Die Dissoziation eines Schriftstellers in den Jahren 1934-1936: Ödön von Horváth und H.W. Becker Fünf Thesen zu Horváths Eintritt in den Reichsverband Deutscher Schriftsteller am 11.07.1934 Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor philosophiae (Dr. phil.) eingereicht an der Philosophischen Fakultät II der Humboldt-Universität zu Berlin von Karsten Brandt Geburtsdatum: 25.05.1960 Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin: Prof. Dr. Jürgen Mlynek Dekan der Philosophischen Fakultät II: Prof. Dr. Wolfgang Hock Gutachter: 1. Prof. Dr. Frank Hörnigk 2. Prof. Dr. Hannelore Scholz Tag der mündlichen Prüfung: Tag der mündlichen Prüfung: 03.02.2004 2 Danksagung Zuerst danke ich vor allem meiner Schwester, der Buchhändlerin Jutta Brandt- Scheu- Schneider. Viele Anmerkungen, Buchtitel und Korrekturen verdanke ich ihr. Der wichtigste Ratgeber bei dieser Arbeit war Professor Traugott Krischke, der leider im Jahre 1996 verstorben ist. Als Herausgeber von drei Horváth- Gesamtausgaben und informiertester Kenner aller Lebens- Umstände Ödön von Horváths sowie Herausgeber vieler Materialienbände, hatte er mir sämtliche Urkunden zur Verfügung gestellt, die zur Kenntnis von Horváths Leben unentbehrlich sind, unter vielen anderen das Dokument, das Horváths Eintritt in den „Reichsverband deutscher Schriftsteller“ (RDS) bezeugt. Prof. Krischke hat meine Recherchen von Anfang an begleitet, mich oft und hart kritisiert und mir in unserem Briefwechsel immer durch neue Informationen und Material weiter-geholfen. Ich danke auch seiner Frau Susanna Foral-Krischke, der Mitherausgeberin der Kommentierten Werkausgabe im Suhrkamp Taschenbuchverlag, die nach dem Tod ihres Mannes den Briefwechsel fortgesetzt hat. Mein besonderer Dank gilt François Fejtö für sein Interview, das er mir als Freund Ödön von Horváths im Mai 1993 gewährte. Ebenso danke ich Marianne Hoppe, die mir ebenfalls als Zeitzeugin und intime Freundin Horváths nach ihrer Aufführung von Heiner Müllers Quartett im Pariser Vorort Bobigny am 14.12.1996 Gelegenheit zu einem Gespräch über Ödön von Horváth gab. Außerdem bedanke ich mich bei dem Leiter des österreichischen Filmarchivs, Prof. Walter Fritz und den Bibliothekarinnen für das Material, das sie mir zur Verfügung stellten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wiener Theatermuseums, der Film-Historikerin Vera Savany vom Magyar Filmintezet / Filmarchivum in Budapest, der Film-Historikerin Eva Urbanova vom Narodni filmovy achiv in Prag, sowie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Bundes-Filmarchivs in Berlin. Mein besonderer Dank gilt der Bibliothekarin Jutta Perisson-Waldmüller vom österreichischen Kulturinstitut Paris. Ich danke dem Verlagsleiter vom Thomas Sessler Verlag Ulrich N. Schulenburg dafür, dass er mir das Horváth-Typoskript Der Pfarrer von Kirchfeld für wissenschaftliche Zwecke als Kopie überließ, sowie die lange vergriffenen Bände der Horváth- Blätter. Außerdem danke ich: Fabienne Guetat-Brandt, Georg Brandt, Ilka Brandt, Reinhold Brandt, Jean Mortier, Hélene Roussel, Dr. Christoph Zschocke und Dr. Peter Carrier und Claire. Ich widme diese Arbeit meiner Mutter Gerda Brandt. 3 Inhaltsverzeichnis I EINLEITUNG............................................................................................... 6 FORSCHUNGSBERICHT .................................................................................. 13 II HORVÁTHS EINSCHÄTZUNG DES NATIONALSOZIALISMUS IN SEINEN WERKEN VOR SEINEM EINTRITT IN DEN RDS A) Sladek ..................................................................................................................17 B) Italienische Nacht ..................................................................................................27 C) Wie der Tafelhuber Toni seinen Hitler verleugnet hat ................................................37 III HORVÁTHS EXPOSÉS UND SZENARIOS (WERKANALYSE) Analyse und Vergleich der Becker- Filme und - Exposés mit den Vorlagen 1) Exposés nicht realisierter Filme A) Der Pfarrer von Kirchfeld Exposé auf der Grundlage eines Stückes von Ludwig Anzengruber.............................................................................................41 B) Brüderlein fein Ein Film aus der Biedermeierzeit nach Motiven aus den Stücken Ferdinand Raimunds „Der Bauer als Millionär“, „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ und „Der Verschwender“ ........................................................45 C) Die Geschichte eines Mannes (N), der mit seinem Gelde um ein Haar alles kann. Ein Tonfilmentwurf von Ödön Horváth (sic!) ....................53 2) Szenarios realisierter Becker - Filme A) Peter im Schnee .....................................................................................................58 Exkurs: Horváth und Paul Hörbiger .........................................................................................73 B) Fiakerlied ..............................................................................................................77 C) Das Einmaleins der Liebe .......................................................................................84 4 D) Rendezvous in Wien ................................................................................................93 E) Die Pompadour .....................................................................................................97 F) Buchhalter Schnabel..............................................................................................107 G) Das Hermännchen................................................................................................111 H) Diskretion Ehrensache ..........................................................................................116 I) Seitensprünge ........................................................................................................120 J) Ihr Privatsekretär ..................................................................................................129 K) Der Kleinstadtpoet................................................................................................131 IV DER RDS UND DIE NATIONALSOZIALISTISCHE KULTURSTRATEGIE ............................................................................135 V HORVÁTHS PERSÖNLICHE SITUATION VOR DEM EINTRITT IN DEN RDS............................................................................................140 VI FÜNF THESEN ZU HORVÀTHS EINTRITT IN DEN RDS 1) Die These der ‚Spontanen Aktion‘ A) Horváths Verhalten im Zusammenhang mit dem P.E.N.- Club-Treffen in Ragusa................................................................................143 B) Horváths Weigerung, bei der Exilzeitschrift Die Sammlung mitzuarbeiten.................................................................................. 149 2) Die These des Broterwerbs.............................................................................153 3) Die These, Horváth sei aus künstlerischen Gründen nach Deutschland zurückgekehrt (Chronist seiner Zeit) ...............................161 4) Die These, Horváths Schritt sei von dem Verhalten anderer Schriftsteller beeinflusst gewesen A) Gerhart Hauptmann ...............................................................................................169 B) Franz Werfel .........................................................................................................173 C) Erich Kästner – ein Vergleich ................................................................................176 5) Pessimismus und die These der Fehleinschätzung der politischen Situation............... 186 6) Literarische Produktion 1933 – 1936.........................................................................192 7) Horváth in Selbstzeugnissen. ....................................................................................196 5 VII ÖDÖN VON HORVÀTH ≠ H. W. BECKER ...........................................199 SCHLUSSBETRACHTUNG .............................................................................203 BENUTZTE LITERATUR .................................................................................206 ANHANG A) Der Pfarrer von Kirchfeld, Originaltext + Textanalyse B) Ein Don Juan unserer Zeit – Frauenbild bei H.W. Becker C) Brüderlein Fein, Vergleich mit den Vorlagen D) Leni Riefenstahl und Veit Harlan E) Dokumente, Interview mit François Fejtö, Bilder 6 EINLEITUNG Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem Autor, der in den Jahren 1928 bis 1932 in Deutschland große Erfolge hatte und seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten dort nicht mehr gespielt werden durfte. Um dennoch weiterhin in Deutschland als Schriftsteller arbeiten zu können, unterschrieb Ödön von Horváth am 11.07.1934 die Aufnahme- Erklärung für seinen Eintritt in den „Reichsverband Deutscher Schriftsteller“ (RDS), eine Unterorganisation der nationalsozialistischen „Reichschrifttumskammer“ (RSK). Unter dem Pseudonym H.W. Becker schrieb er mehrere Filmszenarios, von denen nur zwei realisiert wurden, an denen Horváth unter Pseudonym mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mitgearbeitet hat. Andere nicht realisierte Szenarios für Filmprojekte befinden sich im Wiener Horvath-Archiv. In der Horváth-Forschung wurde seit den 70er Jahren bislang das Bild eines Autors festgeschrieben, das ausgehend von den vier bekannten Volksstücken, darunter den meistgespielten Geschichten aus dem Wienerwald Horváth als einen politisch motivierten antifaschistischen Kämpfer zeichnet. Dieses Bild entstand unter Ausklammerung seiner Aktivitäten in den Jahren 1934 bis 1936. Voreilig wurde Horváth dem Kanon
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