CSU-LG – 9. WP Landesgruppensitzung: 19. 10. 1981 19. Oktober 1981: Sitzung der Landesgruppe ACSP, LG 1981: 15. Überschrift: »Protokoll der 18. Landesgruppensitzung am 19. Oktober 1981«. Zeit: 20.00–20.20 Uhr. Vorsitz: Zimmermann. Anwesend: Althammer, Biehle, Bötsch, Faltlhauser, Fellner, Geiger, Glos, Handlos, Hartmann, Höffkes, Höpfinger, Graf Huyn, Keller, Kiechle, Klein, Kraus, Kunz, Lemmrich, Linsmeier, Niegel, Probst, Regenspurger, Röhner, Rose, Rossmanith, Sauter, Spilker, Spranger, Stücklen, Voss, Warnke, Zierer, Zimmermann. Sitzungsverlauf: A. Bericht des Landesgruppenvorsitzenden Zimmermann über die Bonner Friedensdemonstration vom 10. Oktober 1981, die Haushaltslage, den Deutschlandtag der Jungen Union in Köln, die USA-Reise des CDU-Parteivorsitzenden Kohl und die Herzerkrankung des Bundeskanzlers. B. Erläuterungen des Parlamentarischen Geschäftsführers Röhner zum Plenum der Woche. C. Allgemeine Aussprache. D. Erläuterungen zu dem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zum Schutze friedfertiger Demonstrationen und Versammlungen. E. Vorbereitung der zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 und der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV). [A.] TOP 1: Bericht des Vorsitzenden Dr. Zimmermann begrüßt die Landesgruppe. Er gratuliert den Kollegen Dr. Dollinger, Keller und Hartmann zu ihren Geburtstagen. Dr. Zimmermann betont, daß sich selten die politische Lage in der Bundesrepublik Deutschland zwischen zwei Landesgruppensitzungen so verändert habe: Friedensdemonstration1, Haushaltslage und Gesundheit des Kanzlers.2 Drei grundverschiedene Bereiche, von denen jeder allein auf die Koalition destabilisierende Wirkung habe. Was die Haushaltslage angehe, so bedeute eine Lücke von 5 bis 7 Mrd. DM, wie Matthöfer sie für den Haushalt 1982 zugebe, das Ende des vorliegenden Entwurfs.3 1 Zur Friedensdemonstration in Bonn am 10. Oktober 1981 vgl. den Artikel »Der Aufmarsch der 250 000 in Bonn. Parteien über den gewaltfreien Verlauf der Friedensdemonstration erleichtert«; »Süddeutsche Zeitung« vom 12. Oktober 1981, S. 1 f. 2 Bundeskanzler Schmidt wurde wegen Herzrhythmusstörungen am 13. Oktober 1981 im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz ein Herzschrittmacher eingesetzt. Vgl. den Artikel »›Das ist ein dummes Gefühl‹«; »Der Spiegel«, Nr. 43 vom 19. Oktober 1981, S. 17–24. Ferner »Der Bundeskanzler erholt sich rasch«; »Süddeutsche Zeitung« vom 15. Oktober 1981, S. 1 f. 3 Zum Koalitionsgespräch führender Politiker von SPD und FDP am 18. Oktober 1981 über die neue Haushaltslücke und mögliche Maßnahmen vgl. den Artikel »Der Bundeskanzler leitet die neuen Haushalts-Beratungen«; »Frankfurter Allgemeine« vom 19. Oktober 1981, S. 1 f. Vgl. dazu auch den Copyright © 2019 KGParl 1 CSU-LG – 9. WP Landesgruppensitzung: 19. 10. 1981 Müsse man den Erklärungen der Bundesregierung glauben, so werden es sicherlich 10 Mrd. DM sein. Die Lücke sei vorhersehbar gewesen. Bei den Arbeitslosenzahlen, bei den Steuermindereinnahmen, bei den Subventionsforderungen habe man bewußt nach unten geschätzt. Der Zusammenbruch des Haushaltsentwurfs zeige jedoch auch, wie fragwürdig das ehrenwerte Unterfangen unserer Haushalts- und Finanzkollegen sei, an diesem Haushalt mitzuwirken.4 Es sei zu fragen, ob sich der Streit in der Fraktion über diese oder jene Streichung überhaupt gelohnt habe. Für die Union bedeute dies, sie müsse eine Neuvorlage des Haushaltsentwurfs verlangen und die Beratungen im Ausschuß ablehnen. Das Vorgehen der Koalition müsse als Skandal bezeichnet werden. Im Vorstand sei darüber gesprochen worden. Der Fraktion werde morgen eine entsprechende Entschließung vorgelegt.5 Das Bedauerliche zur Zeit sei, daß die Milliardenlücke insbesondere in den Medien als ein unabweisbares Naturereignis dargestellt werde. Dabei liege die Verantwortung klar bei der Bundesregierung. Die gestrigen Koalitionsgespräche haben offenbar erbracht, daß man nicht mehr weiter wisse. Von drei Möglichkeiten: Ausgaben kürzen, Steuern erhöhen oder weitere Schulden machen, kommen für die FDP nur Kürzungen in Frage, für die SPD Steuererhöhungen; herauskommen werden, wenn man Graf Lambsdorff6 richtig verstehe, höhere Schulden.7 Sollte die Neuverschuldung des Bundes wirklich steigen, wäre das die allerschlechteste von den drei Lösungsmöglichkeiten und würde einer festgegebenen Koalitions- und Regierungsaussage widersprechen. Eine höhere Verschuldung würde den Druck auf den Kreditmarkt, der gerade etwas abnehme, erneut verstärken und die Investitionsmöglichkeiten der Wirtschaft wieder einschränken. Das wäre ein neuer Beginn eines Abschwungs. In diesem Zusammenhang müsse sehr genau die Taktik der Regierung beobachtet