Trekking Delle Leggende“ Heißt Die Neuntägige Weitwanderung Über 200 Kilometer Durch Die Östlichen Dolomitenstöcke Des Trentino

Trekking Delle Leggende“ Heißt Die Neuntägige Weitwanderung Über 200 Kilometer Durch Die Östlichen Dolomitenstöcke Des Trentino

DAV Panorama 2/2008 Foto: Antes & Antes Foto: „Trekking delle Leggende“ heißt die neuntägige Weitwanderung über 200 Kilometer durch die östlichen Dolomitenstöcke des Trentino. Wer sich auf den Weg macht, erlebt wirklich „sagenhafte“ Bergwelten. 50 DAV Panorama 2/2008 Trentino | Unterwegs Von Georg Hohenester ine neue Philosophie und Rea­ Val di Fiemme, San Martino di Cas­ Hinter den Cime di Bragarolo im östlichen lisierung des Wandersportes“ trozza, Primiero e Vanoi sowie das Teil der Lagorai-Kette hatten die Tourismusverant­ Val di Fassa führt. Dabei werden den glühen die Pala-Gipfel wortlichen des Trentino im wandernden Gästen größtmögliche im Abendlicht. Sinn, als sie vor einigen Jah­ Individualität in der Kombination ih­ ren das „Trekking delle Leggende“ rer Wanderungen sowie umfassender aus der Taufe hoben. Bestehende We­ Service in Sachen Information, Hil­ ge und Steige wurden zu einem neu­ festellung, Streckenverlauf, Trans­ en Weitwanderweg verknüpft, der port zu den Ausgangspunkten einzel­ über 200 Kilometer und 16.000 Hö­ ner Etappen und Gepäcküberführung henmeter durch die drei Territorien geboten. 51 DAV Panorama 2/2008 Südlich des Lagorai- Hauptkamms be- herrscht das Massiv der Cima d’Asta das Panorama. Beim „Trekking delle Leggende“ eingebettet zwischen den Gipfeln Das Val di Fiem- wandert man auf den Spuren von Le­ des Lagorai im Süden und den Late­ genden um Elfen, Kobolde und Geis­ marstöcken im Norden. Neun Orte, ter – die bekannteste ist die vom Zwer­ darunter das Verwaltungszentrum me ist seit dem genkönig Laurin im Rosengarten. Für Cavalese, bilden hier seit dem frühen Italienischsprachige schwingt beim 12. Jahrhundert „La Magnifica Comu­ 12. Jahrhundert Trekking „delle Leggende“ aber auch nità di Fiemme“. „Die ausgezeichne­ „legendäres“, also außergewöhnlich te Fleimstaler Gemeinschaft“ geht auf „Magnifica schönes Wandern mit. Diese zweite die Heimatliebe der Einheimischen Bedeutung entgeht deutschen Mut­ und auf deren ausgeprägten Hang zur Comunità“. tersprachlern in der Regel, entspricht Freiheit und Unabhängigkeit zurück aber der Realität, da die Attraktivität und ermöglicht Selbstverwaltung für der Bergwelt im Lagorai, in den Pale die Nutzung von 20.000 Hektar Ter­ di San Martino, in der Marmolada, im ritorium, davon 11.000 Hektar Wald. Rosengarten und im Latemar über je­ Diese „autonome“ Verwaltung des den Zweifel erhaben und wirklich da­ Waldes zielt auf seine Bewahrung daraus seine wertvollen Streichins­ zu geeignet ist, eine sagenhaft schöne ebenso wie auf die Verbesserung der trumente zu fabrizieren. Bergwelt kennenzulernen. Nutzung. Mit großem Erfolg, denn der Südlich des Talbodens ziehen die Baumbestand ist gesund und die Wäl­ dichten Wälder der Magnifica Co­ Ausgezeichnetes Fleimstal der zählen zu den schönsten in ganz munità über weite Hänge, darüber Nur wenige Kilometer von der Au­ Europa. Besondere Berühmtheit et­ schwingen sich karge Felsflanken zu tobahnausfahrt Neumarkt­Auer ent­ wa erlangte der „Geigenwald“ des Pa­ Gipfeln bis gut über 2700 Meter Hö­ fernt zieht das Val di Fiemme den Un­ neveggio, in dem, wie es heißt, schon he auf und bilden von Südwesten terlauf des Flusses Avisio entlang, Stradivari Fichten schlagen ließ, um nach Nordosten eine Kette – das