Ines Spazier Die archäologischen Untersuchungen auf der Burg Henneberg in Südthüringen Die archäologischen Untersuchungen auf der Burg Henneberg in Südthüringen Topografische Situation in Veßra. Godebold II. strebte einen nieren, um darauf ein „Lusthaus“ zu 3 Henneberg liegt ca. 10 km südlich von geschlossenen Grundbesitz zwischen errichten . Meiningen an der Straße von Würz- Schleusingen und Henneberg an. Da- burg nach Meiningen. Diese Straße mit geriet die Stammburg an den Rand ist ein alter Verkehrsweg zwischen der Herrschaft. Seit der zweiten Hälf- Die archäologischen Untersu- Mitteldeutschland und Franken. Die te des 12. Jahrhunderts gewannen die chungen Henneberger durch die Erbschaft der Burg Henneberg nimmt östlich des Seit 1845 wurden verschiedene Siche- Herrschaft Nordeck (Zella-Mehlis, gleichnamigen Ortes den sogenann- rungs- und Sanierungsarbeiten vorge- Thüringen) Einfluss nach Nordosten. ten Schlossberg ein, einen freiste- nommen. Ende des 19. Jahrhunderts Bis Mitte des 13. Jahrhunderts blieb henden Bergkegel aus Kalkstein. Mit hat man zahlreiche Fundamente durch der Besitz konstant. Das Grafenhaus 527 m ü. HN überragt er die umlie- den Landbaumeister Abesser ange- teilte sich aber bereits 1190 in die Li- gende Gegend um etwa 130 m. graben und in einem Lageplan ver- nien Henneberg sowie die Seitenli- Die Befestigung befindet sich auf zeichnet. In Zusammenhang mit die- nien Botenlauben und Strauf. Die erste einem von Norden nach Süden aus- ser Maßnahme wurde auch der kleine direkte urkundliche Erwähnung der gerichteten Bergsporn, der nach Sü- Rundturm auf der Hauptburg südlich Burg als castrum fällt in das Jahr 1221. den flach ausläuft, sonst steil abfällt. des Palas wieder errichtet. Weitere Das Plateau wird vollständig von ei- Von 1220 bis 1274 erfolgte eine kurze Untersuchungen führte F. Tenner, ner Ringmauer umgeben. Diese um- Blütezeit der Burg unter Poppo VII., damaliger Leiter des Hennebergisch- schließt ein Areal von 120 m (Nord/ der mit Jutta, der Witwe Dietrichs des Fränkischen Geschichtsvereins, in Süd) x 65 m (West-Ost), das sich nach Bedrängten, Markgraf von Meißen den Jahren von 1935 bis 1936 durch. Süden in seiner Ost-West-Ausdeh- (1195 bis 1221), verheiratet war. Das Er dokumentierte die Fundamente ei- nung auf 20 m einengt. Die gesamte 13. Jahrhundert wurde von einer regen ner Tors und einer Kemenate.4 Anlage ist von einem Graben-Wall- Bautätigkeit auf der Burg begleitet, die Nach Öffnung der innerdeutschen System umgeben und wird im Süden archäologisch gut belegbar ist. Grenze, in dessen Sperrgebiet die durch zwei weitere Gräben und Wälle Burgruine lag, fanden zwischen 1992 verstärkt (Abb. 1). Im Jahre 1246 trennte sich unter und 1995 vier Ausgrabungskampag- Hermann I. die Nebenlinie Coburg ab. nen unter Leitung des Thüringischen 1274 erfolgte die Teilung der Graf- Landesamtes für Denkmalpflege und Historischer Abriss schaft in die Linien Schleusingen, Archäologie (TLDA) im Nordwesten Die Ersterwähnung der Henneber- der Burg statt. Dabei wurde eine Flä- Aschach und Hartenberg-Römhild. Als 2 5 ger wird in das Jahr 1096 datiert, als die Linie Hartenberg erlosch, fiel der che von ungefähr 750 m untersucht . Godebold II., Graf von