15 / 16 SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Donnerstag 9.6.2016 Freitag 10.6.2016 4. Abo B Herkulessaal 20.00 – ca. 22.15 Uhr HEINZ HOLLIGER Leitung SARAH MARIA SUN Sopran CHRISTIAN GERHAHER Bariton SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS KONZERTEINFÜHRUNG 18.45 Uhr Schülerinnen und Schüler des Luisengymnasiums München Vorbereitung: Uta Sailer LIVE-ÜBERTRAGUNG in Surround auf BR-KLASSIK Freitag, 10.6.2016 PausenZeichen: Fridemann Leipold im Gespräch mit Christian Gerhaher und Heinz Holliger Konzert zum Nachhören (on demand): 15 / 16 Eine Woche abrufbar auf br-klassik.de Claude Debussy »Clair de lune« aus der »Suite bergamasque« in der Bearbeitung für Orchester von André Caplet • Andante, très expressif Heinz Holliger »Dämmerlicht« (»Hakumei«) Fünf Haiku für Sopran und großes Orchester nach Gedichten von Heinz Holliger (Europäische Erstaufführung) Claude Debussy »Prélude à ›L’après-midi d’un faune‹« für Orchester nach einem Gedicht von Stéphane Mallarmé • Très modéré Solo-Flöte: Philippe Boucly Claude Debussy »Trois ballades de François Villon« für Bariton und Orchester von Claude Debussy • I. Ballade de Villon à s’amye. Triste et lent »Faulse beauté, qui tant me couste cher« • II. Ballade que Villon feit à la requeste de sa mère pour prier Nostre-Dame. Très modéré »Dame du ciel, regente terrienne« • III. Ballade des femmes de Paris. Alerte et gai »Quoy qu’on tient belles langagières« Pause 4 Programm Claude Debussy »Trois chansons de France« in der Bearbeitung für Bariton und Orchester von Heinz Holliger (Auftragswerk des Bayerischen Rundfunks, Uraufführung) • I. Rondel. Joyeux et animé »Le temps a laissié son manteau« (Charles Duc d’Orléans) • II. La grotte. Très lent et très doux »Auprès de cette grotte sombre« (Tristan L’Hermite) • III. Rondel. Très modéré »Pour ce que Plaisance est morte« (Charles Duc d’Orléans) Claude Debussy »Trois poèmes de Stéphane Mallarmé« in der Bearbeitung für Bariton und Orchester von Heinz Holliger (Auftragswerk des Bayerischen Rundfunks, Uraufführung) • I. Soupir. Calme et expressif »Mon âme vers ton front où rêve, ô calme sœur« • II. Placet futile. Dans le mouvement d’un Menuet lent »Princesse! à jalouser le destin d’une Hébé« • III. Éventail. Scherzando »O rêveuse, pour que je plonge« Claude Debussy »Khamma«, Légende dansée nach einem Szenario von W. L. Courtney und Maud Allan in einer Bearbeitung für Orchester von Charles Koechlin • Prélude. Modérément animé – Plus modéré – Scherzando – • Première danse. Grave et lent – • Deuxième danse. Léger et craintif – • Troisième danse. Très lent 5 Programm »Dieser Caplet ist ein Künstler« Zu Debussys Clair de lune in der Orchestrierung von André Caplet Anna-Lena Wende »Gestern habe ich zum Entstehungszeit ersten Mal zwei Melodien Klavierfassung: 1890 Orchesterfassung: 1922 André Caplets […] gehört. Dieser Caplet ist ein Lebensdaten der Künstler. Er versteht es, eine klangvolle Atmo- Komponisten sphäre zu schaffen und besitzt, neben einer wun- Claude Debussy: 22. August 1862 in derbaren Sensibilität, Sinn für Proportionen; Saint-Germain-en-Laye – etwas, das viel seltener ist, als man glauben möchte 25. März 1918 in Paris in unserer Epoche, in der die Musik entweder André Caplet: 23. November 1878 in schludrig zusammengeflickt oder wie mit einem Le Havre – 22. April 1925 Korken hermetisch verschlossen ist«, schrieb in Neuilly-sur-Seine Debussy 1908 begeistert über den damals 29-jähri- gen Komponisten. Was Debussy hier anerkennend hervorhob, war ihm auch in seinem eigenen Schaffen stets ein Anliegen. Doch ausgerechnet der Mangel an Form, Logik und Stil wurde ihm zu Lebzeiten, selbst von Kollegen wie Camille Saint-Saëns, immer wieder vorgeworfen. Die freundschaftliche Verbindung zu Caplet, in warm- herzigen Briefen dokumentiert, und der damit verbundene geistige Austausch sowie das ähnli- che musikalische Empfinden dürfte Debussy als äußerst beglückend empfunden haben. Von sei- nem großen Vertrauen in Caplets Fähigkeiten zeugt auch, dass Debussy seinen 16 Jahre jün- geren Schüler mit wichtigen Bearbeitungen beauf- tragt hat: Caplet orchestrierte einen Teil von Debussys Bühnenwerk Le Martyre de Saint Séba- stien, dessen Uraufführung er 1911 in Paris auch leitete, außerdem instrumentierte er große Teile des Kinderballetts La boîte à joujoux. 1911 ent- stand auch die Orchesterfassung von Debussys Klaviersuite Children’s Corner, die – wie Clair de lune aus der Suite bergamasque – zu den ver- mutlich am häufigsten aufgeführten Arbeiten Caplets gehört. 