VORWORT Der vorliegende Band 13 der Tabula Imperii Byzantini (TIB) ist den beiden frühbyzantini- schen Provinzen des nordwestlichen Kleinasien, Bithynien und Hellespont gewidmet . Er schließt erstmals die Lücke, die stets zwischen den Europa und den Kleinasien behandelnden Bänden der TIB bestand. Die Wasserstraßen des Bosporos und des Hellēspontos und das Marmarameer als Binnenmeer verbinden dank eines dichten Fährverkehrs Europa und Kleinasien und damit auch das von Andreas Külzer in TIB 12 (Ostthrakien) bearbeitete Gebiet, die Provinz Eurōpē, und die hier behandelten Provinzen mehr als daß sie sie trennen . In Kleinasien selbst schließt dieser Band im Westen direkt an die vom Verfasser bearbeiteten Bände TIB 9 (Paphlagonien und Honōrias), TIB 4 (Galatien und Lykaonien) sowie an den vom Verfasser und Norbert Mer- sich bearbeiteten Band Phrygien und Pisidien an . Mit Lydia (TIB 14) und Asia (TIB 17) wird Andreas Külzer in näherer Zukunft den Anschluß nach Süden (Westkleinasien) herstellen . Ähnlich wie die Provinz Eurōpē als europäisches Hinterland von Konstantinopel nimmt Bithynien, in geringerem Maße auch Hellespont, als das asiatische Hinterland von Konstanti- nopel in mancherlei Hinsicht eine Sonderstellung ein . Die Küstengebiete des Bosporos und des östlichen Marmarameeres galten geradezu als Vorstadtgebiete Konstantinopels . Notwendiger- weise führte jeder Landverkehr in die östlich und südlich anschließenden Provinzen durch Bithynien und Hellespont, und die landwirtschaftlichen Produkte waren für die Versorgung der Hauptstadt unentbehrlich . Die allgemein-geographische und besonders die archäologische Erforschung der hier zu- sammengefaßten Gebiete ist nicht überall in gleichem Maße gegeben, doch sind für manche Gebiete in den vergangenen dreißig Jahren erhebliche Fortschritte zu verzeichnen, die vor allem türkischen bzw . in der Türkei basierten Kollegen zu verdanken sind . Hervorgehoben seien die überwiegend epigraphischen Arbeiten von Sencer Şahin (†) in großen Teilen Bithyniens und Elmar Schwertheim im nördlichen Hellespont . Archäologisch orientierte Surveys führten Mu- stafa Şahin im Großraum von Bursa durch, Teilnehmer an der Troia-Grabung in der weiteren Umgebung von Ilion und im Großraum um den Granikos-Fluß, Beate Böhlendorf-Arslan, Nuret- tin Arslan und andere Mitarbeiter der Universität Çanakkale auf der Trōas-Halbinsel. Neue Erkenntnisse auch für die byzantinische Zeit verdanken wir den zahlreichen kleineren und größeren archäologischen Grabungen; als besonders wichtige Grabungsstätten seien hier → Nikaia, → Ilion, → Trōas (1 [Alexandreia Trōas]), → Parion und → Kyzikos hervorgehoben. Wie schon in anderen, in jüngerer Zeit erschienenen TIB-Bänden wurde auch hier der zeit- liche Rahmen des Byzantinischen Reiches in die vor- und in die nachbyzantinische Zeit über- schritten . Da es sich vor allem archäologisch, in einigen Fällen auch historisch nachweisen läßt, daß der allergrößte Teil der in der römischen Kaiserzeit belegbaren Orte bis mindestens in frühbyzantinische Zeit überlebt hat, wurden grundsätzlich auch antike Ortsnamen, die in der römischen Kaiserzeit (fallweise, aber nicht vollständig auch davor), nicht mehr hingegen in byzantinischer Zeit belegt sind, als Lemmata in die TIB aufgenommen . Systematisch wurden dazu die kaiserzeitlichen Geographen (Strabōn, Pomponius Mela, Plinius d. Ä., Ptolemaios, Stephanos von Byzanz) sowie die Stadiasmoi, Periploi, Itinerarien und Inschriften ausgewertet . Da insbesondere Strabōn und Plinius, aber auch Stephanos von Byzanz und die byzantinischen Lexikographen in großem Umfange ältere Quellen, angefangen mit Homer, heranziehen, wird in diesem Band ein relativ vollständiger Katalog der griechischen Ortsnamen von Bithynien und Hellespont geboten . Bei vielen, vor allem inschriftlich überlieferten antiken Ortsnamen läßt sich 8 Vorwort der Nominativ nicht eindeutig feststellen1 . In die frühe Neuzeit führen einerseits die von den westlichen Handelsnationen (vor allem, aber nicht ausschließlich Venedig und Genua) ent- wickelten sog . Portulane und Portulankarten, die vom späten 13 . (oder frühen 14 ). Jh . bis in das 16. Jh. überliefert sind und eine wichtige Quelle für die spätbyzantinische historische Geographie darstellen . Andererseits werden auch diejenigen neuzeitlichen Kirchen berücksichtigt und gege- benenfalls als eigene Lemmata bearbeitet, die aufgrund der osmanischen Rechtslage einen mittelalterlichen Vorgängerbau vermuten lassen, denn vor der diesbezüglichen Tanzimatsgesetz- gebung durch Sultan Abdülmecid I. (Hatt-ı Şerif von Gülhane von 1839 und vor allem Hatt-ı Hümayun von 1856) durften Kirchen – jedenfalls im Prinzip – nur repariert oder an Stellen neu errichtet werden, an denen schon eine Kirche gestanden war . Tatsächlich wurden an vielen neuzeitlichen Kirchen