Kultur-Mensch Europa Am Scheidepunkt Editorial

Kultur-Mensch Europa Am Scheidepunkt Editorial

+ Beilage Europa Kultur Stadt V deutsch/englisch Zeitung des Deutschen Kulturrates Nr. 04/05 Juli - August 2005 www.kulturrat.de 3,00 € ISSN 1619-4217 B 58 662 Staatsziel Kultur Bilanz Kulturpolitk Soziale Sicherung GATS/UNESCO Gestaltungsauftrag Kulturpolitk Ist die Verankerung des Staatsziels Was wurde kulturpolitisch in den Warum machen sich Künstlerinnen In welchem Verhältnis werden die Welche Aufgaben hat sich der Vor- Kultur im Grundgesetz ein überflüs- letzten Jahren bewegt? Welche Vorha- und Künstler selbstständig? Welche Konvention Kulturelle Vielfalt und das stand des Deutschen Kulturrates für siger Ballast oder wird dadurch das ben blieben auf der Strecke? Welche Unterstützung erfahren sie? Wie se- GATS-Abkommen künftig zueinander seine Amtszeit vorgenommen? In Bekenntnis zum Kulturstaat deut- Erwartungen bestehen? Eine Bilanz hen ihre Einkommenschancen aus? stehen? Wie können die Vielfalt in der seinem Positionspapier „Zum Ge- lich? Positionen dazu von Minister- der Bundeskulturpolitik ziehen Ver- Wie entwickeln sich ihre Honorare? Kultur und die Rechte der Urheber ge- staltungsauftrag der Kulturpolitik – präsidenten der Länder, Fraktions- treter der Sektionen des Deutschen Wie kann die soziale Sicherung der sichert werden? Antworten aus Sicht Perspektiven des Vorstandes 2005 bis vorsitzenden im Deutschen Bun- Kulturrates und die kulturpolitischen Künstler und Publizisten gestärkt der Wissenschaft, des Deutschen Kul- 2007“ gibt der Vorstand des Deut- destag und Verfassungsrechtlern. Sprecher der Bundestagsfraktionen. werden? turrates und des Auswärtigen Amtes. schen Kulturrates Auskunft. Seiten 2 bis 7 Seiten 12 bis 19 Seiten 20 bis 21 Seiten 22 bis 25 Seiten 26 bis 27 Editorial Europa am Scheidepunkt Expansion -ür die Gestaltung eines Europa der Herzen ist es nicht zu spät Von Karin Junker m Jahr 1998 wurde Helmut Kohl als Staatssicherheitsdienstes der ehe- Es gab kein Entrinnen: Zahllose wie zuletzt in Nordrhein-Westfalen jekt, nämlich der Verfassung, so I Bundeskanzler abgelöst. Er wur- maligen Deutschen Demokratischen Beiträge standen (und stehen) in haben die verbreitete Absturzangst schwer reparaturbedürftig ausein- de stellvertretendes Mitglied des neu Republik in Berlin. diesem Jahr cross-medial unter einer verzagten Mittelschicht zum ander fällt, aber ganz unverständlich installierten Bundestagsausschusses Das sieht nach viel aus, ist in dem Thema 60 Jahre Kriegsende Ausdruck gebracht, die angesichts ist es nicht. Die Politik hat es ver- für Kultur und Medien. Der selbe Wirklichkeit aber eher wenig. Die wahrlich ein Datum, das des Ge- der Globalisierungsfolgen das Ver- säumt, ein „Europa der Herzen“ zu Bundeskanzler hatte nur wenige Jah- Auswärtige Kulturpolitik gehört denkens Wert ist. Im Ergebnis trauen in die Zukunft verloren hat. vermitteln. re vorher die Order gegeben, dass nicht zum BKM, sondern wird vom bleibt jedoch ein Unbehagen: die Das verstärkt subjektiv die diffusen Der Kosovo-Krieg war wahrlich der letzte kleine Ort im Deutschen Auswärtigen Amt betreut. Die Künst- Medien überschlugen sich mit Vorbehalte gegen die Europäische kein Ruhmesblatt, aber es gibt