SCHOOL OF DADA PRÄSENTIERT: DADA-EREIGNIS- THEMENPFAD: SPRECHAKTE! Zur Vermittlung des historischen Kontextes und Cabaret Voltaire Aneignung von Dada. Unterlagen für Schulen Spiegelgasse 1, CH-8001 Zürich zum Runterladen unter: www.cabaretvoltaire.ch www.cabaretvoltaire.ch/schulen.html +41 43 268 08 44 SPRECHAKTE! ST ATIO N EN C 2 3 5 4 C CABARET VOLTAIRE Spiegelgasse 1 2 ZUNFTHAUS ZUR WAAG Münsterhof 8 3 ZUNFTHAUS ZUR MEISEN Münsterhof 20 4 GALERIE DADA / GALERIE Bahnhofstr. 19 / Eingang Tiefenhöfe 12 CORAY/ SPRÜNGLI HAUS 5 PSYCHOTHERAPEUTISCHE Steinwiesstrasse 38, 8032 Zürich RAXIS CHARLOT & EVA STRASSER-EPPELBAUM Dieses Symbol definiert Aufträge, die zusammen- hängend und aufeinander aufbauend sind. IMPRESSUM SC HOO L OF D D DADA-ERE IGN IS- THE MEN PFA DE Herausgeber Kunstvermittlung Herzlichen Dank an das © 2016, Cabaret Voltaire Cabaret Voltaire Eva Gattiker Landesmuseum Zürich für Cynthia Luginbühl die beratende Unterstützung Cabaret Voltaire Konzept und Realisation von Prisca Senn und Spiegelgasse 1, CH-8001 Zürich Adrian Notz, Laura Sabel Gestaltung Rebecca Sanders. www.cabaretvoltaire.ch Marlon Ilg, Zürich Recherche und Text Unterstützung: Tanja Trampe Lektorat Else v. Sick Stiftung Beat Gloor (Textcontrol) SPRECHAKTE! «[...] Ich lese Verse, die nichts weniger vorhaben möglichst ohne Worte und ohne die Sprache, als: auf die Sprache zu verzichten. Dada Johann a der Schmutz klebt wie von Maklerhaenden, die Fuchsgang Goethe. Dada Stendhal, Dalai Lama, die Muenzen abgegriffen haben. Das Wort will Dada m'dada, Dada m'dada, Dada mhm' dada. ich haben, wo es aufhoert und wo es anfaengt. Auf die Verbindung kommt es an, und dass sie Jede Sache hat ihr Wort; da ist das Wort selber zur vorher ein bisschen unterbrochen wird. Ich will Sache geworden. Warum kann der Baum nicht keine Worte, die andere erfunden haben. Alle Pluplusch heissen, und Pluplubasch, wenn es Worte haben andre erfunden. Ich will meinen geregnet hat? Und warum muss er ueberhaupt eigenen Unfug, und Vokale und Konsonanten etwas heissen? Muessen wir denn ueberall dazu, die ihm entsprechen. Wenn eine Schwin- unseren Mund dran haengen?» gung sieben Ellen lang ist, will ich fueglich Worte dazu, die sieben Ellen lang sind. Die Worte des (Hugo Ball – Eröffnung-Manifest, 1. Dada-Abend Herrn Schulze haben nur zwei ein halb Zentime- im Zunfthaus zur Waag, 14. Juli 1916) ter. Da kann man nun so recht sehen, wie die artikulierte Sprache entsteht. Ich lasse die Laute Auf dem kommenden Rundgang könnt ihr ganz ganze einfach fallen. Worte tauchen oben auf, im Sinne Balls die Laute fallen lassen, Unfug Schultern von Worten; Beine, Arme, Haende von treiben, mit allem vor allem aber der Sprache. Worten. Au, oi, u. Man soll nicht zu viel Worte Vergesst, was ihr könnt, vergesst was ihr wisst! aufkommen lassen. Ein Vers ist die Gelegenheit, TRE IB E UN FUG – REI BE FUGTUNG – LA SS DIE LAUTE FAL LEN – FASS DI E LAU TEN L AL LEN! C CABARET VOLTAIRE SPIEGE LG ASS E 1 CA BAR ET VoL TAI RE Während des Ersten Weltkriegs beeinflussten die 18. April auf Programm und feste Form verzich- zahlreichen Emigranten in Zürich das damalige tet – das Kabarett war überwunden und der geistige und künstlerisch-avantgardistische Klima. Mythos