Rockenberger Werden Sich Noch Gut an Die 800-Jahrfeier Un- Seres Ortes Erinnern

Rockenberger Werden Sich Noch Gut an Die 800-Jahrfeier Un- Seres Ortes Erinnern

Zum Geleit Viele ältere Rockenberger werden sich noch gut an die 800-Jahrfeier un- seres Ortes erinnern. Bleibende Andenken auch für die Jüngeren und nachfolgende Generationen sind ein Film über die Festlichkeiten, den der Kultur und Geschichtsverein im letzten Jahr reproduziert und verbreitet hat, sowie unser Heimatbuch Rockenberg ein Wetterauer Dorf im Spiegel der Geschichte von Johann Jakob Gesser, das die Gemeinde im Zuge dieser Feier 1950 herausgegeben hat. Viele Rockenberger Familien werden noch ein Exemplar des Buches be- sitzen. Vielen Jüngeren und den meisten, die erst später nach Rockenberg kamen, wird es jedoch nur wenig oder überhaupt nicht bekannt sein. Mit der elektronischen Erfassung und Verbreitung soll der Inhalt des Bu- ches nun jedem Interessierten leicht zugänglich gemacht werden. Möge das Buch Gessers all denen, die sich für die Geschichte unseres Dorfes und seiner näheren Umgebung interessieren, eine wertvolle Infor- mationsquelle sein. Möge es allen, die nicht aus unserem Dorf stammen aber sich im Laufe ihres Lebens hier niederlassen, einen Einblick in das Werden und die Geschichte ihres neuen Heimatortes ermöglichen. Die Erfassung und Wiederverbreitung unseres Heimatbuches von 1950 sei unseren Vorfahren gewidmet, insbesondere der Familie des Autors, Herrn Gesser, sowie der Familie meiner Mutter Klara Kling, geb. Sulzbach * 18. April 1927, † 29. Dezember 2010. Rockenberg, den 8. April 2011 Kultur- und Geschichtsverein Oppershofen e. V. Bernhard Kling Über den Autor Johann Jakob Gesser wurde am 18. August 1893 in Groß-Steinheim, heu- te ein Stadtteil von Hanau, geboren. 3, 5 Nach seiner Ausbildung am Leh- rerseminar zu Alzey, das er im Januar 1912 verließ, arbeitete er bis 1914 als Schulverwalter in Bad Nauheim. Von 1914 bis 1918 war er Soldat im 1. Weltkrieg, zuletzt Leutnant und Kompanieführer im Infanterie-Regiment Nr. 62. Nach Ende des Krieges kam er am 6. Dezember 1918 vom Laza- Abschlussfoto des Schuljahres 1953 vor dem Rathaus mit Schulleiter Gesser (links) und Lehrer Thiel (rechts). Quelle: Rockenberg 1945 – 1970, Dorfgeschehen in Bildern und Erzählungen,herausgegeben von Christa Schusser rett Mainz aus als Lehrer nach Rockenberg. 3 Am 4. Juli 1919 wurde ihm, „dem Schulamtsanwärter Johann Gesser aus Groß-Steinheim, eine Leh- rerstelle an der Volksschule zu Rockenberg, Kreis Friedberg übertragen“. 7 Am 7. Oktober 1919 5 heiratete er Anna Maria Catharina Fries, Tochter von Maria Elisabeth Fries, geb. Hof und Johann Wilhelm Fries einem seiner Vorgänger als Lehrer in Rockenberg. 1, 6 Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Elisabeth, geboren am 9. Juli 1920 in Rockenberg und Walther Maximilian, geboren am 13. Juli 1922 ebenfalls in Rockenberg. 1 Elisabeth lebte nach 1945 in Wiesbaden, 12 wohin auch Frau Gesser am 28. Ja- nuar 1959, nach dem Tode ihres Mannes am 14. November 1958, verzog. 5 Walther Maximilian fiel als Soldat, zuletzt Unteroffizier, im 2. Weltkrieg. Er starb am 10. Juni 1942 im Kriegslazarett Smolensk und ruht auf der Kriegs- gräberstätte in Smolensk-Nishnjaja Dubrowinka (Rußland). 10 Seinem Ge- burtsort ist unser Heimatbuch gewidmet. 