Validierung des Zwischenberichts Teilgebiete der Bundesgesellschaft für Endlagerung für die Gebietsanteile Thüringens Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz Abteilung 8 Geologie und Bergbau Referat 81 Geologische Landesaufnahme, Geologisches Landesarchiv Stand 07.06.2021 Zusammenfassung Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat als Vorhabenträgerin für das Verfahren zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle den Zwi- schenbericht gemäß § 13 Abs. 2 S. 3 StandAG am 28.09.2020 veröffentlicht. In dem Bericht werden die Ergebnisse zur Ermittlung von Teilgebieten dargestellt, die im weiteren Standortauswahlverfahren als Suchraum verbleiben. Im Zwischenbericht Teilgebiete der BGE werden vier Teilgebiete ausgewiesen, die zum Teil in Thürin- gen liegen: für zwei der Teilgebiete werden Kristallingesteine als Wirtsgestein in Betracht gezogen, für zwei Teilgebiete Steinsalz in stratiformer Lagerung. Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) wurde vom Thüringer Minis- terium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) am 13.10.2020 mit der Validierung des Zwi- schenberichts der BGE im Hinblick auf die für Thüringen relevanten Teilgebiete beauftragt. Nach erster Durchsicht und Stellungnahme durch das TLUBN im Januar 2021 stellt der vorliegende Bericht die Er- gebnisse der umfassenden fachlichen Prüfung des Zwischenberichts durch den Geologischen Dienst Thüringen dar. Die Anwendung der im Standortauswahlverfahren festgelegten Kriterien und Anforderungen zur Aus- weisung von Teilgebieten in Thüringen werden vom TLUBN zusammenfassend folgendermaßen be- wertet: Anwendung der Ausschlusskriterien gemäß § 22 StandAG Grundsätzlich erscheint dem TLUBN die von der BGE angewendete Verfahrensweise des „vorsichtigen“ Ausschlusses sowie die stark schematisierte Anwendung der Ausschlusskriterien zum jetzigen Verfah- renszeitpunkt und in Anbetracht der derzeitigen Datengrundlage nachvollziehbar und plausibel. In nachfolgenden Phasen des Standortauswahlverfahrens wird es allerdings zwingend erforderlich sein, unter Berücksichtigung neuer Kenntnisstände aus Wissenschaft, Forschung und zusätzlicher Datener- hebung: - die Kriterien Großräumige Vertikalbewegungen, Aktive Störungszonen und Vulkanische Akti- vität erneut anzuwenden. - Sicherheitsabstände um aktive tektonische Störungszonen und atektonische Vorgänge (1.000 m), Bohrungen (25 m) und vulkanische Eruptionszentren (10 km) sowie den Einwirkungsbe- reich bergbaulicher Aktivität zu überprüfen und ggf. zu vergrößern. - das Kriterium Seismische Aktivität auf Basis der weiterentwickelten DIN und unter Einbezie- hung bergbauinduzierter Erdbeben zu bewerten. Bei der Anwendung des Ausschlusskriteriums Aktive Störungszonen sind der BGE methodische Fehler unterlaufen, die im Wesentlichen auf Schwierigkeiten beruhen, die dreidimensionale Ausdehnung der Ausschlussflächen zweidimensional darzustellen oder die Ausschlussflächen um Bohrungen sauber in die Teilgebiete einzuarbeiten. Dies ist technisch ohne erneute Anwendung des jeweiligen Kriteriums lösbar. Auch bestehende Unklarheiten zu einzelnen ausgeschlossenen Flächen lassen sich vermutlich einfach klären und nachbessern. Wesentliche Kritik des TLUBN besteht in der Anwendung des Kriteriums Aktive Störungszonen – atek- tonische Vorgänge in Thüringen, da hierfür übermittelte Daten durch die BGE nicht berücksichtigt, pauschal aussortiert und nicht miteinander in Beziehung gesetzt werden. Hier empfiehlt das TLUBN die erneute Anwendung des Kriteriums. Seite 1 von 146 Anwendung der Mindestanforderungen gemäß § 23 StandAG für Teilgebiete mit Wirtsgestein Stein- salz in stratiformer Lagerung Die BGE verwendet zur Anwendung der Mindestanforderungen bevorzugt ungeeignete Daten und ig- noriert wichtige Daten. Die Auswertungen stützen sich zum größten Teil ohne weitere fachliche Prü- fung auf die Informationen aus Isopachenkarten, die entweder veraltet oder in einem viel zu kleinen Maßstab dargestellt sind. Informationen aus Karten, deren Bearbeitungen bis zu fünf Jahrzehnte aus- einanderliegen, werden von der BGE ohne nachvollziehbare Vorgehensweise oder Begründung selek- tiv zusammengetragen und trotz ihrer unterschiedlichen Kenntnisstände zur räumlichen Eingrenzung gemeinsam verwendet. Demgegenüber findet eine Berücksichtigung von Bohrdaten kaum statt, die nach Auffassung des TLUBN aber die „härtesten“ Daten sind und den aktuellsten digital verfügbaren Wissensstand widerspiegeln. Das gewählte Interpolationsverfahren über die händische Konstruktion von Mächtigkeitspolygonen auf Grundlage der Isopachenkarten hat sehr ungünstige geometrische Nebeneffekte, die zu geologisch unplausiblen Geometrien der ausgewiesenen Gebiete führen. Hier ist dem TLUBN nicht ersichtlich, warum die Mächtigkeiten aus den