Dada geboren. Ball beschrieb die Schweiz Im Januar 1916 erhielt Jean Ephraim, Wirt des als einen «Vogelkäfig, umgeben von brüllenden Restaurants Meierei an der Spiegelgasse 1 im Löwen», und so gaben sich die Dadaisten vor dem Niederdorfquartier, die Bewilligung zum Betreiben Hintergrund des ausgesperrten Kriegschaos dem einer Künstlerkneipe, die der emigrierte Dichter Rauschhaften und Tumultuösen hin. Tzara, Hugo Ball und die Diseuse Emmy Hennings Huelsenbeck und Janco führten dreisprachig von einrichten wollten. Dazu mieteten sie das dama- Lärm begleitete Simultangedichte vor und die lige Holländerstübli. Die Pressemeldung rief «motorische Gewalt» von Jancos Masken verführte Kunstschaffende auf, sich «ohne Rücksicht auf eine den Körper zu neuartigen, grotesken Tänzen, besondere Richtung mit Vorschlägen und Bei- inspiriert durch Rudolf von Labans Form-Ton- trägen einzufinden». Am 5. Februar 1916 eröffnete Wort-Collagen. Bis zum grossen Finale am 23. das «Cabaret Voltaire». Weitere Protagonisten der Juni 1916, bei dem Ball im kubistischen Bischofs- ersten Stunde waren Sophie Taeuber-Arp, Tänze- kostüm aus Karton erstmals seine Lautgedichte rin und Lehrerin für Textildesign an der Kunst- «Karawane» und «Gadji beri bimba» vorlas und gewerbeschule, und der seit 1909 in Zürich lebende dabei eine spirituelle Erleuchtung erfuhr, fanden und mit der künstlerischen Avantgarde bereits allabendlich ausser Freitag jene kollektiv ent- vernetzte Hans Arp, der neben eigenen Arbeiten wickelten Aufführungen statt, die Dada zum Leben und solchen von Malerfreunden auch Werke von erweckten und zum ersten künstlerischen Picasso an die schwarzen Wände unter der blauen Totalereignis wurden. Der Dadaismus als Kunst- Decke hängte. Gewonnen hatte Ball auch zwei richtung wurde 1966, fünfzig Jahre nach seiner rumänische Emigranten – den an der Universität Initialzündung, offiziell gewürdigt: durch einen immatrikulierten Dichter Tristan Tzara und über dem Eingang angebrachten, mit Inschrift Marcel Janco, Maler und Student der Architektur («In diesem Haus wurde am 5. Febr. 1916 das an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Cabaret Voltaire eroeffnet und der Dadaismus – sowie den eine Woche nach der Eröffnung begründet.») versehenen vergoldeten Nabel aus eingetroffenen Schriftsteller und Arzt Richard Marmor von Hans Arp. Erst im Februar 2002 kam Huelsenbeck aus Berlin, der sogenannten «Neger- es zur illegalen Besetzung und Ausrufung der gedichte» zu stark rhythmisierter Trommelbe- «1. Dada-Festwochen». Die öffentliche Wiederbe- gleitung vortrug. Waren die Programme zunächst lebung rettete Dada in Zürich in die Gegenwart dem traditionellen Kabarett oder dem jeweiligen und im Herbst 2004 öffnete das heutige Cabaret Herkunftsland der Auftretenden verpflichtet, so Voltaire seine Tore. wurde mit der Findung des Namens «Dada» am C CABARET VOLTAIRE Cabaret Voltaire, Spiegelgasse 1, 1916 Plakat zur Eröffnungsfeier der «Künstlerkneipe Voltaire», Zeichnung: Marcel Słodki, 1916 C CABARET VOLTAIRE Seite 1 von 2 AUFTRAG Gruppenarbeit, ca. 45 Minuten Wo: Cabaret Voltaire, Saal Vorwissen: Du kennst den Text zum das Cabaret Voltaire. A Tragt das Gedicht «Karawane» von Hugo Ball im Saal vor, indem ihr