Nordwestdeutsche Hefte Zur Rundfunkgeschichte

Nordwestdeutsche Hefte Zur Rundfunkgeschichte

Nordwestdeutsche Hefte zur Rundfunkgeschichte Herausgegeben von Peter von Rüden und Hans-Ulrich Wagner Vom NWDR zum WDR Gespräche zur Programmgeschichte Heft 3 Peter von Rüden / Hans-Ulrich Wagner (Hrsg.): Vom NWDR zum WDR. Gespräche zur Programmgeschichte. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut Erscheinungsdatum: März 2005 (= Nordwestdeutsche Hefte zur Rundfunkgeschichte; 3) ISSN 1612-5304 Impressum Forschungsstelle zur Geschichte des Rundfunks in Norddeutschland Universität Hamburg Institut für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur / FB 07 Von-Melle-Park 6 20146 Hamburg Telefon: (+49 40) 428 38 – 45 01 Fax: (+49 40) 428 38 – 35 53 Redaktion: Gyde Clausen (V.i.S.d.P.), Janina Fuge, Mark Lührs, Peter von Rüden, Anja Schäfers, Hans-Ulrich Wagner Layout: Christiane Matzen, Mark Lührs E-Mail: [email protected] / Homepage: www.nwdr-geschichte.de Photos: NDR (S. 67, 88), Konrad-Adenauer-Stiftung (S. 45), alle übrigen: WDR. Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................................... 5 Zur Person: Claus-Hinrich Casdorff ................................................................................................... 6 „Man muss die Gäste mit Situationen überraschen, mit denen sie nicht rechnen.“ Claus-Hinrich Casdorff über die Kunst des journalistischen Fragens und die Notwendigkeit langer Sendestrecken im Gespräch mit Peter von Rüden ............................ 7 Zur Person: Chris Howland .............................................................................................................. 23 „Der Schallplattenjockey muss ein Pferd haben.“ Chris Howland über den langsamen Siegeszug der Schlagermusik in Hörfunk und Fernsehen und seinen steinigen Weg zum Erfolg im Gespräch mit Peter von Rüden ...................................... 24 Zur Person: Heinz Werner Hübner................................................................................................... 38 „Man muss in einem Programm darauf achten, dass es nicht nur eine Meinung gibt.“ Heinz Werner Hübner über die Notwendigkeit fundierter Geschichtskenntnis und die Gefahr der Nachrichtenverwässerung im Gespräch mit Peter von Rüden ......................... 39 Zur Person: Hilde Stallmach-Schwarzkopf....................................................................................... 56 „Es war ein faszinierendes Experiment.“ Hilde Stallmach-Schwarzkopf über Kohlenklau und die Schwierigkeit, als Frau im Hörfunk aufzusteigen, im Gespräch mit Peter von Rüden ............................................ 57 Zur Person: Dieter Thoma................................................................................................................ 69 „Das Wichtige sollte so interessant gemacht werden, dass es von allen gerne konsumiert wird.“ Dieter Thoma über Aktualität der Nachrichten und die Kombination von Information und Unterhaltung im Gespräch mit Peter von Rüden .......... 70 Vorwort Länder- und parteipolitische Motive bescherten dem Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) 1955/56 die Trennung und den Mitarbeitern einen neuen Arbeitsgeber. Dieser Wandel von einer zentralistischen Rundfunkeinrichtung der nordwestdeutschen Länder zu den beiden Anstalten des Norddeutschen und Westdeutschen Rundfunks (NDR und WDR) veränderte das bundesdeutsche Rundfunksystem maßgeblich – nicht nur institutionell. Für die Hörer blieb nur auf den ersten Blick vieles, wie es war, denn spurlos konnte und sollte der organisatorische Einschnitt am Programm nicht vorbeigehen. Vorwiegend diesem programmgeschichtlichen Aspekt widmet sich die dritte Ausgabe der Nord- westdeutschen Hefte zur Rundfunkgeschichte. Peter von Rüden führte mit ehemaligen Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern des Kölner Senders Gespräche, welche die verschlungenen Pfade, die „vom NWDR zum WDR“ führten, nachzeichnen und einen persönlichen Einblick in die frühe Rund- funkgeschichte ermöglichen. Faktenreich, unterhaltsam und kritisch schildern fünf Rundfunkmitarbeiter der ersten Stunden ihre Programmarbeit. So beschreibt Claus-Hinrich Casdorff die Kunst, mit den richtigen Fragen auch hinter die Floskeln der Politiker zu kommen. Chris Howland berichtet von den ersten Schlagern im NWDR-Hörfunk und von den Musiksendungen im Fernsehen. Heinz Werner Hübner spricht über Aufgaben und Herausforderungen eines Programmmachers und -direktors. Den Weg von der NWDR-Rundfunkschule bis zu den ersten Zielgruppensendungen zeichnet Hilde Stallmach- Schwarzkopf nach und Dieter Thoma erzählt über die Verträglichkeit von seriösem Nachrichten- journalismus und Kabarett sowie über die Anfänge der Auslandsberichterstattung. Alle Interview- partner entwerfen das Kaleidoskop der Hoffnungen, Erwartungen und Ängste einer