FÜR FREIHEIT, RECHT UND DEMOKRATIE 13017 Nr. 7/2018 Ein Urteil zum Rentenrecht Vietnamesische Dissidenten im Westen Militärverbindungsmissionen in der DDR Gegründet 1991 vom BSV-Landesverband Berlin 2 Aktuell Inhalt Editorial Aktuell Welche Gemeinsamkeiten haben 3 Empörung über Pläne für DDR-Polizeigefängnis Trier versteht es einfach nicht NS- und SED-Opfer? Antrag UOKG-Kongreß Information Oft habe ich den Eindruck, daß in der Ich bin davon überzeugt, daß die Opfer Recht gesellschaftspolitischen Diskussion die aus beiden deutschen Diktaturen weit 4 Vertrauter Anspruch auf Umwegen Opfer des Nationalsozialismus etwas davon entfernt sind, Grauen und Unrecht völlig anderes sind, als die Opfer von gleichzusetzen. Diese Menschen eint, daß International Stalinismus und SED-Diktatur. Dieses sie Opfer von staatlichem Unrecht gewor- 5 Vietnamesische Dissidenten im Westen Spannungsfeld bildet sich beispielhaft an den sind. Die Opfer aus beiden Diktaturen Resolutionen der Gedenkstätte des KZ Sachsenhausen wissen besser als jeder andere, was es ab, das nach 1945 von den Sowjets als bedeutet, hilflos ausgeliefert zu sein. Ich Thema „Speziallager“ genutzt wurde. 12 000 meine, daß es an der Zeit ist, diese beiden 6 Die westalliierten Militärverbindungsmissionen Menschen, Unschuldige und auch Men- Opfergruppen zusammenzubringen, um in der DDR schen, die sich schuldig gemacht haben, sich gegenseitig zu unterstützen. Am Bei- wurden dort ohne Anklage und ohne spiel Sachsenhausen sehe ich nach dem Aufarbeitung Urteil sich selbst und dem Tod überlas- Wechsel in der Gedenkstättenleitung 8 Für die Freiheit gestorben… sen. Eine wirkliche Zusammenarbeit der auch bessere Chancen dafür, als jemals 10 „90 Prozent der Frauen waren nie krank“ Opfer und Opferorganisationen gibt es zuvor. Privatarchiv übergeben bisher nicht. Als Vorsitzender der UOKG werde ich al- Berichte Der Grund dafür ist meines Erachtens les versuchen mit dem Ziel, daß sich die 11 Aller Opfer gedenken nicht, daß die Opfer sich nicht verstän- Opfer der beiden deutschen Diktaturen Ein Fest in Malchow digen könnten, sondern eher die Angst näher kommen. 12 Erinnerung an den Bau der Berliner Mauer oder die Sorge von politischen Mandats- UOKG trifft neuen Beauftragten für NRW trägern, daß damit irgend etwas gleich- Mit besten Grüßen gesetzt werden könnte. Ihr Dieter Dombrowski Verbände 13 „Unsere Zukunft hat schon begonnen“ Leserbrief 14 „Mauern. Gitter. Stacheldraht“ Abschied 15 Erstmals gesicherte Daten Stadtführung mit historischen Fotos Spendenaufruf Service/Bücher 16 Lange Widerstandstradition Taucher in der Wüste 17 „Der Insulaner hofft unbeirrt…“ 18 Vorhang auf, Film ab! Protestanten in Zeiten des Kalten Krieges 19 Verlangen nach Freiheit Service/Veranstaltungen 18–19 Umschlagbild Innenansicht des ehemaligen DDR-Polizeigefängnisses Keibelstraße. Am 13. August dieses Jahres hatte die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Führungen in dem sonst nicht zugänglichen Gebäude angeboten. Über 900 Anmeldungen gingen dem großen Andrang voraus, so daß die Führungszeiten verlängert werden mußten (s. auch S. 3). Foto: Christian Sachse Aktuell 3 Empörung über Pläne für DDR-Polizeigefängnis Ehemalige Häftlinge des Ost-Berliner Poli- lerinnen