vie- Bundestag, in dem noch über Bun- lersozialkasse ist in der Verantwor- Rückschauen aller Art, so ver- Union an sich und verstellt den Blick les, womit sich die Europäische Uni- deskulturpolitik debattiert werden tung der Sozialministeriums, das Ur- dienstvoll Speer und Er und Be- dafür, dass es zum europäischen Ei- on als Erfolg radikal veränderter durfte, der Unterausschuss Kultur heberrecht wird im Bundesjustizmi- richte von Kriegskindern aus Bom- nigungsprozess objektiv keine Alter- Außenbeziehungen seit dem Fall des des Innenausschusses, abgeschafft nisterium gestaltet und die Kulturel- bennächten auch sind, es fehlte native gibt. Eisernen Vorhanges schmücken wurde. Nicht dass Helmut Kohl, und le Bildung gehört zum Bundesbil- meist der Weitblick in den Neuan- Daran ist die Politik nicht un- kann: sie hat für Demokratiebewe- besonders sein Staatsminister Anton dungsministerium sowie zum Bun- fang eines anderen Deutschland schuldig. Sie verkeilt sich in un- gungen innerhalb und außerhalb Pfeifer, keine Kulturpolitik gemacht desjugendministerium. Die Baukul- und eines anderen Europa, der aus fruchtbare Auseinandersetzungen Europas neue Hoffnungen geschaf- hätten. Nur die Kulturpolitik unter tur schließlich ist im Bauministeri- den nicht nur physischen Ruinen um Gesetzgebungsmonster wie die fen, Menschenrechten zur Geltung Kohl war eine Art geheime Komman- um angesiedelt. Das BKM selbst hat unseres Kontinents erwachsen ist, Dienstleistungsrichtlinie (deren Be- verholfen und für mehr Gerechtig- dosache. durch Gründung der Kulturstiftung und den unsere auch schon in die deutung ich nicht schmälern will, keit in der Welt gesorgt, die eben Bundeskanzler Gerhard Schrö- des Bundes einen erheblichen Teil Jahre gekommene Jugend jeden- die aber kaum einer versteht), keift nicht nur aus Kriegen, Krisen und der hat der Geheimniskrämerei seiner Kulturförderungsmöglichkei- falls in den meisten Teilen Europas um Steuer- und Haushaltsfragen, Katastrophen besteht. Der Interna- glücklicherweise ein Ende gesetzt. ten ausgelagert. nur als einen Ort des Zusammen- was auch nicht sexy ist, und nimmt tionale Strafgerichtshof in Den Haag Der Bundestag durfte endlich einen Durch die Einrichtung des BKM lebens in -rieden kennen gelernt die Befindlichkeiten der Menschen etwa, dem die USA sich verweigert, selbstständigen Ausschuss für Kultur wurde der Kulturpolitik auf der Bun- hat. Was hoffentlich für immer so nicht wahr. Um noch eins oben wäre ohne die Haltung der Europäi- und Medien einrichten und im desebene ein sichtbarer Kopf gege- bleibt. drauf zu setzen, kommt dann – von schen Union nicht denkbar, um nur Kanzleramt wurde ein Staatsminis- ben. Doch jetzt braucht das Amt gewissen Medien dankbar aufge- ein Beispiel zu nennen. ter für Kultur und Medien offiziell auch Arme, Beine und einen Körper ald wird es keine Zeitzeugen der griffen – auch noch der Euro ins Der europäische Integrations- ernannt. damit es handeln kann. In der jetzi- B größten Katastrophe weltweiten Gerede. prozess hat die – jetzt gefährdete – Nach einer kosmetischen Na- gen körperlichen Verfassung ist das Ausmaßes mehr geben, und dann Das Beispiel der ausländischen interne Prosperität bewirkt, ohne die mensänderungen heißt die Staats- Amt zu schwach, um