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12_Besprechungen_Rev 379-470 drh:Layout 1 16.11.2006 17:07 Uhr Seite 379 Besprechungen VORGESCHICHTE Jean Combier und Anta Montet-White (Hrsg.), durch seine Grabungen in Orgnac, Roanne-Villerest, Solutré 1968–1998. Mémoires de la Société Préhisto- Azé, Vergisson und vielen anderen Fundstellen bekannt. rique Française, Band 30, Paris 2002. 281 Seiten. Anta Montet-White, emeritierte Professorin an der Universität in Kansas, stammt aus einer Familie des Solutré zählt zu den bedeutendsten altsteinzeitlichen Beaujolais und kehrt damit nach diversen Forschungen Fundstellen Europas. Im äußersten südlichen Zipfel zum europäischen Paläolithikum, u. a. im ehemaligen Burgunds an der Grenze zum Beaujolais gelegen wurde Jugoslawien und in Österreich, zum Ort ihrer familiären der seit den 1860er Jahren ergrabene Fundplatz Namen Wurzeln zurück. gebend für eine jungpaläolithische Kultur, das in die Ziel des vorliegenden Buches ist es, die Forschungen Zeit des zweiten Kältemaximums der letzten Eiszeit der jüngeren Grabungsgeschichte Solutrés von 1968 bis datierte Solutréen. Gleichzeitig spielte Solutré zu Beginn 1998 in einer Publikation zusammenzufassen. Während des 20. Jhs. eine wichtige Rolle bei der Gliederung des Jean Combier als aktiver Erforscher der Fundstelle im Jungpaläolithikums. Besondere Bedeutung erlangte der Vordergrund steht, ist es das Verdienst von Anta Mon- Fundplatz weiterhin durch seine in großer Menge über- tet-White, neben unwesentlichen eigenen Forschungen lieferten Knochenreste eiszeitlicher Pferde, die zahlrei- die Arbeiten zahlreicher Bearbeiter der Fundstelle zu - che Informationen zur Jagdweise der jungpaläolithischen sammengetragen und Jean Combier zur Abfassung sei- Menschen ergaben. Die populäre Legende, die steinzeit- ner Beiträge ermutigt zu haben. lichen Menschen hätten die Pferde auf die Spitze des Im ersten Kapitel des Buches beschreibt Jean Com- Felsens von Solutré getrieben, um sie von dort in die bier die enorme forschungsgeschichtliche Bedeutung Tiefe stürzen zu lassen, ist zwar seit Längerem widerlegt, der Fundstelle Solutré mit den ersten Grabungen von erfreut sich aber ungeachtet dessen in der Öffentlichkeit Adrien Arcelin und Henri de Ferry im Jahre 1866 sowie nach wie vor einer großen Beliebtheit. Mir liegt Solutré dem forschungsgeschichtlich folgenden Abbé Antoine aufgrund meiner langjährigen Arbeiten zum Paläolithi- Ducrost. Combier betrachtet dabei die Arbeiten in Solu- kum im südlichen Burgund (Varennes-lès-Mâcon, Azé, tré nicht isoliert, sondern diskutiert ihre Rolle in der Germolles, Solutré) besonders am Herzen. Herausbildungsphase der Urgeschichtsforschung im In der jüngeren Forschungsgeschichte ist die Fund- 19. Jh. Wundervolle Fotografien der frühen Grabungen stelle Solutré vor allem mit dem Namen Jean Combier sowie vom Kongress der Société Préhistorique Française, verknüpft. Als ehemaliger Wissenschaftler des CNRS der im Jahre 1907 nach Solutré kam, illustrieren den und gleichzeitig oberster Denkmalpfleger im östlichen Beitrag. Frankreich gilt Jean Combier als einer der namhaftesten Ab S. 27 fasst Combier in Kapitel 2, ausgehend vom lebenden Vertreter der französischen und auch europäi- Jahre 