11 Familie Gesser lebte zunächst bis Frühjahr 1934 in Rockenberg. Gessers wohnten, wie mehrere Lehrerfamilien, im Alexander Weitzel Haus, dem frü- heren Schulhaus und heutigen Rathaus in der Obergasse 12. 12 Zusätz- lich zur Lehrertätigkeit, war Gesser ab April 1931 nebenamtlich „Katholi- scher Organist“ im Landeszuchthaus Marienschloss. Für diese Amt erhielt er, wie zuvor auch sein Vorgänger, Lehrer Beck, jährlich 240 Reichsmark.4 Am 1. April 1934 trat Gesser eine Lehrerstelle an der Volksschule in Wall- dorf (Kreis Groß-Gerau) an. 8 Vermutlich handelte es sich hier um eine Versetzung aufgrund seiner antinationalsozialistischen Haltung. 5, 12 Fami- lie Gesser verzog nach Walldorf. Dass Gessers Rockenberg nicht auf ei- genes Bestreben verließen, sondern mindestens dazu gedrängt wurden, wird durch verschiedene Ereignisse deutlich: Sie kehrten am 25. Novem- ber 1945, also sofort nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Mai 1945, zurück und waren auch während der Zeit in Walldorf stets mit ihrem Hei- matort verbunden. Gesser weilte beispielsweise Ende 1937 „gelegentlich einer heimatkundlichen Angelegenheit in seinem früheren Wirkungsort Ro- ckenberg“. 3 Während oder kurz nach diesem Besuch kam es zu einer Un- terredung mit dem Direktor des Landeszuchthauses Herrn Barth. Anschlie- ßend bewarb er sich am 14. Dezember beim Generalstaatsanwalt in Darm- stadt erfolglos auf eine frei werdende Lehrerstelle bei der Anstalt. Direk- tor Barth hatte sich bereits am 27. November in einer vertraulichen Mit- teilung an den zuständigen Assessor zu mehreren möglichen Bewerbern geäußert. Zu Gesser findet sich darin eine ablehnende Stellungnahme beginnend mit folgendem Wortlaut: „Lehrer Gesser, Walldorf. War bis vor 2 Jahren hier und verließ – oder musste verlassen – Rockenberg aus po- litischen Gründen. …“ 3 1939 wurde Gesser wieder eingezogen und diente als Soldat im 2. Welt- krieg, unter anderem auf dem Balkan. Im November 1942 wurde er krank- heitsbedingt entlassen und in Versehrtenstufe I eingestuft. Vorausgegan- gen waren Lazarettaufenthalte in Belgrad und Bad Homburg sowie eine 4-wöchigen Kur in Bad Nauheim zwischen Januar und November 1942. Diagnostiziert wurden Herzmuskelschaden und Zustand nach Myocard- infarkt (Herzinfarkt). Ab März 1943 wurde er als Major wieder zu leichtem Dienst herangezogen und übte eine Bürotätigkeit aus. Im November 1944 hatte er beim Rückzug in Frankreich erneut stärkere Beschwerden, wes- halb er am 31. Januar 1945 wiederum aus der Wehrmacht entlassen wurde. Gesser wurde aufgrund seines Herzleidens später eine 30% Erwerbsun- fähigkeit bescheinigt. Er erhielt eine Rente nach dem KB Leistungsgesetz (Leistungsgesetz für Körperbeschädigte), die 1951 monatlich 10,- DM be- trug. Als weitere, von dem Herzleiden unabhängige gesundheitliche Beein- trächtigungen wurden 1951 Altersdiabetes und später Leberzirrhose diagnostiziert. 5 Nach dem Krieg kehrten Gessers nach Rockenberg zurück. Gesser streb- te wieder eine Lehrertätigkeit in unserem Heimatort an. Bevor es dazu kam holte ihn jedoch ein Schritt aus seiner Vergangenheit ein. 1937 war er, wie viele Lehrer und Beamte, aus Angst vor Schwierigkeiten und Sank- tionen der NSDAP beigetreten und gehörte außerdem drei NS-Nebenor- ganisationen an. 5 Hierfür musste er sich aufgrund des „Gesetzes zur Be- freiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946“ zu- nächst verantworten. Die zuständige Spruchkammer in Darmstadt kam zu folgenden Ergebnis: 5 „Der Betroffene wird gem. Art. 12 BG. In die Gruppe 4 der Mitläufer eingestuft.