20 Jahre Deutsche Einheit

20 Jahre Deutsche Einheit

20 Jahre Deutsche Einheit 20 Jahre Deutsche Einheit Inhalt Grußwort der Bundeskanzlerin 06 Grußwort des Bundesinnenministers 07 „Wir sind das Volk!“ 08 1990 – das Jahr der Entscheidungen 21 Neue Strukturen für das wiedervereinigte Land 29 Geschichte lässt sich nicht wegschließen 40 Aufbau Ost – viel zu tun 50 Auferstanden aus Ruinen ... 70 Von der Dreckschleuder zum „Solar Valley“ 88 Eine gute Versorgung für alle 98 Eine Zwischenbilanz 104 Grußwort der Bundeskanzlerin 20 Jahre ist es bereits her, als für uns Deutsche ein Traum wahr wurde. Es waren wohl nur noch die Wenigsten, die in Zeiten des K alten Krieges die Wiedervereinigung unseres Landes in Frieden und Freiheit für möglich gehalten haben. Selbst als Michail Gor­ batschow in der Sowjetunion tief greifende Staatsreformen auf den Weg brachte, wollte oder konnte die DDR­Führung die Zeichen der Zeit nicht erkennen. Und dennoch: Fehlende Meinungs­ und Reisefreiheit, politische Verfolgung, Misswirtschaft und zunehmende Versorgungseng­ pässe forderten ihren mehr als gerechtfertigten Tribut. Stück für Stück entglitt der Staatsmacht die Kontrolle über das öffentliche Leben. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger zeigten Zivilcourage und nahmen ihr Schicksal in die eigene Hand. Ihnen und ihrer f riedlichen Revolution haben wir es zu verdanken, dass schließlich die SED­Diktatur zusammenbrach und die Mauer fiel. Das Ergebnis der ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 war ein klares Votum für die Deutsche Einheit. Dieser Wunsch ging in Erfüllung, weil Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans­Dietrich Genscher mit großem Geschick den Weg bahnten, Michail Gorbatschow das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes achtete und sich insbesondere der amerikanische Präsident George Bush sen. für die Einheit aussprach. Wir verschließen nicht die Augen vor den Herausforderungen, vor denen wir heute, nach 20 Jahren, stehen. Dies aber schmälert nicht das historische Glück der Deutschen Einheit. Wer sich die Geschichte unseres Landes vor Augen hält, weiß auch: Wir haben allen Anlass zur Freude darüber, in einem freien, demokratischen Deutschland mit einem festen Wertefundament leben zu können, das in freundschaftlichen Beziehungen zu allen Nachbarn steht. Dr. Angela Merkel Bundeskanzlerin 6 Grußwort des Innenministers 20 Jahre sind seit der Wiedervereinigung vergangen – Jahre des Auf­ bruchs und des Aufbaus, Jahre großer Herausforderungen. In diesen Jahren gehen die 1990­Geborenen ins Berufsleben. Sie sind die Ersten, die keine eigenen Erinnerungen an das haben, was damals passiert ist. Diese Generation ist erwachsen geworden und mit ihr auch die Deutsche Einheit. Wir haben gelernt, dass manches länger dauerte als anfangs erhofft. Wir wissen, dass man 40 Jahre Diktatur nicht rückabwickeln kann. Wir sehen, dass die Errichtung einer selbsttragenden Wirtschafts­ struktur und die Bewältigung noch bestehender Probleme, wie das der hohen Arbeitslosigkeit in weiten Teilen Ostdeutschlands, weitere Anstrengungen erfordern. Vergleichen wir aber die Bilder der maro­ den DDR von 1989/90 mit denen von heute: sanierte Innenstädte, ein modernes Verkehrs­ und Kommunikationsnetz, ein Gesundheits­ system auf hohem Niveau, eine geschützte Umwelt, eine wachsende und zukunftsorientierte Wirtschaft und vieles Weitere mehr. Dann können wir sagen, wir Deutschen haben gemeinsam viel erreicht. Darauf kö nnen wir ruhig auch einmal stolz sein. Was brauchen wir für die Zukunft? Wir brauchen kein Streben nach einer „Vollendung“ der inneren Einheit. Die gibt es nicht. Gesellschaft­ licher Zusammenhalt ist ein ständiger Prozess und nie vollendet. Und Einheit war und ist in Deutschland immer Einheit in der regionalen Vielfalt. Woran wir weiterhin arbeiten müssen, das sind gleichwertige Lebensverhältnisse. Es gilt: Die innere Einheit Deutschlands beginnt im Innersten eines jeden von uns, in unseren Herzen. Was wir deshalb vor allem brauchen, sind Aufgeschlossenheit füreinander, Neugier und Verständnis für die Erfahrungen des anderen, ein Miteinander in Partnerschaft. Dann werden wir auch die vor uns liegenden Herausforderungen meistern. Dr. Thomas de Maizière Bundesminister des Innern Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer 7 „Wir sind das Volk!“ 8 — „Wir sind das Volk!