und Schüler die Sichtweise von falls bislang nicht eröffneten und immer zeigefängnisses in der Keibelstraße haben Stasi und SED als ‚gleichberechtigte Quel- teurer werdenden Flughafen BER. Wir for- gegen die Entscheidung der Bildungsver- le’ neben den Erfahrungen der SED-Opfer dern deshalb vom Senat, die Entscheidung waltung protestiert, sie aus dem Betrieb betrachten sollen, fragt man sich, wie rückgängig zu machen und die Gedenk- eines geplanten „Lernortes“ in dem Ge- Schüler die Bedeutung von Menschen- stätte Berlin-Hohenschönhausen mit dem bäude auszuschließen. Der Sprecher der rechten und Demokratie verstehen sollen. Betrieb zu beauftragen. Sie zeigt seit vielen Initiativgemeinschaft Ehemaliges Poli- Jahren, wie man einen ähnlichen Erinne- zeigefängnis Keibelstraße, Harry Santos, Der Umgang der Bildungsverwaltung mit rungsort unter Einbeziehung der Opfer mit erklärte: „Wir sind empört, daß wir bei unserem Ort des Leidens ist ein Schlag großem Erfolg betreiben kann.“ der Entscheidung, wie dieses Gefängnis ins Gesicht der Opfer. Er zeugt von einem als Erinnerungsort betrieben werden soll, erschreckenden Mangel an historischer erneut ausgeschlossen worden sind. Die Sensibilität bei der verantwortlichen Bil- Antrag jetzt mit dem Betrieb beauftragte Agentur dungssenatorin Sandra Scheeres. Seit acht für Bildung ist bei der Aufarbeitung des Jahren will die Bildungsverwaltung diesen (st) Die Länder Brandenburg, Berlin und Stasi- und Polizeistaates DDR noch nie in Lernort eröffnen, seit acht Jahren ver- Thüringen haben eine „Entschließung Erscheinung getreten. Besonders empört schiebt sie den Termin immer wieder. Daß zur Verbesserung der sozialen Lage an- uns, daß ehemalige politische Häftlinge der Termin nun erneut um ein halbes Jahr erkannter politischer Verfolgter durch No- in den geplanten Programmen nur eine auf Dezember 2018 verschoben wurde, vellierung der SED-Unrechtsbereinigungs- Statistenrolle spielen sollen. Wenn Schü- weckt bittere Erinnerungen an den eben- gesetze“ in den Bundesrat eingebracht. Der Antrag wurde auf der Bundesrats- sitzung vom 6. Juli 2018 verwiesen in Trier versteht es einfach nicht den Rechtsausschuß (federführend), den Finanzausschuß und den Ausschuß für in- (uokg) Die Stadt Trier hatte sich bereit- dokumentenerbe. Die Würdigung seines nere Angelegenheiten. erklärt, nahe der Karl-Marx-Statue eine Lebenswerkes jenseits von Legendenbil- Informationstafel aufzustellen. Dafür dung und ideologischer Vereinnahmung wurde nun von der Stadt ohne jegliche ist der Stadt Trier ein großes Anliegen. UOKG-Kongreß Beteiligung der Opferverbände folgender Seine Ideen sind im 20. Jahrhundert zu Am Sonnabend, dem 3. November 2018, ab 11.00 Uhr, Text formuliert: „Karl Marx ist der be- Aufbau und Rechtfertigung von Dikta- veranstaltet die UOKG einen Kongreß zum Thema kannteste Sohn der Stadt Trier. Wie turen mißbraucht worden. Seine Denk- kaum ein anderer hat er die unerhörte anstöße können aber auch heute noch „Auswirkungen politischer Verfolgung Dynamik seiner eigenen Zeit analysiert dazu dienen, unseren Blick für die Pro- auf die 2. Generation“ und wachsende Ungleichheit und Aus- bleme der Gegenwart zu schärfen.