werden. Matthöfer und Graf Lambsdorff seien beauftragt worden, mit den Fraktionen und den Ländern Kontakt aufzunehmen, um ein »gemeinsames Konzept« vorzulegen. Dr. Zimmermann betont, als er dies gehört habe, habe er sofort mit Dr. Jenninger8 telefoniert und veranlaßt, daß die Union auf dieses Angebot nicht eingehen werde. Franz Josef Strauß habe unmittelbar mit Späth9 und Dr. Stoltenberg10 telefoniert. Dr. Zimmermann bekräftigt, daß diese Attacke hoffentlich abgewendet sei. Abschließend bekräftigt Dr. Zimmermann nochmals, daß für die Haushaltsmisere allein diese Bundesregierung Artikel »Haushalt. Oder mehr«; »Der Spiegel«, Nr. 43 vom 19. Oktober 1981, S. 31. – Hans Matthöfer, Bundesfinanzminister (SPD). 4 Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) wurde am 18. September 1981 dem Haushaltsausschuss überwiesen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lag am 10. Dezember vor. Vgl. BT Drs. 09/770 vom 11. September 1981; 09/1208; BT Plenarprotokoll 09/53, S. 3071. 5 Die Entschließung lautete: »Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlangt von der Bundesregierung unverzüglich die Vorlage ungeschminkter Zahlen im Bundestag und einsehbarer Erklärungen, wie der Haushalt ´82 mit richtigen Zahlen ausgeglichen werden soll. Da der Haushalt ´82 und die Haushaltssicherungsgesetze nur im Zusammenhang beurteilt werden können, wird die Fraktion einer abschließenden Behandlung aller Gesetze in den Ausschüssen des Bundestags nicht zustimmen, ehe die richtigen Zahlen vorgelegt sind.« Die Entschließung wurde in der Fraktionssitzung am 20. Oktober 1981 einstimmig angenommen. Vgl. ACDP, 08-001-1065/1. 6 Otto Graf Lambsdorff, Bundeswirtschaftsminister (FDP). 7 Vgl. Anm. 3. 8 Philipp Jenninger, MdB (CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion. 9 Lothar Späth, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg (CDU). 10 Gerhard Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein (CDU). Copyright © 2019 KGParl 2 CSU-LG – 9. WP Landesgruppensitzung: 19. 10. 1981 verantwortlich sei. Es sei nicht Aufgabe der Opposition, hier die Regierung aus der Misere zu befreien. Was die Friedensdiskussion angehe, so verwundere einen die hektische Betriebsamkeit einiger CDU-Oberen. Die Sachlage habe sich vom Tag der Bundestagsdebatte am 11 9. Oktober auch durch den 10. Oktober 1981 nicht verändert. Weder Dr. Kohl noch die CSU brauchen auch nur ein Wort der Reden zu verändern.12 Dr. Zimmermann macht darauf aufmerksam, daß einige der Selbstsuggestion erlegen seien, da sie nach dem friedlichen Verlauf der Demonstration ihre Meinung über die Zielsetzung dieser Demonstration zu ändern glaubten. Die Demonstrationen von Brokdorf oder Bremen haben denselben Charakter getragen.13 Diese Demonstrationen seien nicht deshalb abzulehnen gewesen, weil es dort Krawalle gegeben habe, sondern weil diese Demonstrationen gegen unsere energiepolitische Zukunft bzw. gegen die Bundeswehr gerichtet waren. Auch nach dem 10. Oktober müsse festgehalten werden, daß man in keinster Weise die Inhalte dieser Veranstaltung übernehmen könne. Dr. Zimmermann betont ausdrücklich, diese Demonstration war nach Aufruf, Organisation und Rede eindeutig gegen den NATO-Doppelbeschluß14 und gegen die offizielle Politik der Bundesregierung gerichtet. Wenn nun nach dieser Demonstration einige CDU- Politiker meinen, schnell auf den Friedenszug als Trittbrettfahrer aufspringen zu müssen, so werden sie bald feststellen, daß dieser Zug in die falsche Richtung fahre. Es sei wirklich traurig mit anzusehen, wie Geißler, Biedenkopf, Späth oder Blüm jetzt die Friedenssehnsucht der Demonstranten beschwören, von der Ekstase beim Deutschlandtag der Jungen Union bei diesem Thema ganz zu schweigen.15 Gerade sei 11 Am 9. Oktober 1981 wurde der Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Demonstration am 10. Oktober 1981 in Bonn in Verbindung mit dem Antrag der Fraktionen von SPD und FDP zur Friedens- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit beraten. Vgl. BT Drs. 09/871 vom 6. Oktober 1981, 09/874 vom 7. Oktober 1981; BT Plenarprotokoll 09/57, S. 3311–3346. 12 Zu den Reden der Abg. Zimmermann und Kohl (CDU) am 9. Oktober 1981 vgl. BT Plenarprotokoll 09/57, S. 3311–3316, 3330–3338. – Helmut Kohl, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bundesvorsitzender der CDU. 13 Zu den Ausschreitungen bei der Großdemonstration gegen das Kernkraftwerk Brokdorf am 28. Februar 1981 vgl. den Artikel »Brokdorf. Flexible Taktik«; »Der Spiegel«, Nr. 11 vom 9. März 1981, S. 47–50. – Am 6. Mai 1980 war es anlässlich einer öffentlichen Vereidigung von Bundeswehr-Rekruten in Bremen zu schweren
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