Henneberg, Besitz an Aschach. Mit der Teilung der Im Jahre 2001 veranlasste die Stiftung einem Tauschgeschäft zwischen dem Grafschaft verlor die Henneburg ihre Thüringer Schlösser und Gärten eine Hochstift Würzburg und dem unweit Bedeutung als Residenz. Unter Ber- Sanierung der südöstlichen Ringmau- Schwäbisch-Hall gelegenen Bene- thold VII. (1284 bis 1342) verlagerte er. Bei den Untersuchungen durch das diktinerkloster Comburg beiwohnte1. sich die Herrschaft samt dem Burgsitz TLDA 2001/2002 wurden das Fun- Der Grundbesitz der Herrschaft baute dament eines Rundturms und weitere nach Schleusingen. Dennoch sprechen 6 sich auf den Besitztümern der Baben- Um- und Ausbaumaßnahmen auf der Mauerfundamente freigelegt . berger (Burg Bamberg, Franken) auf, Burg dafür, dass ein Bedeutungsver- Die Untersuchungen brachten vor von denen Poppo I. abstammte. Ihre lust nicht mittelbar spürbar wurde. Im allem neue Erkenntnisse zur Bebau- Reichslehen lagen im Thüringer Wald Jahre 1393 wurde ein Teil der Burg als ung der Burg im 11./12. Jahrhundert, von der Schleuse bis zur Hasel sowie Mitgift an die Linie Henneberg-Röm- die nachfolgend kurz vorzustellen beim Schloss Lichtenberg nebst zu- hild verpfändet und verblieb dort bis sind. gehörigem Umland. Außerdem hat- zu deren Erlöschen. Weitere Baumaß- ten die Henneberger seit dem späten nahmen sind für die Jahre von 1453 bis 11. Jahrhundert bzw. seit 1102 das 1516 überliefert. Nach Aussterben der Die Erstbesiedlung der Henne- Würzburger Burggrafenamt und die Linie Aschach fiel das Gebiet 1549 an burg Würzburger Hochstiftsvogtei inne die Linie Schleusingen. Im Jahre 1583 Der Berg wurde bereits in der Hall- und mit der Wahrnehmung dieser starb diese mit Georg Ernst, Graf von stattzeit (Ha C2/D1) vom Ende des 7. Reichsämter Einfluss auf die Reichs- Henneberg-Schleusingen, im Man- bis Anfang des 6. Jahrhunderts auf- politik. Unter Godebold II. († 1144)2 nesstamm aus. Seit 1576 erfolgten gesucht. In nahezu allen Bereichen wurde der Grundstein für die Bedeu- partielle Abrissarbeiten am Bergfried. der Grabungsflächen konnte als un- tung des Henneberger Grafenhauses Die Burg wurde aber teilweise noch terster Horizont eine flächendeckende gelegt. Er verschob den Schwer- bis zum beginnenden 17. Jahrhun- Siedlungsschicht festgestellt werden. punkt seiner Herrschaft nach Osten. dert bewohnt. Danach fiel die Anlage Ein im Süden vorgefundener Graben In diesem Zusammenhang erfolgte wüst. 1784 ließ Herzog Georg I. von von 1,40 m Breite und ein schmales 1131 die Gründung des Hausklosters Sachsen-Meiningen den Burghof pla- Palisadengräbchen mit einer Pforte Burgen und Schlösser 2/2012 67 Ines Spazier Abb. 1. Henneberg, Burgruine, Ldkr. Schmal- kalden-Meiningen, Grabungsplan: 1 Palas 9 x 14 m (13. Jh.); 2 quadratisches Gebäude von 9 x 9 m (11./12. Jh.); 3 quadratischer Turm von 10 x 10 m (11./12. Jh.); 4 Rundturm (13. Jh., um 1880 wieder errichtet); 5 Bergfried (13. Jh.); 6 Baugrube (11./12. Jh.); 7 Rundturm (11./12. Jh.) (Vermessungsgrundlage Firma Langlotz aus Vacha/Thüringen, Bearb. der Grabungs- unterlagen von Thomas Spazier). 