Elke A. Nekolla EPIDEMIOLOGIE DES STRAHLENINDUZIERTEN MAMMAKARZINOMS Aus dem Strahlenbiologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München Vorstand: Prof. Dr. A. M. Kellerer EPIDEMIOLOGIE DES STRAHLENINDUZIERTEN MAMMAKARZINOMS Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Humanbiologie an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München vorgelegt von Elke Anna Nekolla München 2004 Mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität München Berichterstatter: Prof. Dr. A. M. Kellerer Mitberichterstatter: Prof. Dr. E. Dühmke Prof. Dr. M. Keßler Dekan: Prof. Dr. Dr. h.c. K. Peter Tag der mündlichen Prüfung: 21.01.2004 Für Emma & Alexander Die meisten und schlimmsten Übel, die der Mensch dem Menschen zugefügt hat, entsprangen dem felsenfesten Glauben an die Richtigkeit falscher Überzeugungen. B. Russell Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. F. Nietzsche INHALT 1 1. EINLEITUNG ............................................................................. 3 1.A EINFÜHRUNG IN DIE EPIDEMIOLOGIE DES MAMMAKARZINOMS ........................................ 5 1.B ZIELSETZUNG DER VORLIEGENDEN ARBEIT ...............................................................16 2. MATERIAL UND METHODEN ........................................................ 19 2.A AUFBAU DER ARBEIT..........................................................................................21 2.B ABSCHÄTZUNG STRAHLENBEDINGT ERHÖHTER KREBSRATEN ..........................................23 2.C METHODIK DER VISUALISIERUNG...........................................................................25 2.D VERWENDETE SOFTWARE ....................................................................................27 3. ERGEBNISSE MIT DISKUSSION .................................................... 29 3.A DIE JAPANISCHE LIFE SPAN STUDY-KOHORTE DER ATOMBOMBENÜBERLEBENDEN VON HIROSCHIMA UND NAGASAKI................................................................................29 3.B DIE MASSACHUSETTS-TBC-STUDIE ........................................................................77 3.C DIE KANADISCHE TBC-STUDIE ZUR BRUSTKREBSMORTALITÄT .......................................83 3.D DIE AMERIKANISCHE POSTPARTUM-MASTITIS-STUDIE ................................................89 3.E SCHWEDISCHE STUDIE DES BRUSTKREBSRISIKOS NACH STRAHLENTHERAPIE EINER GUTARTIGEN BRUSTERKRANKUNG ..........................................................................95 3.F STUDIE DES BRUSTKREBSRISIKOS NACH STRAHLENTHERAPIE EINER "THYMUSHYPERPLASIE" WÄHREND DER KINDHEIT ..................................................................................105 3.G SCHWEDISCHE STUDIE DES BRUSTKREBSRISIKOS NACH STRAHLENTHERAPIE EINES HÄMANGIOMS WÄHREND DER KINDHEIT ................................................................109 3.H STUDIE DES BRUSTKREBSRISIKOS NACH STRAHLENTHERAPIE EINES ZERVIXKARZINOMS.......117 3.I STUDIEN, DIE WEITERE ERKENNTNISSE ZUM ERHÖHTEN RISIKO EINER BRUSTKREBSERKRANKUNG NACH BESTRAHLUNG BEITRAGEN ........................................123 1. Die Israelische Tinea-Capitis-Studie – Brustkrebsinzidenz nach Röntgentherapie im Kindesalter ................................................................... 125 2. Amerikanische Skoliose-Studie – Brustkrebs nach mehrfachen Röntgenuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen ................................. 126 3. Amerikanische Studien zur Brustkrebsinzidenz bei Patientinnen mit Hodgkin-Lymphom...................................................................................... 127 4. Chinesische Studie der Krebsinzidenz bei Radiologen und technischem Personal im Bereich der Röntgendiagnostik................................................... 129 5. Amerikanische Studien zu Brustkrebs bei radiologisch-technischem Personal... 130 3.J RISIKOANALYSE KOMBINIERTER STUDIENKOHORTEN .................................................135 3.K BRUSTKREBS-FRÜHERKENNUNG DURCH REGELMÄßIGE MAMMOGRAPHIE-UNTERSUCHUNGEN (MAMMOGRAPHIE-SCREENING)...........................................................................155 2 INHALT 4. ZUSAMMENFASSUNG................................................................191 5. LITERATUR ............................................................................193 APPENDIX I: GRUNDLAGEN UND METHODEN .............................................................A 1 APPENDIX II: BESCHREIBUNG DER LSS-DATEN...........................................................A 25 APPENDIX III: KRITISCHE STELLUNGNAHME ZU "PREVENTING BREAST CANCER: THE STORY OF A MAJOR, PROVEN, PREVENTABLE CAUSE OF THIS DISEASE" VON JOHN W. GOFMAN......................................................................A 27 KLEINES GLOSSAR STRAHLENBIOLOGISCHER GRÖßEN UND BEGRIFFE ..................................A 57 DANKSAGUNG CURRICULUM VITAE 3 1) EINLEITUNG 1.A EINFÜHRUNG IN DIE EPIDEMIOLOGIE DES MAMMAKARZINOMS ...................... 