PIANA Templerburg Chastel Blanc (2008).Pdf

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a 294 • Die Templerburg Chastel Blanc (Burgˇas. -S. a¯fi¯ta¯) Abb. 2: Besitzungen der Ritterorden an der syrischen Küste: lila – Templer, rot – Johanniter, blau – Deut- scher Orden, grün – Orden St. Lazarus. Der Karten- ausschnitt zeigt den Norden der Grafschaft Tripoli: die lila schraffierte Umrandung bezeichnet den Um- fang der Templergüter um Chastel Blanc bzw. der Templermark Tortosa Abb. 3: Ansicht der Burg von Nordosten (Aufnahme von 1932). Die Reste der Anlage waren zu dieser Zeit noch nicht so stark überbaut wie heute und ihre äuße- re Gestalt deutlicher sichtbar Masyaf) zu einem Kondominium (muna¯safa) er- klärte, in dem ein Waffenstillstand galt und des- sen Einkünfte geteilt wurden5. Safita dürfte vor 1109 Wilhelm-Jordan, Graf von Cerdagne und Erbe von Tortosa, gehört haben. Mit seinem Tod in diesem Jahr ging das Lehen, das kurz zuvor antiochenisch geworden war, zu- sammen mit Tortosa an Bertrand. Tankred, Fürst von Antiochia, eroberte im darauffolgenden Jahr unter Verletzung des Kondominatsvertrages Hisn al-Akrad, womit nun der gesamte Nordteil der Grafschaft Tripoli unter die Herrschaft An- tiochias kam. Safita wurde zu einem wichtigen Etappenstützpunkt auf der Route von Tortosa zum Crac des Chevaliers. Nach dem Tod seines Vaters Bertrand am 21. April 1112 erbte dessen Sohn Pons die Grafschaft Tripoli. Da er mit zwölf Jahren aber noch minderjährig war, wurde er in die Gefolgschaft Tankreds eingereiht und erhielt von diesem Safita, Maraqiya (Maraclea), Antar- tus (Tortosa) und Hisn al-Akrad (Crac des Che- valiers) zu Lehen6. Tankred starb kurz darauf am a Die Templerburg Chastel Blanc (Burgˇas. -S. a¯fi¯ta¯) • 295 Abb. 4: Grundriss der Burg: 1 – Wohnturm, 2 – innerer Burghof, 3 – innere Ringmauer, 4 – Turm der inneren Ringmauer, 5 – äußere Ringmauer mit Talus/Glacis, 6 – Loka- lisation eines älteren Tores, 7 – Tor der äußeren Ringmauer, 8 – Torhalle (13. Jahrhundert), 9 – Abortanlage 12. Dezember dieses Jahres, nachdem er auf dem und schleifte sie, da er sie nicht halten konnte15. ren, während die Burg- und Stadtbesatzungen Sterbebett bestimmt hatte, dass Pons seine Wit- Drei Jahre später (29. Juni 1170) zerstörte ein hinter den Mauern ihrer Befestigungen ausharr- we Cäcilie heiraten sollte7,was schließlich 1115 schweres Erdbeben einen Großteil der Städte ten und es nicht wagten, ihm in offener Feld- geschah, als Pons volljährig war8. Damit wurden und Burgen der Region, darunter auch Chastel schlacht entgegenzutreten19. Saladins Feldzug die genannten Lehen wieder fester Bestandteil Blanc16, das wieder von den Templern übernom- von 1187/88 nach der Schlacht von Hittin führ- der Grafschaft Tripoli9. men worden war. Im Herbst 1171 machte sich te ihn im Mai 1188 erneut in die Region. Er be- Nur ad-Din dies zunutze, zumal Raimund III. lagerte zwar Safita und ‘Araima, konnte sie aber Noch vor Tortosa gelangte Chastel Blanc10 um sich noch immer in Gefangenschaft befand, und im Gegensatz zur Bischofsstadt von Tortosa und die Mitte des 12. Jahrhunderts in die Hand des überfiel erneut die Grafschaft17. Während er Ar- einigen kleineren Burgen der Umgebung wie Templerordens, der die Burg als Zentrum eines chas (arab. ‘Arqa) belagerte, griff ein anderer Qal‘at Yahmur (frk. Chastel Rouge) nicht einneh- größeren Komplexes von Besitzungen in der Di- Truppenteil Chastel Blanc an: „Die Abteilung men20. Am 20. Mai 