Lago­ 52 DAV Panorama 2/2008 Trentino | Unterwegs man im Lagorai viele kleine Bergseen Hinter der Forcella del Macaco (2308 vorfindet, die beim Wandern einen m) steigen wir auf schmalem Steig besonderen Augenschmaus bieten. hinab ins üppig blühende, wildroman­ Beginnend am Passo Manghen führt tische Valle dei Laghetti, dem wir süd­ der Weitwanderweg Trekking delle wärts Richtung Lagorai­Hauptkamm Leggende, immer auf einer Höhe um folgen. Vorbei an den bezaubernd die 2500 Meter, bis hinüber zum Passo schönen Laghetti di Lagorai wandern Rolle und hinunter nach San Martino wir zur Forcella di Lagorai (2368 m) di Castrozza. Zwei lange und durch­ hinauf und erreichen dort den vom aus anspruchsvolle einsame Etappen Passo Manghen querenden Weg 321, liegen dazwischen. Sie nutzen teils al­ den Trekking­delle­Leggende­Weg. te Militärwege aus dem Ersten Welt­ Schnell ein paar Fotos gemacht, dann Fotos: Georg Hohenester, Antes & Antes, APT Val di Fiemme Val Antes & Antes, APT Hohenester, Georg Fotos: krieg, teils ziehen sie fast weglos über geht es 150 Höhenmeter über grobes enorme Blockhalden. Den gestande­ Blockwerk aufwärts zur kleinen Schar­ nen, Ruhe suchenden Bergwanderer wird dies nicht stören, sondern anzie­ hen. Und falls die Etappen zu lange er­ Castello di Fiemme ist einer der neun Orte im Fleimstal. scheinen, kann man mehrmals abkür­ zen und über eines der Seitentäler ins Val di Fiemme ausweichen. Sonntagmorgen, kurz nach acht Uhr, treffe ich Bergführer Alberto Felicet­ ti aus Predazzo am vereinbarten Treff­ punkt bei Ziano di Fiemme. Wir ha­ ben eine Tagestour über den zentralen Teil des 40 Kilometer langen Lagorai­ Massivs vor uns. Zunächst nehmen wir die erste Seilbahn von Cavalese hinauf zum Ausgangspunkt auf der Alpe Cer­ mis in 2000 Meter Höhe. In der Berg­ Die Querung unterhalb des station gibt Alberto einen schnellen Castel de le Aie ist etwas rai. Die auf den ersten Blick unschein­ Espresso aus und erklärt mit abschät­ ausgesetzt und mit Drahtseil gesichert. baren Berge trennen das Val di Fiem­ zendem Seitenblick, dass wir heute ei­ me vom Valsugana und sind von bei­ ne ziemlich lange Strecke vor uns hät­ den Seiten nur über lange Forst­ und ten. Dann geht’s in ziemlich flottem Alpstraßen, Wanderwege und Stei­ Tempo los und bald stellt sich heraus, ge zugänglich. Lediglich eine Seilbahn dass Alberto gerne sportlich in den führt von Cavalese in die Höhe, wei­ Bergen unterwegs ist und schon an be­ tere Erschließung ist nicht vorhanden rühmten Skitouren­Wettkämpfen wie und auch nicht geplant. der Trofeo Mezzalama teilgenommen hat: „Jetzt nicht mehr so oft, ich ha­ Lagorai – einsam und weit be zu wenig Zeit zum Trainieren, und Das größte Massiv im östlichen dann macht es keinen richtigen Spaß“, Trentino gehört zwar geografisch, aber meint der drahtige Bergführer, als wir nicht geologisch zu den Dolomiten, hinüberlaufen zur Forcella di Bom­ te nördlich des Monte Laste delle Sute besteht aus Porphyrgestein und ent­ basel und weiter zu den Laghi di Bom­ (2616 m). Hier haben wir den Groß­ stand vor rund 300 Millionen Jahren basel. Wahrscheinlich will er den heu­ teil der heutigen Aufstiegshöhen­ infolge vulkanischer Tätigkeit. Von tigen Tag als Trainingseinheit nutzen, meter geschafft und blicken erstmals Schwarz­ über diverse Rot­ bis zu ver­ mit seinem überschaubaren Rucksack auf den weiteren Gratverlauf mit den schiedenen Grüntönen reicht die Farb­ und den leichten Schuhen an den Fü­ nächsten Scharten Forcella delle Sute palette des Gesteins. Damit