Kröner Taschenbuch Band 506 In den Wäldern Germaniens war Varus mit seinen Legionen vernichtend geschlagen worden. Bei dieser Nachricht soll Au- gustus einen Zusammenbruch erlitten und ausgerufen haben: »Quinctilius Varus, gib mir meine Legionen wieder!« Noch Jahrhunderte später sollten sich römische Historiker mit Grau- sen an das erinnern, was sich im Herbst des Jahres 9 n. Chr. an jenem Ort zutrug,den Tacitus Saltus Teutoburgensis nennt – den Wald bei der Teutoburg. Arminius, Germane und römischer Offizier, lieferte hier sein strategisches Meisterstück ab: Im ›Teutoburger Wald‹ ging nicht nur ein gewaltiges Heer aus drei Legionen zugrunde, sondern auch der römische Traum vom imperium sine fine, vom Reich, das weder in Zeit noch Raum eine Grenze kannte. Der Althistoriker Michael Sommer geht in diesem Buch der Frage auf den Grund, wie es zu der Katastrophe kommen konnte. Dicht an den textlichen und archäologischen Quellen zeigt er, dass das Imperium unter Augustus kurz davor stand, aus Germanen Römer zu machen, und warum das Projekt schließlich scheiterte. Aus den antiken Zeugnissen wird so das Bild des römischen Germanien lebendig, eines Landes, in dem ehrgeizige Männer wie Varus und Arminius nach dem Preis des Sieges strebten. Michael Sommer, geboren 1970, ist Privatdozent und lehrt Alte Geschichte an der University of Liverpool. Er ist durch zahl- reiche Veröffentlichungen zur antiken und hier insbesondere der römischen Kultur- und Sozialgeschichte hervorgetreten. Zuletzt bei Kröner erschienen: Die Phönizier (2005), Römische Geschichte II (2009). Michael Sommer Die Arminiusschlacht Spurensuche im Teutoburger Wald Mit 14 Abbildungen und 4 Karten ALFRED KRÖNER VERLAG STUTTGART Michael Sommer Die Arminiusschlacht. Spurensuche im Teutoburger Wald Stuttgart: Kröner 2009 (Kröner Taschenbuch; Band 506) ISBN Druck: 978-3-520-50601-6 ISBN E-Book: 978-3-520-50601-7 Unser gesamtes lieferbares Programm sowie viele weitere Informationen finden Sie unter www.kroener-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teileist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwendung,die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Reihen- und Umschlaggestaltung: Denis Krnjaiç, Stuttgart (www.adenis.de), unter Verwendung des Hermannsdenkmals bei Detmold, fotografiert von Stefan Böhme, mit freundlicher Genehmigung des Kreises Lippe/Der Landrat. © 2009 by Alfred Kröner Verlag, Stuttgart Datenkonvertierung E-Book: Alfred Kröner Verlag, Stuttgart Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . 7 Vorwort . 9 1. Prolog:Hermann der Deutsche . 13 2. Varus der Römer . 20 Eine römische Karriere . 21 Rom im Umbruch . 27 Leben unter römischer Herrschaft . 37 Nach Germanien . 47 3. Die Schlacht im ›Teutoburger Wald‹ . 55 Die Quellen . 55 Frühe Gewährsleute: Ovid, Marcus Manilius, Strabon . 56 Die Stimme seines Herrn: Velleius Paterculus . 59 Katastrophe im Zeitraffer: Florus . 62 Der Chronist der Niederlage: Cassius Dio . 63 Das Schlachtgeschehen in der Rückblende: Tacitus . 67 Versuch einer Zwischenbilanz . 77 4. Arminius der Cherusker . 91 Noch eine römische Karriere . 93 Stammesgesellschaft im Wandel . 97 Ariovist . 101 Im Schatten Roms . 110 Völker in Waffen . 115 Die Macht des Unterlegenen: das Moment der Asymmetrie . 123 Marbod . 126 9 n. Chr.: das Vorspiel zur Schlacht . 132 5. Die Schlacht um Kalkriese . 139 Rom in Germanien: vom Werden einer Provinz . 140 Der Fundplatz in der Kalkrieser-Niewedder Senke . 156 Was geschah in Kalkriese? . 161 Epilog . 168 Literaturverzeichnis . 170 Register . 181 Abkürzungsverzeichnis 1. Griechische Autoren und Werktitel App. Gall. = Appian, Gallika Cass. Dio = Cassius Dio Herodian. = Herodianos Hom. Il. = Homer, Ilias Ios. bel. Iud. = Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 2. Lateinische Autoren und Werktitel Amm. = Ammianus Marcellinus, Res gestae Caes. Gall. = Caesar, De bello Gallico Flor. epit. = Florus Manil. = Marcus Manilius Mon. Ancyr. = Res gestae divi Augusti (Monumentum Ancyranum) Ov. trist. = Ovidius, Tristiae Plut. Caes. = Plutarch, Caesar Strab. = Strabon Suet. Aug. = Suetonius, Divus Augustus Tac. Agr. = Tacitus, Agricola Tac. ann. = Tacitus, Annales Tac. Germ. = Tacitus, Germania Tac. hist. = Tacitus, Historiae Tib. = Tibullus, Elegiae Vell. = Velleius Paterculus Verg. Aen. = Vergilius, Aeneis 3. Reihen, Zeitschriften und Sammelwerke CAH = Cambridge Ancient History CIL = Corpus Inscriptionum Latinarum, hg. v. d. Königlich-Preu- ßischen Akademie der Wissenschaften bzw. der Ber- lin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (1853ff.) ClPh = Classical Philology 8 Abkürzungsverzeichnis JRS = Journal of Roman Studies Lehmann/ = Gustav Adolf Lehmann/Rainer Wiegels (Hg.): Römische Wiegels, 2007 Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit. Der Fundplatz von Kalkriese im Kontext neuerer Forschungen und Ausgrabungsbefunde, Göttingen 2007 PCPhS = Proceedings of the Cambridge Philological Society RIC = Roman imperial coinage, hg. v. Harold Mattingly et al. (1923ff.) WA = World Archaeology Vorwort Einen deutschen ›Hermann‹ machten aus Arminius,dem Che- rusker, die Intellektuellen der Reformationszeit; als ›Her- mannsschlacht‹ war fortan die römische Niederlage des Jahres 9 n.Chr., an einem Ort, den Tacitus das »Waldgebirge« oder den »Pass bei der Teutoburg« nennt, eines der sinnstiftenden Großereignisse der deutschen Nationalgeschichte. Neben Lu- ther selbst verkörperte Arminius-Hermann damit den Ein- heits- und Selbstbehauptungswillen eines Volkes, dessen natio- nale Frage bis weit in die Moderne hinein ungelöst blieb. Spätestens die Stunde Null des Jahres 1945 brachte die Ab- kehr von der intentionalen Vereinnahmung des Cheruskers durch die Nationalgeschichte. Das Treffen zwischen Römern und Germanen hieß nun nach seiner vermeintlichen Örtlich- keit schlicht ›Schlacht im Teutoburger Wald‹ – wobei das heu- te so genannte Mittelgebirge erst mit der im 19. Jh. weitge- hend akzeptierten Lokalisierung der römischen Niederlage eben dort seinen heutigen Namen erhielt. In dem anderen Namen, unter dem das Ereignis besonders seit den Aufsehen erregenden Funden in Kalkriese bei Osnabrück bekannt ist, artikuliert sich der stillschweigende Perspektivenwechsel der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft: Wer von der ›Va- russchlacht‹ spricht, betrachtet das Ereignis aus der Perspektive der römischen Verlierer, für die die Germanen – Barbaren – am Rande der Mittelmeerwelt und ihrer zivilisierten Oikume- ne stehen; clades Variana – die Varus-Niederlage – nannten das Ereignis schließlich schon die Römer selbst. Indes: Wenige Schlachten gehen unter dem Namen des unterlegenen Heer- führers in die Geschichte ein. Der Titel dieses Buches – Die Arminiusschlacht – wurde mit Bedacht gewählt: Erstens ist Arminius, so wenig wir über ihn wissen, ohne Frage die Hauptfigur des Geschehens. Ohne ihn und seinen unbedingten Willen zur Macht hätte es keine Schlacht gegeben, und ohne ihn wäre das rechtsrheinische 10 Vorwort Germanien womöglich römische Provinz geworden und ge- blieben. Arminius repräsentierte, als er 9 n. Chr. die Varus-Le- gionen zur Schlacht stellte, einen ganz neuen Typus des ger- manischen Herrschers: Als charismatischer Führer von Män- nern, die alte landsmannschaftliche Identitäten hinter sich ließen, wies er dem weiten Raum rechts des Rheins die Zu- kunft. Seinesgleichen war es, 200 Jahre später, bestimmt, das mächtige römische Imperium herauszufordern;400 Jahre nach Arminius schickten sich germanische Heerkönige an,das poli- tische Erbe der Römer anzutreten. Damit im Zusammenhang steht der zweite Grund für die Wahl des Titels: Das germanische ›Barbaricum‹ war bereits um Christi Geburt mehr als nur passiver Rezipient römischer Kul- turleistungen und Innovationen. Vielmehr war Germanien, angestoßen durch die römische Eroberung des nordalpinen Gallien, Schauplatz eines Wandels, der seine Gesellschaft auf breiter Front erfasste und kaum etwas beim Alten beließ: Die Schockwellen von Caesars Gallischem Krieg vernichteten die protostädtischen Siedlungen der La-Tène-Zeit und verwan- delten eine bäuerlich-sesshafte Gesellschaft in wenigen Jahr- zehnten in jenes explosive Gemisch hochmobiler Stammes- verbände, das Varus bereits vorfand. Arminius steht sinnbild- lich für diese Entwicklung, die in letzter Konsequenz den römischen Limes unter sich begrub. Wir blicken deshalb nach genau 2000 Jahren auf eine Schlacht zurück,die gewiss selbst ein historischer Wendepunkt war, vor allem aber symptomatisch ist für den Gezeitenwechsel von wahrhaft welterschütternden Dimensionen, der sich um Christi Geburt in Zentraleuropa ankündigte. Dieses Buch möchte auf den folgenden Seiten zum Verständnis dieses Prozesses beitragen. Es bettet deshalb das, was wir an archäo- logischen und textlichen Informationen besitzen, in ein brei- teres Umfeld ein, dessen Brennpunkte das römische Kaiser- reich links und die germanischen Stammesgesellschaften rechts des Rheins bilden. Wenn der Jahrestag der Schlacht auch von einer breiten Öffentlichkeit zum Anlass genommen wird, Vorwort 11 Fragen nach den Hintergründen zu stellen, so kann das nur zur Versachlichung der gegenwärtigen Debatte um Kalkriese beitragen. Der Verfasser hat vielfältige Anregungen von unterschied- licher Seite erhalten,die alle in das Buch eingeflossen sind.Die Initialzündung gab ein Doppelvortrag der Osnabrücker Ar- chäologen Susanne Wilbers-Rost und Achim Rost in
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages18 Page
-
File Size-