ÖSTERREICHISCHES 525–592 Blatt

ÖSTERREICHISCHES 525–592 Blatt

09 2019 AnwaltsÖSTERREICHISCHES 525–592 blatt 536 PORTRAIT DES MONATS Univ.-Prof. Dr. Andreas Kumin – Vom Diplomaten zum Höchstrichter 537 ABHANDLUNGEN Datenschutzrechtliche Schranken von Video- aufnahmen Syndikatsverträge – Formfreiheit, Terminologie und Gründungszeitpunkt 552 CHRONIK Fragerunde zur Nationalratswahl 548 IM GESPRÄCH Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner – Wie viel ist die Justiz dem Staat wert? www.rechtsanwaelte.at Österreichische Post AG · MZ 02Z032542 M · Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Wollzeile 1–3, 1010 Wien · ISSN 1605-2544 §1: Der Glaube an sich selbst. Mit dem s Existenzgründungspaket unterstützen wir Ihren optimalen Start für Ihre eigene Kanzlei. erstebank.at/fb sparkasse.at/fb #glaubandich 525 Editorial Misstrauensantrag, Expertenregierungen und das freie Spiel der Kräfte sterreich wurde im Frühjahr durch eine politische men. Punkt. Auch rückwirkend – so der Text der Erläu- 2019/202 Ö Krise erschüttert. Dass ein Misstrauensantrag gegen ternden Bemerkungen. eine gesamte Regierung mehrheitlich angenommen wird, Dafür hatte sich der ÖRAK eingesetzt. Jahrelang. Jetzt ist war einmalig in der Zweiten Republik. dies gelöst. Wir haben darüber in unseren Infom@ils 8/2019 Noch dazu gegen eine mit Experten erneuerte Regie- und 9/2019 berichtet. Allen, die uns dabei unterstützt ha- rung. Ich – und ich glaube wohl auch die Rechtsanwalt- ben, sei gedankt, insbesondere Kollegen und Abgeordneten schaft insgesamt – vertrauten den Experten. Bundesminis- Klaus Fürlinger und Abgeordneten Harald Stefan. ter Eckart Ratz hat trotz kurzer Amtszeit gute Arbeit geleis- Einen Pakt für den Rechtsstaat – das braucht unser tet, seine Expertise dem Gemeinwohl zur Verfügung ge- Land. Gemeinsam mit richterlichen und nichtrichterlichen stellt, und dafür sei ihm gedankt. Standesvertretern wollen wir uns verstärkt für den Rechts- Der Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung hat staat einsetzten. Unsere Justiz ist uns ein Anliegen. Schnell, uns überrascht. Die Expertenregierung II hat überrascht. modern und gerecht soll sie sein. Justiz muss funktionieren, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein genießt unser Vertrauen. sonst steht alles still. Für ihre Bereitschaft, zum Gemeinwohl beizutragen, sei ihr Wenn Protokolle und Urteile zwar diktiert, aber nicht in gedankt. Vizekanzler Jabloner genießt unser Vertrauen. schicklicher Zeit verschriftet werden, so wirft dies einen Auch ihm danke ich für seine Bereitschaft, diese schwierige Schlagschatten auf die Justiz. Aufgabe zu übernehmen. Und für seine klaren, warnenden Die rechtsuchende Bevölkerung ist nicht zur Ursachen- Worte über den Zustand der österreichischen Justiz, der uns forschung bereit: wenn es zu lange dauert, dann funktio- alle besorgt. niert eben „die Justiz“ nicht. Manche fragen: Warum hatten wir nicht immer eine Das Funktionieren der Justiz sicherzustellen, ist aller- Expertenregierung? Österreich ist eine demokratische Re- höchster Staatsauftrag. Wer dem nicht nachkommt, handelt publik. Ihr Recht geht vom Volk aus. Diese Verfassung fahrlässig. hat in turbulenten Zeiten standgehalten. Und damit be- Und dass die staatliche Pauschalvergütung für