1968, dem Beginn seiner eigenen Forschungen, die schen Paläolithforschung. In seiner Amtszeit hatte Com- Grabungsergebnisse der frühen Forschungsphasen bier in denkmalpflegerischer Hinsicht ein riesiges Gebiet zusammen und erklärt die spezifische geographische zu betreuen, das vom Rhônetal im Süden bis in das süd- Situation des Grabungsareals, das zwischen den beiden liche Pariser Becken im Norden reichte. Neben seinen keilförmigen Felsen Roche de Solutré und Mont de Forschungen in Solutré ist Combier vor allem für seine Pouilly liegt und in jagdstrategischer Hinsicht für die zusammenfassenden Arbeiten zum Paläolithikum in der paläolithischen Jäger von besonderem Reiz war. Es wird Ardèche, seine Beschäftigung mit paläolithischer Kunst, hier ebenfalls deutlich, wie intensiv die Forschungen das 12_Besprechungen_Rev 379-470 drh:Layout 1 16.11.2006 17:07 Uhr Seite 380 380 Besprechungen Gelände an der Flanke des Felsen von Solutré seit Beginn Das folgende Kapitel 8 beschäftigt sich ab S. 117 der Forschungen im 19. Jh. ›durchpflügt‹ haben, sodass nicht mehr mit den Funden aus dem zentralen Ausgra- unausgegrabene Teile beinahe bereits den geringeren Teil bungsbereich, sondern mit verschiedenen Hinweisen auf des relevanten Geländes einnehmen. Combier erläutert paläolithische Begehungen aus der Umgebung. Im Mit- hier anhand synthetischer Artefakttafeln die verschiede- telpunkt dieses von Jean Combier, Yves Pautrat und nen Begehungsphasen vom Beginn bis zum Ende des Daniel C. Pugh verfassten Beitrages steht der mittelpa- Jungpaläolithikums und gibt eine idealisierte stratigra- läolithische Fundplatz Solutré, cave Denuziller. Hier phische Abfolge. liegt in denkmalpflegerischer Hinsicht ein Skandal größ- In Kapitel 3 beschäftigt sich derselbe Autor ab S. 43 ten Ausmaßes vor. 1997 hatte man im Zentrum des sodann mit seinen eigenen Grabungen aus den 1960er Dorfes Solutré bei Ausschachtungsarbeiten für einen bis 1980er Jahren sowie mit den kurzen Untersuchun- Weinkeller einen bedeutenden moustérienzeitlichen gen A. Montet-Whites und ihrer Mitarbeiter aus den Fundplatz mit exzellent erhaltener Fauna entdeckt, ohne Jah ren 1997–1998. Da das Grabungsareal in 10 m2 in diesem als archäologisch sensibel ausgewiesenen große Planquadrate eingeteilt wurde mit Buchstaben in Bereich Archäologen hinzuzuziehen. Im Ergebnis fand der X- und Zahlen in der Y-Achse, erhalten die ver- sich dieses außergewöhnliche altsteinzeitliche Inventar schiedenen Grabungsteile Bezeichnungen wie z. B. P 16, auf der örtlichen Mülldeponie wieder. Die Abhandlung M12 oder J10. der Funde im Rahmen des besprochenen Buches kann In Kapitel 4 gibt Combier ab S. 65 einen Überblick damit nur als letzte Rettungsuntersuchung eines wei- über die stratigraphischen Verhältnisse verschiedener testgehend zerstörten Fundplatzes angesehen werden, Sondagen. Die in bis zu 5 m Mächtigkeit aufgeschlosse- für den die in Fig. 8–7 abgebildeten Steingeräte ein- nen Sedimente wiesen zum Teil erhebliche Anteile von drucksvoll die ehemalige Bedeutung beleuchten. Auri- kantigem Hangschutt aus Kalkstein auf. Eine besonders gnacienzeitliche Funde aus einer weiteren Lokalität im eindrucksvolle Abfolge wurde im Rahmen einer 1987 Ortsgebiet von Solutré schließen Kapitel 