unter­ ßen, denke ich mir. Mithalten heißt da und Forcella dei Pieroni, Letztere zwi­ scheidet es sich augenfällig vom hellen die Devise, was auch ganz gut gelingt – schen dem Cimòn di Lastèolo (2536 Kalk der benachbarten Dolomitenstö­ solange Alberto, nicht ganz schulbuch­ m) und dem Cimòn Pieroni (2422 m) cke der Pale und des Latemar. Dem mäßig, seine Hände in den Hosenta­ gelegen. Wäre die Sicht etwas kla­ Porphyr ist es auch zu verdanken, dass schen vergraben hält. rer, würden wir im Süden das Massiv 53 DAV Panorama 2/2008 der Cima d’Asta, im Norden das Late­ Über 40 Kilome- tendes Werkzeug, Ofenteile, Stachel­ mar bewundern können. So schweift drahtreste, Konservenblech, Glas­ der Blick über weite und karge Hän­ scherben, Gummisohlen. Wer damit ge hinab Richtung Val di Fiemme, das ter zieht sich die wohl damals hier oben Stellung hal­ sich im Dunst verliert. Einzigartiges ten musste? einsames Ödland hier oben, kaum 25 einsame und Schweigsam setzen wir unseren Kilometer Luftlinie vom trubeligen Weg fort, blicken schließlich von Etschtal entfernt. Das mag man kaum unberührte der Forcella dei Pieroni hinüber zum glauben. Ob man denn nicht darüber nächsten Gipfel, der Cima Litegosa nachdenke, die Lagorai­Kette als Na­ Lagorai-Kette. (2548 m). „Dorthin sind es etwa zwei turpark unter Schutz zu stellen, frage Kilometer, dann müssen wir etwas ich Alberto. „Das ist nicht nötig. Wir absteigen, auf die Südseite wechseln kümmern uns selbst um unsere Ber­ und noch zwei weitere Gipfel umge­ ge und Wälder. Und das seit Jahrhun­ hen, bis wir wieder auf die Nordseite derten. Da brauchen wir keinen Na­ und hinab zum Rifugio Cauriol kom­ turpark!“, meint er kurz und bündig. reich und dem Königreich Italien über men. Aber wir sind schnell und haben Klar, die „Magnifica Comunità“ – die­ die Lagorai­Kette verlief. Teilweise schon knapp die Hälfte der Strecke ge­ se Frage hätte ich mir sparen können! sind sie angenehm breit und die in das schafft“, meint Alberto. Na dann! Ein Gestein geschlagenen Stufen noch in­ Schluck aus der Trinkflasche und ein Auf historischen Wegen takt, teilweise verfallen und unterbro­ Riegel zwischen die Zähne gescho­ Wir bewegen uns auf Wegen, die chen von kurzen, nicht zu steilen Fels­ ben, und schon ist er wieder voraus, im Ersten Weltkrieg angelegt oder absätzen. Dazwischen befinden sich die Hände nach wie vor in den Hosen­ ausgebaut wurden, als der Frontver­ immer wieder Überreste aus kriege­ taschen. Unglaublich, wie gleichmä­ lauf zwischen dem Kaiserreich Öster­ rischer Zeit: moderndes Gebälk, ros­ ßig schnell und elegant er sich bewegt, 54 DAV Panorama 2/2008 Trentino | Unterwegs Der Lago Brutto auf der Etappe vom Ri- fugio Cauriol nach San Martino (r.); das Altopiano delle Pale mit dem Cimon della Pala im Hintergrund (ganz r.); auf dem 3184 Meter hohen Gipfel des Cimon (gr. Bild). Fotos: Bernd Ritschel, Georg Hohenester, Antes & Antes Hohenester, Georg Ritschel, Bernd Fotos: egal ob der Weg gut ist oder im Block­ den des Pian delle Madalene führt. nenden Fußsohlen schnell vergessen. werk gar nicht vorhanden. Da erkennt Von hier zweigt die „Via Austriaca“ Nicht vergessen ist jedoch die wun­ man den Profi. auf den Cauriol (2493 m) ab, einen für derbare Wanderung über die einsame Von der Forcella Litegosa (2262 m) Lagorai-Verhältnisse relativ häufig be­ und nahezu unberührte Kette des La­ könnte man über die Malga Toazzo suchten Gipfel. gorai. Richtung Val di Fiemme absteigen.

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