68 Burgen und Schlösser 2/2012 Die archäologischen Untersuchungen auf der Burg Henneberg in Südthüringen Abb. 2. Henneberg, Burgruine, Ldkr. Schmalkalden-Meiningen, Nordwestecke des quadratischen Gebäudes (9 x 9 m) in Opus-spicatum-Bauweise. Dieses wird vom Palasgebäude des 13. Jahrhunderts geschnitten. Abb. 3. Henneberg, Burgruine, Ldkr. Schmalkalden-Meiningen, das nahezu vollständig freigelegte Turmfundament (11./12. Jh.) an der Südspitze der Burg. im Norden des Plateaus sowie zahl- ken. Aus der Literatur sind einige in er vollständig sowie Abschnitte der reiche Pfosten erlauben, von einer be- den Maßen vergleichbare Baukörper anschließenden Ost- und Westmauer festigten Höhensiedlung zu sprechen. zu erschließen. Hierzu zählt ein 1910 in Teilen ergraben. Seine Mauerdicke Eine jüngst verfasste Magisterarbeit freigelegtes Gebäude mit Schlitzfens- betrug im Fundament 1,60 bis 1,75 wertet die Ergebnisse der urgeschicht- tern von der Hünenburg9 bei Bad Pyr- m. Der Turm wurde aus kleinteiligem lichen Höhensiedlung umfassend mont, Ldkr. Hameln-Pyrmont, das mit Kalksteinquadermauerwerk errichtet aus7. 9 x 9 m Größe und 80 cm Mauerdicke und war im Erdgeschoss mit Kalk- dem hier vorgestellten recht gut ent- steinplatten ausgelegt (Abb. 1, Nr. 3). spricht. Allerdings wurde der Befund Eine Eingangssituation konnte nicht Die Bebauung im 11./12. Jahr- vom Pyrmonter Königsberg aus Qua- festgestellt werden. hundert dermauerwerk errichtet. Dieses Bei- Der Turm ist mehrfach als typisch Wahrscheinlich in der ersten Hälfte spiel zeigt jedoch, dass es sich bei dem für den deutschsprachigen Raum im Henneberger Gebäude auch um einen 11. und in der ersten Hälfte des 12. des 11. Jahrhunderts erfolgten eine 10 Planierung des Burgbergs und eine Steinbau gehandelt haben könnte. Jahrhunderts bezeichnet worden . erste Besiedlung. Im Übergang vom Knapp 7 m südlich des Opus-spi- Aus dem der Grafschaft Henneberg 11. zum 12. Jahrhundert kam es im catum-Gebäudes schloss ein qua- unmittelbar benachbarten Herr- Nordwesten der Burg zu einer durch- dratischer Turm mit Hocheingang schaftsgebiet der Ludowinger sind und einer Seitenlänge von 10 x 10 im 11./12. Jahrhundert keine solchen greifenden komplexen Umgestaltung. 11 Als zentraler Baukörper einer mut- m den wahrscheinlichen Hofbereich Turmbauten überliefert . maßlichen Hofbebauung wurde ein ab. Von ihm wurden die Nordmau- An der Südspitze der Burg konnte quadratisches Gebäude von 9 x 9 m Seitenlänge und 70 bis 80 cm Mau- erdicke in Opus-spicatum-Technik Abb. 4. Henneberg, Burgruine, Ldkr. Schmalkalden-Meiningen – der Rundturm errichtet (Abb. 1, Nr. 2; Abb. 2)8. Zu (11./12. Jh.) wurde von der spätmittelalterlichen Ringmauer überbaut. diesem annähernd von Norden nach Süden gerichteten Bau, von dem zwei bis drei Steinlagen erhalten geblie- ben sind, scheint auch ein gemörtelter Fundamentblock unklarer Funktion (eventuell ein Treppenfundament?) gehört zu haben. Spuren eines Zu- gangs fanden sich nicht. Aufgrund der bescheidenen Mauerdicke kann davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um einen Turm, sondern vielmehr um ein Wohn- oder Wirt- schaftsgebäude gehandelt hat. Eine in Resten erhaltene Lage von hori- zontalen Steinplatten, die das Funda- ment nach oben hin abschloss, lässt an einen aufliegenden Schwellbalken
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