umfangreichen verfügbaren Primärdaten mithilfe geeigneter und einfach nachzuvollziehender Interpolationsverfahren nicht neu ermittelt worden sind. Zudem führt das Kumulieren von Steinsalzmächtigkeiten über den gesamten Zechstein hinweg dazu, dass weitflä- chig Gebiete ausgewiesen werden, in denen in größerem Umfang Gesteine vorkommen, die nicht als Wirtsgesteine zu betrachten sind. Die Verbreitungen und Mächtigkeiten von Steinsalzen werden durch die gewählten Methoden künst- lich in ihrer Größe überschätzt. Aus Sicht des TLUBN können die Gebiete mit erfüllten Mindestanfor- derungen im Wirtsgestein Steinsalz – und damit auch identifizierte Gebiete und Teilgebiete mit Stein- salz in stratiformer Lagerung in Thüringen – auf der Grundlage der umfangreichen übermittelten Daten und mit fachlich und technisch nachvollziehbaren Methoden von der BGE räumlich deutlich genauer eingegrenzt werden. Das TLUBN empfiehlt aufgrund der festgestellten, z.T. erheblichen fachlichen und methodischen Feh- ler, die Mindestanforderungen im Wirtsgestein Steinsalz erneut anzuwenden und die identifizierten Gebiete und Teilgebiete zu überarbeiten. Anwendung der Mindestanforderungen gemäß § 23 StandAG für Teilgebiete mit kristallinem Wirts- gestein Durch das TLUBN gelieferte Datenbestände werden im Verlauf der Arbeiten von der BGE nur sehr un- zureichend berücksichtigt. Die Karte „Geologischer Bau des tieferen Untergrundes“ des TLUBN, die einen guten Überblick über die zu erwartenden Verhältnisse im Grundgebirge liefert, wird ebenso we- nig verwendet wie die Digitale Geologische Karte von Thüringen im Maßstab 1 : 25.000 (GK25) mit den darin enthaltenen geologischen Profilschnitten. Für das TLUBN ist nicht erkennbar, dass bei der Aus- weisung der Teilgebiete im Wirtsgestein Kristallin auf dem Gebiet Thüringens Daten aus Bohrungen verwendet wurden. Insgesamt sind der BGE dadurch wesentliche Informationen als Basis für die Aus- weisung der Teilgebiete entgangen. Bei richtiger Zuordnung der Kristallingesteine zur Mitteldeutschen Kristallinzone entfällt der thüringische Anteil am Saxothuringikum vollständig. Zur Ermittlung der Tiefenlage der Grundgebirgsoberfläche verwendet die BGE hauptsächlich die Mo- dellfläche Basis Permosilesium aus dem 3D-Übersichtsmodell des Thüringer Beckens sowie die Karte „Tiefenlage des Grundgebirges“ von Reinhold (2005). Letztere ist für eine quantitative Auswertung der Tiefenlage des Grundgebirges in Thüringen nicht geeignet, da sie zu kleinmaßstäblich ist und geomet- rische Fehler aufweist. Die Abgrenzung regionaltektonischer Baueinheiten ist in der Karte von Reinhold Seite 2 von 146 (2005) aufgrund des kleinen Maßstabs wenig detailliert und hätte ohne weitere Überprüfung und An- passung an vorliegende Primärdaten nicht zur Abgrenzung von Teilgebieten übernommen werden dür- fen. Bei der Ermittlung des Abstands zwischen der Tiefenlage des Grundgebirges und der Geländeober- fläche auf Basis der Konturlinien der Karte von Reinhold (2005) wählt die BGE einen Ansatz, der nach Analyse des TLUBN zu stark fehlerhaften Ergebnissen führt. Außerdem wurde zur Ermittlung des Ab- stands zwischen Grundgebirgs- und Geländeoberfläche die Basisfläche Permosilesium gemeinsam mit der Karte von Reinhold (2005) verwendet, obwohl die beiden Datensätze geometrisch nicht zusam- menpassen. Einige Teilgebietsgrenzen sind als Artefakte anzusehen, da sie unmittelbar auf der Inkon- sistenz der beiden Datensätze beruhen. Die fachliche Begründung für einen Sicherheitsabstand von 200 m im Wirtsgestein Kristallin für die Errichtung eines Endlagers ist nicht ersichtlich. Legt man dennoch den von der BGE definierten Sicher- heitsabstand zugrunde, wurde der horizontale Sicherheitsabstand für die Ausweisung von Teilgebieten im Wirtsgestein Kristallin nicht berücksichtigt. In Folge wurden Flächen ausgewiesen, deren Flächenin- halt für die Anlage eines Endlagers zu klein ist. Der Workflow der BGE weist nur wenig Bezug zur vorangestellten Inventarisierung von lithostratigra- phischen Einheiten im Wirtsgestein Kristallin auf. Das TLUBN empfiehlt daher eine grundlegende Überarbeitung der identifizierten Gebiete und Teil- gebiete im Wirtsgestein Kristallin. Hierbei sollten die Mindestanforderungen unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten noch einmal angewendet werden. Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG Die erstmalige Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien im Schritt 1 der Phase 1 stützt sich nach Auffassung des TLUBN auf keine ausreichend solide Datenbasis. Die überwiegend zur Bewertung genutzten Referenzdaten können zur räumlichen Einengung des Suchraums kaum beitra- gen. Gebietsspezifische Informationen liegen im Wesentlichen nur aus der vorherigen Anwendung
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