
Licht Pro- in dukt Design 124 Lighting Up the Future – The Emergence of OLED Lighting Up the Future – The Emergence of OLED 125 Licht im Design Was haben wir uns gewunden, ja geärgert, die bislang im Zentrum aller Leuchtenent- als 2009 eine neue Verordnung aus Brüssel würfe stand, fehlt im Moment ein technischer Gestalterische Positionen ins Haus flatterte und nach über hundert Standard. Der fundamentale Wandel im Be- für das Zeitalter nach Jahren den langsamen Tod der Glühbirne reich der Leuchtmittel hat zu einer Vielzahl der Glühbirne ankündigte. Kein Wunder, hat Edisons von neuen Lichttechnologien geführt, die Lampe doch seit ihrer Marktfähigkeit selbst von Experten und Designern erst ein- Von Ende des 19. Jahrhunderts unsere Stuben mal verstanden werden wollen, bestätigt Eva Steidl erhellt, unser Befinden be einflusst, und der Lichtpionier Jürgen Honold: „Heutzu- vor allem Technik und Fortschritt ver- tage gibt es so gut wie niemanden mehr, der körpert. Wir sind mit der Glühbirne geboren, wirklich den Überblick über den gesamten und haben uns so sehr an ihren warmen Markt hat. Selbst bei Experten einzelner Schein gewöhnt, dass wir uns einfach nicht Forschungsfelder gibt es mittlerweile fast vostellen konnten, dass die Zukunft des ener- so etwas wie Glaubensströmungen, was mo- giesparenden Lichts genau so strahlen wird mentan die richtige Richtung ist.“ wie die gute alte Glühlampe. Birne weg, Licht aus. Die rasante Leuchtmittel-Entwicklung wird von einer formalen Glühbirnenmetamorphose Das Thema ist und bleibt so essenziell wie begleitet, bei der Edisons Lampe von dem emotional – egal ob wir uns dem Licht unter ein oder anderen Gestalter eine leidenschaft- dem Vorzeichen der Mystik oder dem der liche Hommage verpasst bekommt. Der Sachlichkeit nähern. Doch während wir uns Münchner Designer Ben Wirth etwa hat mit noch immer damit abmühen, diese scheinbar viel Ironie die „Incredible Bulb“ entworfen. dunkle Zäsur in der Kulturgeschichte des Lichts Sie sieht aus wie eine überdimensionale zu verarbeiten, haben Designer und Hersteller Glühbirne, ist aber eigentlich eine komplette längst mit Ideen reagiert, anstatt in Nostalgie Leuchte: In ihrer Fassung sitzt in Wahrheit zu verfallen oder sich dem Sparbirnendiktat eine Halogenlampe, welche den Glaskolben unterzuordnen. Höchste Zeit also, endlich an der Stelle des ehemaligen Glühfadens nach vorne zu schauen. Denn wer sich damit über Lichtspiegelungen auf wundersame begnügt, einfach nur eine andere Birne in Weise zum Leuchten bringt, während die bei- die Fassung zu schrauben, verpasst die Ge- den britischen Designer Young & Battaglia staltungsmöglichkeiten, die uns die neuen der archaischen Form der guten alten Birne Technologien eröffnen. mit „King Edison“ huldigen. Ihre Leuchte besteht aus einem Glasschirm, dem eine Dass die Suche nach dem „neuen Licht“ zu- Kleinstversion eines Messingleuchters sanft nächst den einen oder anderen Schatten zu ewigem Strahlen verhelfen soll. wirft und formale wie technische Experi- mente verlangt, sollten wir dabei verstehen Seit dem Glühbirnenbann hat sich der lernen. Denn anders als bei der Glühbirne, Londoner Samuel Wilkinson als einziger De- 126 Licht im Design Licht im Design 127 signer erfolgreich mit der Form der ungelieb- dest auf mittelfristige Sicht LEDs (sie haben ten Kompaktleuchtstofflampe auseinander- Vergleichsuntersuchungen zufolge aktuell die gesetzt. Mit einem formalen Spiel wirbt er beste Gesamt-Ökobilanz aller energiesparen- um deren Akzeptanz, indem er die Glasröhren den Beleuchtungsformen) unseren Alltag der Energiesparbirne zu dynamischen Leucht- ausleuchten werden. Aktuell bestimmen sie strängen formt, bis sie so interessant aus- daher den Großteil neuer Entwürfe, und sehen, dass man sie keinesfalls hinter nachdem einige Gestalter anfangs versuch- einem Leuchtenschirm verstecken möchte. ten, klassische Leuchtenstrukturen mit ihnen Doch trotz Erfolg und mehrerer Design- nachzubilden, ist mittlerweile klar, dass diese preise für die „Plumen“-Birne bleibt die Form des Lichts völlig neue Typologien und Energiesparlampe als solche wohl auch Gestaltungsansätze fordert. Die lichtemit- weiterhin eine Übergangslösung. Zu tierenden Dioden haben anders als Glühbir- lange dauert es, bis sie wirklich leuchtet, nen praktisch keinen Körper, was bedeutet, „Plumen“ für Hulger zu kalt ist ihr Licht, sind sich alle einig. dass man für deren Lichtstreuung keinen von Samuel Wilkinson klassischen Lampenschirm mehr benötigt. Mittlerweile gibt es Glühlampenersatz, der weit effektiver ist und dessen Lichtqualität es So beobachten wir, wie sich liebgewonnene mit dem behaglichen Licht der Edison-Birne Formen und bewährte Typologien weiter ver- durchaus aufnehmen kann – auch wenn wir ändern und nach und nach auflösen. Wer dafür, zumindest im Moment noch, etwas hätte