1202 zog ein weiteres Erdbe- özese von Tortosa nutzte und damit die Keim- nahm sie [die Burgen Safita und ‘Araima] mit gro- ben die Burg in Mitleidenschaft: „Ebenso wurde zelle der späteren Templermark um Tortosa ßer Gewalt ein, plünderte sie und zerstörte sie. Die der größte Teil der Mauern und Türme des Ca- schuf. Dies war vor 1152 geschehen, wie aus ei- Moslems erzielten eine beträchtliche Beute und strum album zur Erde niedergeworfen“21. Im Jahr ner Abmachung zwischen dem Bischof von Tor- kehrten zum Ata¯beg zurück, der noch vor ‘Arqa¯ la- 1212 scheint die Burg wieder weitgehend in- tosa und den Templern aus diesem Jahr hervor- gerte“18. Daraufhin suchten die Franken um ei- standgesetzt gewesen zu sein, denn Wilbrand geht11. Obwohl in den Quellen nicht näher spe- nen Friedensvertrag nach, in dem sie sich zu Re- von Oldenburg bezeichnet sie in diesem Jahr als zifiziert, dürfte 1152 neben Tortosa und dem na- parationen verpflichteten, der dann auch ge- „gut und fest“22. Anfang 1220, während das hegelegenen Qal‘at Yahmur/Chastel Rouge auch schlossen wurde. Kreuzfahrerheer Damiette belagerte, überfiel al- Chastel Blanc eingenommen worden sein12, das Malik al-Ayraf die Burg: „Melchiseraph, der Sohn aber spätestens 1155 mit dem Friedensvertrag In der Folgezeit gab es keine weiteren Auseinan- Saphadins [Sultan al-Malik al-‘Adils I.], fügte den zwischen König Balduin III. und Nur ad-Din dersetzungen mit Nur ad-Din in der Region Templern großen Schaden zu, als diese Damiette vom 28. Mai dieses Jahres wieder in die Hand mehr. Die Lage änderte sich allerdings während belagerten; er verbrannte nämlich das oppidum der Templer gelangt sein dürfte13. Im Juni 1167 des Sultanats Saladins (ab 1175). Dieser unter- des Castrum album und zerstörte seine Wehrtür- nahm Nur ad-Din bei einem Feldzug gegen die nahm im Frühjahr 1180 einen Vorstoß gegen me“23. Sie scheint aber rasch wieder in einen ver- Grafschaft Tripoli, die durch die Gefangenschaft die Grafschaft, begnügte sich aber damit, die teidigungsfähigen Zustand versetzt worden zu Graf Raimunds III. führerlos war14, die Burg ein Ernte zu vernichten und das Umland zu verhee- sein, denn im Jahr darauf wird ein erneuter An- a 296 • Die Templerburg Chastel Blanc (Burgˇas. -S. a¯fi¯ta¯) griff erwogen24. Eine Nachricht, die nur in einer ren, sondern richtete hier eine Moschee ein29, am besten erhaltenen fränkischen Türmen die- arabischen Quelle überliefert ist, berichtet, dass wahrscheinlich in der ehemaligen Kirche des ser Art im Vorderen Orient zählt. Die Burg war der französische König Ludwig IX. bei seinem Wohnturms. Der gut erhaltene Turm ist wohl ursprünglich wohl nur eine der vielen Turmbur- Aufenthalt im Heiligen Land (1250–54) die Burg auch deshalb nicht zerstört worden, da er den gen32,von denen sich gerade im Bereich der ehe- besucht, sie jedoch zu klein befunden und nach Mamluken als Wartturm in ihrem System der maligen Grafschaft Tripoli eine ganze Reihe in Süden vergrößert haben soll25. Küstenverteidigung diente. Resten erhalten hat33. Ob es sich bei dem Bering dieser ersten Anlage um den heute noch erkenn- In den 1260er Jahren verschlechterte sich die La- baren inneren Mauerring handelt, ist aufgrund ge für die verbliebenen fränkischen Gebiete, als BAUBESCHREIBUNG des Forschungsstandes nicht sicher festzustel- Sultan Baibars vermehrt in diese Regionen ein- len, jedoch wahrscheinlich. Für die Erweiterung fiel. Im Jahr 1266 unternahm er einen Feldzug