländern des Kontinents sogar eine hervorragende Stellung errungen. Hier ist aber der entscheidende Punkt: ist in der politischen Landschaft die Fähigkeit noch vorhanden, eine gewisse Nachhal- tigkeit zu garantieren? Ein anderes Problem sind auch die Veränderungen im Umfeld: von der Lage am östlichen Rand der westlichen Welt zum Eisernen Vorhang sind wir in die Mitte des Kontinents zurückgekehrt, ohne dass wir allzu viel daraus gemacht haben. Wirtschaftlich gesehen ist es eine Erfolgsstory, denn viele Unternehmer sind "regional player" geworden, was ich mir vor 1989 nie erträumt hatte. Politisch gesehen haben wir aus unserer Rolle nicht allzu viel gemacht, wobei es sicher auch die Ansicht gibt, dass eine gewisse Unsichtbar- keit auch eine positive Strategie sei. Unter dem Aspekt, dass wir auf das "global village", das Weltdorf, zugehen, kann ich allerdings dieser Ansicht nichts abge- winnen... Was sich die Zweite Republik anrechnen kann, ist 1955 der Österreichische Staatsvertrag und 1995 der Beitritt zur Europäischen Union. Politisch gesehen ist in einigen Bereichen noch Normalität gefragt: die Parteienlandschaft in Ös- terreich ist es im Vergleich zu anderen Demokratien lange Zeit nicht gewesen, wobei die Erscheinungen der letzten Zeit dazu führen, dass nach einer Lager- mentalität, einer starken Stabilität durch große Koalitionen und Sozialpartner- schaft, nun eine Zeit der Bewegung kommt, deren Ergebnis wir noch nicht abse- hen können. Das Verhältnis zur eigenen Geschichte ist immer noch problema- tisch, weil wir angesichts der Entwicklung zu einem Einwanderungsland noch 6 Vorwort zu wenig aus den Fehlern der Zeit der Monarchie und danach gelernt haben. Dieser Vorgang steht noch aus und die Gewinnung einer neuen Qualität der Demokratie muss noch geleistet werden. Dank dafür ist zu sagen, dass die Zweite Republik durch die Autoren dieses Bandes aus den verschiedenen Aspekten und aus der Nachbarschaft auch be- trachtet wurde. Das ist für Österreich sehr wichtig, weil wir dazu neigen, eine Nabelbeschau zu betreiben und eine kritische Auseinandersetzung von außen abzulehnen. Dem Buch "Österreich in der Zweiten Republik" darf Erfolg ge- wünscht werden und den Autoren Dank gesagt. Inhaltverzeichnis Einleitung: Ein Land im Wandel – Österreich in der Zweiten Republik (Philipp Strobl) ...................................................................................................... 9 Der wirtschaftliche, politische, moralische Wiederaufbau Österreichs nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges (Günter Bischof) ............................... 13 Österreich in der Zweiten Republik – Ein kurzer historischer Abriss (Philipp Strobl) .................................................................................................... 35 Von der Knappheit zum Wohlstand – Wirtschaftliche Entwicklung in der Zweiten Republik am Beispiel Tirols (Josef Nussbaumer) ................................ 53 Die Österreichische Außen- und Sicherheitspolitik der 2. Republik (Otmar Höll) ........................................................................................................ 71 Österreich in der Europäischen Union (Jun Saito) ........................................................................................................... 89 Rechtspopulismus in Österreich – Systemsturz oder einfach nur Populismus? (Manfred Kohler) .............................................................................................. 103 Flüchtling, Gastarbeiter, Mensch mit „Migrationshintergrund“ Österreichische Zuwanderungsgeschichte seit 1955 aus identitätspolitischer Perspektive (Ingrid Blasge) .............................................................................. 117 Die politischen Parteien und ihre rechtliche Entwicklung (Daniel Holzer) .................................................................................................. 133 Korruptionsfälle in der Zweiten Republik – Gesellschaftliche Veränderung und (straf)rechtliche Reaktion (Markus Höcher / Matthias Reiter-Pázmándy) .. 149 Wien und die Wiener_innen im Spiegelbild des Wienerischen (Oksana Havryliv) ............................................................................................. 175 Autorenliste ....................................................................................................... 195 Einleitung Ein Land im Wandel – Österreich in der Zweiten Republik Philipp Strobl Was ist typisch österreichisch – auf diese Frage erhält man außerhalb Öster- reichs durchwegs sehr einheitliche Antworten. „Habsburg, bzw. Sissi, Alpen, Tourismus, Mozart, Sound of Music, Kleinstaat, Neutralität, Wohlstand“ sind nur einige wenige Beispiele für das gängige Österreichbild im Ausland, mit dem man sich in Österreich zu Beginn des 21. Jahrhunderts augenscheinlich auch sehr gut arrangieren kann. Diese Bilder kommen natürlich nicht von ungefähr. So war es Teil des österreichischen Identitätsbildungsprozesses nach 1945, ge- nau dieses verklärte Bild einer jahrhundertealten, österreichischen, friedlieben- den, unabhängigen, in sich geschlossenen Kleinstaatkultur zu prägen. Auf ge- meinsame Entwicklungen und enge Verflechtungen mit Nachbarstaaten, wie Deutschland, der Slowakei, Ungarn, Italien, Tschechien, Slowenien und vielen anderen Ländern wurde in diesem Zusammenhang nur sehr wenig Rücksicht genommen. Von Deutschland distanzierte man sich aufgrund der gemeinsamen nationalsozialistischen Vergangenheit, zu einer Identifizierung mit Staaten des damaligen kommunistischen Ostblocks bestand ebenso wenig Bereitschaft. Ös- terreich hatte sich also so gut es ging neu zu positionieren. Doch wo steht das Land heute? Wo befindet sich die Alpenrepublik in Zei- ten einer fortschreitenden Globalisierung, in Zeiten einer europäischen Integra- tion und in Zeiten verflochtener Märkte? Sucht man nach Antworten auf diese Fragen, stößt man rasch auf ein anderes Österreichbild. Man entdeckt ein Land, das nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges um seine staatliche Souveränität kämpfen musste. Man entdeckt einen Staat, dessen Politik sich nach jahrzehnte- langen vernichtenden Klassenkämpfen ab 1945 wieder selbst zu arrangieren hat- te. Man entdeckt eine Republik, die sich neu erfand, um in einem neuen Umfeld bestehen zu können. Man stößt allerdings auch auf eine Kultur des Vergessens und Verdrängens. Man begegnet einem Land, das aufgrund seiner neu erschaf- fenen Identität nur allzu gerne Verantwortung aufschiebt und ungern Position bezieht. So behindert diese, in Zeiten eines Zusammenwachsens Europas viel- fach immer noch eine tatsächliche Integration. Die „wir sind wir“ Mentalität, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich zwangsläufig entwickelt wurde, ist in 10 Philipp Strobl vielen Bereichen immer noch
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