wie Priester/Prieserinnen lamentiert. B Teilt euch in Gruppen ein. C Findet in der Gruppe eine eigene Interpretation des Gedichts. D Erfindet rhythmische Klänge und Geräusche dazu. In den folgenden Stationen werdet ihr weiter mit dem Gedicht arbeiten und es am Ende präsentieren. C CABARET VOLTAIRE Seite 2 von 2 AUFTRAG Material: Karton und Papier in diversen Formen und Grössen (Wellkarton am Stück, Teppichröhren, Zeitungen ect.) Weiterführung/Vertiefung E Macht euch ein Kostüm für den Vortrag eurer «Karawane»-Interpretation. Lasst euch von Hugo Balls Foto inspirieren. 2 ZUNFTHAUS ZUR WAAG MÜ N STERH OF 8 ZU NFTH AUS ZU R WA AG Am 14. Juli 1916 fand im obersten Zunftsaal des Es stellt das zeitlich und örtliche Dazwischen dar. bis heute im historischen Bestand betriebenen Zwischen dem Cabaret Voltaire, im damals verruch- Zunfthauses Zur Waag der 1. Dada-Abend statt. ten Niederdorf und der Galerie Dada an der schon Der Münsterhof diente im Mittelalter als Friedhof zur damaligen Zeit gut situierten Bahnhofstraße. und gehörte nicht zu den gutbetuchten Zünften der Stadt. Meister Peter Schmid war seit 1315 Die Dadaisten – das waren der seine Werke erläu- Hauseigentümer und gab dem Haus vermutlich ternde Hans Arp, Hugo Ball, der Emmy Hennings’ auch den Namen. Die Leinenweberzunft, die sich Tanz in Kostüm und Maske von Marcel Janco 1440 mit den Wollenwebern zusammenschloss, musikalisch begleitete, Richard Huelsenbeck, der behielt den Namen «Zur Waag» bei. Die ausser- mit Tristan Tzara erstmals ein «Poème mou- gewöhnlich breite Hauptfassade entstand bei vementiste» vorführte (ein Vortrag, begleitet von Renovierungsarbeiten, die erst 1909 abgeschlos- primitiven Bewegungen, «wie er bis jetzt in dieser sen wurden. Das Prunkstück ist der Zunftsaal Weise noch nicht gemacht worden ist»), und dem im dritten Obergeschoss mit Glasgemälden an den Komponisten Hans Heusser, der einige Klavier- Oberlichtern sowie einem von Heinrich Bodmer kompositionen beisteuerte. geschaffenen Portrait des Dichters und Malers Johann Martin Usteri, aus dessen Feder das Lied An diesem Abend verabschiedete sich Hugo Ball «Freut euch des Lebens» stammt. Um den Bezug mit der Verlesung des Eröffnungs-Manifests zum Handwerk aufrechtzuerhalten, organisierte von Dada in Zürich – jedoch nicht, ohne zunächst die Zunft jedes Jahr einen Handwerkstag, an dem die umfassende Strategie und Vorstellung «seines» die Kandidaten für eine Aufnahme in die Zunft Dada darzulegen: «Wie erlangt man die ewige ihr Gesellenstück machen konnten. Seligkeit? In dem man Dada sagt. Wie wird man berühmt? In dem man Dada sagt. Mit edlem Als «Autorenabend« angekündigt, fand hier also Gestus und feinem Anstand. Bis zum Irrsinn, bis 1916 die erste öffentliche Kundgebung der Dadais- zur Bewusstlosigkeit.» Dieser Abgesang auf die ten nach der Schliessung des Cabaret Voltaire drei rauschhaften Zeiten des Cabaret Voltaire deutete Wochen zuvor statt. Mit dem Symbol der Waage zugleich auf die komplementären Auffassungen auf dem Wappen des Zunfthauses schien ein zwischen Ball und Tzara hin und markierte den neues Symbol programmatisch in die Zukunft Übergang von Balls Dada der Seligkeitserlangung
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