6 Claude Debussy »Clair de lune« André Caplet und Claude Debussy Der französische Komponist und Dirigent André Caplet studierte ab 1896 am Pariser Konservatorium die Fächer Harmonielehre, Klavierbe- gleitung und Komposition, parallel dazu war er bereits als Dirigent bei verschiedenen Orchestern tätig. Neben seinen Verpflichtungen als Kapell- meister komponierte Caplet, damals noch unter dem Einfluss von César Franck und Gabriel Fauré, und erhielt 1901 für seine Kantate Myrrha den Grand Prix de Rome. Nach seinem Rom-Aufenthalt wurde er Schüler von Debussy, nahm aber auch verschiedene Engagements als Dirigent an: so bis 1910 bei den Concerts Colonne in Paris und von 1910 bis 1914 an der Oper in Boston. Sein kompositorisches Schaffen trägt impressionistische, später auch neoklassizistische Züge. Mit Debussy teilte er das ausgeprägte Interesse an exotischen Klängen. Caplet ließ sich in seinen Vokalwerken aber auch von der Gregorianik inspirieren, wie in seinem späten Werk Le miroir de Jésus – Mystères du rosaire. 1914 meldete sich der 36-jährige Caplet freiwillig zum Kriegsdienst, aus dem er nach einem Gasangriff ge- sundheitlich gezeichnet zurückkehrte. Eine späte Folge dieser schweren Verwundung war eine Lungenerkrankung im März 1925, von der er sich nicht mehr erholte. Mit nur 46 Jahren starb André Caplet in Neuilly-sur- Seine bei Paris. 7 Claude Debussy »Clair de lune« Clair de lune Votre âme est un paysage choisi Que vont charmant masques et bergamasques Jouant du luth et dansant et quasi Tristes sous leurs déguisements fantasques. Tout en chantant sur le mode mineur L’amour vainqueur et la vie opportune Ils n’ont pas l’air de croire à leur bonheur Et leur chanson se mêle au clair de lune, Paul Verlaine Au calme clair de lune triste et beau, Qui fait rêver les oiseaux dans les arbres Et sangloter d’extase les jets d’eau, Les grands jets d’eau sveltes parmi les marbres. Paul Verlaine Mondlicht Eure Seele ist eine erlesene Landschaft Durch die Masken und Bergamasken anmutig spazieren; Sie spielen Laute und tanzen, erscheinen seltsam traurig Unter ihren fantastischen Verkleidungen. Alles wird in Moll besungen Der Sieg Amors und das angenehme Leben Sie sehen nicht so aus, als ob sie an ihr Glück glaubten, Und ihr Gesang mischt sich im Mondlicht. Im stillen Licht des Mondes – traurig-schön Träumen die Vögel in den Bäumen Und seufzen die Wasserspiele vor Ekstase, Die großen schlanken Fontänen zwischen Marmor. Übersetzung: Renate Ulm 8 Paul Verlaine »Clair de lune« Vincent van Gogh: Sternennacht (1889) Der Klavierzyklus Suite bergamasque von Debussy besteht aus vier Sät- zen: Prélude, Menuet, Clair de lune und Passepied. Debussy griff hier auf die alte, auf stilisierten Tänzen beruhende Form der Suite zurück, lediglich der dritte Satz – eine Naturschilderung – fällt dabei heraus. Inspiriert wurde das Stück vermutlich durch das gleichnamige Gedicht von Paul Verlaine, einem wichtigen Vertreter des französischen Symbo- lismus, dessen Gedichte Debussy mehrfach vertonte. Zarte Klänge im Kla- vier fangen die zauberhafte nächtliche Atmosphäre einer mondbeschie- nenen Landschaft ein, die Caplet in seiner Orchestrierung durch vielfäl- tige Instrumentenkombinationen farblich aufzufächern versuchte. Be- ginnend in den Streichern wird die Melodie bald an verschiedene Instru- mentengruppen weitergereicht, wobei die von Caplet so geschätzte Harfe beinahe durchgängig Arpeggien spielt, die an das fließende Mondlicht oder die Springbrunnen des Verlaine-Gedichtes denken lassen. Gegen Ende des Stücks wird die Melodie in der Solo-Violine nochmals hervor- gehoben, bevor das Stück im dreifachen Piano ausklingt. 9 Claude Debussy »Clair de lune« Zerdehnte Sprache, verlöschender Klang, Abbild der Ewigkeit Zu Heinz Holligers Dämmerlicht (Hakumei) Susanne Schmerda Am letzten Tag des Jahres Entstehungszeit 1991 schrieb Heinz Hol- Mai bis Juli 2015 Widmung liger im kaiserlichen Park von Tokio fünf Hai- Dem Andenken an meinen ku-Gedichte, die um das zentrale Thema Tod und lieben Freund To-ru Takemitsu Vergänglichkeit kreisen. Der Komponist, Obo- gewidmet Uraufführung ist und Dirigent befand sich damals auf einer 27. August 2015 mit der Tournee mit dem English Chamber Orchestra, Sopranistin Sarah Maria Sun und in der Stille der Imperial Gardens wählte er und dem Tokyo Symphony Orchestra unter der Leitung für seine Verse die verknappte, 17-silbige traditio- des Komponisten in der nelle japanische Gedichtform des Haiku, die ihn Suntory Hall in Tokio schon als Jugendlichen gefesselt hatte. Die Ge- Geburtsdatum des Komponisten dichte sind überschattet von der Vorahnung des 21. Mai 1939 in Langenthal / nahenden Todes seines ungarischen Lehrers Sán- Schweiz dor Veress, der für ihn »sein ganzes Leben lang von höchster Wichtigkeit« war und wenige Mo- nate später, am 4. März 1992, verstarb. Den von Mai bis Juli 2015 komponierten, zwischen Ge- räusch und Stille schwebenden Gesangszyklus für Sopran und großes Orchester widmete Hol- liger dann seinem 1996 verstorbenen Kompo- nistenfreund To-ru Takemitsu. Seit er diesen 1970 kennengelernt hatte,
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages62 Page
-
File Size-