“ Ort: Gedenkstätte Berliner Mauer, Besucherzentrum, beutung kritisiert. ,Das Manifest der Bernauer Str. 119, 13355 Berlin Kommunistischen Partei’ und ,Das Ka- Karl Marx soll offenbar ohne jeden Zwei- Näheres in der nächsten Ausgabe. pital’ gehören heute zum Unesco-Welt- fel positiv im Gedächtnis bleiben. Information Wo kein Wille ist – ist auch kein Weg Am 5. Januar 2018 rief die UOKG die politischen Häftlinge der SED- mehr ein. Oder doch: Immerhin war das entsprechende Gesetz zum letz- Diktatur dazu auf, an Politiker in Ost und West zu schreiben. Ein zweiter ten Mal im Jahr 2006 durch den Bundestag geändert worden. Warum Teil der Aktion bestand darin, daß die UOKG zum ersten Mal in ihrer es nicht noch einmal ändern? Diesmal zugunsten derjenigen, die das Geschichte an alle Fraktionen, Landtagspräsidenten und Ministerprä- SED-Vermögen zum größten Teil erarbeitet haben? sidenten in den neuen Bundesländern geschrieben hat. Die Politiker Solche Gesetzesänderungen sind tatsächlich in den Landtagen von wurden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, daß ein Teil des zurückge- Thüringen und Sachsen vorgeschlagen worden. Sie fanden (und noch zahlten SED-Vermögens für ehemalige politische Gefangene verwendet einmal: leider, leider) keine Mehrheiten. Man kann auch sagen, warum: wird. Schließlich haben wir an alle ostdeutschen Ministerpräsidenten Geld abgeben, und sei es für Opfer, ist nicht so sonderlich beliebt. einen formalen Antrag gestellt, jeweils 500 000 Euro (also im Verhältnis zu den 185 Millionen fast nichts) für den Härtefallfonds zur Verfügung Immerhin: Sachsen hat nachgesteuert und will aus anderen Quellen ei- zu stellen. Insgesamt gingen mehr als 500 Briefe auf den Weg. Das nen Härtefallfonds finanzieren. Auch andere Politiker in den Landtagen Ergebnis läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Keinen Cent für den sind aufgewacht und haben begriffen, daß sie ein wirkliches Problem Härtefallfonds der UOKG aus dem SED-Vermögen. vor sich haben - Menschen, die ihre Existenz für Demokratie und Freiheit in die Waagschale geworfen haben. Die sollte man nicht wie lästige Die Antworten klingen so, als hätten die Adressaten voneinander ab- Bittsteller behandeln. geschrieben. Vielleicht haben sie das ja auch: Leider, leider hätte der Gesetzgeber einen anderen Verwendungszweck vorgeschrieben. Daher (Lesen Sie den ganzen Bericht unter http://www.uokg.de/2018/08/ dürfe man keine Gelder (wieder: leider, leider) in einen Härtefallfonds echo_pmo_185/) einzahlen. Bei so viel Gesetzestreue fällt der UOKG dann auch nichts Christian Sachse 4 Recht wurde durch Nichtannahmebeschluß Vertrauter Anspruch auf Umwegen verworfen. Wie zu erwarten, wies die Ein Urteil zum Rentenrecht von Übersiedlern und Flüchtlingen Rentenversicherung den Widerspruch daraufhin zurück, so daß der Betroffene im August 2017 Klage erhob, mit dem Die einen sprechen von einem Vertrau- In dem Verfahren geht es um einen Be- Antrag, ihn nach den Vorschriften des ensbruch, die anderen gar von einem Be- troffenen, welcher in der DDR von 1969 Fremdrentengesetzes zu bewerten. Mit trug durch den Staat. Den meisten Lesern bis zu seiner Übersiedlung im April 1984 Urteil vom 9. Mai 2018 gab das Sozial- ist
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