8 ab. Die in erschlossenen Sondage angetroffen (Fig. 4–9), die diesem Kapitel behandelten Artefakte belegen, dass sich archäologisch vom Gravettien über das Solutréen bis hin die paläolithische Besiedlung in Solutré nicht einzig und zum Magdalénien reicht. Eine sehr große Dichte an allein auf die Flanke des Felsens fokussiert, sondern viel- pleistozäner Fauna liegt im so genannten ›magma de schichtiger ist. Ebenfalls löst sich auf diese Weise der cheval‹ vor, das in das Gravettien zu datieren ist, in den Gegensatz ein wenig auf, nach dem in Solutré einzig neueren Grabungen aber nur noch selten in massiver jungpaläolithische Besiedlungsphasen belegt seien, am Form angetroffen wurde. zwillingsgleichen Nachbarfelsen von Vergisson dagegen Jean Combier und Anta Montet-White beschäftigen ausschließlich mittelpaläolithische Siedlungsreste. sich sodann in Kapitel 5 mit dem ganz im Osten des Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich mit Grabungsareals gelegenen Sektor L13 und M12, der für Ergebnissen zur Sedimentologie, Umwelt und absoluten das beginnende Jungpaläolithikum (Aurignacien) von Chronologie. Nach einer kurzen Einleitung durch Anta besonderer Bedeutung ist. In rot gefärbten Basisschich- Montet-White handeln Bertrand Kervazo und Stéphane ten gelang es hier zum Beispiel, eine Aschenschicht frei- Konik in ihrem Kapitel 9 die Ergebnisse zur Geologie zulegen, die sich an mindestens einer Stelle zu einer feu- Solutrés ab. Der Beitrag zeigt die Komplexität der sedi- erstellenähnlichen Konzentration verdichtet. mentologischen Verhältnisse des Fundplatzes in Zeit und In Kapitel 6 gehen Jean Combier und ein Mitarbeiter Raum und warnt insofern vor Verallgemeinerungen. Anta Montet-Whites, Jack Hofman, auf das bereits Dennoch werden als ein Ergebnis bedeutende Verlage- erwähnte ›magma de cheval‹ im Rahmen des Gra- rungsvorgänge im lateralen Hangbereich des Felsens von bungsbereiches J 10 ein. Einregelungen des Knochen- Solutré deutlich, die große Auswirkungen auf die Erhal- materials und das Fehlen anthropogener Spuren spre- tung und Lage der archäologischen Hinterlassenschaften chen in diesem Bereich für eine ganz und gar natürliche hatten. Akkumulation im Hangbereich der Fundstelle. In die gleiche Kerbe schlagen die in Kapitel 10 vorge- In chronologischer Reihenfolge zum Jüngeren hin nommenen bodenkundlichen Analysen von Farid Sel- fortschreitend, beschäftigt sich Jean Combier unter Mit- lami. Von besonderer Bedeutung ist hier der Versuch, die arbeit von Anta Montet-White und Elaine Turner im Genese des ›magma de cheval‹ zu erklären. Ein Ergebnis folgenden Kapitel 7 ab S. 99 mit den magdalénienzeitli- liegt in der Beobachtung, dass sich das Knochenmaterial chen Knochenkonzentrationen der Bereiche N 16 und nicht in primärer Fundlage befindet, sondern dass natür- P 16. Zahlreiche bislang unveröffentlichte Farbfotos liche, durch Hangfließen bedingte Akkumulationen illustrieren hier die Fundumstände. Auch wenn dies die einen großen Einfluss auf die Gesamtverteilung der Ausgräber selbst nur zögernd einsehen, belegen die ein- Funde ausüben. geregelte Ausrichtung des Knochenmaterials und zahl- Im folgenden Kapitel 11 beschäftigt

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