5 1. Brustkrebsinzidenz in Deutschland............................................................ 6 2. Brustkrebsmortalität und Brustkrebsinzidenz – Relation und zeitliche Entwicklung der Raten ............................................................................. 7 3. Die wichtigsten Risikofaktoren bei Brustkrebs............................................ 9 3.1 Genetische Prädisposition ..................................................................10 4. Brustkrebsraten im internationalen Vergleich............................................11 5. Zur Strahleninduzierbarkeit des Mammakarzinoms....................................13 1.B ZIELSETZUNG DER VORLIEGENDEN ARBEIT .............................................16 4 EINLEITUNG 5 1) EINLEITUNG 1.A EINFÜHRUNG IN DIE EPIDEMIOLOGIE DES MAMMAKARZINOMS In den westlichen Industrieländern ist Brustkrebs die häufigste bösartige (maligne) Erkran- kung der Frau. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahre 1998 etwa 46 000 Frauen (109 pro 100 000) in Deutschland neu an einem Mammakarzinom. Im gleichen Jahr starben in Deutschland rund 18 000 Frauen (43 pro 100 000) an ihrer Brustkrebserkran- kung. Dies sind 4% aller Todesfälle bei Frauen und 17% der Todesfälle, bei denen eine bös- artige Erkrankung Todesursache war [St01]. Somit steht Brustkrebs an erster Stelle in der Li- ste tödlicher maligner Erkrankungen der Frau und an dritter Stelle – nach Lungen- und Dick- darmkrebs – bei den tödlichen Krebserkrankungen beider Geschlechter. Als noch gravierender erweist sich die Situation, wenn Brustkrebs als Todesursache in Ab- hängigkeit vom Alter betrachtet wird. In der weiblichen Bevölkerung der alten Bundesländer ist Brustkrebs zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr mit 17% die häufigste Todesursache (vergleiche Abb.1). Todesursachen • Deutschland (alte Bundesländer) 1996 70 Erkrankungen des Kreislaufsystems 60 alle Malignome 50 40 30 20 Brustkrebs 10 Malignome der prozentualer Anteil an allen Todesursachen weiblichen Genitalorgane 0 Lungenkrebs 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Alter bei Tod Abb.1: Prozentualer Anteil ausgewählter Todesursachen an allen Todesursachen für die weibliche Bevölkerung Deutschlands (altes Bundesgebiet 1996), in Ab- hängigkeit vom erreichtem Lebensalter1. Malignome der weiblichen Genital- organe = Uteruskarzinome (unspezifisch, Zervix und Korpus) und Ova- rialkarzinome. 1 Daten des Statistischen Bundesamtes Deutschland; der Zugriff auf die statistische Datenbank ist über http://www.statistik-bund.de möglich 6 EINLEITUNG 1. Brustkrebsinzidenz in Deutschland Die genannten Zahlen verdeutlichen, welche Bedeutung dem Kampf gegen den Brustkrebs in unserer Gesellschaft zukommt. Leider existiert für Deutschland im Unterschied zu anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Schweden oder Dänemark, noch immer kein flä- chendeckendes Krebsregister, so dass exakt überprüfbare Zahlen zur hiesigen Brustkrebsinzi- denz (Morbidität) nicht vorliegen. Die Gründe hierfür liegen im Bereich des allgemeinen ge- sellschaftlichen, politischen und historischen Diskurses in Deutschland, in dessen Folge allen Fragen des Datenschutzes und der zentralen Datensammlung in unserem Land mit großer Zu- rückhaltung begegnet wird. Auch wenn dies in mancherlei Hinsicht durchaus gerechtfertigt ist, bleibt auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit anzumerken, welche Folgen dies für die Gewinnung wissenschaftlich tragfähiger Ergebnisse hat. Da Krebs ein polikausales Krankheitsgeschehen ist, wird die Erforschung seiner Ursachen immer auch auf statistische Instrumente zurückgreifen müssen. Brustkrebs ist vermutlich das Ergebnis eines Zusammenwirkens verschiedenster Faktoren wie Alter, genetische Veranla- gung, allgemeine Lebensgewohnheiten, Umwelteinflüsse sowie auch etwaige Strahlenexposi- tion. In einem solchen Problemfeld können seriöse wissenschaftliche Aussagen vorläufig nur aus Aussagen über Wahrscheinlichkeiten bestehen, die mithilfe einer genauen statistischen Überprüfung und Auswertung einer möglichst umfassenden Datenmenge gewonnen und veri- fiziert werden. Sowohl die Verlässlichkeit als auch der Umfang der statistischen Ausgangs- daten besitzen also eine außerordentliche Bedeutung für jedes Erklärungsmodell in der Brust- krebsforschung. Aus Sicht des Wissenschaftlers wäre es deshalb wünschenswert, dass auch diese Aspekte verstärkt Eingang in den oben erwähnten, gesellschaftlichen Diskurs fänden. Da ein bundesweites Krebsregister jedoch bislang nicht vorliegt, muss man sich für Deutschland weitgehend mit Schätzungen bzw. Hochrechnungen begnügen. Für einige Regionen Deutschlands liegen lokale Krebsregister
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