Eberhard-Karls-Universität Tübingen Deutsches Seminar SALOMO FRIEDLAENDERS/MYNONAS PROSA ALS UTOPISCHE LITERATUR AUF DER BASIS SEINER PHILOSOPHIE Eine Analyse unter spezieller Berücksichtigung des philosophischen Werkes und am Beispiel des Romans Graue Magie - Magisterarbeit - 2007 Vorgelegt von: Gutachter: Stefanie Grutsch Prof. Klaus-Peter Philippi Rotenwaldstraße 78 Prof. Hans-Georg Kemper 70197 Stuttgart Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit eigenständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Deren Übernahme habe ich an den entsprechenden Stellen einzeln kenntlich gemacht. Datum Unterschrift INHALTSVERZEICHNIS Einleitung .......................................................................................................................... 1 I. Zum Forschungsstand. Die literarische Utopie: Begriffsdefinition und Einordnung von Mynonas Prosa ........................................................................... 11 II. Die Philosophie Salomo Friedlaenders. Lieferant der utopischen Inhalte ............ 22 1. Erste Phase. Das Konzept ‚schöpferische Indifferenz‘ .......................................... 22 1.1 Vorspiel. Salomo Friedlaenders Nietzsche-Interpretation ............................ 22 1.2 Schöpferische Indifferenz . Grundlagen zum ersten Hauptwerk .................... 26 1.3 Schöpferische Indifferenz als utopische Philosophie ..................................... 29 1.4 Zwischen Nietzsche und Kant/Marcus. Wandel des Bezugssystems ............ 40 2. Zweite Phase. Das Konzept ‚natürliche Magie‘ .................................................... 44 2.1 Die Hinwendung zu Kant/Marcus. Soziale und inhaltliche Konse- quenzen .......................................................................................................... 44 2.2 Die philosophische Magie-Theorie als Utopie .............................................. 48 2.3 Schnittstellen. Kunstphilosophische Andeutungen innerhalb der Magie- Theorie........................................................................................................... 60 III. Das literarische Werk als fiktionale Ausprägung der utopischen Philosophie ..... 64 1. Zu Salomo Friedlaenders/Mynonas Grotesken-Theorie ........................................ 64 2. Zum Verhältnis von Philosophie und Literatur bei Salomo Friedlaen- der/Mynona ............................................................................................................ 72 3. Beispielanalyse. Der Roman Graue Magie ........................................................... 78 Bilanz und Ausblick ...................................................................................................... 109 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 113 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS (Abkürzung, Seitenzahl) Kurznachweis der Primärliteratur. Die genauen bibliographi- schen Angaben finden sich im Literaturverzeichnis. (NAME Jahr, Seitenzahl) Kurznachweis der Sekundärliteratur nach Autorname und Erscheinungsjahr. Die genauen bibliographischen Angaben finden sich im Literaturverzeichnis. AKB Akademie der Künste Berlin DLA (Ziffern) Deutsches Literaturarchiv Marbach (Zugangsnummer). Die Zugangsnummer wird nur im Literaturverzeichnis angege- ben. Abkürzungen für Werke Friedlaenders/Mynonas BE Briefe aus dem Exil DBDS Die Bank der Spötter. Ein Unroman DBS Durch blaue Schleier DEG Das Eisenbahnglück oder Der Anti-Freud DH Der Holzweg zurück oder Knackes Umgang mit Flöhen DLH Der lachende Hiob und andere Grotesken DNW Das Nachthemd am Wegweiser DS Der Schöpfer. Phantasie DS/T/DAT Der Schöpfer, Tarzaniade, Der antibabylonische Turm, Prosa, Bd. 2 DVL Der verliebte Leichnam, Prosa, Bd. 1 DWB Das widerspenstige Brautbett FHAM Für Hunde und andere Menschen F/M-K Salomo Friedlaender/Mynona – Alfred Kubin. Briefwechsel FN Friedrich Nietzsche. Eine intellektuale Biographie GM Graue Magie. Ein Berliner Nachschlüsselroman HB Hundert Bonbons. Sonette HRWG Hat Erich Maria Remarque wirklich gelebt? I Ich. Autobiographische Skizze IMB Ich möchte bellen IVER Ich verlange ein Reiterstandbild I-H Ich-Heliozentrum KDM Katechismus der Magie KFK Kant für Kinder KFKÜ Kant für Künstler KGE Kant gegen Einstein MHG Mein hundertster Geburtstag und andere Grimassen MI Das magische Ich MPJO Mein Papa und die Jungfrau von Orleans PR Pädagogischer Roman RDSS Rosa die schöne Schutzmannsfrau, 1913 RDSS/65 Rosa die schöne Schutzmannsfrau, 1965 SI Schöpferische Indifferenz SWR Schwarz-Weiß-Rot TS Trappistenstreik UL Unterm Leichentuch VKSS Versuch einer Kritik der Stellung Schopenhauer’s zu den erkenntnistheo- retischen Grundlagen der „Kritik der reinen Vernunft“ WDEP Wie durch ein Prisma EINLEITUNG 1 EINLEITUNG „in aktuellen, aber schon verstaubten akademischen abschlüssen wird mynona bis heute im grabe gehalten & als neu entdeckter ‚vergessener‘ autor gefeiert, statt daß die kruste über dem vulkan endlich beseitigt werde, damit die funken herauskönnen. – aber das wäre schon wieder zu nah am gegenstand. das gehört sich nicht. damit besteht man keine prüfung in einer altbackenen institution. zum wissenschaftsethos gehört die distanz & und die einhaltung von regeln & gesetzen.