“. Als Begründung führte sie an „ … Auf Grund der eidesstattlichen Erklärungen bei den Akten und der eigenen Auslassungen des Betroffenen … kam die Kammer zu der Überzeugung, dass der Betroffene kein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus war, sondern seinen Parteibeitritt aus Furcht vor Weiterungen (Anm. des Autors: unangenehmen Folgen ) vornahm. Die Kammer würdigte die in den Eidesstattlichen Aussa- gen dargelegte antinationalsozialistische Haltung des Betroffenen. Sie war aber der Ansicht, dass diese den Tatbestand des Art. 13 BG“ nicht erfüllen. Die Tatsache der Zugehörigkeit zur NSDAP rechtfer- tigt daher die Einreihung des Betroffenen in die Gruppe der Mit- läufer nach Art. 12 BG. Mit Rücksicht auf die Gesamthaltung des Betroffenen nahm die Kammer von der Verhängung von Sühnemassnahmen Abstand.“ Die Einstufung als Mitläufer war für Gesser sicher ein Makel. Anderer- seits bedeutete der Spruch für ihn keinerlei berufliche Einschränkung. Jo- hann Jakob Gesser wurde erneut Lehrer und nun auch Schulleiter in Ro- ckenberg, wo er am 14. November 1958 um 4:30 Uhr an Kreislaufversa- gen hervorgerufen durch Leberzirrhose und Präkoma verstarb. 5 Unser Heimatbuch erschien zur 800-Jahrfeier 1950. Das Jubiläum war je- doch lediglich Anlass zu seiner Herausgabe. Die für das Buch nötige Hei- matforschung war laut Vorwort teils auch beruflich und politisch motiviert. Sie erstreckte sich sicher über viele Jahre und lag zum Teil Jahrzehnte zurück. Nach mündlicher Überlieferung beschäftigte sich Gessers Schwie- gervater Johann Wilhelm Fries ebenfalls mit unserer Heimatgeschichte und hatte einige Quellen, die im Buch verwendet wurden, bereits recher- chiert und aufgearbeitet. Johann Wilhelm Fries, geboren am 4. November 1856 in Birkenau, war zunächst als Schulamtsaspirant und ab Januar 1881 als Lehrer in Rockenberg, wo er am 11. November 1918 verstarb. 2, 6 Quellen 1. Rockenberger Kirchenbücher, Taufbuch 1871-1935. 2. Rockenberger Kirchenbücher, Totenbuch 1842-1948. 3. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, G24 (Generalstaatsanwalt beim Oberlandes- gericht Darmstadt), Jüngere Akten (1935/36 bis 1945), Rechts- und Dienstver- hältnisse der Staatsbediensteten, Dienstverhältnisse der Beamten des Voll- zugsdienstes, Nr. 1760, Dienstverhältnisse der Lehrer bei den Vollzugsan- stalten, Einzelsachen (E2) (auch Bewerbungen), hier: Zuchthaus (bzw. Ju- gendgefängnis) Marienschloß. 4. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, G24 (Generalstaatsanwalt beim Oberlandes- gericht Darmstadt), Ältere Akten (bis 1935/36), Haftanstalten, Landeszucht- haus Marienschloss, Nr. 756/2, Organisten und Kirchendiener. 5. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, H 44 Giessen (Versorgungsamt Gießen), Versorgungsakten, Buchstabe G, Versorgungsakte Gesser, Johann Jakob (* 1893, + 1958). - Beschädigten-Akte. 6. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, Regierungsblatt 1881, Beilage 1, Seite 8 7. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, Regierungsblatt 1919, Beilage 8,

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