geleistete wiesen, dass sie ein geeignetes Korsett eines Rechtsstaates Verfahrenshilfen seit 13 Jahren nicht angehoben wurde, die ist. Danke, Hans Kelsen! Das „freie Spiel der Kräfte“ ist Gerichtsgebühren aber automatisch valorisiert werden, ist der gelebte Artikel 1 der österreichischen Bundesverfas- eine Schande. Was geschähe, wenn wir keine Verfahrenshil- sung. Das Parlament repräsentiert unsere Bevölkerung fen mehr leisten würden? Dann wären die Ärmsten und und entscheidet. Verletzlichsten unserer Bevölkerung der Rechtlosigkeit Für uns Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte konn- preisgegeben. ten wir vor dem Sommer eine entscheidende Klarstellung Lasst uns gemeinsam verbessern, was verbessert gehört. in § 7 ASVG („Substitutenproblematik“) erreichen: Rechtsanwälte, die einer Versorgungseinrichtung nach RUPERT WOLFF § 50 Abs 4 RAO angehören, sind Selbständige und daher Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages von der Pflichtversicherung nach dem ASVG ausgenom- (ÖRAK) österreichisches anwaltsblatt 09_2019 526 Inhalt 09_2019 525 Editorial 537 ABHANDLUNGEN 547 SERVICE 527 Wichtige Informationen 530 Werbung & PR 538 Datenschutzrechtliche Schranken 548 Im Gespräch 531 Recht kurz & bündig von Videoaufnahmen 551 Termine 534 Europa aktuell Christian Zeilinger und Andrea Wünscher 552 Chronik 536 Portrait des Monats 543 Syndikatsverträge Lukas-Sebastian Swoboda Fragerunde zur Nationalratswahl Foto: Parlamentsdirektion Peter Korrak 564 Aus- und Fortbildung 571 Rezensionen 577 Zeitschriftenübersicht Univ.-Prof. Dr. Andreas Kumin – Vom Diplomaten zum Höchstrichter. 583 RECHTSPRECHUNG Foto: BMEIA/Mahmoud 584 Disziplinarverfahrensrecht 590 Inserate 584 Doppelvertretung; Straf- 592 Indexzahlen bemessung, überlange Ver- fahrensdauer AUTOREN DIESER AUSGABE: 586 Zum maßgeblichen RA Dr. Manfred Ainedter, Wien Beurteilungszeitpunkt für RA Mag. Gerold Beneder, Wien die Unzulässigkeit von em. RA Dr. Gerhard Benn-Ibler, Wien „Geschlechterklauseln“ in RAA Mag. Dany Boyadjiyska, Wien Gesellschaftsverträgen RA Dr. Michael Buresch, Wien Mag. Alexander Dittenberger, ÖRAK RA Mag. Franz Galla, Wien Mgr. Lukas Holecek, Wien Mag. Ursula Koch, ÖRAK Mag. Jessica König, ÖRAK Büro Brüssel RA Britta Kynast, ÖRAK Büro Brüssel Mag. Susanne Laggner-Primosch, Klagenfurt RAA MMag. Theresia Leitinger, M.A.I.S., Graz Mag. Christian Moser, ÖRAK RA Dr. Ullrich Saurer, Graz Ass.-Prof. Mag. Dr. Nina Marlene Schallmoser, Salzburg Mag. Elisabeth Schusterbauer, RAK Wien Mag. Fabian Stegmayer, Bibliothek RAK Wien RAA Dr. Lukas-Sebastian Swoboda, Wien RA Dr. Viktor Thurnher, Dornbirn RAA Mag. Nikolaus Walkner, Salzburg Mag. Ruth Weixler, AWAK RA Dr. Rupert Wolff, Salzburg Andrea Wünscher, Linz RA Dr. Mag. Christian Zeilinger, B.A., LL.M., Ried im Innkreis 09_2019 österreichisches anwaltsblatt 527 Wichtige Informationen Änderung des § 7 Z 1 lit e ASVG Der ÖRAK teilt die Einschätzung des Justizministe- URSULA KOCH (UK) – riums, wonach die Kritikpunkte der Kommission sich im ÖRAK, Generalsekretär- (Substitutenproblematik) Stellvertreterin Kundmachung BGBl I 2019/65 laufenden Vertragsverletzungsverfahren als unbegründet ausräumen lassen werden, da die Umsetzung korrekt erfolgt ALEXANDER Die Abgrenzung der freiberuflichen Berufsausübung von