Durch die neuzeitliche Überbauung, die die einer ursprünglich kleineren Anlage könnte gegen die Grafschaft Tripoli. Seinen Emiren fie- Grundmauern der Burg als Fundamente für auch der erhebliche bauliche Aufwand sprechen, len nach der Reihe die Burgen Touban, Alba Häuser nutzte, hat sich die Grundstruktur der der an der Südseite zur Sicherung der tiefer lie- (arab. Halba), Archas und Coliath (arab. Burg erhalten (Abb. 3). Bisher fehlt jedoch eine genden äußeren Ringmauer betrieben werden Qulai‘at) zum Opfer, die alle zerstört wurden26. systematische Bauaufnahme, die die erhaltenen musste. Der nächste Feldzug gegen die Grafschaft fand Mauerzüge und Gebäudereste erfasst und ver- im Jahr 1268 statt, um Bohemund VI., Fürst von lässlich darstellt. Die bisher veröffentlichten Plä- Das Burgtor. Der Hauptzugang zur Burg lag im- Antiochia und Graf von Tripoli, für sein Bünd- ne30 sind lediglich Annäherungen, die in nur un- mer an der Ostseite, unter anderem, da der Burg- nis mit den Mongolen zu bestrafen. Als Baibars genügender Weise den Baubestand erfassen und berg dort am wenigsten stark abfällt. Hier haben Ende April dieses Jahres vor Tripoli erschien, ba- noch nicht einmal die Grundlinien der Burg kor- sich die Reste eines mehrstöckigen Torhauses ten die Templer von Tortosa und Chastel Blanc, rekt darstellen. Um zumindest der tatsächlichen erhalten (Abb. 5). Die Mauer, in der sich das er- ihre festen Plätze zu schonen und ließen 300 ge- äußeren Gestalt der Anlage etwas näherzukom- haltene Spitzbogenportal befindet, war Teil der fangene Moslems frei. Dies wurde gegen die men, wurde auf der Grundlage des amtlichen östlichen Ringmauer. Sie ist in diesem Abschnitt Herausgabe von Gabula (arab. Gˇabla) gewährt, Katasterplans, einer orthograden Luftbildauf- schildmauerartig verstärkt, da dies die Hauptan- das Umland jedoch verwüstet27. Das Ende der nahme von 1932 und Surveys vor Ort ein neu- griffsseite war. Der Tordurchgang, der 1939 frei- fränkischen Herrschaft kam im Februar des Jah- er Plan gezeichnet (Abb. 4)31. Demnach besaß gelegt und restauriert wurde, ist schräg geführt, res 1271, als Baibars gegen die Burg zog. Die Be- die Burg zwei konzentrische Mauerringe, die wohl aus Rücksicht auf die Vorbebauung: Un- satzung hatte eigentlich vor, sich zu verteidigen, sich im Abstand von etwa 25 m in unterschied- weit dahinter lag ein älteres, heute nicht mehr wurde jedoch vom Ordenspräzeptor zur kampf- licher Höhe um den Burgberg zogen und mit ih- erhaltenes Tor, das im 19. Jahrhundert noch losen Übergabe aufgefordert, die am 20. Febru- rer ovalen Form der Kontur des Geländes folg- sichtbar war34. Ein direkt südlich davon gelege- ar stattfand28. Die 700 Mann umfassende Besat- ten. Das von der äußeren Ringmauer begrenzte ner, vorspringender Turm scheint einst dieses zung der Burg zog sich nach der Zusicherung Areal umfasst 115 x 155 m. Auf dem höchsten Tor gedeckt zu haben, der jedoch durch das vor- freien Abzugs auf christliches Gebiet zurück. Punkt des Burgberges steht ein großer Wohn- geschobene, erhaltene Tor funktionslos gewor- Baibars ließ die Burg nicht vollständig zerstö- turm, der in voller Höhe erhalten ist und zu den den war. Mit der Errichtung einer Begrenzungs- mauer zwischen dem vorspringenden Turm des früheren Tores und der erhaltenen Tormauer Abb. 5: Toranlage an der Ostseite der Burg, Blick von Nordosten auf die Reste der ehemaligen Torhalle (13.

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