“ 7. Mai 1989: Kommunalwahlen in der DDR. Als die staat­ lich gesteuerten Medien am Abend die Ergebnisse präsen­ tieren, ahnt niemand, dass dieser Tag ein entscheidender Meilenstein ist – ein Meilenstein auf dem Weg zur deut­ schen Einheit. Denn zum ersten Mal gelingt es Bürger­ rechtlern nachzuweisen, dass die SED Wahlen fälschen lässt. In der DDR beginnt eine Welle des Protests. Nur ein Jahr später finden in der DDR freie Kommunal­ Volksaufstand am 17. Juni 1953 wahlen statt. Und bereits am 18. März 1990 ist mit der ersten freien Volkskammerwahl die Herrschaft der SED endgültig zu Ende. Das geteilte Deutschland Es lässt sich darüber streiten, wann das Ende der DDR begann. Mancher hat dem „Arbeiter­und­Bauernstaat“ schon bei der Gründung 1949 kaum Überlebenschancen eingeräumt. Beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 sahen sich die Skeptiker bestätigt, und spätestens der Mauerbau am 13. August 1961 kam einer Bankrotterklärung des SED­Staates gleich. Denn wer hat es nötig, seine eigene Bevölkerung einzumauern? Und beim Versuch, aus dem Land zu fliehen, zu erschießen? Dass ein gutes Vierteljahrhundert später die Mauer und die DDR verschwinden würden, war nicht vorhersehbar. Die SED­Herrschaft, gestützt auf die Existenzgarantie Am 13. August 1961 beginnt das DDR-Regime mit dem Bau der durch die Sowjetunion, schien zementiert. Mauer Nach Jahren der Konfrontation öffnete die „neue Ost­ politik“ Bonns ab Anfang der 1970er Jahre die Tür für ein Nebeneinander der beiden deutschen Staaten – ohne die DDR damit völkerrechtlich anzuerkennen. Binnen eines knappen Jahrzehnts nahm die DDR mit rund 200 Staaten diplomatische Beziehungen auf. 10 1 Ergebnis eines Forschungs- projekts der Gedenkstätte Die Mauer und die innerdeutsche Grenze in Zahlen Berliner Mauer und des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam Todesopfer an der Berliner Mauer: mind.136 1 2 Offizielle Zahlen liegen nicht Todesopfer an der innerdeutschen Grenze insgesamt: rd. 1.000 2 vor; die Angaben reichen Gesamtlänge der innerdeutschen Grenze: 1.376 km bis zu 1.065 (Museum Haus am Checkpoint Charlie, Berlin, Gesamtlänge der Mauer zw. Ost- und West-Berlin: 43,1 km 13. August 2004) Gesamtlänge der Grenzanlagen um West-Berlin: 155 km Anzahl der Wachtürme: 302 Selbstschussanlagen (zwischen 1971 und 1984): 55.000 Verlegte Minen an der Grenze: rd.1,3– 1,4 Mio. Auf Menschen abgerichtete Hunde rd. 3.000 (bis in die 80er Jahre): Die DDR schien ökonomisch zu erstarken. Selbst im Westen nahmen viele die gefälschten Wirtschaftssta­ tistiken für bare Münze, wonach die DDR eine der zehn wirtschaftsstärksten Industrienationen der Welt sei. Die böse Überraschung sollte erst nach dem Ende der SED­Diktatur kommen. Denn die tatsächliche Situation der DDR­Wirtschaft war für die Mehrheit in Ost und West genauso unvorstellbar wie eine Vereinigung der so lange getrennten deutschen Staaten. Auch wenn die bundesdeutschen Parteien immer wieder über das Ziel der deutschen Wiedervereinigung stritten: Auf der Tagesordnung stand die deutsche Einheit prak­ tisch nicht mehr. Im innerdeutschen Verhältnis ging es seit Anfang der 1970er Jahre vorrangig um menschliche Erleichterungen, also um mehr Begegnungs­ und Reise­ möglichkeiten. Die DDR zeigte Entgegenkommen, weil sie Devisen brauchte. Die Zunahme im Reise­ und Besu­ cherverkehr hatte für die Machthaber in Ost­Berlin einen unwillkommenen, von der Bundesregierung beabsich­ tigten Effekt: Sie förderte das Zusammengehörigkeitsge­ fühl der Deutschen. Das Interesse an der Bundesrepublik nahm in der DDR nicht ab, sondern zu. West­Fernsehen und ­Rundfunk waren für die meisten DDR­Einwohner — „Wir sind das Volk!“ die Hauptinformationsquelle. Die Zahl der Ausreise­ anträge stieg seit Mitte der 1970er Jahre permanent an. Dem Ziel, die Folgen der Teilung erträglicher zu machen, dienten alle innerdeutschen Verträge und letztlich auch die Gegeneinladung Erich Honeckers nach Bonn – nach Helmut Schmidts Besuch am Werbellinsee und in Güst­ row 1981. Für den DDR­Staats­ und Parteichef ging mit seinem Besuch ein Lebenstraum in Erfüllung, allerdings Bundeskanzler Helmut Kohl bei seiner Tischrede am musste er sich von Bundeskanzler Helmut Kohl beim 7. September 1987 in der offiziellen Abendessen sagen lassen, dass die Bundes­ Bad Godesberger Redoute republik am Ziel der deutschen Einheit festhalte, „weil sie dem Wunsch und Willen, ja der Sehnsucht der Menschen in Deutschland entspricht“. Wachsende Unzufriedenheit In den 1980er Jahren nahm die Unzufriedenheit in der DDR­Bevölkerung dramatisch zu, vor allem unter den Jüngeren. Selbst bei offiziellen Demonstrationen wie der alljährlichen Kranzniederlegung am Grab von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin­Friedrichs­ felde, wurden plötzlich Plakate und Spruchbänder mit dem Luxemburg­Zitat „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“ hochgehalten. Mit brutaler Gewalt wurden sie von Volkspolizei und Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit in Zivil wieder eingerollt. Für jeden DDR­Bürger war das im West­Fern­ sehen zu sehen. Seit der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Bier­ mann und mehrerer namhafter Schriftsteller war lang­ sam, aber stetig eine Oppositionsbewegung gewachsen, wie Hunderttausende von Stasi­Berichten zeigen. In Wolf Biermann bei seinem Konzert in der Kölner Sporthalle vielen Städten

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