“ 1 Salomo Friedlaender/Mynona ist ein Autor, der den Leser gleichzeitig unterhält und ihm vieles abverlangt. Er gilt als Begründer der literarischen Form ‚Groteske‘ und war doch in erster Linie Philosoph. Als solcher wird er gegenwärtig tatsächlich nurmehr von einem sehr kleinen und geschlossen Kreis Interessierter wahrgenommen. Aber auch seine grotesken Prosastücke, gewagten Parodien und philosophischen Romane finden seit seiner großen Zeit im Expressionismus fast keine Leserschaft mehr. Veröffentlicht hat er sie unter dem Pseudonym Mynona. Die philosophischen Monogra- phien, Aufsätze, Essays und Streitschriften erschienen unter dem bürgerlichen Namen Salomo Friedlaender. Mynona, das ist das Anagramm von ‚anonym‘, und dennoch kein Versuch anonym zu bleiben. Das Pseudonym war von Anfang an als literarischer Name Salomo Friedlaenders jedem bekannt. So macht es der Autor dem Rezipienten scheinbar leicht, beide Schaffensbereiche auseinander zu halten. Dementsprechend werden im Folgenden auch die beiden Namen im jeweils passenden Kontext verwendet, je nach- dem von welchen Schriften die Rede ist. Dabei wird es aber sehr häufig nötig sein, den Doppelnamen Salomo Friedlaender/Mynona zu gebrauchen; in allgemeinen Aussagen und immer dann, wenn der Autor als Philosoph vom Groteskenautor nicht zu trennen ist. Es wird Aufgabe dieser Arbeit sein zu zeigen, dass eine solche Trennung prinzipiell unmöglich ist. Die Phantasie des Groteskenschreibers wurde immer beflügelt von den Idealen des Phi- losophen. Dies ist zugleich die Grundlage für das Verständnis seiner Texte und der Grund für ihr Schicksal: gar zu unbeachtet geblieben zu sein – denn eine Auseinander- setzung mit diesem philosophischen Hintergrund ist mühsam. Dass eine akademische Arbeit dem auf ihre Art abhelfen kann, indem sie das Verständnis fördert und den Blick für die Inhalte schärft, hofft die Verfasserin hier zu zeigen. 1 GEERKEN , Hartmut: heliozentrisch/vulgivaginal, in: I, 101. EINLEITUNG 2 Forschungsfrage und Thesen der Arbeit In seiner doppelten Arbeitsweise als Philosoph und literarischer Schriftsteller ist Fried- laender/Mynona ein nicht einfacher Ausnahmefall, der eine literaturwissenschaftliche Analyse vor spezielle Probleme stellt. Seine philosophischen Schriften deshalb auszu- klammern, kann jedoch keine Lösung sein. Bislang hat sich die literaturwissenschaftli- che Forschung mit Salomo Friedlaender/Mynona vor allem als expressionistischem Zeitgenossen und Groteskenautor auseinander gesetzt. Der philosophische Teil seines Schaffens wird dabei zwar immer erwähnt, jedoch selten genauer untersucht. Kann eine solche Herangehensweise an diesen Autor zu repräsentativen und erschöp- fenden Ergebnissen führen? Oder zwingt nicht vielmehr die Einsicht, dass ein Autor für seine literarischen Texte ein ganzes, hoch komplexes theoretisches Referenzsystem ge- schaffen hat, zu dem Schluss, dieses in die wissenschaftliche Analyse intensiv mit ein- zubeziehen? Die Beantwortung dieser Frage mit ‚Ja‘ ist die Voraussetzung der folgen- den Untersuchung. In einem von Mynonas literarischen Texten heißt es: „Ich setze die Kantmarcus’sche Äthertheorie als bekannt voraus.“ (DLH, 35) Das ist eine eindeutige Anforderung an den Leser und Interpreten. An solchen Stellen wird klar, dass Mynonas Werke offene Texte sind, deren Lektüre explizit die Lektüre der wissenschaftlichen Werke nicht nur von Friedlaender selbst, sondern auch von Ernst Marcus, verlangt. Daraus ergibt sich folgende Forschungsfrage: In welchem Verhältnis stehen das theoretische Referenzsystem Friedlaenders und die literarischen Texte Mynonas z u e i - n a n d e r? Wie lässt sich dieses Verhältnis beschreiben? Und ist die Wirkung ein- oder wechselseitig? Diesem Fragenkomplex soll in der vorliegenden Arbeit anhand einer für literaturwis- senschaftliche Verhältnisse ungewöhnlich ausführlichen Beschäftigung mit Friedlaen- ders philosophischem Werk und dessen Implikationen nachgegangen werden. Die da- durch gewonnenen Erkenntnisse können als Grundlage für die Interpretation des litera- rischen Werkes dienen. Ziel dieser Arbeit ist es, Anhaltspunkte für die inhaltliche Über- einstimmung zwischen den theoretisch-philosophischen und den ästhetisch-literarischen Textformen des Autors Salomo Friedlaender/Mynona zu finden. EINLEITUNG 3 Salomo
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