Generation, die den Rundfunk als Instrument freier Meinungsäußerung in der jungen deutschen Demokratie festig- ten, und sie bewerten das, was ihrer Meinung nach davon geblieben ist. Ein ganz besonderer Dank gilt dabei allen Interviewten für ihre Gesprächsbereitschaft und Koope- ration. Für die sorgfältige Bearbeitung der Interviews und die behutsame sprachliche Glättung sei Gyde Clausen gedankt. Der Abdruck der Photos erfolgt mit freundlicher Genehmigung des West- deutschen Rundfunks, des Norddeutschen Rundfunks sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Herausgeber, März 2005 NwdHzR 3: Vom NWDR zum WDR 5 Zur Person: Claus-Hinrich Casdorff geboren am 6. März 1925 in Hamburg zunächst Schulbesuch in Hamburg, ab 1938 in zwei Internaten 1942 wegen angeblicher staatsfeindlicher Äußerungen verhaftet und inhaf- tiert; danach Reichsarbeitsdienst, dann Kriegsdienst in Russland 1944 verwundet gerät er in sowjetische Kriegsgefangenschaft 1945 Rückkehr nach Hamburg 1946 Abitur in Hamburg ab 1947 Volontariat, dann Redakteur in der Nachrichtenabteilung des NWDR 1956 nach der Auflösung des NWDR für den WDR aktiv, zuerst als Chef vom Dienst in der Nachrichtenabteilung Hörfunk ab 1961 auch für das Fernsehen tätig (Mitarbeit bei „Hier und Heute“) leitet von 1963 bis 1965 das politische Fernsehmagazin „Report“ ab 1965 bis 1982 Leiter der Abteilung Monitor und Dokumentation und des politischen Magazins „Monitor“ von 1977 bis 1982 Leiter der Programmgruppe Innenpolitik, stellvertreten- der Chefredakteur Fernsehen und Koordinator der Programm- und Redakti- onsgruppen Ausland, Innenpolitik, Gesellschafts- und Kulturpolitik 1979 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse für journalistische Verdienste ab 1982 Regionalisierungsbeauftragter und Chefredakteur der Fernseh- Landesprogramme 1990 pensioniert moderiert bis 1993 die Fernseh-Sendung „Ich stelle mich“ und arbeitet als Unternehmensberater im Bereich Fernsehen Claus-Hinrich Casdorff verstirbt am 6. Februar 2004 6 NwdHzR 3: Vom NWDR zum WDR „Man muss die Gäste mit Situationen überraschen, mit denen sie nicht rechnen.“ Claus-Hinrich Casdorff über die Kunst des journalistischen Fragens und die Notwendigkeit langer Sendestrecken im Gespräch mit Peter von Rüden Herr Casdorff war das, was man gemeinhin einen wo wir blieben. Damit war programmprägenden Mitarbeiter nennt. Er arbeite- die liberale Zeit vorbei, die te bereits 1947 als Journalist beim Nordwestdeut- aber bis heute noch nach- schen Rundfunk in Hamburg für das Radio. Im wirkt. Zuge der Trennung des NWDR in NDR und WDR Würden Sie Ihr Elternhaus ging er nach Köln. Alle Stationen ließen sich hier wirtschaftsliberal bezeich- nicht aufzählen. Wir müssen uns mit einer Auswahl nen, wenn es um die politi- begnügen. Ab 1961 arbeiteten Sie für das WDR- sche Einstufung geht? Fernsehen und Sie sind bekannt aus den Fernseh- Ja, das würde ich sagen. magazinen „Report“ und „Monitor“. Sie waren Wirtschaftsliberal ist der Leiter der Programmgruppe Innenpolitik, stellver- richtige Ausdruck. Diese tretender Chefredakteur und Chefredakteur der Einstellung hat sich auch in Landesprogramme. Geboren wurden Sie, Herr meinem Leben fortgesetzt. Casdorff, im August 1925 in Hamburg und waren Ich hatte einen sehr natio- also am Ende des Zweiten Weltkriegs 19 Jahre nal denkenden Großvater, jung. In welcher Familie sind Sie aufgewachsen? der aber seinen Widerstand Ich bin in einer sehr bürgerlichen Familie in Ham- gegen das NS-Regime burg aufgewachsen, wie sich das gehört. Da meine dadurch bekundete, dass er Eltern sich scheiden ließen, war ich dann lange auch im Kriege noch im- Jahre im Internat. Diese fünf, sechs Jahre im Inter- mer die schwarz-weiß-rote nat haben mein Leben geprägt, weil es ein sehr Fahne hisste und nicht die liberales Internat war. Die Erfahrung, die ich dort Hakenkreuzfahne. Das machte, haben mich für mein Leben begleitet. Dass nahm man ihm auch nicht es in unserer Familie nicht immer so furchtbar weiter übel. Er war sehr alt leicht war, können Sie sich vorstellen. Als ich dann und die Leute sagten: wiederkam aus der – damals hieß sie noch sowjeti- „Lass den alten Daddel sche – Gefangenschaft, sagte mein Onkel: „Lern’ doch machen, was er will.“ mal einen anständigen Beruf, werde Installateur oder Klempnermeister oder Elektriker, denn Staatspolitische Umtriebe während des Deutschland ist am Ende und dann hast du wenigs- Nationalsozialismus tens einen handwerklichen Beruf. Hier in unserer Firma haben wir nichts mehr zu sagen.“ Das war 1942 wurde Claus-Hinrich Casdorff wegen staats- natürlich sehr ermunternd für mich, dass ich also politischer Umtriebe verhaftet. Was war der An- Elektriker werden sollte. Das habe ich dann – aber lass? ich will nicht gleich alles erzählen – Gott sei Dank Nachdem wir von der SS-Heimschule verjagt wur-

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