noch vor wenigen Jahren zum Beispiel tiefer in die Tasche greifen müssen. Zum Bei- gedacht, dass die Taschenlampe von einer spiel die „Bulled“-Birnen von LED-Experte App abgelöst werden würde, die das Blitz- Jürgen Honold. In Bezug auf Ästhetik, Licht- licht einer Smartphone-Kamera ganz einfach technik und Langlebigkeit sind sie die einzig in ein helles Dauerlicht verwandelt? Innova- bekannten stromsparenden LEDs, die bei tionen machen dann Sinn, wenn ihr Ergebnis gleicher Größe, Form und Lichtqualität die im Alltag aufgeht, wenn wir bereit sind, Helligkeit einer 60-Watt-Glühlampe erreichen Zukunftsfurcht gegen Fortschrittsglauben und 80 000 Stunden Lebensdauer verspre- einzutauschen. Und weil Technologie und chen. Honold ist der Überzeugung, dass es Mensch so schwer zueinander finden, brau- in Bezug auf zukunftsfähige Lichtlösungen chen wir Vordenker, Tüftler und Traumtänzer. vor allem Standards braucht: „Ein wesent- Vor allem aber Designer. Wir dürfen die liches Merkmal der Glühbirne ist eben ihre Zukunft des Lichtmachens nicht der Technik Größe, ihre Form und ihr modularer Charak- überlassen. ter“, so der „Bulled“-Erfinder. Die Diskussion dieser These wird aktuell Während sich die Grenzen des technisch durch eine Vielzahl von neuen Entwürfen ge- Machbaren einerseits immer weiter aufzu- stützt. In der Tat scheint es, als ob Gestalter lösen scheinen, zeichnet sich ab, dass zumin- und Hersteller nun endlich Lust an den neuen 128 Licht im Design Licht im Design 129 Formen des Lichts empfinden, wie die welt- kerleuchte vorgeknöpft und diese ebenfalls größte Lichtmesse Euroluce 2013 gezeigt dank des schlanken Leuchtmittels in die hat: Die Beleuchtungsbranche ist momentan Gegenwart überführt – mit dem für ihn so vielfältig, innovativ und temporeich wie typischen ironischen Ergebnis namens nie zuvor. Dass LEDs zum Marktstandard „Goldman“ für Flos. Vielbeachtet ist bei werden, ist im Bereich der dekorativen Leuch- diesem Hersteller auch die zeitgemäße ten besonders gut sichtbar: Da macht sich Neuinterpretation des Prinzips der be- zum Beispiel der französische Designer Arik kannten „Parentesi“- Leuchte von Achille Levy die schlanke Bauweise der Leucht- Castiglioni und Pio Manzù. Anders als dioden zunutze und liefert eine trickreiche In- viele Hersteller, die ihre Klassiker für terpretation des Kronleuchters ab. Auf den die Bestückung mit neuen Leuchtmitteln ersten Blick sehen seine „Wireflow“-Leuchter formal leicht anpassen, hat Konstantin für den spanischen Hersteller Vibia aus Grcic die „Parentesi“ stark überarbeitet wie Grafiken, an deren unteren Aus- und mit seiner eigenen Formsprache ver- läufern grazile LED-Spots schweben. Erst sehen. „Eine Leuchte zu entwerfen, be- beim genaueren Betrachten offenbaren deutet heute, die Lichtquelle selbst zu sich feine schwarze Drahtgitter, die Levy designen“, erläutert der Designer. „Ich zu einem visuellen Spiel aus flächigem habe mich gefragt, ob man die ‚Parentesi‘ Objekt und räumlicher Struktur arran- in die Zukunft überführen kann.“ So funk- giert hat. Jean Nouvel spricht sogar von tioniert die Höhenregulierung seiner einer neuen „Ästhetik des Wunders“, die „OK“-Leuchte zwar wie beim Vorbild dadurch entstehe, dass uns die aktuellen aus den 1970er Jahren durch Gleiten LED-Technologien erlauben, die techni- eines Stahlrohrs auf einem Seil, das von schen Komponenten einer Leuchte visuell der Decke bis zum Boden gespannt ist. vollständig zu verbergen. Der Alt meister Grcics Entwurf ist aber, dem neuen der Architektur demonstriert dies ein- Leuchtmittel entsprechend, flacher, grö- drücklich mit seinem Entwurf „Objective“ ßer und um 360 Grad schwenkbar. Leuchte „OK“, 2013 Design von Konstantin Grcic für Artemide, indem er unterschiedliche Lichtformen in nur einem Lichtkörper er- Hitzig bleibt nach wie vor die Diskussion möglicht. über die Lichtqualität von LEDs. Während an- fangs die Herausforderung für Designer vor Neben wirklichen Neuerungen gibt es allem darin bestand, die kleinen Dioden für noch immer viele Verschmelzungen neuer eine gute Lichtausbeute überhaupt erst ein- Techniken mit vertrauten Formen im Be- mal intelligent zu bündeln und eine ange- reich der LED-Anwendungen, nun aber nehme Lichtfarbe zu erreichen, konzentriert endlich mit ausgereiften Komponenten sich momentan die Frage darauf, welche An- Leuchte „Parentesi“, 1971 und gestalterischer Weiterentwicklung: wendungen im alltäglichen Gebrauch über- Design von Achille Castiglioni und Pio Manzù Ron Gilad hat sich die traditionelle Ban- haupt sinnvoll sind – denn die aktuellsten 130 Licht im Design Licht im Design 131 Die ursprüngliche Illustration zeigt die sechs Entwicklungsschritte vom ersten Konzept von Pio Manzù bis zur berühmten Leuchte „Parentesi“ von Achille Castiglioni Dann „OK“.
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