nachhaltig die wird die Erinnerung wohl endgültig Fleischarbeiter in Deutschland hat wir allesamt weitaus schutzloser den ministerin heute „Die Beauftragte Rahmenbedingungen für die Künst- verblassen, wenn es nicht gelingt, unabhängig von der Rechtslage tie- Risiken und Nebenwirkungen der der Bundesregierung für Kultur und ler, die Kulturwirtschaft und die Kul- die Sensibilität dafür zu erhalten, fe – durchaus auch rationale – Ängs- Globalisierung ausgesetzt wären, Medien (BKM)“ und leitet eine tureinrichtungen zu verbessern. Das dass die Bewahrung des Friedens te ausgelöst, mit welchen Auswir- und vor allem mit der so genannten oberste Bundesbehörde mit 190 Mit- BKM muss expandieren, um über nur durch einen Prozess der immer kungen wir es wohl noch bei zuneh- Osterweiterung politische Stabilität arbeitern in Bonn und Berlin. Zum kurz oder lang zu einem Kulturmi- wieder neu zu erringenden Verstän- mender Aufnahme neuer Mitglieds- geschaffen, die geeignet ist, den BKM gehören als so genannte nach- nisterium zu werden, das nicht mehr digung zu sichern ist. Umso bedau- länder zu tun bekommen werden. Frieden auf Dauer zu sichern. geordnete Behörden das Bundesar- auf Wohl und Wehe vom Kulturinte- ernswerter ist es, dass die Chance Noch ist der Beitritt der zehn Neuen Mit dieser Erweiterung sind aber chiv in Koblenz, das Bundesinstitut resse des jeweiligen Bundeskanzlers weitgehend vertan wurde, das Ge- aus Mittel- und Osteuropa bzw. dem auch traditionsreiche Kulturnatio- für Kultur und Geschichte der Deut- oder Bundeskanzlerin abhängig ist. denken an faschistischen Terror, Ver- Mittelmeerraum nicht verdaut, da nen mit unbezahlbaren Schätzen in schen im östlichen Europa in Olden- folgung und Vernichtung, an den stehen mit Rumänien und Bulgari- die europäische Mitte zurückge- burg und seit dem 01.Januar dieses Olaf Zimmermann, Horror der Bomben und Schlachtfel- en schon wieder neue Armutshäuser kehrt. Das ist eine kulturelle Berei- Jahres auch die Behörde der Bundes- Geschäftsführer des Deutschen der, an Zerstörung, Hunger und Ver- unmittelbar vor der Tür, und die cherung, von der wir über Jahrzehn- beauftragten für die Unterlagen des Kulturrates treibung mit den aufkeimenden Vi- Leute fragen sich, von der Türkei- te noch nicht einmal zu träumen ge- sionen von einem europäischen Weg Problematik mal ganz abgesehen, ob wagt hätten. Heute können alle dar- in eine demokratische und soziale demnächst auch noch Usbekistan an teilhaben. Mit diesen Pfunden zu Friedens-, Werte- und Kulturge- dran ist. Es gibt – wie die Autorin – wuchern, wäre Europa den Men- meinschaft zu verbinden. unerschütterliche Anhänger des eu- schen als kulturelle Leistung weitaus Kultur-Mensch Das bittere Nein aus Frankreich ropäischen Integrationsprozesses, näher zu bringen als mit den abs- und den Niederlanden zum Verfas- aber das darf nicht darüber hinweg trakten Kompetenzstreitigkeiten der Antje Vollmer sungsvertrag hatte viele Motive, aber täuschen, dass viele Menschen zur Institutionen. Daran hat auch die sicher kann man sagen, dass es auch Zeit überfordert sind, den keineswegs Debatte um den europäischen Ver- ür den nächsten Deutschen Bundes- heraus. Dieses Engagement

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