byzantinische Spolien gefunden . Im Fließtext der Einleitung und der Lemmata wurden einige Wörter und Wortgruppen durch Kursivdruck hervorgehoben . Darunter fallen abweichende Schreibungen historischer geographi- scher Namen, soweit sie nicht in den Lemmakopf aufgenommen wurden, und moderne, oft mit Entfernungs- und Richtungsangaben versehene Mikrotoponyme (Flurnamen); in letzterem Falle soll die Hervorhebung dem Leser die geographische Orientierung erleichtern . Ebenfalls kursiv gesetzt wurden transliterierte Wörter wie Titel und Funktionsbezeichnungen sowie andere Wör- ter und Satzteile aus nicht-griechischen Quellentexten, schließlich manche Gliederungsbegriffe (etwa Kirchengeschichte, Wirtschaft, Wasserversorgung), welche, meist an den Anfang einer Zeile gesetzt, größere Lemmata übersichtlicher gestalten sollen . Angesichts zahlreicher Grenz- fälle wurde hier letzte Konsequenz weder angestrebt noch erreicht . In den Lemmata der meisten TIB-Bände wurden einfache Aussagen insbesondere bei der Beschreibung archäologischer Reste und Funde (fallweise auch in der historischen Darstellung) in einer Art „Lexikonstil“ abgefaßt. Vor allem wurde die Kopula (ist/sind, wird/werden und ihre Vergangenheitsformen), bisweilen auch ein leicht zu ergänzendes Subjekt, weggelassen . Im vorliegenden Band wurde dieser Lexikonstil zugunsten der Verständlichkeit auch für nicht- deutschsprachige Leser weniger häufig angewendet, im Interesse der Kürze wurde aber nicht gänzlich darauf verzichtet . Der für diesen Band wichtige Begriff „Hellespont“ ist mehrdeutig; er bezeichnet einerseits die Wasserstraße bzw . Meerenge (die heutigen Dardanellen), andererseits die Landschaft bzw . die frühbyzantinische Provinz, die sich östlich an diese anschließt . Um die beiden Bedeutungen klar auseinanderzuhalten, wird in diesem Band „Hellēspontos“ für die Wasserstraße verwendet, die in dieser Form auch Lemma ist, „Hellespont“ hingegen für die Landschaft bzw . die Provinz . Mein Dank gilt all denjenigen, die Anteil an der Entstehung dieses Bandes hatten . Frau Beate Böhlendorf-Arslan hat nicht nur ihre ungedruckte Magisterarbeit zur Verfügung gestellt, sondern durch viele Jahre hindurch in langen Stunden Auskunft über die oft noch unveröffent- lichten Ergebnisse ihrer Surveys in der Trōas gegeben, Manuskripte und Bilder überlassen und manche falsche Vorstellung korrigiert . Bereitwillig erteilte auch Nurettin Arslan Auskunft über seine Forschungen in der nördlichen Trōas. Mit Gebhard Bieg (damals im Team der Troia- Grabung) hatte ich brieflich und mündlich regen Austausch über die nähere und weitere Umge- bung von Troia/Ilion . Hinweise, Materialien und Bilder erhielt ich auch von Ayhan Çaçu (Keles bei Bursa) und Josef Stauber . Fragen zur Übergangszeit vom Byzantinischen zum Osmanischen Reich konnte ich jederzeit mit großem Gewinn mit Frau Beldiceanu-Steinherr (Paris) erörtern . Andreas Külzer war nicht nur ein anregender und hilfreicher Reisebegleiter, er hat auch, eben- so wie Friedrich Hild, das Manuskript kritisch gelesen und manchen Fehler korrigiert . Mustafa Sayar danke ich für seine Unterstützung bei der Beschaffung vor allem türkischer Literatur und für zahlreiche Hinweise auf laufende türkische Forschungen. Werner Seibt und Alexandra 1 In diesen Fällen wird meist die Endung des Nominativ Plural Neutrum (a), vom Wortstamm abgetrennt durch doppelten Schrägstrich (//), angehängt; ist z. B. das Ethnikon Kribēnos überliefert, lautet das zugehörige Lemma Krib//a . Vorwort 9 Wassiliou-Seibt haben nie ihren Rat und Auskunft zu den in allen Fragen rund um die für die historische Geographie so wichtigen Siegeln versagt . Alle Kolleginnen und Kollegen von der Abteilung Byzanzforschung und vom Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien – hervorgehoben seien Ewald Kislinger, Andreas Rhoby und Johannes Preiser-Kapeller – konnte ich stets um Rat und Hilfe bei der Beschaffung von Literatur, in Sachfragen, aber auch um Hilfe bei Computerfragen bitten . Veronika Scheibelreiter-Gail hat in einem frühen Stadium der Arbeit für diesen Band bei der Beschreibung der Monumente mehrerer größerer Städte wie Nikaia, Nikomēdeia und Chalkēdōn mitgewirkt. Besonderer Dank gebührt Johannes Koder, der während der ganzen langen Entstehungszeit des Bandes Hinweise und gute Ratschläge gab und mich zuletzt durch sorgfältige Lektüre des ganzen Manuskripts vor manchem Fehler bewahrte . Gudrun Wlach war eine aufmerksame und umsichtige Lektorin, die nicht nur eine Menge ste- hengebliebener Tippfehler gefunden, sondern auch mit gutem stilistischem Gefühl nahezu un- verständliche Sätze in lesbare Perioden verwandelt hat . Elisabeth Charlotte Beer danke ich für die gute Zusammenarbeit bei der Erstellung der Karten und die Durchführung aller
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