DITTENBERGER (AD) Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen und der Tätigkeit ist. Eine Änderung oder Ergänzung der RAO wäre aus Sicht ÖRAK, Juristischer Dienst in einem Anstellungsverhältnis bereitete immer wieder Pro- des ÖRAK daher nicht erforderlich gewesen, weil bereits in bleme und brachte große Rechtsunsicherheit mit sich. Der der geltenden Fassung den Anforderungen der 4. Geldwä- CHRISTIAN MOSER (CM) ÖRAK hat sich daher seit geraumer Zeit dafür eingesetzt, sche-RL entsprochen wurde, was der ÖRAK auch in seiner ÖRAK, Juristischer 2 eine Klarstellung in den zugrundeliegenden Rechtsmaterien Stellungnahme betont hat. Durch die vorgenommenen Än- Dienst zu erreichen. Im Jahr 2016 gelang es in einem ersten Schritt, derungen soll es zur Klarstellung und Präzisierung einzelner ELISABETH von der Kommission dargelegter Problembereiche kom- SCHUSTERBAUER (ES) Gesellschafter-Geschäftsführer von RA-GmbHs ausdrück- RAK Wien, Abteilung lich von der Pflichtversicherung nach dem ASVG auszu- men. Einige Änderungen im Überblick: Versorgungseinrichtung nehmen. Eine rückwirkende Umwandlung in angestellte § 8a Abs 5 bis 8 RAO RA ist daher für diese Personengruppe seither nicht mehr Die 4. Geldwäsche-RL thematisiert an verschiedenen Stellen möglich. den Begriff der „Gruppe“.3 Wie in den Erläuterungen zur Nach zahlreichen Gesprächen der Vertreter des ÖRAK Regierungsvorlage ausgeführt wird, dürfen Rechtsanwälte mit politischen Entscheidungsträgern konnte nun endlich gem § 21c Z 8 RAO keinem weiteren beruflichen Zusam- auch iZm der Substitutenproblematik ein Durchbruch er- menschluss in Österreich angehören, was sich nach dem zielt werden: Erk des VfGH zum Verbot der Sternsozietät4 auch auf In BGBl I 2019/65 wurde eine Änderung des § 7 Z 1 lit e grenzüberschreitende berufliche Zusammenschlüsse er- ASVG kundgemacht, die klarstellt, dass Personen, die der streckt. Die Bildung von „Gruppen“ iSd Art 3 Z 15 der Versorgungseinrichtung ihrer Rechtsanwaltskammer nach 4. Geldwäsche-RL ist daher auch Rechtsanwälten nicht ge- § 50 Abs 4 RAO angehören (also der Gruppenkrankenver- stattet. Gestattet ist Rechtsanwälten aber die Gründung ei- sicherung), selbständig erwerbstätig sind und somit nicht ner Zweig- oder Kanzleiniederlassung. Unabhängig davon, unter die Teilpflichtversicherung des § 7 Z 1 lit e ASVG fal- ob diese im In- oder im Ausland gelegen ist, hat der Rechts- len. In § 725 ASVG wurde darüber hinaus festgelegt, dass anwalt aber auch diesfalls die ihn treffenden Berufs- und diese Änderung rückwirkend mit 1. 7. 2019 in Kraft tritt, Standespflichten (wozu auch die Einhaltung der Regelun- und klargestellt, dass sie auch auf Sachverhalte anzuwenden gen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terroris- ist, die vor dem Inkrafttreten des neuen § 7 Z 1 lit e ASVG musfinanzierung gehören) einzuhalten, ein Verstoß dage- verwirklicht wurden. gen macht ihn nach § 1 DSt disziplinär verantwortlich. Für Rechtsanwaltsanwärterinnen und -anwärter und für Mit § 8a Abs 5 bis 8 RAO sollen nun die Bedenken der angestellte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ändert Kommission zu den „Zweig- und Kanzleiniederlassungen“ sich durch diese Klarstellung nichts. Beide unterliegen wei-

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